Narzissmus und Alter/Demenz

Hallo miteinander,

meine Mutter ist vermutlich ein Narziss. Ich weiß, Laien können nicht diagnostizieren, aber ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dem Thema, und alles, was ich jemals darüber gelesen habe, beschreibt erschreckend genau meine Mutter. Nehmt das also bitte so als „Beschreibung“.

Sie ist Mitte 60, hat keine Berufsausbildung, hat sehr früh geheiratet und als „Grundstock“ von ihren Eltern ein erhebliches Vermögen erhalten. Mein Vater hat sich selbständig gemacht und war ein sehr erfolgreicher Unternehmer. Dadurch kam es, dass sie nie in ihrem Leben gearbeitet hat, sondern der Typ „Zahnarztgattin“ war. Sie dirigierte das Hauspersonal und kaufte Boutiquen leer. Zu Geschäftsessen durfte sie dann als Beiwerk mit und glänzte mit ihren „originellen“ und „frechen“ Beiträgen. Geldsorgen gab es nicht, alles war immer vom allerfeinsten.

Freunde oder auch nur nette Bekanntschaften hatten meine Eltern nie. Alle Kontakte, die meine Mutter jemals hatte, waren Menschen, die finanziell von ihr abhängig waren - die Putzfrauen, die Angestellten meines Vaters, Mieter. Daher hat auch nie jemand ihr Contra gegeben, alle haben immer brav genickt.

Nun beobachte ich seit einiger Zeit - ich kann gar nicht genau sagen, seit wann - dass meine Mutter immer seltsamer wird. Erstmals gesteht mein Vater auch ganz vorsichtig und mit allerlei „Erklärungen“ (Schlafmangel, Stress ???), dass meine Mutter teilweise vergißt, über welches Thema man gerade spricht, immer mal wieder abwesend wirkt und teilweise nachts ruhelos ist. Ich bemerke, dass ihre Weltsicht nicht mehr nur „eigenwillig“ ist, sondern immer mehr abdriftet. Nun mag ich ja emotional vorbelastet sein, aber auch mein Mann (wir sind seit 24 Jahren zusammen, er kennt sie also gut) findet nun einiges nicht mehr im grünen Bereich.

Gleichzeitig finde ich, dass sie immer aggressiver wird. An Ostern waren wir zusammen im Restaurant, und mein Vater hat mehrmals ganz verzweifelt das Thema gewechselt und uns wilde Grimassen gezeigt, weil sie sich plötzlich und unerwartet aufgeregt hat und immer lauter wurde. Dabei ging es übrigens um total harmlose Sachen (wie z.B., ob wir nahe genug am Fenster sitzen).

Mein Mann und ich haben uns immer bemüht, ein wenigstens ordentliches Verhältnis zu erhalten. Als die Kinder geboren sind, haben wir immer wieder angeboten, dass meine Eltern uns besuchen können, oder mal spazierengehen oder eben Dinge, die andere Großeltern mit ihren Enkeln erleben. Betreuung war nie ein Thema, zumal meine Mutter anfangs nicht einmal mit „Oma“ angesprochen werden wollte - wirkt „alt“. Aber wir konnten es ihr nie rechtmachen. Sie wollte immer bestimmen, wann wir zu kommen hatten, und zwar niemals ein oder zwei Tage vorher, sondern „nachher“ (Fahrtzeit ca. 15 Minuten). Wenn dann ein Kind gerade Mittagschlaf hielt, war das sofort wieder ein Zeichen, dass WIR unfelxibel sind. Sie hat mich einmal sogar telefonisch angemacht, dass ich „immer“ stille, wenn sie anruft - kann ja wohl nicht sein, man könnte ja auch mal auf SIE Rücksicht nehmen.

Das ist auch heute noch so, die Kinder sind zwischen 9 und 14, und kürzlich war sie beleidigt, dass wir sie nicht so an ihrem Geburtstag besuchen konnten, wie es ihr passte. Die Kinder hatten teilweise Mittagschule, das passte nicht in ihren Zeitplan, da sollten wir dann lieber nicht kommen. Muss man nicht verstehen, denke ich.

Mein Eindruck ist, dass ich irgendwie eine ständige Provokation für sie bin, weil ich wohl so lebe, wie sie nie gelebt hat. Wir haben ein liebevolles Verhältnis zu unseren Kindern, haben langjährige Freunde, verdienen eigentlich nicht schlecht . An diesem Punkt giftet sie gerne, denn wir kommen niemals an ihre ererbten Dimensionen heran, das geht nur mit Arbeit nicht. Deshalb lästert sie über unsere nicht standesgemäßen Möbel, sagt mir, dass ich dringend mal wieder Klamotten kaufen soll, und ähnliches. Über Freunde hat sie eine klare Meinung: die nutzen einen sowieso nur aus. Kinder sind heutzutage alle ungezogene Amokläufer, ihre eigenen Enkel sind ja nicht zum Geburtstag gekommen. Und so weiter…

Es ist fast nicht mehr möglich, auch nur ein paar Minuten mit ihr zu reden, ohne dass sie ausfallend wird.

