Muss ein Laden verkaufen?

Hallo!

nein, der Anspruch muss m.W. nicht durchsetzbar sein

Wessels verlangt einen einredefreien Anspruch (BT 2, Rn. 187), ebenso der Studienkommentar Joecks, und in mehr Büchern habe ich jetzt nicht mehr nachgeschlagen.

Der hergestellte Zustand widerspricht pe se nicht
der Rechtsordnung, nur die „Herstellung“ des Zustandes und das
ist nciht Schutzzweck des Eigentumsdelikts.

Der hergestellte Zustand widerspricht aber ja eben doch der Rechtsordnung, weil der Käufer die Sache schon hat, obwohl er sie noch gar nicht haben dürfte.

Das bezieht sich
m.E. zumindest auf § 320 BGB, da fast jeder Anspruch dieser
Einrede ausgesetzt ist und dies daher letztlich witzlos wäre.

Wieso wäre es witzlos? Es hat nur die Konsequenz, dass es in den allermeisten Fällen verboten ist, sich eine Sache eigenmächtig zu ergreifen. Diebstahl soll in solchen Fällen nur ausnahmsweise nicht vorliegen.

Gegenfrage: Welchen Sinn macht § 320 BGB, wenn man die Sache einfach so wegnehmen darf? Das verstehe ich nicht.

Ich denke nicht, dass die Auffassung, die hier beides zusammen
fallen lassen will, das Abstraktionsprinzipt (genauer: das
Trennungsprinzip, liegt ja keine Nichtigkeit vor) außer acht
lässt.

Natürlich nicht, das habe ich auch nicht gesagt.

Dennoch gehe auch ich davon aus, dass (bei
Nichtanwendung der inv. ad. of.) die Übereignung nicht durch
das Ergreifen der Sache im Laden geschehen würde. Denn die
Trennung von 433 un 929 hat ja schon mehrere Hintergründe. Und
ich denke schon, dass man hier (wenn auch rechtspolitisch)
annehmen würde, dass das Eigentum erst dann überginge, wenn
der Käufer auch bezahlt (Rechtsgedanke des 320).

Oder einfach §§ 157, 133, 242 oder einfach Stichwort „Einigsein“.

Levay

Ps
Am besten kann man es vielleicht so formulieren:

Ein tatbestandlicher Diebstahl ist nicht rechtswidrig, wenn eigentlich nur die Rechtslage hergestellt wird, die die Rechtslage vorsieht.

§ 320 BGB sieht aber doch vor, dass der Anspruchsinhaber den Anspruch nicht verwirklichen können soll, jedenfalls nicht gegen den Willen des Anspruchsgegners. Wenn ersterer die Sache nun an sich nimmt, ist das m.E. schon eine Verletzung der Rechtsordnung, das ist eben nicht der Zustand, den das Gesetz vorsieht.

Levay

Hallo!

Aber wo liegt denn die Vermögensverfügung und wo der
Vermögensschaden, wenn ein Kaufvertrag abgeschlossen wird?
Deutsches Recht: Trennungsprinzip. Durch den Kaufvertrag wird
der Käufer nicht Eigentümer der Sache.

Also ich denke, man sollte Zivil- und Strafrecht nicht vermischen. Der Vermögensschaden tritt dadurch ein, dass die Sache in den Besitz des Täters übergeben wird und der Verkäufer, also das Opfer, kein Äquivalent erhält. Diese Übergabe ist eine selbstschädigende Vermögensverfügung auf Grund einer Täuschungshandlung. Alleine die Tatsache, dass der Verkäufer seine Forderung gerichtlich durchsetzen müsste, ist schon ein Schaden im Sinne des Betrugstatbestandes - also ich lasse mich durchaus korrigieren und hab mir da jetzt die deutsche Rechtslage nicht angeschaut, denke aber nicht, dass die Erfüllung des Betrugstatbestandes ein wirksames Verfügungsgeschäft voraussetzt.

Gruß
Tom

PS
Abegsehen davon: Die Annahme erfolgt eh erst an der Kasse.

Levay

Hallo Tom,

die Diskussion dreht sich um die Frage, ob die Auslage im Supermarktregal ein Angebot im Rechtssinne ist. Mir ist nicht klar, was das mit der Frage nach Besitz zu tun haben soll.

Kannst du mir ein Beispiel nennen, damit wir das anhand des Beispiels klären können? Ich bin ziemlich sicher, dass wir aneinander vorbei reden.

Levay

Hallo!

die Diskussion dreht sich um die Frage, ob die Auslage im
Supermarktregal ein Angebot im Rechtssinne ist. Mir ist nicht
klar, was das mit der Frage nach Besitz zu tun haben soll.

