Ich stehe vor einem mittelgroßen Problem und hoffe, irgendjemand hier ist recht fit in Mittelhochdeutsch.
Es dreht sich um das Wort „ginende“, zu dem ich einfach keine Übersetzung finden kann (Lexer und BMZ geben nichts her).
Ich hätte das Wort zwei Mal im Zusammenhang anzubieten:
„durch gott soll ez dir sin genant,
waer ich so ginende ,
wie mich din tugent überwant.“ (Hartmann v. Aue, Die `Klage´)
„unde solt sich wol bewarn
daz er dar nien solde varn
dâ der Tiuvel ginende ist
als ein lewe zaller vrist.“ (Thomasin v. Zirklaere, Der welsche Gast)
Ich kann´s leider nicht mal aus dem Zusammenhang korrekt erschließen, also bitte: HELFT MIR!
Das mit dem gähnen habe ich im Lexer auch gefunden, dachte aber, dass es bei meinem ersten Beispiel (und das ist leider dasjenige, auf das es ankommt:wink:) nicht passt. Ich hab allerdings „genenden, -nendec adj. kühn, mutig, eifrig“ gefunden und frage mich jetzt, ob das davon kommen kann. Denn das passt.
„w.i.in oriende; w.i.vorem ende; waere ich gemende; swar ich
ernende; w.i. von oriente“
Äääähhähemmmbbrrm???
Hehehehe, genau!
Letzter Versuch.
Wie wäre es mit
geinnern, ginnern = inne werden lassen, erinnern?
„durch gott soll ez dir sin genant,
waer ich so ginende,
wie mich din tugent überwant.“ (Hartmann v. Aue, Die `Klage´)
Bei Gott (als schwörende Versicherung) soll es dir gesagt
sein,
wäre ich so erinnerungsvoll (???) daran
als mich deine Vortrefflichkeit überzeugte.
Mehr krieg ich nicht raus.
Okay, mich dünkt, ich bin der Sache näher gekommen: es scheint so, als habe Hartmann, oder auch der Schreiber der Handschrift (ein gewisser Hans Ried), des öfteren ein i´ benutzt statt eines e´, zumindest ist mir das bei einigen anderen Worten auch aufgefallen. Dann hätte ich recht (s.u. mein Posting zu Kreszenz), dass es tatsächlich von „genende“ kommt. Aber sicher bin ich auch nicht.
Dafür, dass es sich um zwei verschiedene Wörter handelt, spricht m. E. auch der Versrhythmus: Wenn ich die Stellen skandiere, bekomme ich ginénde beim ersten (also das Adjektiv), aber gínende beim zweiten. Und dass der Vokal (im ersten Text) in einer unbetonten Silbe ein bisschen ungenau behandelt wird, ist ja nicht so ungewöhnlich.