Nachbarschaft und Hecke

Liebe/-r Experte/-in,

es geht um ein „altes“ Thema, dem Heckenschnitt. Um keinen Roman zu schreiben, versuche ich es mal mit einer Faktenaufstellung:

  • Wir wohnen in Bayern, Kreis Neu-Ulm
  • auf unserem Grundstück ist eine Hecke vor 25 Jahren vom Vorbesitzer gepflanzt worden
  • Die Hecke wird jedes Jahr auf allen Seiten, auch zum Nachbargrundstück, von uns geschnitten
  • Höhe ca. 1,50 m
  • Die Hecke ist inzwischen ca. 15 cm durch den Zaun gewachsen
  • All die Jahre hat sich niemand daran gestört, auch nicht der Nachber, er wohnt dort seit 10 Jahren
  • Jetzt möchte er, dass wir die Hecke bis zum Zaun zurückschneiden
  • Wenn wir zurückschneiden, wird die Hecke total braun sein und nie mehr nachwachsen weil es eine Tuja ist
  • Die Hecke geht in seine Hofeinfahrt, die Hälfte über ein 8verwildertes) Blumenbeet.
  • Sein Gartentor geht weiterhin komplett auf und die Einfahrt kann wie all die Jahre benutzt werden.

Fragen:

  • Darf er jetzt auf den kompletten Rückschnitt bestehen, obwohl er all die Jahre sich nicht daran gestört hat?
  • Wir schneiden die Hecke wie all die Jahre davor. Müssen wir jetzt so zurückschneiden wie er es wünscht, oder müssen wir nur dulden dass er die Hecke zurück schneidet?
  • Falls er selber zurückschneidet weil unser Schnitt nicht mehr gut genug ist, wer hat die Kosten und wer muss das Schnittgut wegräumen?

Vielen Dank für Eure Hilfe.

Markus

Hallo Markus,

grundsätzlich gilt: Bepflanzungen, die Nachbargrundstücke beeinträchtigen können zur Beschneidung auf die Grenze verlangt werden.

Die Hecke ist erst 25 Jahre, d.h. ein, durch den Überwuchs erfolgter Besitzzuwachs des so in Beschlag genommenen Grundbesitzes des Nachbarn (so verstehe ich die Fallgestaltung), liegt noch nicht vor, das wäre erst bei +30 Jahren der Fall.

Es besteht aber dennoch hier der Weg über die Jahrzehntelange Duldung, also Gewohnheitsrecht.

Es ist aber hier auch Nachbarschaftrecht einschlägig. Ich lebe in BW, müsste also hier nachsehen, was für Vorschriften landesspezifisch bestehen.

Mein Rat:

Sachverhalt nachgerade nicht einfach, eher komplizert durch die Zeitdauer, ggf. länderspezifische Regelungen. Hinzu können Verordnungen kommen, die sich aus der Gemeindesatzung ergeben. Suche Dir einen guten Anwalt vor Ort. In Bayern ticken die Gerichte anders als in BW. Positiv wie negativ. Entscheidend sind die nachbarrechtlichen Vorschriften. Aber, ggf. hat die Gemeinde bei diesem Alter der Tuja auch Bedenken, hier so drastisch einzugreifen, sodass evtl. Umweltschutzvorschriften Euch zur Seite stehen, um das Begehren der Gegenseite abzuwehren.

MfG
Tom-LB

Hallo,
man könnte meinen, dass es Gewohnheitsrecht ist und sie daher die Hecke so lassen können. Dennoch ist der Nachbar im Recht! Also müssen Sie die Hecke zurückschneiden, wenn er es macht, kann er dafür sowohl für das Gerät als auch für die Arbeitsstunden Ihnen eine Rechnung schicken!

Nachbarschaftsstreitigkeiten sind wirklich was Schlimmes, wir machen da selber so einiges durch. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Hecke Ihnen gehört, aber dem Nachbarn gehört das Grundstück. Sollte der mal das Haus verkaufen und die neuen Nachbarn wollen die Hecke nicht, müssen Sie diese auch zurückschneiden.

Lassen Sie einfach was Ihnen gehört auch auf Ihrem Grundstück! Sie wollen doch auch nichts vom Nachbarn bei sich haben…

Viele Grüße
Anja

Sorry nicht mein Thema…Zu weit weg

Sorry, wie es bei Euch ist, kann ich leider nicht sagen. Hier bei uns würde nach 7 Jahren das sog. „Gewohnheitsrecht“ gelten, also danach müsste die Hecke nur wie die Jahre zuvor geschnitten werden.
Ich kann verstehen, dass die Hecke, wenn sie mehr zurückgeschnitten wird, nicht mehr ansehnlich aussieht. Wie wäre es, wenn ihr die Hecke nur auf der Seite des Nachbarn so schneidet, er muss dann mit den „braunen Überresten“ leben und wird sich sicherlich sehr ärgern. Spaß beiseite: würde hier wirklich Rat beim Ordnungsamt einholen (wäre bei uns wiederum kostenlos).
Wünsche viel Glück und eine immergrüne Hecke !

