Musik Künstler, Steuer, Liebhaberei

Folgender Sachverhalt würde mich mal interessieren. Mal angenommen ein Musiker/Solokünstler beabsichtigt in ferner Zukunft seine Musik zum Verkauf in iTunes-Store anzubieten. Dieser Künstler produziert nebenberuflich, daher vergeht schon eine gewisse Zeit zwischen den Anschaffungen (Equitment) und den ersten Einnahmen. Nun befürchtet dieser Künstler, dass er gegenüber das Finanzamt die tatsächlichen Aufwendungen der Vorjahre nicht in voller Höhe gegenrechnen kann, zum Zeitpunkt der ersten Einnahmen. U.U. muss er dann Steuern aus den Musikverkauferlös zahlen, obwohl alle Einnahmen und Aufwendungen zusammen ein Verlust darstellen. Nehmen wir an, dass die Ausgaben sich auf ca. 10.000 Euro verteilt auf sechs Jahre belaufen.

Wie ich das sehe, hätte dieser Künstler zwei Optionen;

  1. Zum einen, dass er die Ausgaben als Freiberufler in den Jahren der Anschaffung geltend macht, diese würden dann die Steuerlast der Lohnsteuer seines Hauptberufes reduzieren. Diese Vorgehensweise bürgt aber das Risiko, dass ihn früher oder später Liebhaberei vorgeworfen werden könnte mit der Folge, dass er die Steuern + Zins zurück zahlen muss. Auf der anderen Seite, wären alle tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt.

  2. Die zweite Option wäre, dass dieser Künstler zum Zeitpunkt der ersten Einnahmen das Equitment zum Restwert aus den Privatvermögen in das Betriebsvermögen überführt. Bei dieser Vorgehensweise würde aber nur ein Bruchteil der tatsächlichen Aufwendungen berücksichtigt werden können. Zudem könne dieser Künstler nicht den Warmmietanteil des Projektzimmers der Vorjahre geltend machen.

  3. Nun frage ich mich, ob dieser Künstler eine dritte Option haben könnte. Und zwar indem er in den Jahren der Aufwendungen die Ausgaben gegenüber das Finanzamt in einer sonderlichen Form deklarieren kann, sodass diese sich nicht steuermindernd auf die Einkommenssteuer auswirken, sondern dass eben diese Verluste solange in voller Höhe ruhen bis Einnahmen aus der freiberuflichen Künstlertätigkeit erzielt werden.

  4. Wie würde das für den Künstler eigentlich ausschauen, wenn er sich bewusst auf Liebhaberei beruft? Ich habe mich schnell noch in dieser Sache eingelesen, nachdem ich ein Großteil hier schon verfasst habe, habe ich folgendes richtig verstanden:
    Solange der Totalgewinn negativ ist, könnte er sich auf Liebhaberei berufen, trotz dass in der Endphase erhebliche Gewinne gefahren werden? Fallbeispiel: dieser Künstler hat über 20 Jahre als Hobby Musik produziert, in dieser Zeit hat dieser etliche Hardware belegbar beschafft, sagen wir in der Größenordnung 30.000 Euro, aber bislang keine Einnahmen erzielt. Könnte dieser Künstler nun angenommenerweise über zwei Jahre ein Gewinn in selbiger höhe, also 30K aus der Künstlertätigkeit erwirtschaften, ohne dass er dies den Finanzamt melden muss?

Zum einem frage ich mich nun, ob Optionen eins und zwei so wie beschrieben korrekt sind, und ob die Optionen drei und/oder vier ggf. in der Tat gangbar wären und wenn ja, was der Künstler dann beachten müsste. Auch frage ich mich, ob es nicht weitere Optionen gäbe.

Was sind eure Meinungen zum Ganzen?

Hallo,

Zum einem frage ich mich nun, ob Optionen eins und zwei so wie beschrieben korrekt sind, und ob die Optionen drei und/oder vier ggf. in der Tat gangbar wären und wenn ja, was der Künstler dann beachten müsste. Auch frage ich mich, ob es nicht weitere Optionen gäbe.
Was sind eure Meinungen zum Ganzen?

Zunächst muss man wissen, was man will. Erst hinterher etwas konstruieren, wird schwierig. Da es in einer Marktwirtschaft und schon gar nicht in der Kunst keine Garantie auf Gewinne gibt, sind Gewinne keine Notwendigkeit für eine steuerliche Anerkennung. Es muss vielmehr so gearbeitet werden, dass eine Gewinnerzielungsabsicht (Totalgewinn) erkennbar ist.
Es bestünde in der Tat die Option, die Ausgaben zunächst quasi „unter Vorbehalt“ zu erklären. Dies ist nach § 165 Abs. 1 AO möglich. Der Steuerpflichtige muss dazu dem FA Grund und Umfang der Vorläufigkeit erklären.
Neben der EK-Steuer gibt es natürlich auch noch die USt. Da interessiert die Gewinnerzielungsabsicht gar nicht.

