Napoleon

Hallo :smile:
Ich habe mal eine Frage zu Napoleon.
Mir ist klar geworden, dass Napoleon damals (nach der
Französischen Revolution) negativ zu den politischen Systemen
eingestellt war. Er war kein Freund der Republik und wollte eine
(Militär-)Diktatur einführen, weil er der Ansicht war, dass das
Volk einen Führer braucht. Erst recht nach dieser Schreckenszeit,
da die Franzosen vorher auch nichts anderes gewohnt waren und
sie in Folge der Revolution gesehen haben, dass es ohne König nicht
funktioniert.
Aber welche zentrale Rolle hat die Armee für Napoleon gespielt?

Zunächst mal war Napoleon Artillerieoffizier. Er stand der Armee deshalb schon von seiner Herkunft her nahe.

Außerdem war es nicht so, dass er ein Feind der Republik gewesen wäre; er war ein Feind der Schwächen der Republik, zu denen er sicher auch die Demokratie gezählt hätte. Er wollte vielmehr einen starken Staat unter einer starken Führung und hielt sich selbst für am befähigtsten, das zu gewährleisten. Dabei war ihm aber auch klar, dass er sich dabei auf bestimmte Machtmittel stützen musste (nach dem gelungenen Militärputsch am 18. Brumaire war dies vor allem die Polizei unter Joseph Fouché).

Die Armee war ein solches außenpolitisches Machtmittel; denn schon aufgrund ihrer Taktik und Kampfstärke war sie - jedenfalls bis in die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts hinein - den anderen europäischen Armeen überlegen. Folglich konnte Napoleon auch seine außenpolitischen Pläne auf den Machtfaktor Armee stützen und war damit bis zum Feldzug gegen Russland ja sogar sehr erfolgreich.

Servus,

dass Napoleon durchaus ein Freund der Republik war, ist eindrucksvoll daran zu ersehen, dass es ihm gelungen ist, das ganze feudale Geschwerl mitsamt den Pfaffenköniglein in weiten Teilen Europas so gründlich wegzuräumen, dass ein ganzes Jahrhundert Restauration im Anschluss nicht ausreichte, um diese Figuren wieder fest in ihre Throne zu heben.

Die territorialen Fantasien Napoleons ließen sich revidieren. Sein Code Civil nicht, und auch nicht sein Meter und sein Kilogramm, die seither den Unfug von Kurhessischem Lot, Rheinischer Elle, Korbacher Dreiviertelsfuß, Wackelsteiner Spanne, Tettnanger Zirne, Großschweidnitzer Stück, Oldenburgischem Pfund etc. ersetzen: Auch das war ein Stück Befreiung vom Feudalunwesen, das sich zur Gänze überlebt hatte und mit oder ohne Empereur der Republik Platz machen musste.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

Hallo,

wie bereits richtig erklärt wurde war Napoleon gar kein so großer Gegner der Republik. Zunächst sympathisierte er ja mit den Jakobinern, dann mit dem Direktorium, das er, als es „morsch“ war, 1799 durch einen Militärputsch (denn anders kann mans nicht nennen) durch das Triumvirat ersetzte, in dem er jedoch die leitende Rolle spielte und seine Machtposition dadurch auszubauen wusste, dass er die beiden anderen Triumviratsmitglieder gegeneinander ausspielte usw.

Die Armee spielt aber bei allem, was Napoleon tat und erreichte, die zentrale Rolle!

Napoleon war Artillerieoffizier und erlangte seine ersten Meriten durch die Rückeroberung von Toulon 1793 (das von gemäßigten Aufständischen und Britischen Expeditionstruppen okkupiert war).
Erstmalig richtiges Aufsehen erregte sein Italienfeldzug gegen Österreich in Oberitalien. Als nächstes führte er einen letztendlich erfolglosen Feldzug in Ägypten (1798) durch, wendete direkt danach den 2. Koalitionskrieg zugunsten Frankreichs (während seiner Abwesenheit standen die Dinge schlecht). Zu diesem Zeipunkt war allerdings seine Position noch alles andere als gefestigt.
Es folgten dann wieder Feldzüge nach Oberitalien und Deutschland. Die Ambition, England (als letzter verbliebener Kriegsgegner)durch Landung auszuschalten musste nach der französischen Niederlage bei Kap Trafalgar 1805 aufgegeben werden. Stattdessen wandte er seine Armee vom Lager von Boulogne nach Süddeutschland, um in der Schlacht von Ulm die Österreicher vernichtend zu schlagen. Die dritte Koalition konnte dann 1806 auf dem Feld bei Austerlitz aufgebrochen werden. Dieser triumphale Erfolg Napoleons brachte ihn auf den Zenit seiner Macht.

