Motiv und Ziel von Philosophie

Platon - Selektion - Hitler
Ich fürchte, du hast Recht. Sorry. Spricht es aber andererseits für Platon, dass er die Zustände und Ergebnisse im Sparta kannte und dennoch zu derartigen Ansichten kam? Ich zitiere ihn:

„Und diejenigen unter den jungen Männern, die im Krieg oder sonstwo sich als tüchtig erweisen, muss man unter anderen Auszeichnungen und Preisen wohl auch die häufigere Erlaubnis, bei Weibern zu schlafen, erteilen, damit zugleich auch unter diesem Vorwand möglichst viele Kinder von solchen gezeugt werden.“ (Platon, DER STAAT, 5. Buch S. 176)

Hierzu passend ist ein Auszug aus A. Hitlers Mein Kampf:

„So wie die Natur ihre größte Aufmerksamkeit nicht auf die Erhaltung des bestehenden, sondern auf die Züchtung des Nachwuchses, als Träger der Art, konzentriert, so kann es sich auch im menschlichen Leben weniger darum handeln, bestehendes Schlechtes künstlich zu veredeln, was bei der Veranlagung des Menschen zu neunundneunzig Prozent unmöglich ist, als darum, einer kommenden Entwicklung gesündere Bahnen von Anfang an zu sichern.“

Nur mal so am Rande - um den Kreis zum eigentlichen Thema zu schließen: Auch das Monster Hitler gehört in diesem Fall zur Gattung Philosoph. Gruß Tom

HiHi…der war gut…

XX

Ergänzung
Hallo, Metapher,

noch ein Nachsatz zum Begriff „Erkenntnisse“, bzw. zum Begriff „Erkenntnisgewinn“.

Es steht außer Frage, dass es „Erkenntnisse“ gibt, ich bezweifle allerdings, dass diese verifizierbar sind.

Man kann die Theorien und Gedankenmodelle von Platon, Hobbes, Rousseau, Hegel oder Nietzsche für „richtig“ halten, oder aber auch nicht. Wie wollte man denn beweisen, dass z. B. Hegel mit seiner Geschichtstheorie recht hat oder ob es eben „nur“ Gedankenexperimente sind?

LG Rolo

Erkenntnisse

Es steht außer Frage, dass es „Erkenntnisse“ gibt, ich bezweifle allerdings, dass diese verifizierbar sind.

Es ist eine „triviale“ Erkenntnis, daß alle Erkenntnisse bezweifelbar sind. Um das zu beweisen, haben sich bereits die Vorsokratiker - Die Eleaten (Parmenides, Zeno) und die sog. Sophisten kreativ bemüht, und last but not least Descartes.

Und wie würde deiner Meinung nach so ein „verifizieren“ vor sich gehen?

Aber, wie ich schrieb (und was du fleißig überliest *g*): Es ging in den antiken Philosophien (deine ursprüngliche Frage) vor allen Dingen darum, Methoden und Kriterien zu erarbeiten, um sinnvolle Aussagen, Fragestellungen und Dialoge zu ermöglichen. Dazu wurden Verfahren entwickelt: Die Sätze vom Widerspruch, das Beweisen, das Widerlegen, und die Kriterien für korrektes und falsches Schließen (Syllogistik).

Oder auch z.B. um die Frage, woher wir eigentlich unsere Begriffe haben. Wie bei Sokrates: Woher wissen wir, was Gerechtigkeit, Tugend usw. usw. ist. Oder: Was ist eigentlich „Erkennen“ und wie kommt es, daß wir erkennen können? Und darüber haben z.B. Sokrates und Platon erste (sic!) „Theorien“ entwickelt. Ander haben diese kritisch untersucht und dann andere „Theorien“ entwickelt …

Man kann die Theorien und Gedankenmodelle von Platon, Hobbes, Rousseau, Hegel oder Nietzsche für „richtig“ halten, oder aber auch nicht.

Wer hat je bezweifelt, daß man das kann?

