Molekularrefraktion

Hallo zusammen,

ich habe eine Frage zur Molekularrefraktion.

Ich weiß wie sie berechnet wird, wie man Dichten und Brechungsindizies bestimmt und auch, dass es sich bei der Molekularrefraktion um eine additive Stoffgröße handelt. Wenn ich also eine binäre Mischung aus z.B. Ethanol und Propan-2-ol habe kann ich durch Bestimmung der Mischungsdichte und des Brechungsindex daraus die Stoffmengenanteile der Einzelkomponenten berechnen. So weit, so gut.

Die Frage ist aber: Warum so kompliziert? Macht man das heute noch in der Praxis so? Werden solche Gemische nicht eher durch GC, HPLC… analysiert? Bzw. kann ich, in gewissen Grenzen, nicht auch nur die Dichte oder den Brechungsindex nehmen und daraus die Anteile bestimmen, z.B nach Aufstellen einer Kalibration? Wäre super wenn mir jemand ein Anwendungsbeispiel nennen könnte wo die Molekularrefraktion eingesetzt wird. Im Internet habe ich leider nicht allzu viel dazu gefunden.

Schöne Dank schon einmal im Voraus

Sven

Hallo,

Kalibration? Wäre super wenn mir jemand ein Anwendungsbeispiel
nennen könnte wo die Molekularrefraktion eingesetzt wird. Im

frage einen Winzer und laß dir sein Gerät zur Bestimmung der Grad Oechsle zeigen.
Da du „irgendwo in NRW“ wohnst, bietet sich das Rheingebiet an.

Auch hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Refraktometer
u.a. „Grad Oechsle“.

Gruß

watergolf

Hallo!

Was ein Refraktometer ist und wie es funktioniert weiß ich. Es geht mir aber nicht um den damit gemessenen Brechungsindex, sondern um die daraus abgeleitete Größe der Molekularrefraktion >!

In die Molekularrefraktion fließen neben dem Brechungsindex noch die Größen Dichte und Molekulargewicht ein. (siehe in dem von dir verlinkten Wikipedia Artikel unter dem Stichwort „Weitere Anwendungen in der Chemie“)
Den Winzer möchte ich mal kennenlernen der mir das Molekulargewicht von seinem Most berechnen kann…

Um die Konzentration eines Stoffes mit dem Refraktometer bestimmen zu können musst du eine Kalibration erstellen. In engen Grenzen ist der Zusammenhang Konzentration : Brechungsindex vielleicht annähernd linear (wenn der Zuckergehalt immer zwischen 40 und 50% liegt ist das wahrscheinlich genau genug wenn man von einem linearen Zusammenhang ausgeht), aber nicht im gesamten Konzentrationsbereich von 0 bis 100% wie in dem von mir geschilderten Fall einer Mischung von Ethanol und Propan-2-ol.

Bleibt also die Frage: Wo wird die Molekularrefraktion in der Prxis angewendet?

Schöne Grüße

Sven

Hi

Für meine Prüfung muss ich in der Praxis auch die Molekularrefraktion berechnen können.

Ich denke, dass dies heutzutage keine große Anwendung mehr findet, denn man kann - wie du scho sagst - das leichter mit GC/HPLC machen. Zur einfachen Reinheitskontrolle/Konzentrationsbestimmung genügt ein einzelnes Verfahren.

Ich denke, das rührt noch aus einer Zeit her (die noch nicht so lange her ist!), wo die instrumentelle Analytik noch nicht so fortgeschritten war (und vor allem nicht so günstig)

Ebenso musste ich in meiner Ausbildung noch Trennungsgänge lernen, das macht heute auch sonst kein Mensch mehr. Für sowas hat man ICP, Ionenchromatographie etc etc.

Grüße

Karana

Moin,

Ebenso musste ich in meiner Ausbildung noch Trennungsgänge
lernen, das macht heute auch sonst kein Mensch mehr.

das mag zwar sein, aber wenn man es ordentlich macht, kann man am Trennungsgang sehr viele physikochemische Grundlagen sehr anschaulich demonstrieren.
Löslichkeitsprodukt
Massenwirkungsgesetz
pH-Wert abhängigkeit der Dissiziation
und einiges mehr
Systematisches und sauberes Arbeiten sowieso und auch Umgang mit gefährlichen Substanzen

Pädagogisch hat der also m.E. durchaus seine Berechtigung.

Gandalf

Jo, ich hab nicht gesagt dass es in der Ausbildung unnütz ist.

Wir lernen auch noch Gravimetrie (die „normale“ - nicht Elektrogravimetrie), das auch nur noch selten Anwendung findet - aber da es auf genaues Arbeiten ankommt kann man sich prima damit selbst testen.

