Mythos Van Gogh

Ich habe unlängst einen Artikel über Van Gogh gelesen und der hat mein Interesse an dem Künstler wieder geweckt. Zur Schulzeit war er immer mein Lieblingsmaler. Aber ich bin jetzt kein Kunstexpert und deswegen würde mich interessieren ob das alles stimmt was man so über ihn aufgeschnappt hat.
Stimmt die Geschichte mit dem abgeschnitten Ohr? Hat der wirklich nur unter Einfluss von Alkohol seine Bilder malen können? etc. Mich würde interessieren was wahr und was erfunden ist. Vielleicht kennt sich da jemand aus?

Hallo Schrimp56, (nennt sich Anrede und wird hier gerne verwendet)

Stimmt die Geschichte mit dem abgeschnitten Ohr?

Er hat sich nicht das gesamte Ohr abgeschnitten, sondern nur ein Teil davon.
Warum, darüber gibt es eine Reihe von Erklärungsversuchen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Vincent_van_Gogh#Arles

Gandalf

Servus,

Hat der
wirklich nur unter Einfluss von Alkohol seine Bilder malen
können?

Nein. Das ist eine typische Verleumdung der Art, wie sie seit ca. 1990 systematisch mit allen bedeutenden Köpfen vorgenommen werden. Lass mal einfach Revue passieren, wer in diesem Zeitraum schon von Spiegel und Konsorten demontiert worden ist: John Lennon, Pablo Picasso, Sigmund Freud sind die ersten die mir da einfallen (jaja, semper aliquid haeret)… Jeder von ihnen steht für etwas Bedeutendes, und es täte mich überhaupt nicht überraschen, wenn auch schon Giordano Bruno, Galileo Galilei, Claude Helvetius, Simon Wiesenthal und Wilhelm Reich im Fokus der großwestdeutschen Schmutzschleuder gestanden hätten - ich guck mir das Blättlein bloß auf extrem langen Eisenbahnfahrten an und bin ergo nicht auf dem Laufenden, welche Gleichschaltungskampagne gegen welchen Saujuden grad am Gehen ist.

Nungut, seiswieswöll: Wenn Du van Gogh pur erleben willst, geh vor dem 8. Dezember in die Albertina. Dort eine van Gogh-Sammelausstellung, die ihresgleichen sucht - u.a. auch mit allerhand Grafik, das gibts von vG nicht alle Tage. Allein schon dieses ist es (vorübergehend) Wert, Wiener zu sein…

Das Original wirkt viel stärker als alle sekundär und tertiär davon abgekochten Brühen.

Schöne Grüße

MM

Hi,

Mich würde interessieren was wahr und was
erfunden ist. Vielleicht kennt sich da jemand aus?

Ich empfehle Dir folgende Biografie zu lesen:
„Vincent van Gogh - ein Leben in Leidenschaft“ von Irving Stone.
ISBN-10: 3499110997 Buch anschauen
Ist sehr „süffig“ geschrieben, gut zu lesen - macht einfach Spaß.

Gruß,

Anja

Hallo Martin,

Hat der
wirklich nur unter Einfluss von Alkohol seine Bilder malen
können?

Ich halte das auch für ein Gerücht, aber abgesehen davon halt ich deine Antwort für, na sagen wir mal, ziemlich grob geschnitzt.

typische Verleumdung der Art, wie sie seit
ca. 1990 systematisch mit allen bedeutenden Köpfen vorgenommen
werden

was hat das bitte schön jetzt mit der Zeit seit ca. 1990 zu tun? Solche Gerüchte gab es schon lange vorher.

es täte mich
überhaupt nicht überraschen, wenn auch schon Giordano Bruno,
Galileo Galilei, Claude Helvetius, Simon Wiesenthal und
Wilhelm Reich im Fokus der großwestdeutschen Schmutzschleuder
gestanden hätten

so, haben sie? Und was bitte schön ist die „großwestdeutsche Schmutzschleuder“?

