Muss ich diesen Rechtsanwalt bezahlen?

Nachdem mir ein Fachanwalt für Arbeitsrecht im voraus per Email
zugesichert hat,das tatsächlich die Möglichkeit besteht vom Gegner
Schadensersatz zu bekommen,habe ich ihm nach dem ich ihm
Kopien meiner Unterlagen zugesandt habe (Arbeitsvertrag,Kontoauszüge)
den Fall übergeben.Nach Schriftverkehr mit dem Gegner kam die Güte-
verhandlung,wo festgestellt wurde das es sich um einen Werkvertrag handelte,
weshalb doch kein Schadensersatz in Höhe von 3000 Euro gefordert werden konnte.
Danach riet er mir die Klage zurückzunehmen,was ich auch tat.Muss ich nun
diesen Anwalt bezahlen oder nicht?

Warum solltest Du die erbrachte Leistung nicht bezahlen müssen?

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Wenn er dir nicht im Vorfeld angeboten hat, „pro bono“ zu arbeiten, warum denkst du, dass seine Tätigkeit nicht bezahlt werden muss?

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Hallo,

mich irritiert die Geschichte schon etwas. Der Anwalt hätte doch anhand der Unterlagen erkennen müssen, dass es sich um einen Werkvertrag handelt und nicht zur Klage raten sollen. Oder erkennen müssen, dass ihm nicht alle notwendigen Unterlagen vorliegen.
Zahlt man einen Klempner, wenn er das falsche Rohr repariert?

Gruß,
Paran

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Servus,

das hier

ist an Blauäugigkeit kaum zu überbieten.

Die Anzahl von Scheinselbständigen, bei denen

, dass ihre Werkverträge in getarnte Arbeitsverhältnisse umgedeutet werden, beträgt in Deutschland schätzungsweise eine halbe Million.

Falls Du öfter mal mit dem Arbeitsgericht zu tun hast, weißt Du ja, dass die Richter an den deutschen Arbeitsgerichten beim Gütetermin und in der ersten Instanz den Belangen der Arbeitnehmer sehr aufgeschlossen gegenüberstehen.

Und: Nach Deiner Argumentation müßte immer nur eine von zwei Parteien ihren Anwalt bezahlen. Ich halte es für möglich, dass es 1860 in Arizona einzelne Countys gab, wo bei Gerichtsverfahren der Anwalt der unterlegenen Partei zum Vergnügen des Volkes geteert, gefedert und aus der Stadt gejagt wurde - aber auf dieser Seite des Atlantiks gilt für alle Dienstleistungen „Wer bestellt, bezahlt!“

Schöne Grüße

MM

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Du musst die Rechnung nicht bezahlen, soweit du mit einem Gegenanspruch aufrechnen kannst und das auch tust. Dieser Anspruch könnte ein solcher auf Schadensersatz sein (Anwaltshaftung).

Dazu müsste der Anwalt per Pflichtverletzung einen Schaden bei dir verursacht haben. Die Kosten, die auch ohne Klage entstanden wären, allein durch die Beratung, sind keine Folge einer anwaltlichen Pflichtverletzung. Die Kosten außergerichtlicher Rechtsvertretung lasse ich jetzt mal außen vor. Die Prozesskosten (Gebühren für die gerichtliche Vertretung, Gerichtsgebühren) könnten ein ersatzfähiger Schaden sein.

Bleibt die Frage der Pflichtverletzung. Ein Anwalt muss erkennen, ob ein Vertrag ein Dienst- oder Werkvertrag ist. Unklar ist vorliegend allerdings, ob der Anwalt mit seiner ersten Einschätzung richtig lag oder das Gericht. Wenn das Gericht zu Unrecht von einem Werkvertrag ausging, käme als Pflichtverletzung allerdings der Rat in Betracht, die Klage zurückzunehmen. Dann käme auch der Verlust der Klageforderung als Schaden in Betracht. Allerdings kann die Klage eventuell neu erhoben werden, was in diesem Fall dann zu tun wäre.

Du siehst, alles nicht so einfach!

