Liebes Forum,
mal wieder nur ein ganz hypothetischer Fall, aber als Geschichte verpackt und mit vielen Details. Ich bitte jeden, sich vorzustellen, genau das sei passiert, so seltsam es sich auch anhört. Das geht bestimmt sehr vielen Steuerzahlern ähnlich, ohne es zu merken: ein großes Kuddelmuddel um Korrekturen von Riesterrenten-Beitragsbescheinigungen (einer der größten Versicherungsfirmen Deutschlands), Steuerbescheidsänderungen und fehlerhaften Günstiger-Rechnungen.
Ein Steuerzahler merkt gerade, dass bei den Steuerbescheiden etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Er hatte sich die leider vorher nie genau angeschaut und auch nie daran gedacht, Einspruch einzulegen. Bei einer Prüfung im März 2010 vom Bescheid 2006 merkte das Finanzamt, dass die Daten zur Riesterrente 2006 nicht korrekt waren, die Bescheinigung wies zu hohe Versicherungsbeiträge auf (genau gesagt, der Jahresbeitrag plus Zulage, statt die Summe der Beiträge ohne Zulage). Der Steuerzahler musste nachzahlen (gem. § 173 I Nr.1 AO), mit Zinsen. Dem Steuerzahler fiel auf, dass die Bescheinigungen von 2007 und 2008 analoge Fehler enthielt und schickte sie dem Finanzamt als pflichtbewusster Steuerzahler zusammen mit seiner Steuererklärung 2009, nachdem er sie von der Versicherung erbeten hatte. Nach dem Einsenden aller korrigierten Bescheinigungen (2006, 2007 und 2008) von der Versicherung für die Riesterrente wurden die Bescheide für 2007 und noch einmal 2006 im Dezember 2010 korrigiert und zusammen mit dem Bescheid 2009 verschickt.
Dem Steuerzahler fiel auf, dass im 2006-Bescheid vom Dezember die Riesterrente inklusive Zulage als Sonderausgaben geltend gemacht wurden, während dies im 2006-Bescheid vom März nicht der Fall war und zwar mit der scheinbar üblichen „Günster-Rechung“-Begründung („Ein Sonderausgabenabzug der geltend gemachten Altersvorsorgebeiträge (§ 10a EStG i.H.v. … kommt nicht in Betracht, weil der nach Ihren Angaben errechnete Zulageanspruch günstiger ist“). Das war der einzige Unterschied. Ähnlich verhielt es sich mit den 2007-Bescheiden.
Jetzt erforscht der Steuerzahler des Internet und merkt, dass der wesentliche Vorteil einer Riesterrente genau der ist, dass man neben dem Erhalt der Zulage, alle Beiträge (plus der Zulage) steuerlich geltend machen kann. Man profitiert also hoffentlich zweimal. Diese Günstiger-Rechnung sollte eigentlich in den seltensten Fällen zuungusten des Steuerzahlers laufen. Mit anderen Worten, wenn er genügend Steuern zahlt, sollte er auch von beidem profitieren können. (Etwas pauschal gesagt, aber korrigiert mich bitte, wenn ich da etwas wichtiges übersehen habe. Gibt es beispielsweise irgendwelche Einkommensgrenzen?) Der Steuerzahler der Geschichte ist ein ganz normaler Arbeitnehmer, bezahlt brav seine Steuern, setzt sehr wenige Dinge von der Steuer ab und fällt auch sonst nicht raus aus der Menge aller Steuerzahler.
Der Steuerzahler beschliesst, gegen den Steuerbescheid 2009 Einspruch einzulegen, da die Riesterrente-Beiträge dort auch nicht als Sonderausgabenabzug geltend gemacht wurden (wieder wegen der Günstiger-Rechnung). Er rief beim Finanzamt an, um sich diesen Satz erklären zu lassen. Die sehr freundliche und hilfsbereite Steuer-Bearbeiterin vom Finanzamt wusste keine Antwort, sagte dass der Computer das einfach so ausgespuckt hat, aber meinte, dass es vielleicht daran lag, dass er im August 2009 aus Deutschland in das Ausland gezogen ist. Sie würde es sich aber noch einmal genau mit einer Kollegin anschauen (wenn der Steuerzahler ein entsprechendes Fax mit Details schickt). Nun muss dazugesagt werden, dass noch bis August 2009 verdient wurde und genug Steuern gezahlt wurden, dass die Beiträge zur Riesterrente problemlos vom Verdienst abgezogen werden könnten. Oder gibt es hier eine Regel, die ich nicht kenne?
Zusätzlich erfährt der Steuerzahler folgendes: die Bescheide von 2006 und 2007 wurden vor allem deswegen geändert, weil dort aus irgendeinem Grund das Komma in der Günstigerrechnung um zwei Stellen verschoben wurde, also beispielsweise 15,75 Euro statt 1575 Euro, aber letztendlich hat sich auch die Günstigerrechnung verändert. Für den 2008-Bescheid wurde nichts geändert, da erstens das Komma am richtigen Platz war und die Günstiger-Rechnung trotz geänderter Beträge zu keinem anderen Ergebnis kam. Der Steuerzahler meinte zur Dame vom Finanzamt, dass es aber (abgesehen von der Kommaverschiebung) eigentlich keine relevanten Unterschiede zwischen 2007 und 2008 gibt. Beispielsweise war er 2008 das ganze Jahr lang in Deutschland wohnhaft und das Einkommen war ähnlich. So eine Günstiger-Rechnung sollte also wahrscheinlich genauso ausfallen wie 2007, wenn sie korrekt gemacht werden würde.
Der Steuerzahler wird ein entsprechendes Fax an das Finanzamt schicken (Korrektur vom Bescheid 2008 gem. § 173 I Nr.1 AO und Einspruch gegen den Bescheid 2009 wegen der scheinbar falschen Günstiger-Rechnung) und überlegt, um eine detaillierte Prüfung und Erklärung inklusive der unterdrückten Günstiger-Rechnung zu bitten.
Was kann hier passiert sein? Ein grober Fehler im Computerprogramm? Ich verstehe die ganz Geschichte nicht. Irgendwas läuft hier ganz grob schief. Meine Überlegungen:
Genau wie beim 2006-Bescheid vom März 2010 müsste eigentlich (trotz falscher Günstiger-Rechnung) der 2008-Bescheid zuungunsten des Steuerzahlers verändert werden. Aber eigentlich müsste die Günstiger-Rechnung am Ende (genau wie beim 2006-Bescheid vom Dezember 2010 und beim korrigierten 2007-Bescheid) zugunsten des Steuerzahlers ausfallen.
Wie sollte der Steuerzahler sich verhalten, worauf sollte er achten. Sollte er auf den analogen Bescheid von 2007 verweisen, wo die Günstiger-Rechnung so ausfällt wie für 2008 erwartet? Sollte er Spekulationen über mögliche Ursachen wie zum Beispiel einen groben Programmierfehler für die Steuer geben? Kann es bei der Sache eine einfache Erklärung geben? Welche Fragen sind offen?
Um eine rege Beteiligung an meiner Geschichte würde ich mich freuen.
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