Seht ihr Anzeichen von Demenz ? Wird ihr Zustand gerade vor dem Hintergrund ihrer bisherigen schwierigen Art weiterhin und noch mehr in Richtung Aggressivität driften ?

Was kann ich tun, um mich und zunehmend auch meine Kinder vor ihr zu schützen ? Wir telefonieren ca. alle 2 Wochen und sehen uns ca. 4 x pro Jahr - eine weitere Reduzierung wäre eigentlich ein Kontaktabbruch.

Macht es irgend einen Sinn, ihr mal Contra zu geben ? Das hat ja bisher schon nicht geklappt, ihre Meinung ist immer richtig, und im Zweifelsfall bin ich sowieso nur die ungehorsame Tochter.

Kann ich meinen Vater irgendwie unterstützen ? Er ist komplett alleine, zu seiner Verwandtschaft besteht kaum Kontakt, dafür hat meine Mutter schon gesorgt. Ich weiß aber, dass meine Tante, seine Schwester, ihm sofort helfen würde, aber wenn sie ins Haus kommt, dreht meine Mutter durch.

Fällt euch sonst noch etwas ein ? Sorry, weil es so lang ist. Mir graut so sehr vor dem, was da noch kommt :frowning:

Viele Grüße
Insel

Guten Tag Insel,

ich möchte nicht mit dem Spruch kommen vom Esel, der aufs Eis geht, wenn es ihm viel zu wohl geht.

Besteht die Möglichkeit, dass deine Mutter sich durch Krankheit oder Medikamentenmissbrauch so stark verändert hat? Geschah die Veränderung plötzlich oder nach und nach? Hat sich im Leben deiner Mutter etwas verändert? Ist der Vater mittlerweile in Pension? Unerwartete finanzielle Einbrüche, nachdem es so lange eigentlich fast schon zu gut ging?

Wenn ich das richtig mitbekomme, meidet ihr ohnehin schon jeden „unnötigen“ Kontakt zur Mutter, da könnt ihr euch kaum noch weniger blicken bzw. etwas von euch hören lassen. Zudem würde darunter der Vater leiden.

Hast du die Möglichkeit, die Schwester des Vaters zu bitten, sich einmal direkt mit ihm in Verbindung zu setzen? Vielleicht eine Einladung an ihn (ohne die Mutter) aussprechen, dass der Mann mal von zu Hause fortkommt und offen mit seiner Schwester sprechen kann?

Ob man einen Menschen, der es praktisch von klein an gewöhnt ist, dass sich die Welt um ihn dreht, noch dazu bringen kann, ein anderes Verhalten an den Tag zu legen, glaube ich nicht so recht. Ihr werdet für euch so leben müssen, dass die Mutter möglichst wenig Möglichkeit hat, euer Leben negativ zu beeinflussen. Ich denke da auch an die Kinder, denn die dürfen da erst gar nicht mit reingezogen werden. Die Oma ist zwar die Oma - aber niemand, dessen Launen man sich zu beugen hat.

Sprich doch am besten selber mal mit deiner Tante über das Problem. Vielleicht weiß sie eine Lösung.

Liebe Grüße
Hagazussa

Hallo Hagazussa,

danke für deine Antwort.

Eine körperliche Krankheit scheidet bei meiner Mutter eigentlich aus, sie geht bei jedem Niesen zum Arzt. Veränderungen gab es lediglich dahingehend, dass mein Vater nur noch zum Spaß arbeitet. Finanziell ist alles bestens, davon kann man nur träumen.

Wenn ich das richtig mitbekomme, meidet ihr ohnehin schon
jeden „unnötigen“ Kontakt zur Mutter, da könnt ihr euch kaum
noch weniger blicken bzw. etwas von euch hören lassen. Zudem
würde darunter der Vater leiden.

Stimmt genau. Mein Vater hat eigentlich nur noch zu mir Kontakt, mein jüngerer, alleinstehender Bruder hat sich auch weitgehend zurückgezogen.

Hast du die Möglichkeit, die Schwester des Vaters zu bitten,
sich einmal direkt mit ihm in Verbindung zu setzen? Vielleicht
eine Einladung an ihn (ohne die Mutter) aussprechen, dass der
Mann mal von zu Hause fortkommt und offen mit seiner Schwester
sprechen kann?