Warum stört ihn die Hecke genau? Und warum jetzt auf einmal? Wenn er da keine gravierenden Gründe vorbringen kann hat er keine Handhabe und die Hecke kann so bleiben wie sie ist.

Hallo aus Bernburg,
nach meinem Rechtsempfinden,

  1. spielt der Ort keine Rolle, solange dort deutsches + europäisches recht gilt.
  2. JA er darf fordern
  3. JA Sie sollten zurückschneiden (wird die Hecke braun, na und - nach so vielen Jahren wird sie eben durch was neues ersetzt - der Baumarkt (+ unsere Wirtschaft) lebt vom Verkasuf.
  4. wenn er es nicht kann, lässt er kluger Weise diese Arbeiten von Fachfirma ausführen und stellt ihnen die Rechnung aus. (Ersatzvornahme)
  5. Sie haben die Kosten und sollten das Schnittgut wegräumen, sonst lässt er es durch Fachfirma wegräumen - in Bayern gibts für solche Versäumnisse schnell mal 3-5 Tage Haft

LG aus Bernburg

Hallo Markus,
deine Fragen sind durch einen einzigen Satz zu beantworten. Ja, du musst. Ich habe lange Jahre in Bayern studiert und gewohnt, ich kenne die Mentalität, langmütig, ruhig und sachlich, wenn geärgert dann grandeln die Leit.
Aber sachlich, die Hecke hängt zum Nachbarn. Dies ist eine ungerechtfertige Ausdehnung deiner Lebensform zu Lasten Anderer, welches sogar Miete kosten könnte. Es spielt auch keine Rolle, wie hoch die Hecke ist, nur überhängen sollte sie nicht. Wenn der Nachbar schneidet, so muss die Kosten der Verursacher zahlen. Angenommen die Abfahrt und die Mülldeponie kostet Geld. Also mache es selbst, ich glaube nicht, dass die Tujas eingehen, wegen Rückschnitt und braun sind diese innen sowieso. Ich bin kein Fachmann, habe nur auch eine Tujahecke und schneide jede Form daraus.
Das mit der Toreinfahrt und verwildertes Beet, tja, sei nicht böse aber hier ist der Bayer noch ausgeprägter, ich hätte schon den Gärtner bestellt und die Kosten dir aufgegeben. Bitte überlege selbst, inwieweit du dies einem Nachbarn gestatten würdest. Also sprich mit dem Nachbarn, mache die Hecke „Nachbargerecht“ und erzähle ihm davon, vielleicht springt ein Grillabend raus und davon habt ihr Beide etwas.
Mit freundlichen Grüßen
tummle

Hallo,

„Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“ sagen die Juristen:

Das Nachbarrecht in Bayern

§§ 47 - 54, 74 AGBGB - Nachbarrechtsgesetz Bayern
Art. 47 Grenzabstand von Pflanzen

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, daß auf einem Nachbargrundstück nicht Bäume, Sträucher oder Hecken, Weinstöcke oder Hopfenstöcke in einer geringeren Entfernung als 0, 50 m oder, falls sie über 2 m hoch sind, in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks gehalten werden.

(2) 1. Zugunsten eines Waldgrundstücks kann nur die Einhaltung eines Abstands von 0, 50 m verlangt werden. 2Das gleiche gilt, wenn Wein oder Hopfen auf einem Grundstück angebaut wird, in dessen Lage dieser Anbau nach den örtlichen Verhältnissen üblich ist.

Art. 49 Messung des Grenzabstands

Der Abstand nach Art. 47 und 48 wird von der Mitte des Stammes an der Stelle, an der dieser aus dem Boden hervortritt, bei Sträuchern und Hecken von der Mitte der zunächst an der Grenze befindlichen Triebe, bei Hopfenstöcken von der Hopfenstange oder dem Steigdraht ab gemessen.

Art. 50 Ausnahmen vorn Grenzabstand

(1) 1. Art. 47 und 48 sind nicht auf Gewächse anzuwenden, die sich hinter einer Mauer oder einer sonstigen dichten Einfriedung befinden und diese nicht oder nicht erheblich überragen. 2. Sie gelten ferner nicht für Bepflanzungen, die längs einer öffentlichen Straße oder auf einem öffentlichen Platz gehalten werden, sowie für Bepflanzungen, die zum Uferschutz, zum Schutz von Abhängen oder Böschungen oder zum Schutz einer Eisenbahn dienen.

(2) Art. 48 Abs. 1 gilt auch nicht für Stein- und Kernobstbäume sowie Bäume, die sich in einem Hofraum oder einem Hausgarten befinden.

