MWST-Satz bei Lieferung an private Kunden in anderem EU-Land

liebe Leute, bin etwas unsicher geworden.
Wenn ich als umsatzsteuerpflichtiger Gewerbetreibender aus Deutschland an einen nicht umsatzsteuerpflichtigen Privatabnehmer z.B. in Österreich verkaufe,
muss ich dann die deutsche Umsatzsteuer von 19% MWST berechnen oder den östereichischen Umsatzsteuersatz von 20%?
Vielen Dank für Antwort…

Servus,

Ort der Leistung ist dort, wo die Lieferung beginnt - der Umsatz ist steuerbar und steuerpflichtig in Deutschland - falls Du nicht mit dem Verkaufswagen nach Bregenz oder Bezau oder so gefahren bist und der Kunde dort zu Deinem Wagen kam oder Du ein Auslieferungslager in Attnang-Puchheim oder so betreibst.

Nebenbei: Vorsicht mit den Begriffen „umsatzsteuerpflichtiger Gewerbetreibender“ und „nicht umsatzsteuerpflichtiger Privatabnehmer“: USt-pflichtig oder USt-frei sind grundsätzlich nur steuerbare Umsätze, keine Personen oder Unternehmer. Hier macht das nichts aus, aber man kommt in Einzelfällen in Deubels Küche, wenn man diese Begriffe vermengt oder unscharf verwendet.

Schöne Grüße

MM

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Ich möchte dem jetzt gar nicht groß widersprechen, allerdings bekomme ich (hier in Österreich), wenn ich aus Deutschland bestelle sehr oft eine Rechnung mit der österreichischen Umsatzsteuer (hie und da im Nachhinein), selten mit der deutschen MwSt.

Freilassing und Salzburg wäre auch sowas :wink:

Hat seine Vormachtstellung an Sattledt verloren …

Servus,

Danke Dir - ganz wichtig ist hier die „Lieferschwelle“ von 10.000 € / Jahr: Der Versandhändler (anders als ein Unternehmer, der mit eigenem LKW oder per Spedition ausliefert) muss sich bei Überschreiten dieser Schwelle (pro Bestimmungsland) im Bestimmungsland steuerlich erfassen lassen und USt dort abführen.

Schöne Grüße

MM

Vielen Dank, knifflig also,
also genauer gefragt:

  1. ein deutscher sehr kleiner Gewebetreibender mit online-Shop (unter der 10 000€ Schwelle, bezogen auf das EU-Land, in das geliefert wird) schicke mit DHL Ware in ein anderes EU-Land, Steuersatz dort anders als hier. Welcher MWST-Satz gilt?
  2. Er lässt einem deutschen Staatsbürger zu seinem Ferienhaus in einem anderen EU-Land etwas mit Spedition liefern auf Palette . Welcher MWST-Satz gilt?
  3. Er weise eine Möbelfabrik an, ein Möbelstück direkt an den deutschen Staatsbürger in das andere EU-Land zu schicken, mittels einer Spedition. Die Möbelfabrik mache weniger als 10 000 € Umsatz in diesem Land, Welcher MWST-Satz wird dem Online Shop in Rechnung gestellt?

Rückruf soeben von einer Dame vom FA:
So schnell hätte Sie keine Lösung am Telefon, bei letzterem handele es sich nämlich um ein Reihengeschäft,…
ansonsten, wenn für weniger als 10000€ jährlich in das Land exportiert werde, gelte der deutsche Umsatzsteuersatz.

Servus,

Ort der Lieferung ist dort, wo der Versand beginnt, also in Deutschland. Der Umsatz ist steuerbar und steuerpflichtig in Deutschland -> 19 % USt, falls nicht Sachen verschickt werden, die mit dem ermäßigten Steuersatz zu 7% zu versteuern sind.

Gleiche Situation, der Ort der Lieferung ist dort, wo der Versand beginnt - die Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig in Deutschland.