Mein Vater „darf“ nicht mit meiner Tante reden, wenn, dann telefonieren sie nur heimlich. Alleine aus dem Haus gehen geht auch nicht offiziell, wenn, dann muss er geschäftliche Termine vorschieben. Meine Tante ist schon ganz verzweifelt deshalb. Hört sich alles ziemlich krank an, ich weiß, ist aber so.

Ob man einen Menschen, der es praktisch von klein an gewöhnt
ist, dass sich die Welt um ihn dreht, noch dazu bringen kann,
ein anderes Verhalten an den Tag zu legen, glaube ich nicht so
recht. Ihr werdet für euch so leben müssen, dass die Mutter
möglichst wenig Möglichkeit hat, euer Leben negativ zu
beeinflussen. Ich denke da auch an die Kinder, denn die dürfen
da erst gar nicht mit reingezogen werden. Die Oma ist zwar die
Oma - aber niemand, dessen Launen man sich zu beugen hat.

Hast wohl recht *seufz*. Die Kinder waren schon irritiert, als sie sie wegen des Nichtbesuchs am Geburtstag angegangen ist, dabei können sie ja nichts für ihren Stundenplan, und SIE wollte sich dem nicht „unterordnen“.

Ich sehe trotzdem viele Probleme kommen, denn noch ist sie „nur“ komisch, aber sie verändert sich gerade so schnell, dass man mit allem rechnen muss :frowning:

Viele Grüße
Insel

Guten Morgen!
Klingt ziemlich schwierig die Sache mit deiner Mutter. Die Ursache für ihr derzeitiges Verhalten liegt sehr viel früher begründet. Interresant wäre es mal, das Verhältnis deiner Mutter zur Ihrer Mutter zu durchleuchten. Man findet da ganz gute Anhaltspunkte für die momentane Situation.
Die Dominanz deiner Mutter hat eure ganze Familie geprägt. Den Kontaktmangel habt ihr als Lebensstrategie gewählt. Anscheinend ist das auch euer Punkt der Unzufriedenheit.
Einen Vorschlag hätte ich zu machen, den ich selber ganz erfolgreich bei meiner eigenen Familiengeschichte durchgeführt habe.
Ich habe eine Familienaufstellung über mehrere einschneidende Ereignisse machen lassen.
Die Erkenntnis daraus hat mich in meiner persönlichen Entwicklung sehr weit gebracht. Ich seheh mache Dinge bei mir und meinen Eltern viel klarer und verständlicher.
Gruß

Guten Morgen,

ich wollte nochmals auf den Gesundheitszustand der Mutter zurückkommen. Wenn die Veränderungen plötzlich und sehr schnell eingetreten sind, kann eine Erkrankung nicht ausgeschlossen werden. Besteht u. U. die Möglichkeit, dass sie einen leichten Schlaganfall hatte, der unbemerkt blieb? Wer wegen jedem Wehwechen zum Arzt läuft, spricht womöglich nicht über ernstere Sachen oder solche, die nicht in sein Weltbild passen. Die Mutter ist es gewöhnt, dass sich alles nach ihren Wünschen richtet, was nicht reinpasst, wird ignoriert. Da sollte vielleicht einmal der Vater selber mit dem Arzt sprechen; der ist womöglich ahnungslos, weil seine Patientin ihn bewusst oder unbewusst anschummelt.

Liebe Grüße
Hagazussa

Hallo,

meine Mutter ist vermutlich ein Narziss. Ich weiß, Laien
können nicht diagnostizieren, aber ich beschäftige mich seit
vielen Jahren mit dem Thema, und alles, was ich jemals darüber
gelesen habe, beschreibt erschreckend genau meine Mutter.

Naja, es ist in der Regel auch so, dass „Laien“ sich mit Diagnosen schwer tun, und zwar aus folgendem Grund: Ihnen fehlt der praktische Einblick.

Lesen bildet zwar, aber es macht einen Unterschied nur in einem Buch über etwas zu lesen oder eine narzistische Persönlichkeitsstörung einmal „in Echt“ zu erleben. Zudem ist die Anwendung objektiver Kriterien innerhalb der Diagnostik ebenfalls etwas, was i.d.R. nur Experten anwenden können. Dies fehlt bei Dir ja völlig - weswegen ich vorsichtig wäre vorschnell zu einem Etikett zu greifen.

Zu der Symptomschilderung:

Nun beobachte ich seit einiger Zeit - ich kann gar nicht genau
sagen, seit wann - dass meine Mutter immer seltsamer wird.
Erstmals gesteht mein Vater auch ganz vorsichtig und mit
allerlei „Erklärungen“ (Schlafmangel, Stress ???), dass meine
Mutter teilweise vergißt, über welches Thema man gerade
spricht, immer mal wieder abwesend wirkt und teilweise nachts
ruhelos ist. Ich bemerke, dass ihre Weltsicht nicht mehr nur
„eigenwillig“ ist, sondern immer mehr abdriftet. Nun mag ich
ja emotional vorbelastet sein, aber auch mein Mann (wir sind
seit 24 Jahren zusammen, er kennt sie also gut) findet nun
einiges nicht mehr im grünen Bereich.

