Moby Dick: 'Nennt mich Ismael' - warum?

Hallo,

Melvilles Buch beginnt mit dem Satz „Nennt mich Ismael“.

Darauf sprach mich jetzt ein junger Bulgare an, der der dortigen türkisch-islamischen Minderheit entstammt, seit einiger Zeit in Deutschland lebt, hier die Realschule besucht, und dem ich (ehrenamtlich) Nachhilfeunterricht in verschiedenen Fächern (und allgemeinen deutschen Lebensüblichkeiten) gebe. Entgegen Sarrazins Meinung ist er nicht nur anpassungsbereit und -fähig, sondern geradezu wild darauf, alles zu verstehen, was ihm auffällt. :smile:

Anlass seiner Frage war in diesem Fall, dass er selbst Ismael mit Vornamen heißt. „Warum sagt Melville das?“, fragte er mich, „das wirkt abrupt und steht in keinem Zusammenhang mit dem übrigen Text. Danach kommt der Name im ganzen Buch kein einziges Mal wieder vor.“

Ich habe ein wenig gegooglet und gewikipediat. Die Namenswahl könnte zufällig sein, aber bei Wikipedia heißt es unter „Ismael“:
„Ismael in Literatur und Kunst
… Bei Herman Melville steht Ismael für den aus der Gesellschaft Ausgestoßenen - zuerst in dem Roman Redburn und schließlich in Moby Dick, wo der Erzähler, dessen wahrer Name nicht mitgeteilt wird, sich Ismael nennt.“

Redburn" kenne ich nicht, und Moby Dick habe ich vor rund 40 Jahren gelesen. Gibt es einen erklärbaren Grund, warum die Person „Ismael“ heißt? Wo wird erkennbar, dass es sich um einen „aus der Gesellschaft Ausgestoßenen“ handelt?

Gruß
Carsten

Hallo, Carsten

Melvilles Buch beginnt mit dem Satz „Nennt mich Ismael“.

bei Wikipedia heißt es

… Bei Herman Melville steht Ismael für den aus der
Gesellschaft Ausgestoßenen …"

Gibt es einen erklärbaren Grund, warum die
Person „Ismael“ heißt?

es ist eine biblische Anspielung: Ismael (engl. Ishmael) war der Sohn Abrahams mit der Sklavin Hagar, der mit seiner Mutter von Abraham verstoßen wurde (http://de.wikipedia.org/wiki/Ismael#Ismael_in_der_Bibel , http://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen21.html#9).

Im Englischen wird „Ishmael“ gelegentlich als Synonym für „outcast“ (Ausgestoßener) verwendet: http://www.merriam-webster.com/dictionary/ishmael

Melvilles Ismael ist zwar kein Ausgestoßener im engeren Sinne, aber er fühlt sich offenbar auch nicht wohl in der Gesellschaft, wie z. B. gleich am Anfang des Romans beschrieben: http://www.lyrikwelt.de/gedichte/melvilleg1.htm

Gruß
Kreszenz