Hübsches Exempel zu einem Reihengeschäft: Dieses wird in diesem Fall - Endabnehmer ist kein Unternehmer - behandelt wie zwei getrennte Lieferungen, die beide dort steuerbar und steuerpflichtig sind, wo der Versand beginnt: Möbelfabrik an Onlineshopbetreiber und Onlineshopbetreiber an Endkunden fakturieren beide deutsche USt.

Schöne Grüße

MM

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Hier zwei Links, die das eigentlich schon Beantwortete erklären und ein paar Details mehr erwähnen (mir haben sie „damals“ zumindest geholfen, das Ganze (einigermaßen) zu verstehen):

MwSt-Besteuerung bei Lieferungen ins EU-Ausland: https://www.ihk.de/pfalz/international/export-import/handel-in-der-eu/umsatzsteuer/umsatzsteuer-aenderungen-fernverkaeufe-ins-eu-ausland-5161102

Reihengeschäfte: https://www.ihk-bonn.de/fileadmin/dokumente/Downloads/Recht_und_Steuern/Umsatzsteuer_EU/ReihengeschaefteEU.pdf

Ergänzend noch ein Hinweis auf zwei Dinge, die bei Sendungen ins EU-Ausland beachtet werden müssen, aber gerne übersehen werden:

Intrastat-Meldung: Die „kleine Zollmeldung“ bei grenzüberschreitendem Inner-EU-Verkehr (https://de.wikipedia.org/wiki/Intrastat)

s. g. Entpflichtung im Rahmen der EPR:

Bei der EPR geht es um die Entsorgung von Verpackung und teilweise auch Ware (z. B. Elektroschrott). Da gibt es keine EU-weit einheitliche Lösung. In jedem Land, in welches man liefert, benötigt man einen Vertrag mit einem Entsorger in dem Land und zunehmend auch einen Beauftragen, der in dem Empfängerland (s)einen Sitz hat.

Lasse dich beim Informieren nicht davon irritieren, dass es sich um eine Hersteller-Verpflichtung handelt. Statt den von der Zoll-Thematik bekannten und halbwegs sprechenden Begriff „(Erst-)Inverkehrsbringer“ zu übernehmen, haben die Gesetzgeber beim EPR den Begriff „Hersteller“ definitorisch so lange gebogen und gebrochen, dass er denjenigen meint, der die Ware in ein Land einführt.

Alle EU-Länder sind aufgefordert bis 2026 die EPR-Richtlinie der EU gesetzlich umzusetzen. Es werden also in nächster Zeit noch einige Länder nach und nach folgen. Bagatellgrenzen gibt es beim EPR übrigens nicht.

Liebe Leute,
vielen Dank für Eure Mühe und ergiebige Antworten!
Was passiert denn wohl in Zukunft, wenn man etwas als Päckchen ins Eu-Ausland schickt, hinsichtlich der Verpackungsverordnung. Für 100 Gramm Verpackung sich im Ausland registriern lassen?
Realistisch wäre sowas wie die MWSteuerstelle, das man das zentral melden könnte.

Apropo Aprilfrisch: Man sollte umgangsprachlich nicht so streng sein mit den Definitionen; hier zum Beispiel wurde von den Professoren Gauß und Weber vor rund 200 Jahren der
ein " Göttinger Magnetischer Verein" gegründet, ohne das der Verein als ein Abstraktum jemals magnetisch war, ob dessen Mitglieder nun ins Teufels Küche schmoren?

Gruß, Opladioplada

Berichtigt:
Liebe Leute,
vielen Dank für Eure Mühe und ergiebige Antworten!
Was passiert denn wohl in Zukunft, wenn man etwas als Päckchen ins Eu-Ausland schickt, hinsichtlich der Verpackungsverordnung. Für 100 Gramm Verpackung sich im Ausland registriern lassen?
Realistisch wäre sowas wie die zentrale MWSteuerstelle, so dass man das dort melden könnte.