Dafür kann es ganz unterschiedliche Erklärungen geben.

Natürlich eben einfach was da steht, nämlich erst einmal „Stress“ (der entsteht ja nicht nur durch Über- sondern auch Unterforderung).

Als nächstes fallen natürlich depressive Symptome ins Auge - wobei hier die Schnittmenge zu demenziellen Erkrankungen sehr groß ist und nur eine umfangreiche neuropsychologische Untersuchung sicher zwischen beidem trennen kann.

Vielleicht wäre für Deine Mutter ein Besuch bei einem Neurologen angezeigt - wobei die Schlafstörungen doch ein guter Aufhänger sind, falls sie sich scheut zum Arzt zu gehen.

Was aber doch auch ins Auge fällt:

Dadurch
kam es, dass sie nie in ihrem Leben gearbeitet hat, sondern
der Typ „Zahnarztgattin“ war. Sie dirigierte das Hauspersonal
und kaufte Boutiquen leer.

Daher hat
auch nie jemand ihr Contra gegeben, alle haben immer brav
genickt.

Mein Eindruck ist, dass ich irgendwie eine ständige
Provokation für sie bin, weil ich wohl so lebe, wie sie nie
gelebt hat.

Das Verhältnis Mutter-Tochter kann auch immer ein ganz besonders schwieriges sein.

Gerade in höher gebildeten Schichten kann es ein großes Problem werden, wenn Frauen sich nur dem Haushalt gewidmet haben. Dort wo bei vielen Menschen erst bei Renteneintritt sich plötzlich ein Loch auftun kann, beginnt dies hier schon zu dem Zeitpunkt, wo die Kinder aus dem Haus sind.

Wenn Du als Tochter auch noch einen ganz anderen Weg als Deine Mutter gehst, so ist das zusätzlich für sie erst einmal schwierig zu verstehen - vor allem wenn es von den persönlichen Wünschen abweichen sollte, die sie selber für Dich hatte.

Eine Sinnfrage kann sich auftun, und wenn zusätzlich noch nie eine Veranlassung zur Übernahme von persönlicher Verantwortung außerhalb der Kindeserziehung bestanden hat (weil genügend Geld dagewesen ist) und es andere Dinge (sinnvolle Aufgaben), welche unser Selbstbild ausmachen oder stärken, ebenfalls nie vorhanden gewesen sind, so ist eine Entwicklung wie Du sie schreibst doch nicht unverständlich?

Das einzige Projekt „Kindererziehung“ ist nicht so gelaufen wie man sich das vorgestellt hat (läuft es nie, wenn man sich denn eine Vorstellung davon macht, wie der kleine Mensch später einmal werden soll bzw. zu werden hat…), und andere Projekte (z.B. gesellschaftliches, kulturelles oder gemeinnütziges Engagement) gibt es nicht.

Das kann dann doch dann eine bittere Bilanz sein.

Gleichzeitig finde ich, dass sie immer aggressiver wird. An
Ostern waren wir zusammen im Restaurant, und mein Vater hat
mehrmals ganz verzweifelt das Thema gewechselt und uns wilde
Grimassen gezeigt, weil sie sich plötzlich und unerwartet
aufgeregt hat und immer lauter wurde. Dabei ging es übrigens
um total harmlose Sachen (wie z.B., ob wir nahe genug am
Fenster sitzen).

Vielleicht fühlt sie sich nicht gesehen? Die „harmlosen Sachen“ sind vielleicht diejenigen Sachen, um die sie sich in der Hauptsache immer für andere ihr Leben lang gekümmert hatte?

Mein Mann und ich haben uns immer bemüht, ein wenigstens
ordentliches Verhältnis zu erhalten. Als die Kinder geboren
sind, haben wir immer wieder angeboten, dass meine Eltern uns
besuchen können, oder mal spazierengehen oder eben Dinge, die
andere Großeltern mit ihren Enkeln erleben. Betreuung war nie
ein Thema, zumal meine Mutter anfangs nicht einmal mit „Oma“
angesprochen werden wollte - wirkt „alt“. Aber wir konnten es
ihr nie rechtmachen. Sie wollte immer bestimmen, wann wir zu
kommen hatten, und zwar niemals ein oder zwei Tage vorher,
sondern „nachher“ (Fahrtzeit ca. 15 Minuten). Wenn dann ein
Kind gerade Mittagschlaf hielt, war das sofort wieder ein
Zeichen, dass WIR unfelxibel sind. Sie hat mich einmal sogar
telefonisch angemacht, dass ich „immer“ stille, wenn sie
anruft - kann ja wohl nicht sein, man könnte ja auch mal auf
SIE Rücksicht nehmen.

