Nachtdienstzuschläge: Gesetzliche Regelung für die Höhe der Zuschläge?

Hallo Community.

Gibt es eine gesetzliche Regelung wie Nachtdienstzuschläge bezahlt werden müssen, sprich in welcher Höhe?

Gehen wir mal davon aus eine Pflegekraft arbeitet im Nachtdienst und es gibt keinen geschlossenen Tarifvertrag, sondern nur einen Hauseigenen Vertrag. Gibt es dann Vorgaben in welcher Höhe die Zuschläge gewährt werden müssen?

Vielen Dank

Das Arbeitszeitgesetz ist da leider nicht ganz eindeutig und spricht von angemessenen Zuschlägen oder Freizeitausgleich. https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/BJNR117100994.html
Es gibt mittlerweile etliche Urteile des Bundesarbeitsgerichtes, die von 25% Zuschlag ausgehen und sich dabei an den maximal steuerfreien Zuschlägen nach §3 EStG orientieren.
Bitte beachte dabei, zu welchen Zeiten diese Zuschläge gezahlt werden dürfen.

Soon

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Hallole DrSoon,
ich finde die Aussage im Gesetz eindeutig: Es ist über einen Tarifvertrag zu regeln. Und das ist ja hier der Fall; es gibt einen Hausvertrag. Und dass der nicht Gesetz konform sein könnte, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Und wie immer in so einem Fall, rate ich dazu, sich einer Gewerkschaft anzuschließen und einen Betriebsrat zu gründen. So ist es eigentlich vom Gesetzgeber gewollt, wenn man das Betriebsverfassungsgesetz anschaut.
Für die, die sich den Mitgliedsbeitrag sparen möchten, gibt es noch die Gesetzgebung, mit der man verhindert, dass es wieder in Richtung Leibeigenschaft geht. Und natürlich Internetforen.
Schöne Grüße
Schrella

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Danke für die Antworten.

Ob es den Aussagen nach gesetzeskonform ist könnte man doch anzweifeln.

Sagen wir die Pflegefachkraft bekommt 20 Euro pro Stunde an Grundlohn und der Zuschlag für die Nacht liegt aber nur bei 1,53 pro Stunde.

Es handelt sich nicht um einen Hauseigenen Tarifvertrag sondern einfach nur ein Standart Vertrag vom Haus.

Hallo,

@anon70456904:
Der gesetzliche Mindestanspruch auf Zeitzuschläge für Nachtarbeit des § 6 Abs. 5 ArbZG
https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__6.html
iVm § 2 Abs. 3 ArbZG
https://www.gesetze-im-internet.de/arbzg/__2.html
besteht unabhängig von Tarifverträgen für alle AN. Wie @DrSoon richtigerweise geschrieben hat, hat sich die Rechtsprechung auf ca. 25% „eingependelt“.

Durch Tarifverträge kann dieser Prozentsatz höher gestaltet werden und/oder der Zeitraum erweitert werden. Dafür ist natürlich gewerkschaftliche Organisation notwendig.

Alberca

Hallo,
bei einem Vertrag müssten zwei Vertragspartner beteiligt sein. Wer ist denn das?
Gruß
Schrella

Also wenn Sie meinen ob der Vertrag mit einer Gewerkschaft geschlossen wurde? Dann ist die Antwort nein.

Oder meinen Sie ob AG und AN ihn unterschrieben haben?

Servus,

diese Aussage

kann ich im ArbZG nicht finden. Wo steht sie denn dort?

Erinnerst Du Dich an die CGZP?

sagt zum vorliegenden Thema, genau wie von @DrSoon schon auseinandergesetzt, nichts Konkretes, sondern eben nur, dass Nachtzuschläge angemessen sein müssen (§ 6 Abs 5 ArbZG) und übrigens genau an dieser Stelle, dass der Arbeitgeber auch die Möglichkeit hat, überhaupt keine Zuschläge für Nachtarbeit zu bezahlen, sondern Nachtarbeit durch zusätzliche bezahlte Freizeit auszugleichen.

Leider ist @Ryko82 sehr sparsam mit der Beschreibung seiner Situation. Wenn sich z.B. der genannte Zuschlag auf eine andere Lage der „Nachtschichten“ als 23 - 6 Uhr (22 bis 5 Uhr bei Bäckereien und Konditoreien) bezieht, kann er bereits im Bereich des „Angemessenen“ liegen.

