Hallo!
Ich habe mir gestern abend den Film extra noch einmal angeschaut.
Er war großartiger denn je 
Nein, „gestört“ ist sie nicht, aber sie ist doch in ihrem
Auftreten eine typische Verführerin-Figur, auch wenn sie nicht
bewusst so sein will.
Das stimmt, sie ist so eine richtig lebenslustige Italienerin
(zum Glück keine Karikatur davon, wie in den schon erwähnten
erotischen 70er Jahre Filmen). Natürlich kann man ihr
vorwerfen, dass sie den Kindern gegenüber weniger als Mutter,
sondern eher als große Freundin oder große Schwester auftritt.
Das ist von mir nicht als Vorwurf gemeint, sondern als schlichte Feststellung.
Mit Verblüffung habe ich gestern gesehen (beim letzten mal fiel mir das nicht so auf), wie sehr sie als Typus der Mutter eines Schulfreundes von mir glich.
Ganz die gleiche verführerische Art, die gleiche Art, mehr schwesterlich als mütterlich aufzutreten, die gleiche Angst vor dem Altwerden, die gleiche besondere Fokussierung auf ihren jüngsten Sohn.
Das ist einfach ein bestimmter Typus Frau, den Louis Malle hier perfekt in Szene gesetzt hat.
Übrigens auch nicht gerade der schlechteste Typus Frau.
Mir gefielen solche Frauen schon immer gut.
Allerdings glaube ich nicht, dass die Mutter ihren Sohn in
irgendeiner Weise verführt hat, weder mit Blicken noch mit
Berührungen. Sie umarmt ihn oft, aber sicher nicht um ihn
„heiß“ zu machen.
Nein, ein solch plumpes „heiß machen“ sicher nicht, aber sie spielt z.B. seine Eifersüchteleien (man denke an die Tennisplatzszene) ganz gut mit und kokettiert gern damit, dass er sich hier mehr wie ein Ehemann denn wie ein Sohn verhalte.
In einer Szene, die ich nie verstanden habe, badet sie ja,
während er eher zufällig mitbekommt, wie sie in der Wanne
sitzt. Er schaut weiter zu wie sie aufsteht, zum Spiegel geht,
sie merkt es, geht zu ihm und gibt ihm eine kleine Ohrfeige.
Er schaut sie an, und sie schaut dann beschämt zu Boden. Ich
hab nie verstanden, wieso sie so runterschaut. Tut ihr die
Ohrfeige als solche leid, oder dass sie ihn DAFÜR geohrfeigt
hat?
Das ist tatsächlich die Schlüsselszene des ganzen Films.
Ich denke nicht, dass ihr die leichte Ohrfeige an sich leid tut, sondern dass ihr besonders in dieser Szene bewusst wird, wie sehr die Situation im gemeinsamen Hotelzimmer ihren Sohn in eine Gefühlsverwirrung gebracht hat.
Ihrer Anziehung auf pubertierende Jungs ist sie sich ja vollauf bewusst.
Interessant, wie schnell sie nach dieser „mütterlichen“ Ohrfeige umschaltet auf eine „partnerliche“ Ebene, wenn sie sagt, sie hätte auch eine Ohrfeige dafür bekommen sollen.
- Die Szene bevor er mit seiner Mutter schläft. Hier verhält
er sich VÖLLIG anders. Ok, der Sex ist auch nicht geplant,
aber schaut dir mal an, wie er sich verhält: er kuschelt sich
an seine Mutter, schließt dabei noch die Augen, und zieht ihr
vorsichtig den BH runter, allerdings scheint es so, dass er
das nicht aus Geilheit macht, sondern um den Kopf auf die
nackte, warme Haut zu legen. Also keine Spur von Erregung.
Keine Frage, dass das eine Gemisch von Gefühlen der Mutter gegenüber ist. Das Liebesgefühl, das ein Sohn für seine Mutter hat, ist da natürlich auch dabei.
Es ist doch gerade diese Liebesmischung und die Gefühlsverwirrung, die den Reiz des Films ausmacht.
Wenn er einfach nur seine Mutter vögeln wollte wie jede andere Frau, dann wärs nicht sehr interessant.
Der Grenzgang ist das Interessante.
(Umso mehr frage ich mich, wie es da zum GV kommen konnte,
weil dann plötzlich ein abrupter Schnitt kommt. Die Stimmung
sah eher nach ausgedehntem Kuscheln aus.
Vielleicht war es auch nur das.
Das bleibt ja ein Stück weit offen.
Und ich verstehe auch
nicht ganz, wieso sie hinterher sagt „Wir wollen uns daran als
etwas Schönes erinnern, was nie wieder passieren wird“. Wieso
sagt sie da, dass es etwas schönes war? Sie war ja im Rausch,
sie hatte sich ja nicht wirklich unter Kontrolle)
So dermaßen besoffen war sie doch gar nicht.
Gut beschwipst halt.
Ich denke, dass sie ziemlich klar die Dinge sieht.
In der Szene ist ihr die Verführung Laurents, die sie -aus meiner Sicht- durchaus wollte, gelungen gewesen. Geschafft. Vollendet.
Nun konnte sie zurück in die eindeutige Mutter-Rolle.
Und als Mutter sagt sie dann dieses „Nie wieder“".
Und es ist auch ein Stück mütterlicher Verantwortung, das Geschehene nicht als etwas „Schlimmes“ einzuordnen, sondern als etwas Schönes, dessen man sich in der Erinnerung nicht schämen muss.
Das hat sie m.E. als Mutter großartig gemacht.
Das weist sie zurück, daraufhin regrediert der Junge auf ein
Kleinkindverhalten und will, dass ihn die Mama ins Bett
bringen möge.
Der ist einfach nur rebellisch. Er dreht ja auch, trotz ihrer
Bitte, die laute Musik nicht ab, als die Mutter von ihrer
Abwesenheit zurückkehrt während der Kur.
Die Szene als sie Kopfschmerzen hatte?
Da dreht er nur kurz auf, danach aber schon ab.
M.E. ist auch das eher ein Ausdruck seines Eifersuchtsverhalten gewesen.
Rebellen (gegen die väterliche Ordnung, nicht gegen die Mutter!) sind die Brüder sowieso alle.
Hier zeigt sich doch schon eine gehörige Verwirrung der
Generationenverhältnisse, ohne dass eine der beiden Personen
„gestört“ wäre.
Das stimmt.
Insofern finde ich sowas auch interessanter, als irgendwelche
Mütter, die irgendwie kaputt sind, Säufer etc. und sich an
ihren Kindern vergehen, sie erpressen, bedrohen etc.
Ganz genau!
Gruß
Tyll