Alle haben einen Terminkalender, Deine Mutter vielleicht einen mit nicht so wirklich großen Verpflichtungen. Vielleicht fühlt sie sich nicht Ernst genommen?

Das ist auch heute noch so, die Kinder sind zwischen 9 und 14,
und kürzlich war sie beleidigt, dass wir sie nicht so an ihrem
Geburtstag besuchen konnten, wie es ihr passte. Die Kinder
hatten teilweise Mittagschule, das passte nicht in ihren
Zeitplan, da sollten wir dann lieber nicht kommen. Muss man
nicht verstehen, denke ich.

Naja, sie zeigt doch, dass sie auch einen Zeitplan hat. Und wenn den schon niemand anders ernst nehmen kann (mir würde es auch schwer fallen), so macht sie das eben.

Wir haben ein liebevolles Verhältnis zu unseren
Kindern, haben langjährige Freunde, verdienen eigentlich nicht
schlecht . An diesem Punkt giftet sie gerne, denn wir kommen
niemals an ihre ererbten Dimensionen heran, das geht nur mit
Arbeit nicht.

Wenn sie giftet, dann ist sie hier getroffen (s.o.). Vielleicht ist ihre Bilanz ja, dass sie nie an Deine Dimensionen herangekommen ist (Kinder, Freunde, Ausbildung, Beruf etc).

Deshalb lästert sie über unsere nicht
standesgemäßen Möbel, sagt mir, dass ich dringend mal wieder
Klamotten kaufen soll, und ähnliches. Über Freunde hat sie
eine klare Meinung: die nutzen einen sowieso nur aus. Kinder
sind heutzutage alle ungezogene Amokläufer, ihre eigenen Enkel
sind ja nicht zum Geburtstag gekommen. Und so weiter…

Mit Deinem Erfolg wankt ihr Weltbild. Wie soll sie dieses Dilemma anders lösen? Das ist doch eine günstige Strategie, Eueren Besuch zu ihrem Geburtstag zu verhindern und Euch hinterher den schwarzen Peter zuzuschanzen.

Es ist fast nicht mehr möglich, auch nur ein paar Minuten mit
ihr zu reden, ohne dass sie ausfallend wird.

Seht ihr Anzeichen von Demenz ? Wird ihr Zustand gerade vor
dem Hintergrund ihrer bisherigen schwierigen Art weiterhin und
noch mehr in Richtung Aggressivität driften ?

In erster Linie sehe ich ein ungeklärtes Familienverhältnis mit tief sitzender Unzufriedenheit vor allem auf der einen Seite.

Vielleicht sollte hier einmal ein offenes Gespräch gesucht werden. Leider ist ein weiteres Problem, welches sich in der ungünstigen Konstellation in den Verhältnissen Deiner Mutter zeigen kann, nicht selten ein wenig offenes Verhältnis zu seiner Umwelt, sprich: über Probleme spricht man nicht.

Was kann ich tun, um mich und zunehmend auch meine Kinder vor
ihr zu schützen ? Wir telefonieren ca. alle 2 Wochen und sehen
uns ca. 4 x pro Jahr - eine weitere Reduzierung wäre
eigentlich ein Kontaktabbruch.

Eine Abklärung durch einen Arzt bezüglich der geschilderten möglichen Symptomatik wäre sinnvoll. Eine Persönlichkeitsstörung kann vorliegen, hat in diesem Falle dann mit Sicherheit eine ungünstige Prognose. Falls Leidensdruck bei Deiner Mutter besteht, kann eine Psychotherapie hilfreich sein.

Ein offenes Gespräch ist mit Sicherheit sinnvoll. Wenn es nicht möglich ist, dann muss Du entscheiden: ist es erträglich die Launen Deiner Mutter mitzumachen oder distanzierst Du Dich? Ein Kontakt wird in der vorliegenden Konstellation u.U. unmöglich werden, darauf solltest Du vorbereitet sein.

Lieben Gruß & alles Gute,
Patrick

hallo insel,

meine meinung ist da vielleicht ein bisschen radikal, aber wie wäre es denn mal mit ein bisschen egoismus ?
ich meine damit :
was wünscht DU dir von deiner mutter?
warum hälst du kontakt zu ihr?

diagnostik von persönlichkeitsstörungen funktioniert größtenteils über die gegenübertragung. das heißt: wenn du dich auf das konzentrierst, was du gegenüber deiner mutter fühlst, kommst du automatisch der wahrheit über deine mutter näher.