Spiegel und Konsorten

nehme ich mal an. Ganz abgesehen davon, daß ich überlegen müsste, wer dann „und Konsorten“ sei, die restliche „großwestdeutsche“ Journaille?
Auch „großwestdeutsch“, welch ein Begriff… Warum nicht „großnorddeutsch“, läge beim Spiegel doch näher? Und warum der Zusatz „groß…“?

welche Gleichschaltungskampagne gegen welchen
Saujuden

Da hast Du dich nun völlig im Ton vergriffen… Ich könnte so fortfahren, aber ich lasse das mal.
Nur zum Abschluß, mehr Sachlichkeit und weniger pauschalisierende Rundumschläge wären nicht schlecht. Hättest Du den ganzen mittleren Beitrag weggelassen und nur den sehr guten Vorschlag mit der van Gogh-Ausstellung gebracht, das hätte völlig gereicht.

ich guck mir das Blättlein bloß auf extrem
langen Eisenbahnfahrten an

Du musst auch auf langen Zugfahrten die „Schmutzschleuder Spiegel“ nicht lesen, keiner zwingt dich dazu. Es gibt andere Blätter und wenn dir keine davon zusagen, nimm ein gutes Buch mit auf die Reise, ein paar Kopfhörer, was immer Du willst.

Viele Grüße
Marvin

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Servus,

der Tonfall meiner Äußerung ist der Perfidie der Demontage von Personen und Persönlichkeiten des XIX.-XX. Jahrhunderts völlig angemessen, wie sie - das ist allerdings richtig - bereits kurz vor dem Endsieg 1989 in Schwang gekommen ist. Hab grade nachgeschaut, die unsägliche Titelung im Spiegel „Picasso- der malende Macho“ ist schon von 1988.

was hat das bitte schön jetzt mit der Zeit seit ca. 1990 zu
tun?

Erst seit dieser Zeit kann man Medienkampagnen der beschriebenen Art und Zielrichtung in Westdeutschland beobachten. Zum warum habe ich verschiedene Ansätze, die aber alle nicht bis zu einer diskutablen Hypothese reichen.

Ganz abgesehen davon, daß ich überlegen
müsste, wer dann „und Konsorten“ sei, die restliche
„großwestdeutsche“ Journaille?

Mit Ausnahmen, z.B. der bürgerlich-konservativen Presse.

Auch „großwestdeutsch“, welch ein Begriff… Warum nicht
„großnorddeutsch“, läge beim Spiegel doch näher?

Wegen der einigen Parallelen, die die Entwicklung der Republik seit dem Endsieg kennzeichnen. Auch diese will ich nicht im Einzelnen diskutieren.

Da hast Du dich nun völlig im Ton vergriffen…

Auch hier gibts bemerkenswerte Parallelen, im wesentlichen die, daß jeder, der über einen hinreichend lauten Sender verfügt, nach dem Prinzip semper aliquid haeret den größten Unfug erfolgreich in die Köpfe der Empfänger reinkriegen kann.

Erinnere Dich daran, daß es im tausendjährigen Reich eben nicht bloß den Völkischen Beobachter, Das Schwarze Korps und den Stürmer gab, sondern auch so feinsinnig kultivierte Blätter wie die BIZ, Signal und Das Reich - die allesamt ihre Aufgabe in der Propaganda erfüllten.

Zurück zu Van Gogh: Über psychopathologische Aspekte seiner Vita wurde schon genug Fundiertes veröffentlicht, die Diskussion „Epilepsie vs. Schizophrenie“ ist allenfalls für Kunsthistoriker und Medizinmänner interessant. Die Zeitgeistfanfare „Van Gogh - Alkoholiker“ ist vor diesem Hintergrund ausschließlich von Ungeist und Unflat getragen, und zu diesem Klotz passt ein angemessener Keil.