Grüße

Herzlichen Dank für deine Antwort. Es ist erst einmal gut zu wissen, dass es eine ‚unter Vorbehalt‘ Deklarationsmöglichkeit gäbe. In diesem Fall würden die Verluste aus der freiberuflichen Künstlertätigkeit sich nicht steuermindernd auf die Lohnsteuer auswirken?

Nochmal in Bezug auf Liebhaberei;
Nun in diesem fiktiven Fall wäre es nicht ‚hinterher etwas konstruieren‘, sondern eher mitten in der ‚Neuprojektierung‘. Das Projekt besteht nun schon seit ca. 15 Jahren ohne jegliche Einnahmen und auch mit zwischenzeitlichen größeren Pausen. Jetzt aber wird darüber nachgedacht das Hobby-Projekt neu auszurichten, dazu wurde in den letzten Jahren neue Hardware angeschafft. Der Künstler denkt darüber nach, seine Musik z.B. in iTunes-Store und weitere Portale anzubieten und über mySpace und Facebook zu promoten, mehr aber auch nicht.

Der Künstler geht auch nicht davon aus, dass er jemals die Aufwendungen der letzten 15 Jahre wieder einspielen wird. Zum einem wird er von seiner exotischen Musikrichtung ‚Industrial‘ nicht abweichen, also nicht kommerzialisieren, zum anderen werden auch keine schweren Marketinggeschütze aufgefahren. Es ist und bleibt ein LowBudget-Projekt. Das eigentliche finanzielle Kernziel wäre, dass zumindest die zusätzlichen Umkosten, welche insbesondere für die Aufbereitung einer Veröffentlichung aufgebracht werden müssen, also der Feinschliff im Tonstudio und die Kosten, welche durch das Anbieten selber aufgebracht werden müssen, gedeckt werden. Das sekundäre Ziel wäre, das Einspielen des Equitments und des Warmmietanteils des Musikzimmers seit der Neuprojektierung. Alles andere, also, das Einspielen des Equitments und des Warmmietanteils des Musikzimmers der letzten 15 Jahre wäre traumhaft aber kaum machbar, wenn auch nicht ausgeschlossen.

Der Künstler befürchtet aber, dass das Finanzamt den Künstler aber unterstellen könnte, dass das plötzliche weltweite Anbieten der Musik und das Promoten via Social-Networks eine Gewinnerzielungsabsicht schon darstellen könnte, insbesondere dann, wenn sattliche Einnahmen gefahren werden, auch wenn ein Totalgewinn noch nicht erreicht ist. Letztlich ist dem Finanzamt ja nicht bewusst, dass lange im Vorfeld schon einiges an Geld verbrannt wurde.

Meiner Meinung nach wäre den Künstler sehr daran gelegen, sein Vorhaben unter der Liebhaberei laufen zu lassen, solange der Verlust der letzten 15 Jahre noch nicht gedeckt worden ist. Das Problem ist allerdings, wie dieser Künstler beweisen kann, dass eine Gewinnerzielungsabsicht (Totalgewinn) nicht wirklich vorliegt bzw. vorlag, da eben ein Totalgewinn eher sehr unwahrscheinlich ist. Die Definition Gewinnerzielungsabsicht ist nicht nur Auslegungssache sondern wirklich ein sehr dehnbarer Begriff, und letztendlich auch manipulierbar. Und mal ehrlich, wer hat denn im Kern keine Absicht bzw. Wunsch Gewinne zu erzielen, egal mit was?

Die globale Fragen die sich daraus ergeben würden, wären

  1. ob Liebhaberei für den Künstler anhand dieser beschriebenen Konstellation gangbar und ohne weiteres durchsetzbar wäre?
  2. wenn ja, ob in der Tat die Einnahmen solange den Finanzamt nicht angezeigt werden müssen, solange kein Totalgewinn erzielt worden ist und keine Umsatzsteuerpflicht vorliegt?
  3. wenn ja, darf dann anteilig das Musikzimmer in der eigenen Wohnung für all die 15 Jahre als Aufwendung gerechnet werden?

