Monströses aus der Linguistik

Ich saß letztens zwischen ein paar Physikern und musste einem Gespräch über theoretische Physik zuhören. Ich habe nur Bahnhof verstanden und überlegt, ob man auch über Sprachwissenschaft so reden könnte, dass Fachfremde nichts mehr verstehen. Deswegen möchte ich hier ein paar Wörter sammeln.
Ausdrücke, mit denen man andere erschlagen kann:

  1. Frikativlenisierung

wer weiß noch mehr?

wer weiß noch mehr?

Meine beiden Lieblingssätze:

1. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Zustandspassiv und Zustandsreflexiv besteht darin, dass das syntaktische Subjekt des Zustandspassiv dem syntaktischen Objekt der (aktiven) Grundstruktur (wie beim Vorgangspassiv), dass umgekehrt das syntaktische Subjekt des Zustandsreflexiv dem syntaktischen Subjekt der (reflexiven) Grundstruktur (im Gegensatz zum Vorgangspassiv) entspricht.

und

Das Zustandspassiv kann nicht von allen Verben gebildet werden, die ein Vorgangspassiv bilden können. Es kann in der Regel nicht gebildet werden von den intransitiven Verben, den reflexiven Verben und den Verben von durativer Aktionsart, sondern nur von solchen transitiven Verben von perfektiver Aktionsart, die einen solchen starken Grad der Affizierung des Akkusativobjektes ausdrücken, dass ein zeitweilig bleibendes Resultat, ein neuer Zusatnd tatsächlich entstehen kann.

Alles klar? Ich habe bisher erst eine Kollegin gefunden, die diese Sätze sofort erklären konnte; aber diese unterrichtete seit Jahren mit diesem Lehrbuch.

Beide aus: Helbig/Buscha, Deutsche Übungsgrammatik.

Gruß Fritz

Ausdrücke, mit denen man andere erschlagen kann:

  1. Frikativlenisierung

wer weiß noch mehr?

Generative Transformationsgrammatik.
Verbvalenz
unikales Morphem
Suffigierung
nominales Syntagma
Reflexivierungstransformation
Morphem
… usw. usf.

erklären tu ich sie aber nicht *g*

Gruß
Anna

Hallo smokassi,

hier kommen noch ein paar:

Hapaxepie (übrigens das gleiche wie Haplologie)
Sandhiassimilation
Prosodeme
Paronyme
Phylogenese
diskontinuierliche Konsistuenten
Illokution
Hypotaxe
Etymon
Disambiguierung
apikodental
Onomasiologie
Hyponymie
Suprasegmentalia

das soll für heute mal genügen.

Gruß
Roland

Das Perfunzativ

„Verwirrung hebt das Interesse“ war einer der Lieblingssprüche des Fachlehrers Ottokar Schnefzuk, der eines Tages betrübt feststellen musste, dass zahlreiche Schüler schon nach wenigen Minuten Unterricht in einen nicht vorgesehenen Dämmerschlaf verfielen. „Sie sind nicht genügend verwirrt“, dachte Schnefzuk, und um diesem Übelstande abzuhelfen, flocht er alsbald folgenden Passus in seinen Vortrag ein:
„Wir kommen nun zu dem überaus wichtigen Perfunzativ, einem Beiprodukt der bereits erwähnten Zwetschel. Um das Perfunzativ von der störenden Ubiquenz alfafahältiger Gwosdanten zu befreien, müssen wir es mit einer Rorchel aus fosziliertem Schmirch revertebrieren, in Butaltat tauchen und mehrmals fnoggeln. Mit anderen Worten: Wir repotieren den Glof in solcher Weise, dass jedes einzelne Perfunzativ mit Tolipetten verschneffelt und ohne weitere Entzwetschelung billig zu Mahagoni dislobiziert werden kann. Hat noch jemand eine Frage?“
„Jawohl, Herr Fachlehrer“, kam eine dösige Stimme aus den hinteren Bänken, „bitte, was ist Mahagoni?“

Erich J. Frank
veröffentlicht im August 1959

Hallo Smokassi,
damit Du vielleicht auch mit Naturwissenschaftlern mithalten kannst:

„Der Regen ist eine primöse Zersetzung luftähnlicher Mibrollen und Vibromen, deren Ursache bis heute noch nicht stixiert wurde. Schon in früheren Jahrhunderten wurden Versuche gemacht, Regenwasser durch Glydensäure zu zersetzen, um binocke Minilien zu erzeugen. Doch nur an der Nublition scheiterte der Versuch. Es ist interessant zu wissen, dass der große Regenwasserforscher Rembremerdeng das nicht gewußt hat. […]“
(Karl Valentin, Der Regen)

Gruß
H.