Das hat mit Besitz gar nichts zu tun. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass die Erfüllung des Betrugstatbestandes nicht von der Gültigkeit eines Verfügungsgeschäftes abhängt bzw. ein Schaden in diesem Sinne nicht nur dann eintritt, wenn der Betrogene sein Eigentum an einer Sache verliert. Mein Beispiel war aber ich in dem Zusammenhang nicht ganz richtig, weil ich einen kleinen Denkfehler hatte.

Gruß
Tom

Hallo Tom,

die Sache ist etwas kompliziert und übersichtlich geworden. Darum noch mal: Ich sage, dass es ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages darstellt, wenn ein Supermarkt Ware auslegt. Showbee hat verstanden, dass ich der Meinung bin, dass auch die Übereignung der Ware (Eigentumsübergang) in diesem Moment stattfinden soll. Darum war der Meinung, dass es, wenn der Kunde nun nicht bezahlt, an der Fremdheit der Sache fehlt; folglich würde, und da hat er dann ja auch Recht, kein Diebstahl vorliegen, sondern Betrug. (Das Ergebnis deckt sich nur deswegen nicht mit meinem weil ich nur von einem Kaufvertrag ausgegangen bin und nicht von einer Eigentumsübertragung; das ist, anders als in Österreich (?), ja nicht dasselbe.

Du hast nicht ganz Recht, wenn du sagst, man solle Zivil- und Strafrecht nicht vermischen. Es gilt das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung. Gerade beim Diebstahl kommt es ja beim Merkmal der Fremdheit nur auf Zivilrecht an: Nur das Zivilrecht entscheidet, wem eine Sache gehört und für wen sie also fremd ist.

Levay

Hallo!

die Sache ist etwas kompliziert und übersichtlich geworden.

-)…

Darum noch mal: Ich sage, dass es ein Angebot auf Abschluss
eines Kaufvertrages darstellt, wenn ein Supermarkt Ware
auslegt. Showbee hat verstanden, dass ich der Meinung bin,
dass auch die Übereignung der Ware (Eigentumsübergang) in
diesem Moment stattfinden soll.

Das habe ich zunächst auch so gedacht, mir ist aber zwischenzeitig klar, dass du das anders meinst, ich halte deine Meinung auch durchaus für gut argumentierbar.

Darum war der Meinung, dass
es, wenn der Kunde nun nicht bezahlt, an der Fremdheit der
Sache fehlt; folglich würde, und da hat er dann ja auch Recht,
kein Diebstahl vorliegen, sondern Betrug. (Das Ergebnis deckt
sich nur deswegen nicht mit meinem weil ich nur von einem
Kaufvertrag ausgegangen bin und nicht von einer
Eigentumsübertragung; das ist, anders als in Österreich (?),
ja nicht dasselbe.

Ja, da hast du recht, wie gesagt, ich hatte einen Denkfehler.

In Österreich gibt es übrigens auch eine Unterscheidung zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, der Unterschied liegt nur darin, dass die Gültigkeit des Verfügungsgeschäftes an der Gültigkeit des Verpflichtungsgeschäftes „hängt“. Ist nur eines der beiden unwirksam, dann gibt es keinen sachenrechtlichen Übertragungsakt (Prinzip von Titel und Modus oder Prinzip der kausalen Tradition).

Du hast nicht ganz Recht, wenn du sagst, man solle Zivil- und
Strafrecht nicht vermischen. Es gilt das Prinzip der Einheit
der Rechtsordnung. Gerade beim Diebstahl kommt es ja beim
Merkmal der Fremdheit nur auf Zivilrecht an: Nur das
Zivilrecht entscheidet, wem eine Sache gehört und für wen sie
also fremd ist.

Ja das ist völlig richtig. Ich denke nicht, dass sich das mit dem was ich gemeint habe widerspricht, ist aber vielleicht eine wichtige Klarstellung.

Gruß
Tom

Hi.

In Österreich gibt es übrigens auch eine Unterscheidung
zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, der
Unterschied liegt nur darin, dass die Gültigkeit des
Verfügungsgeschäftes an der Gültigkeit des
Verpflichtungsgeschäftes „hängt“. Ist nur eines der beiden
unwirksam, dann gibt es keinen sachenrechtlichen
Übertragungsakt (Prinzip von Titel und Modus oder Prinzip der
kausalen Tradition).