Hallo,

Herzlichen Dank für deine Antwort. Es ist erst einmal gut zu wissen, dass es eine ‚unter Vorbehalt‘ Deklarationsmöglichkeit gäbe. In diesem Fall würden die Verluste aus der freiberuflichen Künstlertätigkeit sich nicht steuermindernd auf die Lohnsteuer auswirken?

Davon gehe ich aus, dass dann das FA sie nicht vorläufig steuermindernd ansetzt. Es ist übrigens kein Problem damit mal beim FA anzurufen. Die Leute sind da in der Regel sehr nett und erklären es dem unbedarften Steuerbüger. Das ist jedenfalls meine persönliche Erfahrung mit „meinem“ Finanzamt.

Nochmal in Bezug auf Liebhaberei;
Nun in diesem fiktiven Fall wäre es nicht ‚hinterher etwas konstruieren‘, sondern eher mitten in der ‚Neuprojektierung‘.
Das Projekt besteht nun schon seit ca. 15 Jahren ohne jegliche Einnahmen und auch mit zwischenzeitlichen größeren Pausen.

Also wurde bisher nichts diesbezüglich erklärt?

Jetzt aber wird darüber nachgedacht das Hobby-Projekt neu auszurichten, dazu wurde in den letzten Jahren neue Hardware angeschafft. Der Künstler denkt darüber nach, seine Musik z.B. in iTunes-Store und weitere Portale anzubieten und über mySpace und Facebook zu promoten, mehr aber auch nicht.

Naja, von diesen „Absatzwegen“ habe ich nun kaum Ahnung. Es klingt aber irgendwie nach planmäßigen Vorgehen, um Einnahmen und letztlich Gewinne zu erwirtschaften.

Der Künstler geht auch nicht davon aus, dass er jemals die Aufwendungen der letzten 15 Jahre wieder einspielen wird.

Hat er ja auch nicht erklärt?

…Letztlich ist dem Finanzamt ja nicht bewusst, dass lange im Vorfeld schon einiges an Geld verbrannt wurde.

Hat man ja auch nicht erklärt.

…Und mal ehrlich, wer hat denn im Kern keine Absicht bzw. Wunsch Gewinne zu erzielen, egal mit was?

Liebhaber ;o) Und gerade weil es so dehbahr bzw. auslegefähig ist, gibt es eben keine harten Merkmale, an dem es festgemacht werden könnte. Umatz, Abreitsaufwand usw. sind nur Richtgrößen.

Die globale Fragen die sich daraus ergeben würden, wären

  1. ob Liebhaberei für den Künstler anhand dieser beschriebenen Konstellation gangbar

Ja.

und ohne weiteres durchsetzbar wäre?

So „ohne weiteres“ würde sicher niemand unterschreiben. Da wird im Zweifel schonmal Kommunikation mit dem FA notwendig sein. Da muss eben dargestellt werden, dass das schon seit Jahren und mit Unterbrechungen läuft. Außerdem, dass die Musikrichtung selbst vielleicht nicht marktgängig ist usw.

  1. wenn ja, ob in der Tat die Einnahmen solange den Finanzamt nicht angezeigt werden müssen, solange kein Totalgewinn erzielt worden ist und keine Umsatzsteuerpflicht vorliegt?

Das kann so pauschal auch nicht gesagt werden. Der Totalgewinn ist ja kein alleiniges Kriterium. Außerdem unterliegt nicht der Totalgewinn der Besteuerung, sondern es wird jedes Kalenderjahr besteuert.

  1. wenn ja, darf dann anteilig das Musikzimmer in der eigenen Wohnung für all die 15 Jahre als Aufwendung gerechnet werden?

Nein, dass hätte jeweils im Jahr der Steuererklärung eben erklärt werden müssen. Es wird nicht der Totalgewinn besteuert, sondern jeweils das Einkommen es Kalenderjahres. Im deutschen Steuerrecht fallen da eben unterschiedliche Einkommen zusammen und ergeben das zu versteuernde Einkommen.
Wir werden hier keine rechtsichere Antwort herausarbeiten können. Selbst ein Steuerberater kann hier nur versuchen das Beste für den Steuerpflichtigen draus zu machen.
Anhand der Tatsache, dass es schon 15 Jahre und mit Unterbrechungen läuft und auch keine absatzfördernden Maßnahmen durchgeführt werden, dürfte es jedoch nicht ganz unwahrscheinlich sein, dass es als Liebhaberei angesehen wird und man es erstmal selbst so behandeln sollte.

