klingt polemisch, interessiert mich aber.
Hi,
ich versuche mal meine Sichtweise der Dinge darzustellen:
Dass es darauf ankommt, aus welchen Gründen man auf Fleisch verzichtet, hast Du ja oben schon festgestellt (viele Dinge, die ich problemlos anfasse würde ich nie im Leben essen wollen). Unterstellen wir also mal jemanden, dessen Grundüberzeugung in einfachster Formulierung lautet: „Ich möchte nicht, dass Tiere unnötig getötet werden“.
Jeder wird nun eine Grenze ziehen müssen, ab der „unnötig“ beginnt. Viele Omnivore werden wahrscheinlich auch gegen Töten aus persönlichem Lustempfinden, für den Test von Kosmetik etc. plädieren. Die Frage ist also schlicht, welche Rechtfertigungsargumente der Einzelne für sich höchst persönlich zur Anwendung bringt. Ein paar Motive, die die Tötung von Tieren veranlassen, seien mal beispielhaft dargestellt:
- persönliches Lustempfinden/ „Forscherdrang“ (Katze in der Mikrowelle, Spinnen die Beine ausreißen)
- Vermeiden persönlichen Ungemachs (Mücken im Schlafzimmer, Ameisen in der Küche)
- Wirtschaftlichkeit im Kleinen und Großen (Kosmetik-Tierversuche, Fleischkauf bei Aldi statt beim Biobauern)
- Status (Pelze, Ledersitze im Auto)
- Genuss (Foie gras)
- Ernährung (gelegentliches Steak)
- persönliche Bequemlichkeit (Schuhe, Autofahrten)
- Abstrakte Rettung von Menschenleben (Tierversuche für Medikamente, Organ-/ Zelltransplantationen, Medikamentenherstellung)
- Pragmatismus im täglichen Leben (Überqueren einer Wiese unter Zertrampeln ganzer Insektenstämme)
- persönliches Überleben (die berühmte einsame Insel, die leider nur Tiere, aber keine essbaren Pflanzen beherbergt).
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, grob sortiert nach geesellschaftlich akzeptierter Rangfolge.
Zusätzlich zu klären sind noch die persönliche Auffassung der „Wertigkeit“ anderen Lebens: Ist ein Schwein schützenswerter als ein Huhn? Ein Vogel mehr wert als ein Reptil? Wie groß ist der „Wertabstand“ zwischen Mensch und Primat? Wie sieht es eigentlich mit Pflanzen aus? Außerdem kann man die „Ja/ Nein“ Entscheidung modifizieren um „unter Umständen/ je nach Relation“. Man mag einen Unterscheid sehen zwischen dem 5 Minuten dauernden Genuss eine Gänsestopfleber, für die eine Gans stirbt und dem Tod einer Kuh, die die Lederversorgung für Schuhe der nächsten 20 Jahre deckt.
Jeder wird nun eine Linie ziehen müssen, was okay ist und was nicht. Aus Tierrechtssicht finde ich jeden Schritt in die „richtige“ Richtung begrüßenswert, egal, auf welchem Niveau er stattfindet. 100% Konsequenz wird kein Vegetarier, kein Veganer, noch nicht mal ein Frutarier erreichen können, es ist also meiner Auffassung nach sinnlos, jemandem mangelnde Kosequenz vorzuwerfen, der sich wie wir alle irgendwo zwischen 0 und 100 bewegt.
Vielleicht gibt Dir das ja einen relevanten Denkanstoß.
Gruß
Ramona