ich rede jetzt ins blaue, weil ich dich nicht kenne.
WENN deine mutter narzisstisch ist, dann hat sie ein größenselbst (per definitionem).
wenn du also die tochter einer narzisstin bist, dann stellt sich die frage, ob du dich von dem größenselbst (=„ich bin so genial. ich bin die große herrscherin“) und dem entwerteten selbst (= „ich bin grottendoof. ich hab noch nicht mal was gearbeitet, das muss ja heißen, dass ich nichts kann“) deiner mutter abgelöst hast.
das kannst du überprüfen, indem du dich fragst, ob du dazu neigst, deine mutter als nur doof oder insgeheim als genial zu betrachten (was schwer ist, weil spätestens da die abwehr schaltet).
das ziel ist also ein integriertes bild von deiner mutter als eine frau mit guten und schlechten eigenschaften.
narzissten hilft man nämlich, indem man ein deutlich weniger gespaltenes bild von ihnen hat, als sie es von sich selbst haben. das impliziert, dass man bei sich selbst anfangen muss:
was bewunderst du an deiner mutter ? wo entwertest du sie ?
mit anderen worten : wo machst du mit deiner mutter das , was deine mutter mit sich selbst macht ?

dein name verrät, du bist eine insel. vielleicht reicht es auch zur lösung des problems, zu überlegen, wen du auf deine insel einladen willst.
man muss niemandem helfen, nur weil er die eigene mutter ist. diese freiheit sollte man sich schenken.

liebe grüße
femme_revoltee

Falscher Ansprechpartner…
Hallo,

das Verhältnis zu meiner Mutter ist sehr gut. Narzistische Tendenzen kann ich keine erkennen.

Von projektiven Verfahren zur Psychodiagnostik halte ich leider nicht ganz so viel - da ich schon viel in dem Bereich gearbeitet habe, stehen mir hier zudem ganz andere Möglichkeiten einer objektivierbaren Diagnostik zur Verfügung.

Aber vielleicht meintest Du mich auch gar nicht?

Lieben Gruß
Patrick

P.S.: Niemand ist eine Insel. Aber mein Name ist nicht „Nobody“…

Hallo,

danke für deine Ausführungen.

Ich habe mein Verhältnis zu meiner Mutter schon lange einigermaßen geklärt, übrigens mit psychologischer Unterstützung. Waren nur wenige Gespräche, hat aber gereicht.

Meine jetzige Frage geht mehr dahin, dass ich befürchte, ein schon immer schwieriger und eher streitsüchtiger Mensch wird aufgrund einer möglichen Demenzerkrankung noch aggressiver. Dann müßte ich beispielsweise den Kontakt zu meinen Kindern komplett unterbinden, denn schon jetzt ist manchmal grenzwertig, was sie ihnen gegenüber von sich gibt.

Ich erwarte von meiner Mutter für MICH gar nichts mehr, schon lange nicht. Sie lebt letzten Endes in ihrem eigenen Gefängnis, völlig egal, was für ein Ergebnis eine Diagnostik nun hätte.

Aber da ist noch mein völlig isolierter Vater, der zunehmend überfordert ist. Ihn möchte ich trotz allem nicht alleine lassen.

dein name verrät, du bist eine insel. vielleicht reicht es
auch zur lösung des problems, zu überlegen, wen du auf deine
insel einladen willst.

Entschuldige bitte, aber ich habe herzlich gelacht. Mein Nick bezieht sich auf ein Ereignis in meinem Leben, ich bin wirklich keine Insel :wink:

man muss niemandem helfen, nur weil er die eigene mutter ist.
diese freiheit sollte man sich schenken.

Wie gesagt, dass ich IHR nicht helfen kann, weiß ich. Ich kann nur meinen Vater unterstützen und ihr vielleicht noch zeitweise pflegerisch EIN WENIG helfen, aber wirklich nur minimal.

Liebe Grüße
Insel

Hallo Patrick,

danke für deine Antwort.

Naja, es ist in der Regel auch so, dass „Laien“ sich mit
Diagnosen schwer tun, und zwar aus folgendem Grund: Ihnen
fehlt der praktische Einblick.

Ich habe auf ganz anderer Ebene und zu anderen Themen viel mit Psychologen zu tun, daher weiß ich, dass nur Fachleute eine seriöse Diagnose stellen können. Habe ich ja auch entsprechend formuliert. Die „Arbeitshypothese“ Narzissmus sollte im Prinzip eine Art Kurzbeschreibung für die Fachleute hier sein.

Dafür kann es ganz unterschiedliche Erklärungen geben.

Natürlich eben einfach was da steht, nämlich erst einmal
„Stress“ (der entsteht ja nicht nur durch Über- sondern auch
Unterforderung).

An Unterforderung dachte ich auch schon, aber in dieser Richtung hat sich nichts geändert, sie hatte auch früher keinerlei Aufgaben. Es gab Personal, sie hatte wirklich nichts zu leisten.

