Namen der Himmelsrichtungen

Guten Morgen,

„Unsere Namen der Windrichtungen stammen aus der nordgermanischen Mythologie -
die Zwerge Oster, Norder, Wester und Söder tragen das aus dem Schädel des von
Odin erschlagenen Riesen Ymir gebildete Himmelsgewölbe.“
http://www.mmsseiten.de/ga-005.htm#Navigation

Ich höre davon zum erstenmal, und finde außer auf der angeführten Seite auch keine
weiteren Belege dazu. Kann das jemand von euch bestätigen?

Einerseits erscheint mir die Erklärung schlüssig, aber wie kommt es dann, dass die
gleichen Bezeichnungen auch in den nicht-germanischen Sprachraum Eingang fanden?
(z.B. italienisch est, nord, ovest, sud)
Sollte es nicht die Namen der Himmelsrichtungen schon eher gegeben haben, und
umgekehrt die Zwerge in der Mythologie erst später davon abgeleitet worden sein?

Grüße, Michl

Herkunft von Norden, Osten, Süden und Westen

Guten Tag, Michl

Die Ethymologie sagt folgendes:

„… The etymology of „east“ is from an old Proto-Indo-European
language word for dawn. Cf. Latin aurora and Greek e?s. Eostre, a
Germanic goddess of dawn, might have been a personification of both
dawn and the cardinal point. …“
http://en.wikipedia.org/wiki/East

„… The word north is traced to the Old High German nord, and the
Proto-Indo-European unit ner-, meaning „left“ (or „under“).
(Presumably a natural primitive description of its concept is „to the
left of the rising sun“. …“
http://en.wikipedia.org/wiki/North#Etymology)

„… The etymology of South can be traced back to the Old English
word suth, related to the Old High German word sund, and perhaps
sunne in Old English with sense of „the region of the sun.“ …“
http://en.wikipedia.org/wiki/South

„… The etymology of West can be traced back to the Old High German
word westar, and perhaps to the Latin word vesper, meaning „evening“,
possibly derived from the Greek Hesperos. …“
http://en.wikipedia.org/wiki/West

Gruss

Rolf

Und hier
dasselbe - nach Kluge - auf Deutsch:

_ Osten

Substantiv Maskulinum Standardwortschatz (11. Jh., ostanonti 8. Jh.), mhd. Osten m./n., ahd. Ostan m./n. Stammwort Die einfache Form ost ist im Deutschen erst spätmittelhochdeutsch bezeugt, vgl. ae. East; „von Osten“ mhd. OstenAn, ahd. Ostana, as. Ostana, ae. Eastan, anord. austan.
Der zugrunde liegende Stamm g. *austa- hängt zusammen mit ig. *ausos „Morgenröte“ in ai. uSa-, l. aurOra, gr. héOs, Eos, lit. ausrà f.; die Bedeutung „Osten“ auch in avest. usastara- „gegen Morgen, östlich“, lett. àustrums „Osten“ und wohl auch ursprünglich l. auster, das aber nur mit der Bedeutung „Süden“ bezeugt ist - offenbar aufgrund einer Neu-Orientierung, bei der die als „vorne“ betrachtete Himmelsrichtung von „Ost (Sonnenaufgang)“ zu „Süd“ (Sonnenhöchststand) überging. Adjektiv: östlich.
Ebenso nndl. oosten, ne. east, nschw. öster, nisl. austur; Ostern.
Schröder, H. GRM 17 (1929), 421-427;
Velten, H. V. JEGP 39 (1940), 443-449;
HWPh 6 (1984), 1394-1396. west- und nordgermanisch