Wie wollte man denn beweisen, dass z. B. Hegel mit seiner Geschichtstheorie recht hat oder ob es eben „nur“ Gedankenexperimente sind?

Wo ist der Unterschied?

Und ferner: Eine Geschichtsphilosophie, und erst recht eine Philosophie der Philosophiegeschichte ist selbstverstänbdlich eine Deutung der Weltgeschichte bzw. Geistesgeschichte. Es steht dir frei, niemand wird es dir verwehren, eine andere zu entwickeln - also das zu tun, was vor dir auch schon andere taten. Ja, und dann wird man sich auch mit dieser deiner Geschichtsphilosophie auseinandersetzen, falls sie interessante neue Aspekte liefert. Zu diesen neuen Aspekten sollten zugleich auch Kritiken der schon vorhandenen gehören: Mit einem bloßen „ich halte das nicht für richtig“ wirst du allerdings sicher kaum Interessenten gewinnen :smile:

Genau so entwickelt sich die Philosophie in ihrer Geschichte … es ist ein fortwährender Prozess.

Gruß
Metapher

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Hi, Metapher,

vielen Dank. Wie immer hervorragend.

Es steht außer Frage, dass es „Erkenntnisse“ gibt, ich bezweifle allerdings, dass diese verifizierbar sind.

Und wie würde deiner Meinung nach so ein „verifizieren“ vor
sich gehen?

Ja eben, es ist nicht möglich. Man kann weder beweisen, dass philosophische Theorien, also u. a. auch Deutungen der Wirklichkeit, mit der Wirklichkeit übereinstimmen, noch, dass sie nicht übereinstimmen.
Trotzdem gelten Platon, Hobbes, Nietzsche, etc. als große Denker, obwohl gar nicht klar ist, ob sie mit ihren Deutungen „richtig“ liegen und beeinflussen ganze Epochen mit ihren Lehren.

Das ist so ähnlich, als würde ein Archäologe für seine Behauptung, er habe Atlantis entdeckt, den Nobelpreis bekommen, obwohl er nur vermutet, wo es liegen könnte.
Vielleicht hat er mit seiner Vermutung sogar recht, aber trotzdem würde er dafür nicht ausgezeichnet.

Aber, wie ich schrieb (und was du fleißig überliest *g*): Es
ging in den antiken Philosophien (deine ursprüngliche Frage)
vor allen Dingen darum, Methoden und Kriterien zu erarbeiten,
um sinnvolle Aussagen, Fragestellungen und Dialoge zu
ermöglichen. Dazu wurden Verfahren entwickelt: Die Sätze vom
Widerspruch, das Beweisen, das Widerlegen, und die Kriterien
für korrektes und falsches Schließen (Syllogistik).

Hab ich nicht überlesen :smile: Aber Du behauptest, es gehe nur darum, Licht anzumachen, aber man wolle deshalb noch lange nichts sehen.

Wenn ich Methoden und Kriterien erarbeite, um sinnvolle Aussagen, Fragestellungen und Dialoge zu ermöglichen, dann will ich doch gerade NICHT sinnvolle Aussagen, etc. vermeiden. Wo ist der Unterschied zwischen „sinnvoll“ und „nicht sinnvoll“ wenn es nicht um Wahrheit geht?

Man kann die Theorien und Gedankenmodelle von Platon, Hobbes, Rousseau, Hegel oder Nietzsche für „richtig“ halten, oder aber auch nicht.

Wer hat je bezweifelt, daß man das kann?

Klar, aber dann ist doch das gesamte Unterfangen eine Farce. Wer würde denn Aktien eines Unternehmens kaufen, von dem man nicht weiß, ob es existiert?

Wie wollte man denn beweisen, dass z. B. Hegel mit seiner Geschichtstheorie recht hat oder ob es eben „nur“ Gedankenexperimente sind?

Wo ist der Unterschied?