Hei, Hannes und Interpat!

Was ihr da postet, sind Parodien und Satiren.

Echte, ernst gemeinte Texte dieser Art haben es aber viel mehr in sich.

Worüber, glaubt ihr, ist wohl hier die Rede?

_§ 300

Die spezifische Einfachheit der Bestimmtheit der Bestimmtheit, welche der Körper in der Dichtigkeit und dem Prinzip seiner Kohäsion hat, diese zuerst innerliche Form, hindurchgegangen durch ihr Versenktsein in das materielle Außereinander, wird frei in der Negation des für sich Bestehens dieses seines Außereinanderseins. Es ist dies das Übergehen der materiellen Räumlichkeit in materielle Zeitlichkeit. Damit, dass diese Form so im Erzittern, d. i. durch die momentane ebenso Negation der Teile wie Negation dieser ihrer Negation, die aneinander gebunden eine durch die andere erweckt wird, und so, als ein Oszillieren des Bestehens und der Negation der spezifischen Schwere und Kohäsion, am Materiellen als dessen Idealität ist, ist die einfache Form für sich existierend und kommt als diese mechanische Seelenhaftigkeit zur Erscheinung._

Das ist ein sehr ernst gemeinter Text eines sehr ernst meinenden Philosophen.
Aber versteht ihr auch nur ein Wort? Wisst ihr auch nur, wovon die Rede ist?

Gruß Fritz

1 Like

Die spezifische Einfachheit der Bestimmtheit der Bestimmtheit,
welche der Körper in der Dichtigkeit und dem Prinzip seiner
Kohäsion hat, diese zuerst innerliche Form, hindurchgegangen
durch ihr Versenktsein in das materielle Außereinander, wird
frei in der Negation des für sich Bestehens dieses seines
Außereinanderseins. Es ist dies das Übergehen der materiellen
Räumlichkeit in materielle Zeitlichkeit. Damit, dass diese
Form so im Erzittern, d. i. durch die momentane ebenso
Negation der Teile wie Negation dieser ihrer Negation, die
aneinander gebunden eine durch die andere erweckt wird, und
so, als ein Oszillieren des Bestehens und der Negation der
spezifischen Schwere und Kohäsion, am Materiellen als dessen
Idealität ist, ist die einfache Form für sich existierend und
kommt als diese mechanische Seelenhaftigkeit zur
Erscheinung.

Das ist ein sehr ernst gemeinter Text eines sehr ernst
meinenden Philosophen.
Aber versteht ihr auch nur ein Wort?

Ziemlich sicher bin ich mir, Fritz, dass ich den Text verstehe - wenn sicher auch nicht so gut wie Du - und weiß, wovon die Rede ist - wenn auch sicher nicht so gut wie Du.
Aber weil ich sehr an den Wucherungen der Fachsprache der Linguistik gelitten habe, die ich zu einem Teil für höchst unnötiges Kauderwelsch halte, fiel mir die Parodie auf Derartiges - zu den Stichworten eben „Monströses“ und „Linguistik“ - ein.
Weshalb jemand den von Dir zitierten Text - inhaltlich oder sprachlich - für monströs halten könnte, entzieht sich mir.
Gruß
H.

1 Like

Worüber, glaubt ihr, ist wohl hier die Rede?

nun, ich denke, da smokassi von einem Erlebnis unter Physikern bereits ausging, suchte er doch Beispiele aus der Sprachwissenschaft, und nicht aus der Philosophie?

Und daß dein archiviertes copy-paste aus der Abhandlung über den „Klang“ aus Hegels Naturphilosophie einen sinnentstellenden Schreibfehler enthält, darauf hab ich dich a.a.O. schon vor einigen Jahren mal gestoßen :wink:

Die spezifische Einfachheit der Bestimmtheit der Bestimmtheit , welche
der Körper in der Dichtigkeit und dem Prinzip seiner Kohäsion hat …

Das ist ein sehr ernst gemeinter Text eines sehr ernst meinenden Philosophen.
Aber versteht ihr auch nur ein Wort? Wisst ihr auch nur, wovon
die Rede ist?