Könnte man nach deutscher Formulierung also sagen, es gibt ein Trennungs-, aber kein Abstraktionsprinzip? Ich finde es übrigens immer wieder interessant, wenn du hier kleine Rechtsvergleiche ziehst. Das wollte ich nur mal sagen, weil ich es nicht jedes Mal schreibe, wenn ich wieder was Interessantes von dir zum Thema gelesen habe.

Ja das ist völlig richtig. Ich denke nicht, dass sich das mit
dem was ich gemeint habe widerspricht

Kann sein, dass ich es einfach falsch verstanden oder überinterpretiert habe. 'Tschuldigung!

Mit den besten Grüßen aus Köln,
Chris

Hallo,
wie sieht das denn aus Käufersicht im Supermarkt aus?
Angenommen, ich gehe zum Aldi, weil ich mir die beworbene Friteuse kaufen will.
Beiläufig, und weil ich schon da bin, kommt noch Waschmittel u.anderes hinzu.
Nun lege ich als erstes das Waschmittel, dann die sonstigen Sachen und - meinetwegen an 10. Stelle die Frteuse auf das Band.
Die Kasse tippt auch die 9 Gegenstände und erklärt mir dann, dass die Friteuse nicht verkäuflich ist.
Aus den bisherigen Ausführungen entnehme ich, dass ich schon 9x einen gültigen Kaufvertrag geschlossen habe.
Kann ich daraufhin von diesen 9 Kaufverträgen „zurücktreten“, indem ich jetzt den Laden verlasse?
Für den Käufer ist das ja wohl EIN Kauf?
Gruß
Peter

Wie gesagt, das sehe ich ja als durchaus gute Lösung an und habe auch nichts dagegen.

Meine Überlegung ging nur dahin, dass der Schutzzweck des § 242 StGB, und das wird ja durch die Rechtswidrigkeit ausgedrückt, in dem Fall, in dem ich einen Anspruch habe, der Eigentümer in die juristische Situation, das Eigentum und damit natürlich eng verbunden auch den Besitz zu verlieren, eingewilligt hat, nicht mehr greift.

§ 320 BGB steht dem m.E. nicht entgegen. Erstens, das hatten wir glaube ich schonmal, sehe ích darin mehr ein Prinzip als eine wirkliche Einrede. Und zweitens läuft er ja nicht leer.
Du sagtest im Beitrag darüber, „dann könnte ja jeder die Sache einach wegnehmen, wozu dann § 320“ (öhm…sinngemäß). Das ist nicht wahr. Denn zivilrechtlich ist es weiterhin verboten und gibt dem anderen ja auch die entsprechenden Besitzschutzansprüche. Es ist nur nicht strafbar.
§ 242 StGB schützt Eigentum und damit verbunden auch Besitz vor der Herstellung einer mit der Eigentumsordnung nicht zu vereinbaren Situation. Da aber ein Anspruch besteht, ist, jedenfalls was diese Fragen betrifft, diese Rechtslage nicht mehr die nicht gewollte.

Natürlich übersehe ich nicht, dass hier einer rechtswidrig handelt. Die Durchsetzung eines Anspruchs und der richtige Weg dazu, ist aber m.E. eine ganz andere Frage und wird von § 242 StGB gar nicht erfasst. § 320 BGB soll ja insbesondere den jeweils anderen schützen und ihm gewähren, dass er seinen Teil auch bekommt. Diese Überlegung ist § 242 StGB aber völlig fremd, da die Norm immer nur auf den jeweiligen Eigentümer/Besitzer abstellt.

Ich habe inzwischen auch im Schönke/Schröder gefunden, dass es ein einredefreier Anspruch sein muss, insofern scheine ich insg. nicht auf der Linie der h.L. zu liegen. Nichtsdestotrotz (schreibt man das so?) sehe ich nach meinem Norm- und Schutzzweckverständnis des § 242 StGB die unerlaubte Ansichnahme einer Sache, auf die man zumindest dem Grunde nach einen Anspruch hat, nicht als Diebstahl an. Rechtswdidrig (iSd. BGB), ja, Besitzschutz nach BGB, ja, Strafbarkeit aber nein.
Aber wie das so ist mit Mindermeinungen…
Gruß,
Dea

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Hallo,

Für den Käufer ist das ja wohl EIN Kauf?

Ja, er geht 1 x „einkaufen“. Juristisch sind es aber 10 einzelne Kaufverträge.

Auuuuuuuußßßeeeeeerrrrrr… Die zehn Sachen hätten wieder alle derart miteinander etwas zu tun, dass man eine allein nicht nutzen kann.
Das dürfte bei Klopapier und Friteuse aber schwierig werden. Obwohl…:wink:
Mit welcher Begründung sollte man dann auch von den anderen 9 Käufen zurücktreten. Man hat sie doch gekauft und braucht sie. So als Strafe? Weil Du mir die nicht verkaufst, geh ich jetzt…bäh!
Gruß,
Dea

1 Like

Hallo,

Für den Käufer ist das ja wohl EIN Kauf?