Hallo Gandalf

Pädagogisch hat der also m.E. durchaus seine Berechtigung.

Da gebe ich dir recht. Am Trennungsgang lässt sich vieles erklären. Aber bei der Molekularrefraktion fehlt mir die pädagogische Berechtigung etwas.

Es ist tatsächlich so wie Karana schon schreibt, dass die Molekularrefraktion in den Prüfungen zum Chemielaboranten abgefragt wird (praktische Prüfung, Teil 1). Ist von der Durchführung aus nicht allzu schwer und die Berechnungsformel wird sogar vorgegegeben. Ich möchte als Ausbilder meinen Azubis aber gerne auch etwas Hintergrundinfos zu dem Thema mitgeben, und nicht nur sagen „das brauchtst du nur für die Prüfung, sonst ist das für nix gut“.

Immerhin habe ich mir mittlererweile selber eine Aufgabe zur Bestimmung der Stoffmengenanteile in einem binären Gemisch ausgedacht und inklusive der Berechnung mit meinem Azubi durchführen können. Der Praxisbezug fehlt mir dennoch.

Kennst du vielleicht noch eine praktische Anwendung aus Industrie oder Laboralltag?

Schöne Grüße

Sven

Hallo Sven_R,

Immerhin habe ich mir mittlererweile selber eine Aufgabe zur
Bestimmung der Stoffmengenanteile in einem binären Gemisch
ausgedacht und inklusive der Berechnung mit meinem Azubi
durchführen können. Der Praxisbezug fehlt mir dennoch.

könntest du uns deine Methode, mit dem von dir verwendeten Meßgerät zur Bestimmung der Stoffmengenanteile in einem binären Gemisch (welches?) mit Hilfe der Molekularrefraktion schildern?
Sicher kennt einer der vielen Experten hier einen Praxisbezug.

Gruß

watergolf

Ahoi!

Die Frage ist aber: Warum so kompliziert?

Weil’s so einfach ist ;D

Macht man das heute noch in der Praxis so?

Oh ja!
Wein wurde ja schon genannt, aber auch bei Konfitüren wird der Zuckergehalt refraktometrisch bestimmt.

Tatsächlich ermittelt man zwar nicht Zucker, sondern die lösliche Trockenmasse, aber genauso wird es sogar vom Gesetzgeber in §3 der Konfitüren-Verordnung vorgeschrieben:

{… dürfen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn zusätzlich … angegeben sind: … der Gesamtzuckergehalt durch die Angabe „Gesamtzuckergehalt … g je 100 g“; die anzugebende Zahl stellt den bei 20 Grad C ermittelten Refraktometerwert der Saccharoseskala dar.}
Q: http://www.gesetze-im-internet.de/konfv_2003/__3.html

Werden solche Gemische nicht eher durch GC, HPLC… analysiert?

Du musst zwischen Labor mit verschiedenen Bestimmungen und Produktion/Betriebslabor mit immer wieder den gleichen Bestimmungen unterscheiden:

1.) Kosten: Ein Handrefraktometer kostet 200-500 Euro, ein GC oder ähnliches… nun ja.

2.) Laufende Kosten: GC/HPLC Fließmittel, Strom, ggf. Brenngas… Refraktometer Null (evtl Thermostatisierung).

3.) Benutzerfreundlichkeit: GC/HPLC ist was für Fachleute, die sich damit beschäftigen. Mit einem Refraktometer kann nach 30 Minuten anlernen auch ein Vollpfosten umgehen.

4.) Geschwindigkeit: Mit einem Refraktometer hat man nach 10-20 Sekunden ein Ergebnis.

5.) Umgebung: Eine Refraktometer kann man locker in der Produktion neben der Abfüllanlage oder dem Kochkessel oder so legen/aufstellen. Da einen GC oder so aufzustellen - nun, ich würde es als ziemlich mutig bezeichnen.

Für die Produktion gibt es sogar Inline-Refraktometer, die direkt im Produktstrom sitzen, diesen kontinuierlich messen und mit deren Signal dann die Produktion gesteuert wurd, also bespielsweise die Mischung der Rohwaren kontiunuierlich angepasst werden.

In einem Handelslabor, in dem man täglich andere Aufgabenstellungen hat und/oder erhöhte Anforderungen an die Genauigkeit hat, wird man natürlich mit „richtigen“ Methoden arbeiten - aber sobald immer nur das selbe gemssenen werden muss, man also eine Kalibraton jahrelang benutzen kann oder es gar industriell kalibrierte Geräte gibt, und man keine allzuhohen Anforderungen an die Genauigkeit stellt, ist die Refraktometer-Methode absolut unschlagbar.

lg, mabuse