Apropo @Aprilfrisch: Man sollte umgangsprachlich nicht so streng sein mit den Definitionen; hier zum Beispiel wurde von den Professoren Gauß und Weber vor rund 200 Jahren
ein „Göttinger Magnetischer Verein“ gegründet, ohne dass der Verein als ein Abstraktum jemals magnetisch war, ob dessen Mitglieder nun ins Teufels Küche schmoren oder geschmort werden?

Gruß, Opladioplada

Servus,

es geht hier nicht um umgangssprachliche Begriffe.

Es geht um das Verständnis von eindeutig definierten fachlichen Begriffen, die schon alleine deswegen auch so verwendet werden sollten, wie sie definiert sind, weil das Thema Steuern und Besteuerung nicht im Zentrum einer kaufmännischen Tätigkeit stehen sollte, und deswegen keine Zeit und Mühe mit Mißverständnissen und Irrwegen in diesem Fachgebiet verplempert werden sollte.

Deiner Rückfrage „1. - 3.“ ist zu entnehmen, dass Du genau durch die Vorstellung, Unternehmer könnten „umsazsteuerpflichtig“ oder „umsatzsteuerbefreit“ sein, auf komplizierte Irrwege bei der Klärung recht einfacher Fragen gerätst. Hier hilft die Verwendung der richtigen Begriffe, um zügig und ohne zu viel Aufwand das zu klären, was zu klären ist, und sich dann wieder seinem eigentlichen Geschäft zuzuwenden.

Dann passiert es auch nicht, dass man steuerliche Beratung von einer Behörde erwartet, die für die Festsetzung und Einnahme von Steuern zuständig ist, so wie Dir das am 20.04. passiert ist.

Oder dass man glaubt, es gäbe in der EU eine „zentrale MWSteuerstelle“ - die gibt es schon deswegen nicht, weil es in keinem Land der EU eine Steuer gibt, die „Mehrwertsteuer“ hieße. Dieser Begriff wird nur im europäischen Recht verwendet, und in dessen nationaler Umsetzung in Deutschland, Luxemburg und Österreich heißt diese Steuer Umsatzsteuer. Ein Mehrwertsteuergesetz gibt es nur außerhalb der EU, konkret in der Schweiz.

Übrigens: Es gibt Unternehmen zur Lizenzierung von Haushaltsverpackungen, die in mehreren Ländern vertreten sind. Im gegebenen Beispiel z.B. Interzero, vertreten in Deutschland, Österreich, Italien, Polen, Slowenien, Kroatien. Da gibt es dann einfachere Lösungen, wenn Empfänger in verschiedenen Ländern sitzen.

Zu diesen Unternehmen gehört auch Reclay - dieses mit dem Vorteil, dass sie u.a. auch in Frankreich und in Spanien aktiv sind: Frankreich ist extrem schwer von außen zugänglich, weil dort - EU hin oder her - mit Vorliebe nationale Spezialsüppchen gekocht werden.

Schöne Grüße

MM

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Aktuell ist das so. Man kann man aber auch „größer“ denken. Für große Unternehmen ist die drohende Strafe geringer als so etwas in ihre Systeme zu integrieren. Die setzen dann „irgendwas“ um, womit sie argumentieren können, um die Strafe zu veringern. Ggf. in deren Haupt-Absatzgebieten, machen sie es wie gesetzlich vorgesehen … im Endeffekt das Gegenteil zu dem, was erreicht werden soll. Aufgrund der ganzen Auflagen ist es sogar kontraproduktiv für den freien Handel innerhalb der EU, was ja Grundlage der EU ist.

Aber aufgrund Klagen gegen Frankreich, die ein sehr teures und kompliziertes Verfahren erdacht haben, sieht es so aus, als wolle man nun beginnen, die Verfahren EU-weit zu harmonisieren.

IMHO am sinnvollsten wäre es wohl, wenn man sich an die Intrastat "dranhängt und ein Umlageverfahren zwischen den Ländern etabliert, denn in der Intrastat sind schon die meisten der Daten vorhanden.