Ja, er geht 1 x „einkaufen“. Juristisch sind es aber 10
einzelne Kaufverträge.

Auuuuuuuußßßeeeeeerrrrrr… Die zehn Sachen hätten wieder
alle derart miteinander etwas zu tun, dass man eine allein
nicht nutzen kann.
Das dürfte bei Klopapier und Friteuse aber schwierig werden.
Obwohl…:wink:
Mit welcher Begründung sollte man dann auch von den anderen 9
Käufen zurücktreten. Man hat sie doch gekauft und braucht sie.
So als Strafe? Weil Du mir die nicht verkaufst, geh ich
jetzt…bäh!

Ja aber muss er mir nicht vorher irgendwie kundtun, dass das evtl. nicht verkäuflich ist.
Die Friteuse ist das „Lockangebot“, dass ich seinen Laden überhaupt betrete. Ohne dieses Angebot hätte ich ja auch die anderen Sachen nicht gekauft.
Gruß
Peter

Wie gesagt, muss er nicht. Dass das keine sehr nette Geschäftspolitik ist und den Kunden veranlasst, da nicht nochmal hinzugehen, ist keine Frage. Rechtlich hat er aber keinerlei Verpflichtung.

Aber, zum Verständnis, warum hättest Du die anderen Sachen nicht gekauft? Brauchst Du sie denn nicht? Wenn doch, ist doch alles in Ordnung. Und wenn nicht, naja, sollte man das eigene Einkaufsverhalten vielleicht überdenken…
Gruß,
Dea

Ja aber muss er mir nicht vorher irgendwie kundtun, dass das
evtl. nicht verkäuflich ist.
Die Friteuse ist das „Lockangebot“, dass ich seinen Laden
überhaupt betrete. Ohne dieses Angebot hätte ich ja auch die
anderen Sachen nicht gekauft.
Gruß
Peter

lege ich die Friteuse an erster Stelle auf das Band und sie wird mir nicht verkauft, kann ich einfach sagen, dann will ich den anderen Plunder auch nicht und verlasse den Laden?

Gruß
Peter

Aber, zum Verständnis, warum hättest Du die anderen Sachen
nicht gekauft? Brauchst Du sie denn nicht? Wenn doch, ist doch
alles in Ordnung. Und wenn nicht, naja, sollte man das eigene
Einkaufsverhalten vielleicht überdenken…

Bitte nimm das jetzt nicht als Aussage für mein Einkaufsverhalten:
Demnächst wohne ich auf dem Land.
Ich fahre doch nicht 20 oder 30 kilometer durch die Gegend, wenn ich das, was ich kaufen möchte, nicht bekomme und den übrigen Krempel bei einem anderen Markt - von dessen Qualität ich eigentlich überzeugt bin, - bei mir ums Eck bekommen kann.
Habt Ihr Juristen da nicht irgendeine Irrtumsproblematik in petto?
freundlicher Gruß
Peter

Hallo!

Könnte man nach deutscher Formulierung also sagen, es gibt ein
Trennungs-, aber kein Abstraktionsprinzip?

Genauso ist es, vor allem bei der Rückabwicklung wird das dann relevant.

Ich finde es
übrigens immer wieder interessant, wenn du hier kleine
Rechtsvergleiche ziehst. Das wollte ich nur mal sagen, weil
ich es nicht jedes Mal schreibe, wenn ich wieder was
Interessantes von dir zum Thema gelesen habe.

Danke für die Blumen :smile:

Gruß
Tom

Hi,

Ich fahre doch nicht 20 oder 30 kilometer durch die Gegend,
wenn ich das, was ich kaufen möchte, nicht bekomme und den
übrigen Krempel bei einem anderen Markt - von dessen Qualität
ich eigentlich überzeugt bin, - bei mir ums Eck bekommen kann.

Klar! Wie gesgat, dast ist schlechte Geschäftspolitik und kein Fall für Juristen.

Habt Ihr Juristen da nicht irgendeine Irrtumsproblematik in
petto?

Oh, oh! Das klingt aber arg nach: „Juristen sind alle Rechtsverdreher“

Nope, hierfür gibts nix.
Einfach dort nicht mehr Einkaufen.
Gruß,
Dea

Ja natürlich. So einfach ist das :wink:

(Es sein denn…Levay?..nicht wichtig!)
Gruß,
Dea

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