Als nächstes fallen natürlich depressive Symptome ins Auge -
wobei hier die Schnittmenge zu demenziellen Erkrankungen sehr
groß ist und nur eine umfangreiche neuropsychologische
Untersuchung sicher zwischen beidem trennen kann.

An Depressionen dachte ich auch schon.

Vielleicht wäre für Deine Mutter ein Besuch bei einem
Neurologen angezeigt - wobei die Schlafstörungen doch ein
guter Aufhänger sind, falls sie sich scheut zum Arzt zu gehen.

Vielleicht kann ich meinen Vater dazu bringen, dass er mit ihr hingeht (sie selbst geht und ging zwar oft zum Arzt, aber immer nur mit meinem Vater zusammen - war auch früher möglich, weil er selbständig war).

Was aber doch auch ins Auge fällt:

Dadurch
kam es, dass sie nie in ihrem Leben gearbeitet hat, sondern
der Typ „Zahnarztgattin“ war. Sie dirigierte das Hauspersonal
und kaufte Boutiquen leer.

Daher hat
auch nie jemand ihr Contra gegeben, alle haben immer brav
genickt.

Mein Eindruck ist, dass ich irgendwie eine ständige
Provokation für sie bin, weil ich wohl so lebe, wie sie nie
gelebt hat.

Das Verhältnis Mutter-Tochter kann auch immer ein ganz
besonders schwieriges sein.

Ich weiß :frowning:. Allerdings habe ich mein Verhältnis zu ihr mit psychologischer Hilfe weitgehend geklärt. Ich weiß, dass sie sich nie ändern wird, und dass ich mich nur distanzieren kann, auch wenn es manchmal weh tut.

Gerade in höher gebildeten Schichten kann es ein großes
Problem werden, wenn Frauen sich nur dem Haushalt gewidmet
haben. Dort wo bei vielen Menschen erst bei Renteneintritt
sich plötzlich ein Loch auftun kann, beginnt dies hier schon
zu dem Zeitpunkt, wo die Kinder aus dem Haus sind.

Mein Vater hat viel von daheim aus gearbeitet, konnte sich trotz aller Arbeitsbelastung sehr viel um sie kümmern, da hat sich auch jetzt nichts geändert. Ihre Kinder (mein Bruder und ich) sind schon sehr lange aus dem Haus, schon seit rund 15 Jahren. Zudem hat sie sich ganz offiziell („Ich bin Frau, nicht Mutter“) nie mütterlich gefühlt und im Prinzip keine Kindererziehung geleistet (war nie auf Elternabenden, kaum gemeinsame Mahlzeiten, keine Nähe).

Wenn Du als Tochter auch noch einen ganz anderen Weg als Deine
Mutter gehst, so ist das zusätzlich für sie erst einmal
schwierig zu verstehen - vor allem wenn es von den
persönlichen Wünschen abweichen sollte, die sie selber für
Dich hatte.

Stimmt. Ihre Pläne für mich waren ein Leben als Zahnarztgattin, sie findet, wenn ich den richtigen Mann geheiratet und weniger Kinder bekommen hätte, dann wäre ich entspannter und reicher und „müßte“ nicht arbeiten (ich bin selbständig und ganz zufrieden mit meinem beruflichen Werdegang).

Eine Sinnfrage kann sich auftun, und wenn zusätzlich noch nie
eine Veranlassung zur Übernahme von persönlicher Verantwortung
außerhalb der Kindeserziehung bestanden hat (weil genügend
Geld dagewesen ist) und es andere Dinge (sinnvolle Aufgaben),
welche unser Selbstbild ausmachen oder stärken, ebenfalls nie
vorhanden gewesen sind, so ist eine Entwicklung wie Du sie
schreibst doch nicht unverständlich?

Na ja, das ist ja Dauerzustand, aber jetzt gibt es eben sehr auffällige Einbrüche.

Das einzige Projekt „Kindererziehung“ ist nicht so gelaufen
wie man sich das vorgestellt hat (läuft es nie, wenn man sich
denn eine Vorstellung davon macht, wie der kleine Mensch
später einmal werden soll bzw. zu werden hat…), und andere
Projekte (z.B. gesellschaftliches, kulturelles oder
gemeinnütziges Engagement) gibt es nicht.

Kindererziehung war nie wirklich ihr Projekt, sie hat von Kindern ungefähr so eine Vorstellung wie von Schoßhündchen: sollen schweigend und nett und dekorativ auf dem Sofa sitzen :wink: Ich weiß aus ihren Erzählungen und den Geschichten aus der Verwandtschaft, dass sie schon beim ersten Kind (mir *g*) vollkommen planlos und überfordert war (hat vergessen, zu füttern und sowas).

Das kann dann doch dann eine bittere Bilanz sein.