Da es sich letztlich um Deutungen der Wirklichkeit handelt, können diese Deutungen der Wirklichkeit entsprechen, dann sind es zutreffende Deutungen, oder aber auch nicht. Auch wenn man es nie erfahren wird, weil eine Verifizierung nicht möglich ist.

Es kann doch nicht egal sein, ob z. B. Hegel zutreffende Behauptungen aufstellt oder unzutreffende. Wie gesagt, man kann Hegel nicht widerlegen, aber er kann auch nicht beweisen, dass er mit seiner Deutung der Wirklichkeit die Wirklichkeit trifft.

Deshalb verstehe ich ja nicht , warum man philosophische Aussagen so ernst nimmt. Wie Du ja bereits erwähnt hast, haben Platons Schriften die Geisteshaltung des gesamten Abendlandes geprägt. Mit welcher Berechtigung?

Sorry, will Dich nicht zu sehr nerven. Wahrscheinlich kann jemand wie Du gar nicht nachvollziehen, wie einer auf die Idee kommen kann, solche Fragen zu stellen :smile:

LG Rolo

Hallo,

vielen Dank.

Zu Deinen Ausführungen 1-3 kann ich nichts sagen. Es handelt sich um Bewertungen, zu deren Beurteilung mir das nötige Hintergrundwissen fehlt.

Dein Schlußsatz ist aber genau nach meinem Geschmack :smile:

Wenn man der Philosophie keine Ziele Unterstellen kann, was ist dann der Sinn? O.k. Erkenntnisgewinn. Aber was soll das schon sein? Und mit welcher Konsequenz gewinnt man Erkenntnis? Was ist dann anders als vorher?

Wenn schon die Aussagen, Gedankengebäude und Theorien der Philosophie
letztlich reine Spekulation sind, welchen Wert soll dann ein Erkenntnisgewinn haben, der auf Spekulation aufbaut???

LG Rolo

Hallo Rolo,
dazu lege ich Dir das Buch einer Philosophin ans Herz: Annegret Stopczyk-Pfundstein: „Nein danke, ich denke selber“.
Sie schreibt u.a., dass die alten griechischen Philosophen von den jeweiligen Machthabern bezahlt wurden und ihnen notfalls „brauchbare Gedanken“ lieferten, um zu erreichen, dass das Griechenland der Antike nicht mehr im Clan-/Familienverband dachte und existierte, sondern sich erhob zu einem Staat, der Soldaten hervorbrachte, die gegen die zahlreichen Feinde kämpfen konnte.
Das heutige Denken des christlichen Abendlandess basiert darauf. Inklusive der fatalen Trennung von Geist und Körper. Ich habe das Buch „quer gefressen“ und gebe es nie wieder her…

Gruß, Susanne

Kleine philosophische Propädeutik
Hi Rolo,

danke für die Blumen, dennoch pas de qua. Ich versuch mal, zu einigen deiner Ausführungen etwas zu sagen: Befriedigend kann das aber allein aus logischen und aus methodologischen Gründen nicht sein, denn daß ein perpetuiertes rein formelles „ja -aber“-Einwenden eine Methode des systematischen Zweifelns ist, die niemals argumentativ beendet werden kann, ist ebenfalls - es tut mir leid - seit spätestens den Bemühungen der antiken sog. Skepsis bewiesen worden :smile:

Eine damit zusammenhängende Erkenntnis(sic!) oder, anderes gesagt, Argumentation, die aber zu etwas Neuem führt und nicht die bloße Widerholung desselben ist, wirst du finden, wenn du dir mal die Zeit nimmst, die ersten beiden der „Meditationen“ von Descartes zu lesen …

Viel mehr ist hier leider nicht möglich zu empfehlen, denn sonst nähme unser kleiner Dialog allmählich die Größenordnung eines propädeutischen Seminars an … Bei einem solchen würde allerdings, bevor man weitergeht, eingefordert, daß du, bevor du ein weiteres „ja - aber“ anbringst, durch Wiedergabe der Ausführungen deines Gesprächspartners bestätigst, daß (bzw. wie) du sie verstanden hast. Danach erst würde dein Gesprächspartner bereit sein, auch dir weiter zuzuhören.