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Hallo Mozart,

dem Wortlaut des Vertrags nach muss er das erkennen. Ob aber ein Werkvertrag seiner tatsächlichen Durchführung nach als Dienst- oder als Werkvertrag zu werten ist, kann er nur der Wahrscheinlichkeit nach erkennen, nicht eindeutig. Vorliegend hat der Anwalt von einer bestehenden Möglichkeit gesprochen; darin ist bereits enthalten, dass es sich nicht um eine sichere Aussicht handelt.

Sicherlich konnte er aber anhand des Verlaufs des Gütetermins einschätzen, ob und mit welchem Aufwand sein Standpunkt in erster Instanz durchsetzbar wäre und ob und wie es gegebenenfalls möglich, sinnvoll und nützlich wäre, mit der Sache in die zweite Instanz zu gehen.

Insofern widerspricht sein Rat, die Klage zurückzunehmen, nicht zwingend seiner früheren Empfehlung, Klage zu erheben. Ich halte es für sehr gut möglich (und wahrscheinlich), dass beide Empfehlungen richtig waren und keine Pflichtverletzung im Spiel ist.

Schöne Grüße

MM

Der Vertragstyp hängt aber nicht von der „tatsächlichen Durchführung“ ab.

Ich habe nichts Gegenteiliges behauptet.

Das nicht, aber so etwas habe ich ebenfalls nicht behauptet.

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Er tut es, soweit Sozialversicherungsrecht betroffen ist. Dort werden Streitigkeiten im Zusammenhang mit „Scheinselbständigkeit“ von den Gerichten sozusagen im Dutzend abgehandelt, eben weil ein Werkvertrag hinsichtlich Sozialversicherungspflicht nach der tatsächlichen organisatorischen Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers zu beurteilen ist und dieses Kriterium im Einzelfall nicht auf Anhieb eindeutig einzuschätzen ist.

Ohne dass Einzelheiten genannt wären, scheint es mir vorliegend eine Rolle zu spielen, dass der Arbeitsrechtler hier genau die Anlehnung an Sozialversicherungsrecht als möglichen Weg betrachtete, den wahrscheinlich undeutlich formulierten Vertrag, den @bava82 „Arbeitsvertrag“ nennt, und der beim Gütetermin als Werkvertrag gedeutet wurde, als Dienstvertrag zu deuten.

Jedenfalls war die Frage, ob ein Dienstvertrag oder ein Werkvertrag vorläge, nicht ohne weiteres allein anhand des Vertrags zu entscheiden - sonst hätte der Richter am Arbeitsgericht die Klage nicht annehmen dürfen.

Schöne Grüße

MM

Wegen der grundsätzlichen Trennung des Sozialversicherungs- und des Arbeitsrechts ist sogar denkbar, dass ein Werkvertrag sozialversicherungsrechtlich als Beschäftigungsverhältnis eingeordnet wird, obwohl der Werkvertrag vor einem Arbeitsgericht Bestand hat.

Quelle: https://www.haufe.de/personal/entgelt/scheinselbststaendigkeit-wieder-auf-dem-vormarsch/achtung-abgrenzung-von-dienst-und-werkvertrag_78_132816.html

Aus diesem Thema bin ich jetzt raus. Wenn es hier noch einmal um Anwaltshaftung geht, bin ich vielleicht wieder dabei.

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Ja, auch das ist denkbar.

Kurz: Etwas, was weder ein Anwalt noch ein Richter allein anhand eines Vertrages erkennen muss.

Dieses nicht, um Dir am Zeug zu flicken oder einen Streit um Kaisers Bart zu führen, sondern um @bava82 vor dem Missverständnis zu bewahren, sie könnte jetzt ohne weitere Klärung des Sachverhaltes mit „Pflichtverletzung, Pflichtverletzung!“ schmetternden Fanfaren bei dem von ihr beauftragten Anwalt einfallen, ihm erstmal zeigen wo der Bartel den Most holt und erklären, dass er sich seine Honorarnote auf den Abtritt hängen kann.

Damit zerschlüge sie von vornherein Porzellan, das vielleicht besser heile bliebe.

Schöne Grüße

MM

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