Schöne Grüße

MM

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Also die Nachtschicht läuft von 20:30 bis 6:30, sprich 10 Stunden abzüglich einer Stunde Pause. Die Zuschläge werden pro Nacht für 9 Stunden in Höhe von 1,53 gezahlt, pro Stunde.
Ein bezahltes Ausgleichsfrei gibt es nicht.
Die 1,53 pro Stunde in der Nacht gab es in der Höhe schon vor zehn Jahren, allerdings waren zu der Zeit die Löhne auch noch viel niedriger.

Da dies eine reine Nachttätigkeit ist sollte dies beim Spiel mit der Gesundheit auch angemessen vergütet werden. So lernten wir es jedenfalls mal in der Ausbildung.
Bei den Zuschlägen wird auch kein Unterschied gemacht welche Qualifikation jemand hat oder wie hoch sein Stundenlohn ist.

Darin befinden sich maximal 7h Nachtarbeit im Sinne des Gesetzes. Wenn die Pausenzeiten in der Zeit zwischen 23:00 und 06:00 Uhr zu nehmen sind, sind lediglich 6h Nachtarbeit zu berücksichtigen.

Kommen wir zum Charakter der Tätigkeit. Ich kenne „Kurkliniken“, die eher einem Hotel mit medizinischer Betreuung ähneln. Dort arbeitete eine Bekannte als Nachtwache, eben weil dort eine Pflegekraft pro Station anwesend sein muss. In der Arbeitszeit fiel stets ein sehr hoher Prozentsatz Bereitschaftsdienst an. Ich habe sie mal etwas ärgern wollen „Also bekommste fürs Nichtstun auch noch fett die Zuschläge“ - Nix da, wegen des großen Anteils (>80%) herumsitzen bekam sie keinen Zuschlag.
Ob das damals erlaubt war, heute auch noch so erlaubt wäre - das könnte @LaAlberca sicher sagen.

Vielleicht liegt es in dem hier betrachteten Fall aber auch ganz anders und es ist eine Nachtschicht auf einer ganz normalen Station, wo man von Zimmer zu Zimmer hetzt und die einstündige Pause nur auf dem Papier steht.

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Hallo.

Letzteres trifft eher zu. 2 Kräfte für bis zu über 90 Pflegebedürftige. Mit viel rumsitzen ist nicht viel. Mal ist es etwas ruhiger und mal ist man nur am rennen.
Dazu kommt ein Bereich für rein dementiell erkrankte Menschen, oft mit verschobenen Tag-und Nachtrhytmus.
Wie gesagt der Zuschlag wird tatsächlich ab Dienstbeginn gezahlt, lediglich die Pause wird abgezogen.

Hallo Aprilfrisch,

Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

§ 6 Nacht- und Schichtarbeit unter (5)… soweit keine tarifvertraglichen Regelungen bestehen …
verstehe ich so, dass es eine Selbstverständlichkeit ist.
Und wie ich schon gesagt habe, gibt das Gesetz dann Mindeststandards vor, falls die Tarifpartner es nicht hinkriegen oder, wie es oft der Fall zu sein scheint, die Beteiligten einfach keinen Bock haben, mal mit dem Hintern hoch zu kommen.

Und dann gibt es ja auch noch die Tarifautonomie, die dafür da ist, dass die Tarifpartner *die frei von staatlichen Eingriffen über Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen …*Tarifverträge über Arbeitsentgelt und Arbeitszeit … aushandeln sollen.

Schönes Wochenende
Schrella

Hallo X_Strom,
das hier

war mal zulässig, da früher Bereitschaftsdienste nicht grundsätzlich als zu vergütende Arbeitszeit galten.
Seit einem Urteil des BAG von 2016
https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=en&Datum=2016-6-29&nr=18732&linked=pm&titel=_Gesetzlicher_Mindestlohn_für_Bereitschaftszeiten
ist das anders.
Arbeitsbereitschaft, bei der der AG den Ort der Bereitschaft zwingend vorschreibt, ist wie „normale“ Arbeitszeit zu vergüten.

Alberca

Servus,

bedeutet lediglich:

Das an dieser Stelle Festgelegte gilt dann, wenn keine tarifvertraglichen Regelungen bestehen, die sich genau auf diesen Gegenstand beziehen, und wenn welche bestehen, die Teile des hier Festgelegten betreffen, gilt das hier Festgelegte in allem übrigen.