Grüße

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Es gibt keine Steuererklärung „unter Vorbehalt“.
Das Finanzamt kann aber einen Steuerbescheid ganz oder teilweise für „vorläufig“ erklären.
Grundsätzlich kann auch bei einer künstlerischen Tätigkeit vorab ein Verlust entstehen. Entscheidend ist, dass dem Finanzamt die Gewinnerzielungsabsicht glaubhaft gemacht wird und nach der Art der Tätigkeit irgendwann, auf die gesamte Dauer der Tätigkeit, mit einem Gewinn zu rechnen ist. Die Verluste können dann, auch jahrelang, geltend gemacht und mit anderen Einkünften verrechnet werden. Das FA wird aber dann die Veranlagung in diesem Punkt für „vorläufig“ erklären.

nochmals herzlichen Dank euch allen und kurze Antwort auf einer der Fragen; ‚Also wurde bisher nichts diesbezüglich erklärt?‘ Genau, bislang wurde nichts erklärt, die Möglichkeit bestünde aber noch ab Jahr 2009, falls der Künstler Einspruch gegen sein Bescheid erheben sollte, welches noch wenige Tage möglich ist.

Die Frage 3 war ungeschickt formuliert, gemeint war, ob das Arbeitszimmer in den bisherigen undeklarierten Totalverlust hineingerechnet werden darf, und nicht, ob das Arbeitszimmer rückwirkend abgesetzt werden kann.

Grundsätzlich ist der Künstler bemüht den günstigsten Weg zu suchen ohne sich strafbar zu machen. Die Frage die er sich stellt, ob nun Lieberhaberei oder Gewerbe günstiger wäre, und ob er die steuerliche Eigenschaften von Lieberhaberei richtig verstanden hat.

Daher ein kleines Rechenbeispiel zum besseren Verständnis;
Nehmen wir an, dass der Künstler über die 15 Jahre Aufwendungen von ca. 50.000 Euro (einschließlich Warmmietanteil Musikzimmer) hatte. Nehmen wir weiter an, dass folgende Einnahmen/Aufwendungen auf Basis einer Veröffentlichung eines Albums für folgende zukünftige Jahre generiert werden;

2013: Einnahmen: 4000 Euro, Aufwendungen: 1500 Euro
2014: Einnahmen: 6000 Euro, Aufwendungen: 1200 Euro
2015: Einnahmen: 5000 Euro, Aufwendungen: 800 Euro
2016: Einnahmen: 3000 Euro, Aufwendungen: 800 Euro
2017: Einnahmen: 1000 Euro, Aufwendungen: 800 Euro
2018: Einnahmen: 0500 Euro, Aufwendungen: 800 Euro

Zu keinem Zeitpunkt kann ein Totalgewinn prognostiziert werden, da die jeweilige Gewinne bei weiten noch nicht den Totalverlust (im Jahr 2018 weiterhin 36.400 Euro) decken würden. Daher wäre es nach meinen Verständnis weiterhin Liebhaberei und somit wären keine Steuern fällig, oder? Ob ein weiters Album produziert wird und ob damit ein Totalgewinn prognostiziert werden könnte, steht ja in den ersten Jahren noch nicht fest.

Würde er aber gewerblich tätig sein, so müsse er Steuern zahlen, da ja beinahe im jeden Jahr Überschüsse generiert wurden.
Somit wäre doch Liebhaberei der Favorit. Denkfehler? Noch kurz zur Erklärung, dass in den zukünftigen Jahren kaum Aufwendungen entstehen, liegt daran, dass das Equipment eben in den Vorjahren längst angeschafft worden ist und demnach wohl kaum noch absetzbar sein dürfte (geringer Restwert).

Nehmen wir oben geschildertes Liebhaberei-Szenario an, müsste der Künstler dann die Einnahmen im jeweiligen Jahr erklären und auf Liebhaberei verweisen, oder müsste er erst dann reagieren, wenn das Finanzamt nachfragt?

Ich habe ein interessanten Artikel in Bezug auf Liebhaberei gefunden, von welchen ich gern Zitate reinstellen würde, aber wegen urheberrechtliche Bedenken lasse ich es lieber.
Hier aber der Link: http://www.mich-tipps.de/Forum-action-printpage-topi…

Wenn ich den Artikel so lese, so erhärtet sich die Mutmaßung auf Liebhaberei und weiter unten im Artikel wird erörtert, dass selbst in Gewinnjahren im Falle Liebhaberei keine Steuer abgeführt werden müsste.
Habe ich das so richtig verstanden? Leider wird im Artikel nicht erörtert, ob die Liebhaberei vom Finanzamt oder vom Freiberufler festgelegt werden muss/kann und ob der Freiberufler seine Einnahmen den Finanzamt jedes Jahr anzeigen muss.