Monotone Sportlersprache

Da ich durch meinen Mann öfter genötigt bin, mir diverse Sportsendungen anzusehen, habe ich eine Entdeckung gemacht, die mich stutzen lies.
Leistungssportler reden monoton. Das heisst: der Redefluss ist weder im Rhytmus, noch in der Tonlage moduliert. Mir ist aufgefallen, dass sich diese „Macke“ durch alle Sportarten und alle Nationalitäten zieht. Es hört erst auf, wenn die jeweiligen Sportler aus dem Leistungssport aussteigen und in die Geschäftswelt wechseln (z. B. Beckenbauer, Becker, Kathi Witt). Gibt es dafür eine plausible Erklärung? - oder gar Untersuchungen? Ich bin der Meinung, dass es vieleicht ein besonderer Menschentyp sein muss, der so viel Training für den Erfolg auf sich nimmt. Die sind dann vieleicht nicht so auf die Sprache bedacht. Bin gespannt,was Ihr dazu meint…
Liebe Grüße
Ricarda

Hallo,
das ist mir bisher nur aufgefallen bei Sportlern, die man unmittelbar nach einer Belastung interviewt hat. Da dürfte Puls und Puste eine Rolle mitspielen.

Gruss
Enno

Halo Enno,
ich habe das jetzt wirklich lange beobachtet, aber das kann nicht der Grund sein.Die machen das in jeder Lebenslage, also auch, wenn sie lange nach der Leistung ein Interview geben,.
Gruß
Ricarda

Hi Adracir
Mir fiel auf, dass Sportler, wenn sie in Interviews etwas Kritisches gefragt werden (also z.B.: Warum haben Sie so schlecht gespielt?), grundsätzlich ihre Antworten mit „Gut“ beginnen. So, als ob alles nicht so schlimm wäre, als ob man alles nur positiv sehen müsse, oder als ob man alles verstehen und entschuldigen könne, immer Verständnis zeige, „fair play“ usw. usf.
„Gut. Wir hatten einen schweren Regen. Und der Gegner hatte einen Heimvorteil.“
Gruss, Branden

Hallo, Ricarda,
das dürfte wohl daran liegen, dass viele Sportler in erster Linie andere Stärken haben als Eloquenz. Andererseits verlangt die Mediengesellschaft von ihnen sendefähige und druckreife Statements, selbst dann, wenn sie körperlich erschöpft und durchgeschwitzt vor ein Mikrofon oder die Kamera gezerrt werden.
Da ist es dann am einfachsten, wenn man sich ein paar Standardsprüche einpaukt, die man dann im Bedarfsfall abspult, während man sich nach Der Dusche sehnt.
Grüße
Eckard.

Hi Drambeldier,
so einen wie Dich habe ich gesucht. Du hast ja offensichtlich Ahnung.Mir ging es eigentlich um den Zusammenhang von Sprache und besonderen Charaktereigenschaften. Die Endstufe der Fragerei könnte sein: „Wenn meine These stimmt, könnte ein Talentscout schon nach dem Abhören von Tonmaterial feststellen, ob er da einen leistungsbereiten Sportler hört? und hat das mal jemand untersucht?“
Außerdem rede ich hier nicht über atemlos geführte Interviews am Spielfeldrand, sondern auch um ganz normale Gesprächssituationen.
Für eine Antwort wäre ich Dir dankbar.
Gruß
Ricarda

logisch, bedingter Reflex

Hallo,

ich habe das jetzt wirklich lange beobachtet, aber das kann
nicht der Grund sein.Die machen das in jeder Lebenslage, also
auch, wenn sie lange nach der Leistung ein Interview geben,.

das ist ja ganz klar ein bedingter Reflex.
In der Regel ist es doch so, daß diese Reporter schon in Scharen an
der Ziellinie warten, um den völlig entkräfteten Sieger die
Mikrofone unter die Nase zu drücken und mit Fragen zu belagern.
Versuche Du mal in solch einer Situaltion einen zusammenhängen
Satz rauszubringen und das auch noch mit richtiger Betonung?

Und nun kommst’s :smile:
Die ständige Wiederholung dieses Rituals führt unweigerlich zu
einem bedingten Reflex (siehe Pawlowscher Hund).
Wenn also mal ein Sporler in relaxter Situation interviewt wird,
so steigt schlagartig die Herzfrequenz, er beginnt nach Luft zu
hechseln und spricht logischerweise wieder monotoner Sprache.

Nach dem Leistungssport müssen die armen Sportler erst mal
Sprechunterricht und Ergotherapie nehmen um wieder zu lernen,
wie man in entspannter Weise spricht.
Gruß Uwi

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Hi Ricarda,

Du hast ja offensichtlich Ahnung.

zuviel der Ehre - ich beobachte nur und ziehe meine Schlüsse, oft genug die falschen.

Mir ging es eigentlich um den Zusammenhang von Sprache
und besonderen Charaktereigenschaften.

Den sehe ich nicht. Sprache hat mit Temperament zu tun, mit Herkunft und Bildung, aber sicher nicht mit Charakter. Angeblich soll an der Stimme zu erkennen sein, ob jemand lügt; auch da kommt es nicht auf den Charakter an, sondern nur auf das Lügen (selbst edle Ritter lügen gelegentlich).

könnte ein Talentscout schon nach dem Abhören von Tonmaterial
feststellen, ob er da einen leistungsbereiten Sportler hört?

Geld verdienen als akustischer Profiler? Denk mal weiter: Kann ich an Deiner Stimme erkennen, ob Du grade empfängnisbereit bist? (Verzeihung).

und hat das mal jemand untersucht?

Hoffentlich nicht, es gibt schon genug unsinnige Forschung.

Außerdem rede ich hier nicht über atemlos geführte Interviews
am Spielfeldrand, sondern auch um ganz normale Gesprächssituationen.

Einige Kollegen hier im Großraumbüro sprechen sehr nargelig, so im Tonfall und Rhythmus einer handbetriebenen Kaffemühle. Meinem Forschungsdrang sind sie leider nicht zugänglich.

Gruß Ralf

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