Nachträgliche Beschwerde beim Jugendamt?

Mal eine Frage: Ich bin als Pflegekind aufgewachsen und teilweise ziemlich mies behandelt worden. Ich weiß erst seit kurzem, dass Pflegeeltern monatlich ziemlich viel Geld bekommen, dafür dass sie ein Kind aufnehmen. Wenn ich so über mein Leben nachdenke habe ich davon aber nie etwas gesehen. Kleidung solange getragen bis es echt nicht mehr ging weil die Nachbarn sich beschwert haben, zu Essen gabs nur Morgends und Abends etwas Brot, kein Bücher und Papiergeld für die Schule und noch viel mehr.
Behandelt wurde ich schlechter als unsere Hunde -.-
Meine Nachbarn und Tanten haben mir dann auch noch ein paar Dinge erzählt die ich schon nicht mehr wusste…jedenfalls habe ich mich früher nie beschwert weil ich es nicht anders kannte…man kann ja nichts vermissen was man nicht kennt. Wenn ich so drüber nachdenke weiß ich schon wo das Pflege und Kindergeld hin sind…nämlich in die Shoppingeskapaden meiner Mum und die Firma meines Dads. Es fiel sogar mal die Aussage: Adoptieren? nein nist du wahnsinnig, dann kriegen wir ja die 1000 Mark nicht mehr (einer nachbarin gegenüber!)
Wenn ich jetzt mit 24 noch beim Jugendamt ankomme und denen das alles erzähle…besteht eine Chance dass meine Pflegeeltern noch irgendwie bestraft werden? ich fände es nur gerecht…immerhin musste ich 9000 Euro des Pflegegelds zurückzahlen. Wurde mir von einer Bafög Nacherstattung abgezogen…mit dem KOmmentar: Du hats das jugendamt so viel gekostet…das ist unser Recht -.-

Hallo Jasmin,
ich war 27 ig Jahre der Typ vom Jugendamt, der sich um Pflegekinder gekümmert hat. Ich habe die Herkunftsfamilien gekannt, habe die Kinder in Pflegfamilien vermittelt
und sie dann solange betreut bis sie die Hilfe nicht mehr brauchten. Was Du berichtest ist genau das, was es nicht geben soll. Aber rückgängig ist es nicht zu machen und Du solltest jetzt Deine Stärken positiv nutzen, Vergangenheit los lassen und selbstständig werden.
Wenn Du weiter Deine Vergangenheit beklagst wirst Du nicht Deine Zukunft gewinnen.
Shit happens…aber Du hast Stärken und die mußt Du wertschätzen. Vieleicht haben Deine Eltern und Deine Pflegeeltern versagt…aber Du darfst jetzt nicht versagen. Mach eine Ausbildung, kämpf um Dein Glück, finde Freunde und scheiß auf die Vergangenheit.

VielGlück,
Reinhard

Ich würde mich am Jugendamt auf jeden Fall beraten lassen. Denn Pflegeeltern bekommen ja nicht umsonst so viel Kohle.
Ich würde die Nachbarin fragen, ob Sie diese Vorwürfe beim Jugendamt betätigen würde. Ich hoffe, das die Dame das auch macht.
Deine Pflegeeltern haben aus meiner Sicht den Staat, Sorry für den Ausdruck, Ordentlich beschissen.

Hallo Jasmin,
es tut mir sehr leid zu hören, was du für eine blöde Zeit verbracht haben musst und ich verstehe sehr gut deinen Ärger über deine Pflegeeltern, die du auch noch selbst (anteilig) sehr teuer bezahlen musstest.
Auch wenn die beiden von deinem Geld nichts sehen, weil nur das Jugendamt von dir wiedergeholt hat, was die ausgelegt haben.
(Das kenne ich so eigentlich auch nicht, es sei denn du hast schon Geld verdient, als du dort noch lebtest. Eigentlich ist Jugendhilfe eine Leidung des Jugendamtes und ich kann erst mal nicht sehen, wer dich rechtens dazu verpflichtet, Geld für deine eigene Betreuung zu bezahlen. Das kenne ich so nicht. An deiner Stelle würde ich das mal genau von einem Anwalt prüfen lassen.
Auch wenn du deinen Pflegeeltern nach so langer Zeit nicht mehr viel Ärger bereiten kannst, kann eine detaillierte Schilderung deiner Erlebnisse dazu führen, dass die beien keine weiteren Pflegekinder mehr aufnehmen können. Solltest du auch körperlich oder aber seelisch gelitten haben, kannst du auch mit einem Anwalt zusammen Klage einreichen und die Leute anzeigen wegen Mißhandlungen psychischer oder physischer Art.
ANsprechpartner ist in erster Linie deine beim Jugendamt zuständige Sachbearbeiterin, der entsprechende Vorgesetzte und natürlich die Polizei. EInen Anwalt kannst du bei der Sache gut gebrauchen, er kann dir sagen, was alles geht und was nicht.
Für die Pflege deiner eingenen Psyche kann ich dir nur raten, auf den Tisch zu hauen, dich zu wehren und Ärger zu machen. Jahrelang musstest du aushalten und einstecken und jetzt erst kannst du anfangen, dich zu wehren. Du erhälst so auch wieder eine Art Selbstachtung, weil du dir nichts gefallen lässt, sondern dich wehrst.

Erzähl mir mehr, wenn du magst, ansonsten hau auf den Tisch. Es ist besonders gemein, wenn Pflegeeltern, die Kindern helfen sollen, wenn es denn die ELtern nicht konnten, eben dieses nicht tun und schlimm auch, wenn auf dem Jugendamt keiner auf deiner Seite war und dir glaubte, was du vielleicht erzählt hast.
Sehr peinlich. Als Professioneller schäme ich mich für solche Leute, die nicht gut zu Kindern sind, die ihnen im Glauben überlassen werden, die Kinder aus schlimmen Zuständen zu retten. Eine Schande auch für das Jugendamt, die nicht aufpassen, an wen sie Kinder vermitteln.
Ich habe im Jugendamt gearbeitet und weiß, dass man es dort auch gut machen kann und weiß auch, dass es gute Pflegeeltern gibt, wenn man genau schaut, wen man für diese sehr verantwortungsvolle Aufgabe auswählt.
Du hast mein vollstes Mitgefühl! Wehr Dich es ist nie zu spät, aufzustehen und Position zu beziehen.

Herzliche Grüße
Martin

Mein Buch: www.hilfe-mein-kind-bockt.de
Wie funktioniert Jugendamt…