Das ist nun mal so bei Fachsprachen. Deshalb nennt mann die ja auch so :smile: In der Autowerkstatt oder in der Schreinerei würde es so manchem nicht anders gehen, als dir in diesem Beispiel.

Gruß

Metapher

7 Like

Ziemlich sicher bin ich mir, Fritz, dass ich den Text verstehe

  • wenn sicher auch nicht so gut wie Du - und weiß, wovon die
    Rede ist - wenn auch sicher nicht so gut wie Du.

Da überschätzt du mich! Ich verstehe kein Wort.

Wie Metapher zeigt, kann ich nicht einmal den genauen Text wiedergeben.

Fritz

4 Like

Unser Typologieprofessor Herr Bickel sagte einst:

Das Deutsche ist in der Personenmarkierung das Kinyarwanda der Numerusmarkierung.

)

Gruß,

  • André

Hapaxepie (übrigens das gleiche wie Haplologie)
Sandhiassimilation
Prosodeme
Paronyme
Phylogenese
diskontinuierliche Konsistuenten
Illokution
Hypotaxe
Etymon
Disambiguierung
apikodental
Onomasiologie
Hyponymie
Suprasegmentalia

das soll für heute mal genügen.

Hi Roland,
oh danke dafür *lechz* neuer Stoff für´s Lexikonspiel :wink:))
viele Grüße
claren

Wenn wir dich nicht hätten! Tausend Dank!
Ich habe dank deiner Erinnerung nun endlich den Text korrigiert.

Und ich war wohl der erste, der einen lunguistisch-grammatischen Text zitierte.

Und übtigens. Du weißt ja, wie ich deine Beiträge und dich einschätze!

Fritz

1 Like

Hallo Claren

oh danke dafür *lechz* neuer Stoff für´s Lexikonspiel :wink:))

Also für dich liefer ich natürlich gerne noch ein paar nach:

Dittologie (ist übrigens das Gegenteil von Hapaxepie was wiederum identisch ist mit Haplologie, wenn du verstehst was ich meine :wink:)
Prager Strukturalismus
Appellativ
Onomatopöen
Deskriptivismus
taxonomischer Strukturalismus
Suprasegmentalia
Kohyponyme
diachronische Semasiologie
denonative Funktion
uvular

Bis bald mal
Roland

Hallo Fritz,

offenbar liegt mir die Philosophie nicht so recht. Das Perfunzativ hab ich mit 15 Jahren aus der Zeitung ausgeschnitten. Eine Stunde später konnte ich es auswendig. Nach ein paar Bier kann ich es auch heute noch auf Punkt und Komma genau aufsagen. Es handelt sich dabei ja um so was wie eine Verfahrensbeschreibung, eben wie man aus einem Perfunzativ Mahagoni dislobiziert. Für mich als Verfahrensingenieur tägliches Brot. Die Beschreibung natürlich, nicht das Perfunzativ. :wink:

Gruß
Pat

Gepflogenheiten

Ich habe dank deiner Erinnerung nun endlich den Text korrigiert.

das ist schade, fritz, sowas alle Jahre wieder ist doch ein willkommener Anlaß, die zeitliche Entwicklung von so manchem zu reflekieren …

Und ich war wohl der erste, der einen lunguistisch-grammatischen Text zitierte.

Ich weiß das wohl, diese lunguistisch-grammatische Textprobe war auch wirklich famos und kurios, ein Kleinod, ich habe herzlich gelacht darüber.

Und übtigens. Du weißt ja, wie ich deine Beiträge und dich einschätze!

Wie du meine Beiträge einschätzt, weiß ich nicht, nein. Sagst dus mir? Liest du sie etwa alle? Ich weiß aber inzwischen, wie du die Tatsache meiner Beiträge einschätzt.

Und übtigens, wie du mich einschätzt, entnehme ich beiläufig deinen sporadischen privaten Mitteilungen, die du in analfetischistischer Fachsprache verfaßt :smile: Ich deute noch daran herum :smile:

Gruß

Metapher

5 Like

mann, Roland, du machst mich fertig :wink:))
herzlich und danke
claren