Hallo!
Wenn man einem Motorradfahrer, der auf einer Vorfahrtstraße
fährt,
die Vorfahrt nehmen würde, indem man von einem Parkplatz
rausfährt, hat man die Vorfahrt missachtet, ist klar.
Ein typischer Motorradunfall würde ich mal sagen
angenommen, es handle sich bei der Vorfahrtsstraße um eine
30er Zone, der Motorradfahrer hätte gebremst und dies evtl.
falsch/zu heftig / war vlt. schneller als 30 (nur mit
Vorderbremse etc.) und er fällt dadurch. Auto und Motorrad
hätten sich dabei allerdings nicht berührt. Kann man dann
sagen, der Motorradfahrer hat eine Teilschuld?
Das ist jetzt nicht ganz so einfach und hängt genau vom Unfallhergang ab. Wenn er entgegen dem Limit oder der Verkehrssituation schneller als 30km/h gefahren ist, ist es in einem Großteil der Fälle sehr wahrscheinlich, dass ein Mitverschulden vorliegt.
Sonst würde ich jetzt nicht sagen, dass jeder Fahrfehler gleich ein Mitverschulden ist, also dass man als Motorradfahrer bei einer Notbremsung oder einem Notausweichmanöver stürzt ist jetzt nicht so ungewöhnlich. Da kann schon ein kleiner Fehler genügen und man muss bedenken, dass solche Notausweichmanöver mit einem Motorrad schwerer zu bewerkstelligen sind als mit einem Auto (viele Autofahrer wissen das nicht und überschätzen die Wendigkeit eines Motorrads). Es kann also theoretisch sogar sein, dass der Sturz gar nicht auf einem Fahrfehler beruht. Sowas muss in der Gerichtspraxis ein Sachverständiger klären.
Ich denke im Übrigen nicht, dass man deswegen stürzt, weil man nur die Vorderradbremse betätigt, allenfalls ist der Bremsweg länger als wenn man beide Bremsen benutzt. Die Vorderradbremse ist nur dann wirklich gefährlich, wenn das Vorderrad blockiert. In so einem Fall wäre evtl. gefährlich wenn man während des Ausweichsmanövers bremst. Korrekt wäre Bremsen - Bremse auf - Ausweichhaken - Bremsen, das hat aber alles nicht unbedingt was mit der Vorderradbremse zu tun. Bremst man während des Ausweichhakens könnte das schief gehen.
Denn wenn man davon ausgeht, dass ein Verkehrsteilnehmer so
fahren sollte, dass er auf unvorhergesehene Dinge reagieren
muss (gerade in einer 30er Zone), hat er dies nicht.
Ein Fahrer muss nicht mit solch unvorhergesehenen Dingen rechnen, vielmehr darf er darauf vertrauen, dass sich der andere gesetzeskonform verhält. D.h. man darf darauf vertrauen, dass keiner einfach rausfährt. Aber natürlich darf man in einer 30er Zone nicht schneller als 30 fahren - und wenn diese Übertretung den Unfall mitverursacht wird sie zu einem Mitverschulden führen.
Wenn
dabei ein Kind auf die Straße läuft und man deswegen bremst,
wäre ja auch nicht das Kind für den Blechschaden des
Motorradfahrers verantwortlich oder?
Nein, aber nur weil es deliktsunfähig ist. Das ist eine andere Baustelle.
Ich weiß, diese Fragestellung ist kompliziert und klingt
provokant, aber ich hätte dazu gerne einmal eine rechtliche
Einschätzung, wenn möglich. Handelt es sich hier nur um eine
Ordnungswidrigkeit oder müsste der Autofahrer den Schaden 100%
bezhalen?
Wie das in einem konkreten Fall aussieht, kann man von der Ferne seriöserweise nie sagen. Bei Verkehrsunfällen kann man es in vielen Fällen überhaupt erst sagen, wenn ein Unfallsachverständiger den Sachverhalt korrekt ermittelt hat (Rechtsfragen sind meistens ja keine komplizierten dabei bei Verkehrsunfällen).
Gruß
Tom