So verläuft eine klassische philosphische Abhandlung ebenfalls. Aristoteles hat das vorbildlich in seiner Vortragssammlung, die später den Namen „Metaphysik“ bekam, ebenfalls gemacht: Er hat zuerst die Gedankengänge seiner zahlreichen Vorgänger referiert (gottseidank, denn teilweise kennt man die heute nur daher), danach hat er angefangen sie kritisch zu betrachten, teilweise sie zu widerlegen, und dann erst(!) hat er seine eigenen Gedankengänge dazugesetzt.

Es steht außer Frage, dass es „Erkenntnisse“ gibt, ich bezweifle allerdings, dass diese verifizierbar sind.

Und wie würde deiner Meinung nach so ein „verifizieren“ vor sich gehen?

Ja eben, es ist nicht möglich. Man kann weder beweisen, dass philosophische Theorien, also u. a. auch Deutungen der Wirklichkeit, mit der Wirklichkeit übereinstimmen, noch, dass sie nicht übereinstimmen.

Hier übersiehst du (da wir ja die Anfänge der Philosophie betrachten) einige nicht unbedeutende Kleinigkeiten:

  1. daß die Methode des Behauptens erst entwickelt werden mußte: Was muß ich tun, damit eine Behauptung eine begründete Bahauptung ist …
  2. daß die Methode des Beweisens, ebenso wie die des Widerlegens, erst entwickelt werden mußte: Was muß man tun, um eine Behaupotung zu beweisen, was, um sie zu widerlegen …
  3. daß die Methode des Schlußfolgerns erst entwickelt werden mußte: Wann ist eine Folgerung (aus Prämissen) falsch, wann ist sie korrekt. Daß es dabei eine endliche, abzählbare Menge von Formen des Schlußfolgerns gibt, ein Teil immer korrekte, ein anderer Teil immer falsche, das kann man wohl zurecht als eine Entdeckung bezeichnen: Eine Entdeckung über die Natur des Denkens …

Und damit gehts gleich zum nächsten Punkt

  1. Das „Objekt“ philosophischer Bemühungen ist nicht die „Wirklichkeit“, sondern das Denken selbst! „Noesis noeseos“, Denken des Denkens (im Gegensatz zum Denken des Gegenstands des Denkens), nennt es Aristoteles. Damit hängt zusammen eine erste genauere Bestimmung eines Unterschieds wissenschaftlicher Bemühungen: theoretische und empirische Wissenschaften.

Die empirischen WS haben das zu tun, was du oben anführst: Sie prüfen die Korrektheit ihrer Aussagen, Theorien usw. an einer Übereinstimmung mit der Wirklichkeit, von der jeweils ein Ausschnitt den Objektbereich der jeweils einzelen Wissenschaft bestimmt.

Die theoretischen (philosophischen) Wissenschaften befassen sich dagegen

  1. z.B. mit der Frage, was „Wirklichkeit“ überhaupt ist oder was ein „Begriff“ überhaupt ist, und, daraus folgend, was „Erkenntnis“ überhaupt ist, wie sie funktioniert, und wieso sie möglich ist. Und damit sind wir bei den Leistungen des Platon, Aristoteles, wie ich schon andeutete.

Trotzdem gelten Platon, Hobbes, Nietzsche, etc. als große Denker, obwohl gar nicht klar ist, ob sie mit ihren Deutungen „richtig“ liegen und beeinflussen ganze Epochen mit ihren Lehren.

Wie schon gesagt: Es steht dir frei, sie zu widerlegen, ihre Ausführungen als sinnlos, zwecklos zu „beweisen“ usw. usw. Aber - leider - müßtest du, damit dir überhaupt jemand zuhört, diese Philosophien sehr genau kennen und durchgearbeitet haben - noch genauer sogar als irgendwer, der sie für sinnvoll hält und ihnen oberflächlich anhängt.