Denn tatsächlich gings eigentlich ab 1806/07 abwärts. Aber davon merkte man damals natürlich noch nichts.
Seine spektakulären Siege auf den Schlachtfeldern verhalfen Napoleon zu größtem Ruhm und ein halber Kontinent lag ihm praktisch zu füßen. Er hatte das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen, nach knapp 1000 Jahren Existenz, zerschlagen und eine Art Vasallenstaat in Deutschland geschaffen (den Rheinbund).
Außerdem konnte er die Kontinentalmacht Preußen 1807 zu einem äußerst erniedrigenden Frieden zwingen, der Preußen harte Bedingungen auferlegte und es als Machtfaktor faktisch ausschaltete.

Die Okkupation Spaniens 1808 ging schrecklich nach hinten los, sein Bruder wurde als König von Spanien vertrieben und es kam zu einer NAtionalen Erhebung, die durch den „Kleinkrieg“ (Guerilla) große französische Truppenverbände abnutzte und somit einen Teil der französischen Armee auf Jahre hinweg band und verbrauchte.

In dieser Zeit sind auch schon erste kritische stimmen zu hören.
Als dann 1812 der Russlandfeldzug begann, begaben sich über 600.000 Soldaten (die „Grande Armee“) auf den Weg nach Russland. Napoleon hatte aber einen typischen Fehler begangen und das Klima ignoriert (dieser Fehler schlug auch schon in Ägypten zu Buche). Die Russen zogen sich in die Weite des Raumes zurück und die französische Armee konnte ihr System der Requirierungen nicht aufrecht erhaltne - es gab einfach nichts zu essen.

Die Folgen sind bekannt: von über 600.000 Soldaten überschritten nur wenige tausend die Memel in Ostpreußen. Das Preußische Hilfskorps von Yorck spaltete sich sofort ab und verbündete sich mit den Russen. Die Befreiungskriege hatten begonnen.

In Paris war die Stimmung nun schon recht schlecht und Napoleon musste ernsthaft um seine Stellung fürchten. Nach der Niederlage in Leipzig im Okt. 1813 sowie den folgenden militärischen Schlappen war das Ende abzusehen. Die Übermacht der modernisierten Armeen der Alliierten, die nun nichtmehr Söldnerheere, sondern Bürgerheere nationalen Charakters waren, wurde immer größer während der Rückhalt Napoleons mit jeder Niederlange sank.
1814 dann wurde Paris erobert und Napoleon vertrieben. Zwar kehrte er 1815 nochmal zurück, musste aber in der SChlacht von Waterloo gegen Wellington und Blücher sich geschlagen geben. Damit war Napoleons Karriere endgültig besiegelt.

MAn sieht also, dass der Aufstieg Napoleons ausschließlich an seine militärischen Erfolge geknüpft war. Militärische Siege sicherten ihm den Machterhalt.
Das bedeutete aber auch, dass er ständig neue Kriege führen musste, um seine Position zu erhalten.

Es stellt sich die berechtigte Frage, ob die paar Errungenschaften, der Code Civil, das metrische System und die territoriale Reorganisation Deutschlands die Millionen*) von Toten, Verwundeten und Verkrüppelten es wert waren. Der Machthunger eines Mannes hatte Millionen von Menschen das Leben und die Gesundheit gekostet - und dennoch ist es heute ganz modern, ihn als einen Sohn des Lichtes zu feiern. Das ist in meinen Augen eine widerwärtige Verachtung der Opfer, mit denen diese „Errungenschaften“ erkauft wurden.