Schöne Grüße

MM

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Überleg dir auf jeden Fall da mal einen Wienbesuch zu planen, lohnt ja nicht nur wegen der Ausstellung! :wink: Aber die ists sicher wert, die größte werkschau seit 2 Jahrzehnten und wird auch sicher so schnell nicht wiederkommen.
Vielleicht gibts denn auch spezielle Zugangebote oder du ergatterst billige Flugtickets?
Ich schaus mir auf jeden Fall an.

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Hallo zur Beantwortung:
Alkoholprobleme von Van Gogh:In den so genannten ‚intellektuellen Kreisen‘ war es besonders beliebt. Van Gogh, Picasso, Oskar Wilde und zahlreiche andere Kunstschaffende ließen sich angeblich durch diesen Trunk berauschen. Es wird sogar vermutet, dass sich Van Gogh im Absinth-Rausch sein Ohr abschnitt. Die Wirkung von Absinth wird in erster Linie dem extrem hohen Alkoholgehalt zugeschrieben. Viele Symptome, die man beim ‚Absinthismus‘ beobachtet, stimmen mit denen des Alkoholismus überein. Die beobachteten Sehstörungen und Erblindungen beim Absinth-Genuss können der Verwendung von minderwertigem Alkohol (Methanol) zugeschrieben werden.

„Abgeschnittes Ohr von Van Gogh“:Im Oktober 88 zieht der von van Gogh seit langem erwartete und von ihm tiefvereehrte Künstler Paul Gauguin zu ihm nach Arles. Die beiden leben und arbeiten zusammen und beeinflussen sich in ihrer Arbeit. Nach wenigen Wochen kommt es zu Spannungen zwischen den beiden Freunden und Gauguin zieht während eines Spitalaufenthalts van Goghs weg.In dieser Zeit ist auch die wohl bekannteste Episode des Mythos van Gogh angesiedelt: Am 23.12.1888 kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung der beiden Künstler. Während oder nach dem Streit soll sich van Gogh ein Ohr abgeschnitten und dann einer Prostituierten geschenkt haben. Die verlässlichste Quelle für diesen Vorfall ist wohl eine Lokalzeitung aus Arles, diese schreibt am 30. Dezember: "Vergangenen Sonntag, um halb zwölf am Abend , ist ein gewisser Vincent Vangogh, Maler, aus Holland kommend, ins Maison de la Tolerance No.1 gekommen, hat eine gewisse Rachel verlangt und ihr sein [...] Ohr übergeben, indem er sagte: ,Bewahren Sie diesen Gegenstand sorgfältig auf. Darauf ist er verschwunden."

Von dieser Geschichte gibt es mehrereVariationen, einmal ist es das linke, einmal das rechte Ohr. Mal das ganze, dann nur ein Ohrläppchen. Auch zu den Gründen, wieso van Gogh dies getan haben soll, gibt es viele Spekulationen. Er habe Gauguin drohen wollen, da dieser abreisen wollte und Vincent panische Angst vor dem Alleinsein gehabt hätte – nach dem Motto: Wenn du mich verlässt, dann tue ich mir was an.

Andere Erklärungen sind im medizinischen Bereich angesiedelt: van Gogh habe unter „Morbus Menier“ gelitten – einer Erkrankung des Innenohrs, die Schwindel, Störungen des vegetativen Nervensystems und Ohrensausen als Symptom hat. Aus Verzweiflung über die ständigen Ohrgeräusche habe er es sich kurzerhand abgeschnitten.

Eine weitere beliebte Variante ist, dass van Gogh unter Schizophrenie litt und sich in einem Anfall von geistiger Umnachtung das Ohr abschnitt. Der Hinweis, dass es sich wohl eher um das Ohrläppchen als um das ganze Ohr gehandelt habe, beruht ebenfalls auf medizinischem Hintergrund: van Gogh wäre vermutlich schnell verblutet, hätte er sich das ganze Ohr vom Kopf abgeschnitten.

Es gibt auch die Mutmaßung, dass van Gogh es sich gar nicht selbst abgeschnitten hat, sondern dass es mit Gauguin zu Handgreiflichkeiten kam und dieser ihn mit einem Degen am Ohr verletzt haben soll.

