Nachweis der Verwendung eines Betrages obligat?

Hallo,

kann eine Kommune die Vorlage von Nachweisen über die Verwendung eines größeren Geldbetrages (aus einem Grundstücksverkauf) aus Zeiten, in denen kein Leistungsbezug erfolgte, über die üblichen 3 Monate hinaus vom Antragsteller auf Arbeitslosengeld 2 („Alg2“) erwarten, wenn der Antragsteller nach Eingang des Betrages (vor ca. 6 Monaten) aus diesem sofort sämtliche bestehenden Verbindlichkeiten der Kommune (aus vorherigen Alg2-Leistungsbezügen, die als Darlehen gewährt worden waren) gegenüber abgeleistet hat und bis zum vollständigen Verbrauch des über das zum Leistungsempfang berechtigende Maximalguthaben hinausgehenden Guthabens keine Leistungen bezogen hat?

Meines Ermessens läge im Vergleich zum Procedere bei anderen Antragstellern eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, da im Regelfall nur die Vorlage von Kontoauszügen der letzten 3 Monate erwartet wird, nicht aber ein Nachweis über vorherige Ausgaben. Die Tatsache, daß die Kommune weiß, daß der Antragsteller vorher über den aus dem Grundstücksverkauf erzielten Geldbetrag verfügte, berechtigt sie meines Rechtsempfindens keineswegs dazu, über den üblichen Zeitrahmen von drei Monaten hinausgehende Nachweise über die Verwendung des Geldbetrages zu verlangen und bei Nichtvorlage derartiger Nachweise von einem Mißbrauch auszugehen.

Wie sieht das der Gesetzgeber?

Gruß
Uwe

Hallo,

kann eine Kommune die Vorlage von Nachweisen über die Verwendung eines größeren Geldbetrages (aus einem Grundstücksverkauf) aus Zeiten, in denen kein Leistungsbezug erfolgte, über die üblichen 3 Monate hinaus vom Antragsteller auf Arbeitslosengeld 2 („Alg2“) erwarten, wenn der Antragsteller nach Eingang des Betrages (vor ca. 6 Monaten) aus diesem sofort sämtliche bestehenden Verbindlichkeiten der Kommune (aus vorherigen Alg2-Leistungsbezügen, die als Darlehen gewährt worden waren) gegenüber abgeleistet hat und bis zum vollständigen Verbrauch des über das zum Leistungsempfang berechtigende Maximalguthaben hinausgehenden Guthabens keine Leistungen bezogen hat?

Also zumindest ist es möglich. Denn es gibt Leute, die gezielt vor der Beantragung von Sozialleistungen Vermögen in der Art vermindern, dass es zu einem höheren und/oder zeitigerem Leistungsbezug kommt.

Meines Ermessens läge im Vergleich zum Procedere bei anderen Antragstellern eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, da im Regelfall nur die Vorlage von Kontoauszügen der letzten 3 Monate erwartet wird, nicht aber ein Nachweis über vorherige Ausgaben.

Die Formulierung im Regelfall deutet doch schonmal klar an, dass es auch Ausnahmen von eben diesem geben könnte.

Die Tatsache, daß die Kommune weiß, daß der Antragsteller vorher über den aus dem Grundstücksverkauf erzielten Geldbetrag verfügte, berechtigt sie meines Rechtsempfindens keineswegs dazu, über den üblichen Zeitrahmen von drei Monaten hinausgehende Nachweise über die Verwendung des Geldbetrages zu verlangen und bei Nichtvorlage derartiger Nachweise von einem Mißbrauch auszugehen.

Doch. Eben genau, weil es solche Mißbräuche gibt.

Wie sieht das der Gesetzgeber?

Der sieht das genauso.
Beispielsweise sieht § 528 BGB vor, dass der Schenker sein Geschenk zurückfordern kann, wenn er verarmt. Und wer ALG-II beantragt, ist offensichtlich verarmt. § 529 schließt diesen Anspruch aus, wenn seit Leistung des Geschenkes 10 Jahre verstrichen sind.
Allein daraus könnte das Amt also einen Nachweis über den Verbleib von Vermögen über die letzten 10 Jahre ableiten. Schließlich könnten Teile des Vermögens verschenkt worden sein. Sechs Monate liegen klar innerhalb dieser Frist.
Möglicherweise besteht zwischen dem Verkaufserlös auf der einen Seite und den Rückzahlungen von darlehensweise gewährten ALG-2-Leistungen eine Differenz, die weit über dem liegt, was jemand innerhalb von sechs Monaten ausgibt, der weiß, dass er bald ALG-2 beantragen muss.
Ein weiterer Ansatzpunkt wäre § 34 SGB II. Da geht es grob gesagt um die vorsätzliche Herbeiführung der Bedürftigkeit.
Davon geht das Amt möglicherweise auf Basis der eben beschriebenen Differenz aus.
§ 60 SGB I legt dem Antragssteller schließlich Mitwirkungspflichten auf, die u.a. darin bestehen Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Keine Begrenzung auf drei Monate zu finden.
Die gibt es auch gar nicht. Das ist vielmehr eine Eingrenzung, die die Ämter von sich aus vornehmen, wenn keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen auf irgendwelche Verstöße vorliegen.
Das alles ist wenig konkret und wird im Streitfall dann von einem Richter ausgelegt werden müssen. Man könnte jedoch auf Basis dieser Regelungen und der geschilderten Umstände vermuten, dass hier auch Nachweise über den Zeitraum von sechs Monaten vorgelegt werden müssen und ansonsten der Leistungsträger aufgrund fehlender Mitwirkung ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen kann, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. (§67 SGB 1).

Grüße

WOW! Vielen Dank für diese sehr aufschlußreiche Antwort! :smile:

Gruß
Uwe