Denn dir wird kaum jemand bei deinen Platon-, Hobbes-, Nietzsche-kritischen Ausführungen zuhören, wenn man schnell bemerkt, daß du sie bestenfalls flüchtig überflogen hast. Meinst du nicht?

Wenn du sie aber gründlich durcharbeitest hast, wirst du sie nicht mehr für sinnlos halten, sondern mindestens für anregend, nämlich anregend genau für deine Kontroversen. Ob sie „richtig“ sind, diese Frage wird dir beim Durcharbeiten eh aus dem Kopf geraten: Du wirst sehen, daß es um „richtig“ und „falsch“ darin überhaupt gar nicht geht …

Das ist so ähnlich, als würde ein Archäologe für seine Behauptung, er habe Atlantis entdeckt, den Nobelpreis bekommen, obwohl er nur vermutet, wo es liegen könnte.

Philosophie ist keine empirische Wissenschaft. Und daß „sinnvolle“ Wissenschaft ausschließlch empirische Wissenschaft sei, daß ist wiederum Inhalt und These bestimmter Philosophien! (Empirismus, Rationalismus, Positivismus usw. seien nur ein paar Stichworte, die hierher gehören).

Wenn ich Methoden und Kriterien erarbeite, um sinnvolle Aussagen, Fragestellungen und Dialoge zu ermöglichen, dann will ich doch gerade NICHT sinnvolle Aussagen, etc. vermeiden. Wo ist der Unterschied zwischen „sinnvoll“ und „nicht sinnvoll“ wenn es nicht um Wahrheit geht?

Um - nur um ein Beispiel zu nehmen - eine dialogische Einigung zu erzielen darüber, was man unter „Wahrheit“ verstehen möchte, braucht es Dialoge, Argumentationen, begründete Aussagen, Beweis- und Widerlegungsverfahren (für Aussagen!), Grundbegriffe von Identität und Widerspruch usw., damit sich der Dialog nicht im Hamsterrad verflüchtigt.

Man kann die Theorien und Gedankenmodelle von Platon, Hobbes, Rousseau, Hegel oder Nietzsche für „richtig“ halten, oder aber auch nicht.

Wer hat je bezweifelt, daß man das kann?

Klar, aber dann ist doch das gesamte Unterfangen eine Farce.

Das ist eine sogenannte unbegründete Behauptung :smile: (= ein destruktives Dialogelement). Denn das, dem du den Anschein einer Begründung gibst, trifft auf das zu Begründende gar nicht zu …

Wer würde denn Aktien eines Unternehmens kaufen, von dem man nicht weiß, ob es existiert?

… denn die Philosophien von Platon, Hobbes, Rousseau, Hegel oder Nietzsche existieren.

Ob du sie dagegen für dich persönlich als „erhellend“ ansiehst oder nicht, wen interesiert das außer dir selbst? Aber um selbst das zu wissen, mußt du von diesen Philosophien mehr wissen, als nur die Namen ihrer Autoren. Meinst du nicht?

Falls du diese Autoren also noch nicht schon durchgeackert hast (und selbst dafür benötigst du viele viele andere Philosophien zusätzlich), können wir gerne in 3 bis 5 Jahren (diese Zeit benötigst du mindestens für ein begründetes Urteil) diese selbe Unterhaltung fortsetzen. Ich bezweifle allerdings (aus Erfahrung), daß du dann noch dieselben Fragen in derselben Weise stellen wirst.

Wie wollte man denn beweisen, dass z. B. Hegel mit seiner Geschichtstheorie recht hat oder ob es eben „nur“ Gedankenexperimente sind?

Wo ist der Unterschied?

Da es sich letztlich um Deutungen der Wirklichkeit handelt, können diese Deutungen der Wirklichkeit entsprechen, dann sind es zutreffende Deutungen, oder aber auch nicht. Auch wenn man es nie erfahren wird, weil eine Verifizierung nicht möglich ist.