Süden

Substantiv Maskulinum Standardwortschatz (9. Jh., Form 12. Jh.), mhd. sunt, sUd; sunden, sUden, ahd. sund, sundan, as. sUd, adv. sUdan Stammwort.
Das Substantiv ist wie die zugehörigen Adverbien früh von den (seefahrenden) Niederländern entlehnt (in der ndd. Form sud seit dem 12. Jh., in der ndl. Form süd seit dem 15. Jh.). Auszugehen ist von g. *sunTa- (usw.) in anord. súdr n., ae. (Adv.) sUT, afr. sUth, as. sUth Adv., dann ndd. weiter sUd, nndl. zuid. Das Substantiv „Süden“ ist überall jünger als die Adverbien („südwärts, von Süden“). Herkunft umstritten. Da Osten als „Morgenröte“, Westen wohl als „Abend, (Sonnenuntergang)“ zu erklären ist, leuchtet eine Verbindung mit dem Wort für Sonne am ehesten ein (adverbial: zur Sonne - beim Höchststand - hin, von der Sonne her). Wohl kaum als Gegensatz zu Nord (eigentlich „links/unten“) zu *sup- „oben“ (l. super, gr. hYper, hypér), da dieses in dieser Form im Germanischen sonst nicht bezeugt ist, und da die abstrakte Bezeichnung für Norden wohl eher davon rührt, daß „Mitternacht“ nicht nach einem konkreten Sonnenstand benannt werden kann.
Schröder, H. GRM 17 (1929), 421-427;
Velten, H. V. JEGP 39 (1940), 443-449. west- und nordgermanisch s. Sonne

Westen

Substantiv Maskulinum Standardwortschatz (11. Jh.), mhd. westen m./n., ahd. westan m./n. Stammwort
Ursprünglich Richtungsadverb, wie as. westan, afr. west n., ae. westan, anord. vestan. Die Kurzform West taucht in der älteren Sprache nur in Zusammensetzungen auf (Westfalen), entspricht aber mndd. west, mndl. west, ae. west, anord. vestr. Außergermanisch vergleichbar sind Wörter für „Abend“, die aber nur im ersten Bestandteil übereinstimmen: gr. hésperos, l. vesper, air. fescor, kymr. ucher, akslav. veCeru, lit. vAkaras. „Abend“ und „Westen“ (als Richtung des Sonnenuntergangs) können leicht ineinander übergehen; aber die Bedeutung des gemeinsamen Vorderglieds ist unklar. Zu ig. *hwes- „sein, weilen, leben“ (Wesen) mit der Sonderbedeutung „ruhen“?
Ebenso nndl. westen, ne. west, nschw. väster, nisl. vestur; Vesper.
Schröder, H. GRM 17 (1929), 421-427;
Velten, H. V. JEGP 39 (1940), 443-449.

Nord

(als Substantiv meist Norden) Substantiv Maskulinum .Standardwortschatz (11. Jh., nordanonti 8. Jh.), mhd. norden n., ahd. nord m./n., as. north Stammwort.
Aus wg. *norTa-, auch in ae. norT, afr. north, teils als Substantiv (althochdeutsch), teils als Adverb (altenglisch, altsächsisch), teils beides (altfriesisch). Morphologisch abweichend von der gleichen Grundlage anord. nordr n., wieder anders mhd. norden n., ahd. nordan n. Zu einem Wort, das „unten“ und auch „links“ bedeutet, vgl. gr. éneroi Pl. „die Unteren, Unterirdischen“, gr. nérteros „unterer, unterirdisch“, umbr. nertru „links“, arm. nerk(in „der untere“, und vielleicht ai. naraka- „Hölle“, vielleicht weiter zu lit. nérti „untertauchen“. Die Sonne steht bei ihrem Höchststand im Mittag oder Süden; das Gegenstück ist entsprechend Mitternacht oder Norden. Im Süden ist sie „oben“, im Norden „unten“. Entsprechend ist, wenn sich der Seefahrer oder der Opfernde dem Morgenlicht im Osten zuwendet, der Norden links. Adjektiv: nördlich, in weiterentwickelter Bedeutung nordisch.
Schröder, H. GRM 17 (1929), 421-427;
Velten, H. V. JEGP 39 (1940), 443-449. west- und nordgermanisch_

Soweit ich sehe, gibt es keine Diskrepanzen in den Angaben.

Gruß Fritz

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Danke Rolf und Fritz,
offensichtlich wurden also die Namen der Zwerge in der jüngeren Saga von den
älteren Bezeichnungen für die Himmelsrichtungen abgeleitet, nicht umgekehrt.

Gruß, Michl