Liebe Radler,
so begab es sich aber zu der Zeit, daß der Dicke immer mehr ebendas wurde. Und beschlossen wir, uns ein Stahlroß zuzulegen, auf daß fürderhin die zum Transport unsres Leibes notwendige Energie eben demselben entzogen und damit dessen Umfang gemindert werden könne.
Solch Gerät ist vielerorts wohlfeil und selbst Krämer, deren Berufung nicht zuvörderst die Expertise über Stahlrösser ist, wagen es, dieselben uns billigst anzutragen.
Nun sind wir vom Schicksal begünstigt und wissen um den Ort, an dem sich auch der Klügste noch guten Rat holen kann. Es ergab vielerlei fruchtbarem Disput mit den Wissenden in den Weiten des Netzes, denselben sei hier für ihre Freundlichkeit nochmals gedanket.
Nunmehr wissend, daß gutgeratene Dinge auch gutes Geld kosten haben wir uns auf den Weg gemacht, ein Stahlroß zu erstehen, das unsere Fülle sicher zu tragen vermag. Zu dem Behufe beehrten wir etliche für kundig gehaltene Händler mit unserer eigenen Anwesenheit, was aber mancher dieser Kretins nicht zu würdigen wußte.
Wir fanden allerlei merkwürdig Dinge benannt, oft mit Worten, deren wir nie vorher begegneten. Über das sind die uns vetrauten fürstlichen Thaler wie auch die hochwohlgeehrte Mark Ihres Kaisers nicht mehr gebräuchlich. Damit der geneigte Leser recht verstehen könne, welch merkwürdig Erlebnisse unser harrten, haben wir als Ausnahme unseren Bericht einem wortkundigen Untertanen anvertraut, daß er ihn übersetze. Wir werden uns also fortan zu der Sprache herablassen, der wir in diesem Unterfangen begegneten. So leset und erschauert…
Das Kalkhoff Agattu XXL sollte es also werden - oder eine gute Alternative dazu. Ein Händler in der Nähe (ZEG) bot das Rad an, auch war das Gespräch angenehm. Der Preis entsprach der Liste (599,-)
Ein anderer ZEG-Händler wurde aufgesucht, ich wurde nach kurzem Gang durch den großen Laden angesprochen. Ja, ich suchte ein Fahrrad, für mein Gewicht geeignet. „Da haben wir extra eine kleine Abteilung…“ Aha, klingt gut. Angeboten wurde ein Modell von Rixe, weitestgehend baugleich mit dem Kalkhoff, Listenpreis 699,- Sonderpreis: 599,-. Komisch. Aber gut, das Rad würde auch taugen, war für 170 kg ausgewiesen.
In beiden Fällen konnte ich kurz umreißen, was ich mit dem Rad machen will.
Geben wir dem kleinen Fachhändler auch eine Chance. Er hat zwar weniger Ausstellungsfläche, aber wenn er das mit Sachkenntnis wettmachen kann…
Ja, auf Kies gefurzt, auf Beton gestochen…
Erster Versuch: Ein kleiner Laden, alteingesessen, hat Werkstatt und etwa 30 Räder im Laden. Bedarfsanalyse? Fehlanzeige. Es juckte den Verkäufer nicht, ob ich das Rad zur Andenquerung oder zum Brötchenholen brauche. Gerade den Hinweis auf mein Gewicht konnte ich loswerden, darauf kams dann dicke: Die Hersteller gäben alle nur max. 120 kg an, incl. Fahrrad, aber die halten alle auch 150 kg aus, kein Problem. Man bot mir an, ein Damenrad mit dünnem Stahlrohrrahmen mit einer dickeren Sattelstütze zu versehen und gut ist. Ergebnis: Disqualifiziert.
Zweiter Versuch: Ein Zweiradhändler für Fahrräder und Mofas, seit >40 Jahren am Ort. Auf meinen Hinweis bezgl. der Belastung wurde ich an den Seniorchef verwiesen. Die Bedarfsanalyse erschöpfte sich in der Frage: Ketten- oder Nabenschaltung. „Speziell für Ihr Gewicht gibtet nix, die sind alle bloß bis 100 kg zugelassen. Aber dat macht nix, die tragen auch 150 kg, sind ja immer Reserven drin“ Aha. Dafür machen die Inschenöre da Reserven rein, so ist das… „Hier, da könnte man einen breiteren Sattel und einen anderen Lenker dranmachen. Ich kann auch noch doppelt so dicke Speichen einziehen, aber das kostet nur unnötig Geld, das können wir noch machen, wenn ihnen wirklich ein paar der normalen Speichen kaputtgehen“ Auf die Frage nach der Haltbarkeit und der Garantie sagte man mir, daß es am Ende doch keiner wissen müßte, wer drauf gesessen hat, wenn denn wirklich was bricht. Dann machte man da eben einen Garantiefall draus und gut ist. Ergebnis: Disqualifiziert.
Dritter Versuch: Ein Laden für die etwas teureren Räder. Janz wat Feinet…So mit Outdoor und Stadtfahrräder für den wilden bösen Dschungel „Duisburger Innenstadt“. Über zwei Etagen, unten stehen ein Dutzend Fahrräder, einige davon mit den Merkmalen, die ich suchte. Utopia. Ab 1500,- Euro, schon runtergesetzt von 2300 Euro…Auf dem Weg zur oberen Etage vom Verkäufer angesprochen kam ich wieder gerade zu folgendem Halbsatz: „Ich möchte mir demnächst ein Fahrrad zulegen, was meine 140 kg trägt. Ich dachte an…“ „Ja, da gibt´s was, hier, von Utopia“ Toll, das hatte ich schon gesehen. Ich sagte dann auch, daß das sicher ein tolles Rad wäre, aber für mich doch eher überzogen. Ich nannte es wörtlich „Eher ein Bentley zum Brötchenholen“. Man beschied mir dann sehr von oben herab, daß es nichts anderes für mein Gewicht gäbe und ich schon dieses Rad nehmen müsse. Mußte ich nicht. Aber den Laden stante pede disqualifizieren, das mußte ich.
Das waren nun drei „Fachhändler“ die ich nicht mehr beachten werde. Die Frage, wozu ich das Rad benutzen möchte war allen dreien nicht eingefallen. Würde man nachfragen, so würden sich alle drei einen abjammern über die böse „Geiz-ist-Geil-Mentalität“ und daß so viele Billigräder beim real verkauft werden. Das seid ihr selber schuld !!
Ich war auf gut deutsch hochgradig angepißt. Wenn ich meine Kunden so beraten würde, dann wäre ich lange arbeitslos.
Gekauft habe ich das Kalkhoff Agattu XXL mit tiefem Einstieg nun bei Little John Bikes. Ich wurde als Kunde ernst genommen, meine Bedürfnisse fanden Interesse, ein Vorführrad wurde binnen einer Minute grob an mich angepaßt und dann noch zweimal fein eingestellt. Ich habe einen fairen Preis bekommen, mein Wunschzubehör wurde kostnlos montiert, ich habe lebenslang die Inspektion kostenlos und dazu feste Werkstattpreise auch für das Rad meiner Frau.
SO macht man ein Geschäft.
Gruß
BeLa