Geschichtsphilosophien haben unter anderem, aber auch mindestens, das Anliegen, zu bestimmen, was „historische Wirklichkeit“ überhaupt ist. Das ist die Voraussetzung dafür, um eine Konfrontation einer Theorie mit der (dadurch erst bestimmten) „Wirklichkeit“ zu leisten …

Es kann doch nicht egal sein, ob z. B. Hegel zutreffende Behauptungen aufstellt oder unzutreffende. Wie gesagt, man kann Hegel nicht widerlegen, aber er kann auch nicht beweisen, dass er mit seiner Deutung der Wirklichkeit die Wirklichkeit trifft.

Kennst du Hegels Geschichtsphilosophie? Oder seine Philosophie der Philosophiegeschichte?

Wie Du ja bereits erwähnt hast, haben Platons Schriften die Geisteshaltung des gesamten Abendlandes geprägt. Mit welcher Berechtigung?

Z.B. mit der Berechtigung, daß du sonst diese deine Fragen gar nicht stellen könntest …

Sorry, will Dich nicht zu sehr nerven. Wahrscheinlich kann jemand wie Du gar nicht nachvollziehen, wie einer auf die Idee kommen kann, solche Fragen zu stellen :smile:

Im Gegenteil, es war mir ein Vergnügen, denn für einen Philosophen ist nichts spannender, als mit Fragen konfrontiert zu sein (auch, wenn er solche wie diese im Leben schon 100 mal durchgeackert hat, wie du sicher voraussetzt). Und solche Unterhaltungen gehören für mich zu denen, für die dieses Brett eigentlich gedacht ist.

Schönen Gruß
Metapher

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und kleine Ergänzung
… zu einer Bemerkung aus deinem anderen Posting:

Warum nimmt man Platons Theorien für bare Münze? Wodurch ist ausgeschlossen, dass er sich getäuscht hat? Woher sollte Platon diese Weisheiten haben? Er war doch auch nur ein Mensch.

Ja, Platon war ein Mensch. Sokrates, den wir fast nur durch Plataon kennen, ebenfalls. By the way: „Sokrates ist ein Mensch“ ist übrigens das älteste Beispiel, an dem man die Form eines „immer richtigen“ Schlusses zeigt.

Aber zu deiner Frage: Sowohl Sokrates als auch Platon (incl der Kollegenkreis in der „Akademie“) haben sich genau mit dieser Frage beschäftigt: Was ist überhaupt „Wissen“, woher haben wir unser Wissen über „Gerechtgikeit“ z.B., und woher haben wir unsere Begriffe überhaupt.

Und ferner, was ist das eigentlich: eine „Täuschung“? Die Idee, daß alles, was wir wissen, nur eine „Andeutung“ ist (siehe Höhlengleichnis) setzt ja selbst voraus, daß wir das Gewußte vergleichen mit etwas anderem (der „Wahrheit“). Aber woher wissen wir das denn wiederum, wenn wir (lt. Platon) „Wahrheit“ gar nicht erkennen können?

Letztlich ist das was Platon geschrieben hat, seine Privatmeinung. Er hat phantasiert (wie jeder Denker). Vielleicht liegt er richtig, vielleicht aber auch nicht.

Du siehst: Genau deine Fragen wurden bereits damals umfangreich diskutiert - also in denjeningen Philosophien, die du für unsinnig und überflüssig oder „nicht für bare Münze“ halten möchtest :smile:

Wenn dich interessiert, wie Platon/Sokrates mit diesen Fragen umgingen: Die Dialoge „Phaidon“ und „Menon“ enthalten solcherlei Fragen … und Antworten!

Schönes Wochenende
Metapher

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Hallo,

das war eine Doktorarbeit :smile:

Nochmal: Ich will und kann Platon, Hobbes, Rousseau oder Nietzsche nicht widerlegen. Das wollte ich nie.
Mich hat nur gewundert, dass man diese Theorien einfach so angenommen und akzeptiert hat.

Und wie Du selbst zugibst, ist die Philosophie keine empirische Wissenschaft. Ähnlich wie die Religionswissenschaft keine empirische Wissenschaft ist.