D.h. für etwas mehr als die Hälfte, wenn ich recht weiß etwa 54 % der Beschäftigten in Deutschland, gilt alles, was im ArbZG festgelegt ist, genau so, wie es dort festgelegt ist. Einschließlich der - ich wiederhole mich und schließe mich weiterhin @DrSoon an - leider keineswegs eindeutigen Bestimmung, dass für Nachtarbeit "angemessene" Zuschläge bezahlt oder (bezahlter) Freizeitausgleich gewährt werden muss. Ein BEispiel für eine eindeutige Bestimmung wäre, wenn dort stünde, dass die Zuschläge für Nachtarbeit mindestens 20 % des Grundlohns ausmachen müssen.

„Soweit es nicht regnete, konnten wir auf unserem Irlandurlaub wunderschöne, ausgedehnte Gänge unternehmen“: Bezieht sich auf vielleicht einen von fünf Ferientagen.

„Soweit es nicht von plötzlichem Starkregen überflutet ist, kann das tief eingeschnittene Tal, in dem diese Oase liegt, gefahrlos begangen werden“: Bezieht sich auf mindestens 360 Tage im Jahr.

Moral: Diese Konstruktion mit dem Wörtlein „soweit“ enthält keine Aussage darüber, welche der fraglichen Alternativen Ausnahme und welche die Regel ist und erst recht keine, welche dem Wunsch dessen entspricht, der da schreibt.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,
als wer hat denn da einen Vertrag abgeschossen? Welche Unterschriften sind unter dem Vertrag?
Gruß
Schrella

Ha no,
und von dieser Weisheit leben die Jurisprudenten. Nicht mal die Texte in den Tarifverträgen werden von den Arbeitgebern und von den Arbeitnehmern gleich interpretiert. Es kommt etwas anderes heraus, wenn man einen Personalchef fragt und wenn man einen Betriebsrat fragt.

Ich bleibe dabei, auch wenn ich jetzt mal so richtig wie ein Schulbub belehrt worden bin: Es ist zwischen AG und AN zu vereinbaren.

Und wenn für 54% der Beschäftigten der untere Anschlag, das Gesetz gilt, dann ist das doch ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft.

Schöne Grüße
Schrella

Der AG und der AN.

Bevor jetzt kommen sollte das man doch wusste was im Vertrag steht.
Der Zuschlag wurde thematisiert und das Ergebnis war dass der Leiter der Einrichtung sagte dass er im Gegensatz zum Stundenlohn den Nachtzuschlag nicht entscheiden darf aber sich darum kümmern wird.
Dieses ist nun 1 Jahr her und nachdem ich sagte es sieht aus wie aussitzen konnte man sich anhören dass 1,53 pro Stunde doch gut wären.
Darum ja auch die Frage ob es dafür Regelungen gibt auf die man ihn festnageln könnte.

Wie wahr, wie wahr.

Vor Tische las man’s anders:

Und das ist eben nicht die Aussage im ArbZG, und beiläufig auch nicht im BetrVG.

Dagegen, dass die meisten Arbeitnehmer in Deutschland so blöde im Kopf sind, dass sie alles, was ihre Vorfahren seit 1870 erstreikt und erkämpft haben, heute am liebsten über Bord würfen und durch ihr eigenes allerheiligstes Ego ersetzten, hat der Gesetzgeber keine Vorkehrungen getroffen.

Andere machen es anders - und erhalten auch weniger Belobigungen dafür:

Schau, Bourgeoisie, das ist dein Triumph, der hoch und laut erschalle!
Welch würdiges Historienbild in deiner Ruhmeshalle!

In diesem Sinne

MM

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Hallo Schrella,

bedeutet nichts anderes als:

„dieses gilt, wenn keine tarifvertraglichen Regelungen bestehen“. Es handelt sich um abdingbares Recht, das durch tarifvertragliche Regelungen ersetzt werden kann.

Wenn da stünde „auch wenn tarifvertragliche Regelungen bestehen“ wäre es unabdingbares Recht, das auch dann gälte, wenn (mithin nichtige) tarifvertragliche Regelungen etwas anderes vorsähen.

Mehr ist das nicht, und nirgendwo im deutschen Recht ist zu finden, etwas „sei über einen Tarifvertrag zu regeln“, d.h. ein Tarifvertrag solle oder müsse abgeschlossen werden, um irgendeine Sache zu regeln.

Schöne Grüße

MM