Hallo
naja, du begreifst die Welt schon als real, wenn du von
Tatsachen sprichst. Bei Wittgenstein sind die Tatsachen
Ausprägungen verschiedenartiger Sachverhalte. M. a. W.
Sachverhalte können so oder so sein, Tatsachen sind so oder
so. Die verschiedenen (möglichen) Welten werden durch die
möglichen Sachverhalte beschrieben, innerhalb dieser
Sachverhalte aber sind die Tatsachen wirklich (ver-wirklicht).
Ich werde zur erläuterung mal ein bisschen Sprachanalyse
betreiben:
Das Wort „Wirklich“ ist ein Index, genau so wie das Wort
„ich“, „hier“ und „jetzt“.
Versteh ich nicht. seit wann ist „wirklich“ ein deiktischer ausdruck?
Indizes haben die Eigenschaft. dass
ihre Bedeutung von den Umständen ihres gebrauches abhängt. Der
mit „ich“ gemeinte, ist der, der „ich“ sagte. Der „hier“
gennante Ort ist da, wo die Person ist, die „hier“ sagte. Die
„jetzt“ genannte Zeit, ist die zu der „jetzt“ gesagt wurde.
Die „Wirklichkeit“ genannte Welt ist die, in der die Welt
„wirklichkeit“ genannt wird.
Ein prima beispiel für eine tautologie. mehr nicht.
„Deshalb“
besteht auch ein
Unterschied zwischen: „Es ist der Fall, dass p“ und „Es ist
wirklich der Fall, dass p.“ .
Rhetorisch stimmt das (das „wirklich“ hat hier die Funktion, zum beispiel gegenüber jemandem, der p bestreitet, p mit Emphase zu verteidigen), aber zB Frege („behauptungsstrich“) würde hier Widerspruch einlegen.
Ebenso ist es nicht das selbe
wenn man sagt „Es ist der Fall, dass p“ und es ist „Es ist
jetzt der Fall, dass p.“ In beiden ersten Fällen reicht es
wenn es in irgendeiner Welt und zu irgendeiner Zeitd er Fall
ist, dass p, damit der Satz wahr ist.
Ich bin kein Logik-Experte - aber das scheint mir nicht stimmig zu sein. „p“ in Sn mit, wie Frege sagt, behauptender kraft geäussert ist wahr dann und nur dann, wenn…und jetzt können wir uns hier gegenseitig mit mehr oder weniger großer Wahrheitstheretischer Kompetenz erschlagen:
„p“ selbstevident ist, „p“ der Wirklichkeit entspricht, „p“ von der mehrheit der kompetenten Sprecher von Sn für wahr gehalten wird usw. Aber dass „p“ wahr ist, wenn es in mindestens einer möglichen („erreichbaren“) Welt wahr ist, wäre mir neu. Mögen Sie uns - anonym - vertraut machen mit Ihren Gründen für diese verblüffende These? Übrigens sind wir dann immer noch kein Stück weiter: Was heißt es denn dann, „p“ sei in mindestens einer möglichen Welt Wn wahr? Ist es in Wn selbstevident, übereinstimmend, gibt es virtuellen Konsens?
Die beiden Sätze jedoch
mit dem Jetzt- bzw. Wirklichkeitsoperator legen fest in
welcher Welt bzw. zu welcher Zeit p der Fall ist.
Gäbe es nur eine einzige Welt, dann wäre der
Wirklichkeitsoperator redundant. Genau sie wie der
Jetztoperator redundant wäre, wenn es nur eine einzige Zeit
gäbe, denn dann kann man mit „jetzt“ ja nur die eine Zeit
meinen, denn „jetzt“ kann ja nur zu dieser Zeit ausgesagt
sein.
In diesem Zusammenhang kann ich einen tollen Band empfehlen,
den Prof. Kienzle herausgegeben hat. [Kienzle (Hrsg.), Zustand
und Ereignis, STW)
Hier klärt es sich jetzt etwas. Aber finden Sie diesen Ansatz nicht etwas kontraintuitiv?
„bestehend“ heißt „wirklich“.
Nehmen wir an es gäbe nur eine Welt, da wir uns in einer Welt
befinden köbnnen wir uns nur in dieser einen Welt befinden.
Die Welt in der wir uns befinden ist die Wirklichkeit, damit
wäre alles in dieser einen Welt bestehende wirklich
bestehendes. Ob man dann sagt etwas besteht oder etwas besteht
wirklich, ist dann egal. Der Wirklichkeitsoperator ist bei nur
einer Welt redundant.
Nehmen wir an es gäbe mehrere Welten, die alle gesamtheiten
von Tatsachen sind, aber nicht der selben tatsachen. Dann
bestehen in jeder Welt andere Sachverhalte. Aber wirklich
bestehen die Sachverhalte nur in einer Welt, nämlich der
wirklichen. In einem solchen Modell ist der
Wirklichkeitsoperator nicht redubndant.
Als Veranschaulichung.
Der Wirklichkeitsoperator verhält sich zu den dem
Möglichkeitsoperator und zum Notwendigkeitsoperator, wie das
Wort „jetzt“ zu den Worten „manchmal“ und „immer“.
Was mich interessieren würde:
Aus welchem Grund gibt es nur eine einzige Welt?
Zu der Frage zu 97/98b in der KdrV, ich glaube wir müßten
formal analytische Textexegese betreiben, das kann dieses
Forum nicht leisten. Icdh kann auch ohne Ausbreitung meiner
Theorie vom Informationsgehalt von Sätzen hier das Problem
nicht ausbreiten.
Würde mich aber doch interessieren. Können Sie nicht einige Winke geben?
Zu der Vortragssache: Ich hoffe, dass man meine Bewerbung
annimmt, ob das in der wirklichen Welt ist, wo ich mich
befinde, oder nur eine mögliche, die der wirklichen im Moment
ähnlich ist, weiss ich nicht.
Viele Grüße
Martin
auch viele Grüße
Hartmut