Ich gebe Dir vollkommen Recht, dass philosophische Theoriemodelle eine Anregung sein können, aber sie können meiner Meinung nach, die Welt nicht erklären. Sie können „nur“ MÖGLICHE Erklärungen, bzw. ErklärungsVERSUCHE sein.

Es gibt noch UNENDLICH viele weitere Varianten der Deutung der Wirklichkeit, die lediglich NIE FORMULIERT worden sind oder die zwar formuliert, aber nicht überliefert wurden.

LG Rolo

Hallo,

schon wieder ich.

Letztlich ist das was Platon geschrieben hat, seine Privatmeinung. Er hat phantasiert (wie jeder Denker). Vielleicht liegt er richtig, vielleicht aber auch nicht.

Du siehst: Genau deine Fragen wurden bereits damals
umfangreich diskutiert - also in denjeningen Philosophien, die
du für unsinnig und überflüssig oder „nicht für bare Münze“
halten möchtest :smile:

Einspruch! Ich möchte diese Theorien nicht für unsinnig und überflüssig halten. Nein, nein, nein!
Ich wundere mich nur, warum diese Theorien und Gedankenkonstrukte so Viele für gut und richtig halten, die dies ebensowenig begründen können.
Das ist für mich tatsächlich ein wenig so, wie der Glaube an ein Leben nach dem Tod. Das heißt aber NICHT, dass es ein Leben nach dem Tod auf keinen Fall geben kann, es ist nur ein gewisses Risiko, sich darauf zu verlassen, dass es eins gibt :smile:

Wie gesagt, ohne dass ich Profi bin und alle Schriften gelesen habe oder kenne: Der SPEKULATION kommt meiner Meinung nach in der Philosophie ein großer Anteil zu, das heißt aber nicht, dass es nicht tatsächlich so sein kann.

Hat mir großen Spaß gemacht :smile:

Schönes Rest-Wochenende, Rolo

Schönes Wochenende
Metapher

empirische vs. epistemische Wissenschaft

Und wie Du selbst zugibst, ist die Philosophie keine empirische Wissenschaft.

Das ist keine Sache des „Zugebens“ :smile:
Der Begriff „empirische Wissenschaft“, und zwar im Unterschied zu der „primären“ Wissenschaft der Philosophie wurde von einem Philosophen herausgearbeitet: Aristoteles, Metaphysik, Buch I. Dort kannst du auch nachlesen, wie das begründet wurde: Anhand zweier unterschiedlicher Arbeitsweisen im Beruf des Arztes. Aristoteles war übrigens selbst Arzt. Der eine heilt auf der Basis von Erfahrung (empirisch), der andere auf der Basis von begründetem Wissen (epistemisch). Der eine weiß, wie es geht. Der andere weiß, warum es geht.

Ähnlich wie die Religionswissenschaft keine empirische Wissenschaft ist.

Die Religionswissenschaft IST eine empirische Wissenschaft. Sie hat religiöse Phänomene zum Objektbereich. Die Religionsphilosophie dagegen ist ein Teilgebiet der Philosophie.

Ich gebe Dir vollkommen Recht, dass philosophische Theoriemodelle eine Anregung sein können, aber sie können meiner Meinung nach, die Welt nicht erklären.

Die Welt zu erklären ist auch gar nicht Aufgabe der Philosophie. Das ist Aufgabe der Naturwissenschaften. In der Zeit vor Aistoteles waren diese Tätigkeiten allerdings noch nicht trennbar (Siehe Thales, Anaximander, Empedokles, Parmenides, Zenon, Pythagoras) - weil man den Begriff für den Unterschied noch nicht hatte. Das war erst dem Aristoteles gelungen nach den Vorarbeiten von Sokrates und Platon.

Es gibt noch UNENDLICH viele weitere Varianten der Deutung der Wirklichkeit, die lediglich NIE FORMULIERT worden sind oder die zwar formuliert, aber nicht überliefert wurden.

