Nacheifern / Dativ oder Akkusativ?

nachahmen führt Akkusativ und nacheifern führt Dativ. Soweit habe ich es gelernt.

Aber schaut euch diesen Beitrag von Reich-Ranicki im Duden an.

die Franzosen, ihnen sollten die Deutschen n. (Reich-Ranicki, Th. Mann 137).

Ist dieser Satz korrekt? Oder wäre es nicht korrekter zu schreiben:

den Franzosen, ihnen sollten die Deutschen nacheifern

nach|ei|fern <sw. V.; hat>: eifrig bemüht sein, es jmdm., den man als Vorbild hat, gleichzutun: jmdm. [in etw.] n.; die Franzosen, ihnen sollten die Deutschen n. (Reich-Ranicki, Th. Mann 137).

Grüße

Hallo Nadja,

„ihnen… nacheifern“ ist ja Dativ. Das vorangestellte „die Franzosen“ ist Nominativ.

Kreszentia oder Metapher können Dir sicher noch die richtige Regel dazu nennen, ich habe nicht die richtigen grammatikalischen Begriffe dazu parat, aber: Die Voranstellung dient der Betonung, das Nomen kann sich dem Kasus anpassen, muss aber nicht. Es ist wie ein Einwurf - und erinnert auch eher an gesprochene Sprache, eine engagierte Rede. Auch, wenn Reich-Ranicki es schriftlich gebraucht.

Löst man es auf, muss es natürlich heißen: „Den Franzosen sollten die Deutschen nacheifern.“

Viele Grüße,

Jule

Hallo Jule,

Ich dachte mir, dass „die Deutschen“ der Nominativ des Satzes ist. Sonst hätte man zwei Nominative im Satz:
„die Franzosen“ und „die Deutschen“. Meine erste Einschätzung war, dass „die Franzosen“ eine Apposition bzw. eine Aufreihung zu „ihnen“ ist. Und wenn meine Vermutung richtig wäre, müsste man „den Franzosen“ schreiben. Vielleicht hat sich Reich-Ranicki geirrt.

Schöne Grüße

Liebe Nadja,

normalerweise gibt es natürlich keine zwei Nominative im Satz. Wenn man den Satz umstellt, geht auch nur der Dativ:

Die Deutschen sollten ihnen, den Franzosen, nacheifern.

Aber hier ist es trotzdem richtig.
Die mögliche Abweichung entsteht durch die Voranstellung. Ich bin nicht ganz sicher, ob es stimmt, aber ich begreife es am ehesten als Ellipse (-> Grammatikkenner, kommt herbei!):

Die Franzosen (sind es), ihnen sollten die Deutschen nacheifern.

(Reich-Ranicki war ein leidenschaftlicher Sprachkenner und Literaturkritiker. Klar, auch einem Reich-Ranicki kann trotzdem ein Fehler unterlaufen, aber das wäre spätestens der Duden-Redaktion aufgefallen!)

Viele Grüße,

Jule

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Hallo Nadja,

dieses Zitat ist vom Duden - sicherlich hast du es wieder aus deiner alten Ausgabe - grauenhaft mißverständlich wiedergegeben.

Wie @Jule bereits erwähnt, handelt es sich um einen Einschub. Der Hauptsatz, dessen Subjekt „Die Franzosen“ ist, geht nach dem Einschub weiter mit dem zugehörigen Prädikat. Das ist hier nicht erkennbar, weil das Zitat - scheinbar - auch noch mit einem Punkt endet.

Genauer gesagt: Die Phrase „ihnen sollten die Deutschen nacheifern“ ist kein Satzteil, sondern eine sog. Parenthese (auch als Einschub, Nachtrag oder Zusatz bezeichnet). Parenthesen erkannt man daran, dass sie auch weggelassen werden können, ohne die grammatische Konstruktion (btw. natürlich auch die Semantik) des Satzes zu verändern. Daher sind sie - grammatisch betrachtet - kein Satzteil.

Deutlicher in der Schriftform ist es, wenn man die Parenthese nicht in Kommata einrahmt, sondern in Gedankenstriche (wie in meinen Sätzen oben) oder in Klammern (…).

Die gleiche Funktion haben übrigens Appositionen und sog. „weiterführende Nebensätze“, besonders „um … zu“-Nebensätze.

Hier mal Beispiele, wie der Satz aussehen könnte (die Ergänzung ist freie Phantasie):

Die Franzosen - ihnen sollten die Deutschen nacheifern - haben immer schon bewundernswerte Kreativität gezeigt.

Die Franzosen (ihnen sollten die Deutschen nacheifern) haben immer schon bewundernswerte Kreativität gezeigt.

Die Franzosen (um das nochmal zu betonen: ihnen sollten die Deutschen nacheifern) haben immer schon bewundernswerte Kreativität gezeigt.

Oder eben:
Die Franzosen, ihnen sollten die Deutschen nacheifern, haben immer schon bewundernswerte Kreativität gezeigt.

Gruß
Metapher

Ja, das ist aus dem alten Duden. Es steht dort genauso, wie ich wiedergegeben habe.

nach|ei|fern <sw. V.; hat>: eifrig bemüht sein, es jmdm., den man als Vorbild hat, gleichzutun: jmdm. [in etw.] n.; die Franzosen, ihnen sollten die Deutschen n. (Reich-Ranicki, Th. Mann 137).

Grüße

© 2000 Dudenverlag

ich weiß. Ich meinte ja deshalb: Der Duden hat das Zitat missverständlich wiedergeben. Er hätte den Satz vervollständigen müssen, damit die Parenthese erkennbar wird.

Gruß

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Aaach, Einschub andersherum, das ist ein guter Gedanke!

Viele Grüße,

Jule

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