(3) 1Im Fall einer Aufforstung kann die Einhaltung des in Art. 48 Abs. 1 bestimmten Abstandes nicht verlangt werden, wenn die Aufforstung nach der Lage des aufzuforstenden Grundstücks der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit entspricht. 2Im übrigen bleiben die besonderen Vorschriften über den Grenzabstand bei der Erstaufforstung unberührt.

Art. 51 Ältere Gewächse und Waldungen

(1) Für die bereits zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorhandenen Bäume, Sträucher und Hecken sind die vor diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften weiterhin anzuwenden, soweit sie das Halten der Gewächse in einer geringeren als der nach Art. 47 bis 50 einzuhaltenden Entfernung von der Grenze des Nachbargrundstücks gestatten.

(2) 1. Bei einem Grundstück, das bereits zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Wald bestanden war, gilt bis zur ersten Verjüngung des Waldes nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs das gleiche auch für neue Bäume und Sträucher. 2. Auch nach der Verjüngung ist Art. 48 nicht anzuwenden.

(3) Der Eigentümer eines Waldgrundstücks (…)

(4) 1. Dem Eigentümer eines anderen Grundstücks obliegt die Duldungspflicht nach Absatz 3 nur gegenüber den herüberragenden Zweigen, soweit diese mindestens 5 m vom Boden entfernt sind; die Entfernung wird bis zu den unteren Spitzen der Zweige gemessen. 2. Herüberragende Zweige, die weniger als 5 m vom Boden entfernt sind, müssen auf der westlichen, nordwestlichen, südwestlichen und südlichen Seite des mit Wald bestandenen Grundstücks geduldet werden, wenn durch ihre Beseitigung der Fortbestand eines zum Schutz des Waldes erforderlichen Baumes oder Strauches gefährdet oder die Ertragsfähigkeit des Waldbodens infolge des Eindringens von Wind und Sonne beeinträchtigt werden würde.

Art. 52 Verjährung der nachbarrechtlichen Ansprüche

(1) 1. Die sich aus Art. 43 bis 45 und Art. 46 Abs. 1 ergebenden Ansprüche unterliegen nicht der Verjährung. 2. Der Anspruch auf Beseitigung eines die Art. 47 bis 50 und Art. 51 Abs. 1 und 2 verletzenden Zustandes verjährt in fünf Jahren. 3. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Verletzung erkennbar wird.

(2) Sind Ansprüche nach Absatz 1 Sätze 2 und 3 verjährt und werden die Gewächse durch neue ersetzt, so kann hinsichtlich der neuen Gewächse die Einhaltung des in Art. 47 bis 50 und 51 Abs. 1 und 2 vorgeschriebenen Abstandes verlangt werden.

Ich glaube, damit sind alle Fragen zu beantworten.

MfG

Vierten

Fragen:

  • Darf er jetzt auf den kompletten Rückschnitt bestehen,
    obwohl er all die Jahre sich nicht daran gestört hat?

Anspruch wohl verjährt

  • Wir schneiden die Hecke wie all die Jahre davor. Müssen wir
    jetzt so zurückschneiden wie er es wünscht, oder müssen wir
    nur dulden dass er die Hecke zurück schneidet?

wohl nein,

  • Falls er selber zurückschneidet weil unser Schnitt nicht
    mehr gut genug ist, wer hat die Kosten und wer muss das
    Schnittgut wegräumen?

Er darf die Hecke nicht selbst zurückschneiden, weil sie schon „immer“ (länger als fünf Jahre) so war.

Hallo Nothelfer,

eine Art „Gewohnheitsrecht“ dürfte sich schwerlich trotz 10-jähriger Duldung ableiten lassen, und selbst wenn: es ist IHRE Hecke.

Und diese wächst 15 cm weiter, als sie eigentlich „darf“. Ob sie in ein verwildertes Blumenbeet wächst oder ob irgendwelche Türen noch aufgehen, ist unerheblich.

Ihr Herr Nachbar kann - muss es aber nicht dulden.

Nun können Sie einen Deal machen, dass Sie die Hecke selbst so zurückschneiden, dass sie nicht mehr in sein Grundstück ragt (braune Zweige hin oder her) oder er macht das.

In beiden Fällen müssen Sie für die Kosten aufkommen, da Sie nunmal der Verursacher sind (es gibt tausend Urteile zu Bäumen und Zweigen, die in Nachbars Garten ragen).

Evtl. hilft es ja, durch ein vernünftiges Gespräch herauszufinden, was den plötzlichen Sinneswandel verursacht hat. Evtl. könnten Sie da ansetzen …

Wenn alles nicht hilft - zurückschneiden. Die braune Seite sieht dann ja nur Ihr Nachbar :wink: Die Tuja überlebt es bestimmt.

Gruß und viel Glück mit dem Gespräch.

FG

Das ist nicht mein Fachgebiet. Sorry