Da du dich doch so heftig gegen sinnfreie, d.h. unbegründete, Aussagen in den Kampf wirfst: Wenn sie „nie formuliert“ wurden, oder „nie überliefert“, wie begründest du dann deine Aussage: „Es gibt“? Und woher weißt du überdies, daß es sogar auch noch „unendlich viele“ davon gibt?

*smile*

Gruß
Metapher

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Hallo,

Es gibt noch UNENDLICH viele weitere Varianten der Deutung der Wirklichkeit, die lediglich NIE FORMULIERT worden sind oder die zwar formuliert, aber nicht überliefert wurden.

Da du dich doch so heftig gegen sinnfreie, d.h. unbegründete,
Aussagen in den Kampf wirfst: Wenn sie „nie formuliert“
wurden, oder „nie überliefert“, wie begründest du dann deine
Aussage: „Es gibt“? Und woher weißt du überdies, daß es sogar
auch noch „unendlich viele“ davon gibt?

„Es gibt“ ist nicht ganz korrekt. Es müßte heißen „sind vorstellbar“ oder es gibt sie „potentiell“. Es müßte nur einen Menschen geben, der sie formuliert.

Nehmen wir mal den Bereich der Literatur als Beispiel:
Obwohl es inzwischen Millionen von Erzählungen, Kurzgeschichten und Romanen gibt, werden immer wieder neue Geschichten verfaßt, die es genau so, noch nicht gibt.
Es wird erst in der Unendlichkeit ein Punkt erreicht sein, an dem keine Geschichten mehr veröffentlicht werden können, die es noch nicht gibt.
Es sind also unendlich viele Geschichten denkbar.

In der Philosophien handelt es sich zwar nicht um Geschichten, aber zumindest um Theorien und Gedankengebilde.

Gruß, Rolo

Die Welt ist mehr
Hi Metapher.

Die Welt zu erklären ist auch gar nicht Aufgabe der
Philosophie. Das ist Aufgabe der Naturwissenschaften.

Bei aller Hochachtung, da muss ich doch widersprechen. Deine Formulierung reduziert „die Welt“ auf ein ausschließlich durch die Naturwissenschaften Erfassbares und „Erklärbares“. Das hieße aber, dass die „Welt“ nur physikalische, chemische und biologische Dimensionen aufweist.

Ich denke, es ist leicht, die Unvollständigkeit dieser Sicht zu belegen. Zunächst mal kann man auf Habermas´ Theorie der Erkenntnisinteressen verweisen, die drei Dimensionen oder Bereiche des Erkennens (und damit auch Forschens) unterscheidet:

empirisch-analytisch

hermeneutisch

kritisch-emanzipatorisch

Nur der erste Punkt deckt sich mit deinem obigen Begriff der Welt (als Erkenntnisgegenstand). „Bedeutungen“ aber, der Gegenstand von Punkt 2, kann nicht gemessen werden. Nur interpretiert. Musik und Literatur und Malerei usw. sind Teile der „Welt“, nicht anders als Emotionen oder Träume usw. Diese können nie Gegenstand der Naturwissenschaft sein, hier ist der interpretierende menschliche Geist gefordert, auf der Ebene des vernetzten symbolischen Denkens.

Vielleicht wirst du sagen, na gut, interpretieren ist aber nicht das gleiche wie erklären. Die Frage bleibt dann, wie präzise das naturwissenschaftliche Erklärung wirklich ist - und wie weit es auf Axiomen und Hypothesen beruht.

Punkt 3 impliziert ethische und politische Dimensionen, die ebenfalls - in komplexer Weise - Teil der „Welt“ sind.

Teil der „Welt“ sind darüber hinaus auch „visionäre“ Erfahrungen. Naturwissenschaft ist technisch bedingt blind dafür. Das heißt aber nicht, dass diese Erfahrungen nicht - potentiell - zur „Erklärung“ der Welt beitragen könnten.

Gruß

Horst