Ich hoffe, es hat Dir weitergeholfen.Tschüss

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

Zitate sollten entsprechend gekennzeichnet und mit Quellenangaben versehen werden, weil man sonst evtl. gegen das Urheberrecht verstößt (… und zudem in den Verdacht geraten könnte, sich mit falschen Federn schmücken zu wollen); außerdem lässt die Quelle oft auch schon einen Schluss auf die Seriosität des Artikels zu.

Alkoholprobleme von Van Gogh:In den so genannten
‚intellektuellen Kreisen‘ war es besonders beliebt. Van Gogh,
Picasso, Oskar Wilde und zahlreiche andere Kunstschaffende …

Quelle (vermutlich): http://www.freenet.de/freenet/fit_und_gesund/gesundh…

„Abgeschnittes Ohr von Van Gogh“:Im Oktober `88 zieht der von
van Gogh seit langem erwartete und von ihm tiefvereehrte
Künstler Paul Gauguin Darauf ist er
verschwunden."

Quelle (vermutlich): http://www.freenet.de/freenet/wissenschaft/mensch/ku…

Gruß
Kreszenz

Also ich habe mal gehört, dass man sich das so vorstellen kann, dass er sich nicht hingestellt hat mit dem Vorsatz „ich mal jetzt ein tolles Bild“, sondern dieses Malen eine ständiges Üben, improvisieren und verbessern gewesen ist, wie halt ein Musiker z.B. Klavier übt.
Dann müßte er ja dauerbreit gewesen sein, weil er den oft ganzen Tag gemalt haben soll. Allein bei seinem Aufenthalt in Arles hat er ja 300(!) Bilder gemalt, von denen die Stadt übrigens heute kein einziges besitzt :smile:. Seine Depressionen, und Stimmungsschwankungen könnten Folge einer Syphillis gewesen sein, die sich im Spätstadium öfter so zeigt.
Posthum ist so etwas aber immer schwer zu diagnostizieren.

Hallo,
ich habe meine Examensarbeit über van Gogh geschrieben und denke, dass ich deshalb hier mal dafür ein bisschen Reklame dafür machen darf:
http://www.textfindling.de/Munch/Munch.htm

Es grüßt Dich
Chris

Servus,

Nungut, seiswieswöll: Wenn Du van Gogh pur erleben willst, geh
vor dem 8. Dezember in die Albertina. Dort eine van
Gogh-Sammelausstellung, die ihresgleichen sucht - u.a. auch
mit allerhand Grafik, das gibts von vG nicht alle Tage. Allein
schon dieses ist es (vorübergehend) Wert, Wiener zu sein…

Schöne Grüße

Danke für den Hinweis.
Ich habe mir die Ausstellung in der Albertina bereits vor wenigen Tagen angesehen und muss sagen ich war begeistert. Die Werke von Van Gogh wirken wirklich um einiges mehr wenn man sie in Natura sieht.
Ich habe wirklich einiges über den Maler erfahren. Ich wußte halt nur die Dinge aus der Schulzeit. Ich war total erstaunt als ich gehört habe, dass er in seinem Leben fast keine Bilder verkaufen konnte. Welche Ironie wenn man bedenkt, dass seine Bilder heute Millionen wert sind.

Auch wußte ich nichts von seinen Zeichnungen, die fabelhaft sind. Die haben die gleiche Kraft wie seine gemalten Bilder. Beeindruckend.
Ich habe mir die Ausstellung mit dem Audioguide gegeben, da hat man sicher noch das eine oder andere mehr über Van Gogh erfahren. Sicherlich empfehlenswert.

Das Leben von Van Gogh war doch äußerst intensiv. Wußte gar nicht dass er sogar in der Nervenheilanstalt weitergemalt hat. Wobei ich nicht wirklich glaube dass er „verrückt“ war. Was meint ihr?