Ja, und sie tut mir ehrlich leid.

Alle haben einen Terminkalender, Deine Mutter vielleicht einen
mit nicht so wirklich großen Verpflichtungen. Vielleicht fühlt
sie sich nicht Ernst genommen?

Sie hat eben gar keine Termine, sondern erwartet, dass alles dann passiert, wenn sie spontan Lust hat. Geht auch bei Friseurterminen u.ä. so (Dauergejammere, dass das NIE klappt).

Das ist auch heute noch so, die Kinder sind zwischen 9 und 14,
und kürzlich war sie beleidigt, dass wir sie nicht so an ihrem
Geburtstag besuchen konnten, wie es ihr passte. Die Kinder
hatten teilweise Mittagschule, das passte nicht in ihren
Zeitplan, da sollten wir dann lieber nicht kommen. Muss man
nicht verstehen, denke ich.

Naja, sie zeigt doch, dass sie auch einen Zeitplan hat. Und
wenn den schon niemand anders ernst nehmen kann (mir würde es
auch schwer fallen), so macht sie das eben.

Nein, es gab keine Gäste (außer mir kommt nur noch mein Single-Bruder ins Haus), keinen Zeitplan. Sie weiß nur immer nie, wie ihr Befinden in 3 Stunden ist und weigert sich daher, irgend etwas zu planen. Hat ja auch immer geklappt.

Mit Deinem Erfolg wankt ihr Weltbild. Wie soll sie dieses
Dilemma anders lösen? Das ist doch eine günstige Strategie,
Eueren Besuch zu ihrem Geburtstag zu verhindern und Euch
hinterher den schwarzen Peter zuzuschanzen.

Stimmt auch wieder :wink:

In erster Linie sehe ich ein ungeklärtes Familienverhältnis
mit tief sitzender Unzufriedenheit vor allem auf der einen
Seite.

Vielleicht sollte hier einmal ein offenes Gespräch gesucht
werden. Leider ist ein weiteres Problem, welches sich in der
ungünstigen Konstellation in den Verhältnissen Deiner Mutter
zeigen kann, nicht selten ein wenig offenes Verhältnis zu
seiner Umwelt, sprich: über Probleme spricht man nicht.

ICH führe keine klärenden Gespräche mit meiner Mutter mehr. Das ist schlicht nicht möglich, diese Jahre habe ich hinter mir. Es eskaliert wirklich schon nach 5 Minuten, wenn sie Streit anfängt, ob meine Aussage „Schönes Wetter heute“ so gemeint ist, dass ich ihr indirekt etwas vorwerfen möchte. Sie ist in irgend etwas gefangen, und ich tue es mir nicht mehr an, dass ich ihre Aggressionen auffange.

Was kann ich tun, um mich und zunehmend auch meine Kinder vor
ihr zu schützen ? Wir telefonieren ca. alle 2 Wochen und sehen
uns ca. 4 x pro Jahr - eine weitere Reduzierung wäre
eigentlich ein Kontaktabbruch.

Eine Abklärung durch einen Arzt bezüglich der geschilderten
möglichen Symptomatik wäre sinnvoll. Eine
Persönlichkeitsstörung kann vorliegen, hat in diesem Falle
dann mit Sicherheit eine ungünstige Prognose. Falls
Leidensdruck bei Deiner Mutter besteht, kann eine
Psychotherapie hilfreich sein.

Alles, was irgendwie mit Psychologie zu tun hat, bedeutet bei ihr, dass man „verrückt“ ist. Ich fürchte, sie wird sich nie untersuchen lassen, schon ein Besuch beim Neurologen wäre ein wahnsinnig großer Schritt.

Ein offenes Gespräch ist mit Sicherheit sinnvoll. Wenn es
nicht möglich ist, dann muss Du entscheiden: ist es erträglich
die Launen Deiner Mutter mitzumachen oder distanzierst Du
Dich? Ein Kontakt wird in der vorliegenden Konstellation u.U.
unmöglich werden, darauf solltest Du vorbereitet sein.

Damit weiß ich aber leider noch immer nicht, wie ich meinen Vater unterstützen kann *seufz*.

Mein Mann sieht das übrigens sehr gelassen. Er sagt, mein Vater habe jahrelang dazu beigetragen, dass meine Mutter sich so aufführen und auch viele Menschen schwer verletzen kann, dann soll er auch jetzt aushalten, was das für Folgen hat.

Danke und liebe Grüße
Insel

Hallo,

danke für deine Antwort.

Interresant wäre es mal, das Verhältnis deiner
Mutter zur Ihrer Mutter zu durchleuchten. Man findet da ganz
gute Anhaltspunkte für die momentane Situation.
Die Dominanz deiner Mutter hat eure ganze Familie geprägt. Den
Kontaktmangel habt ihr als Lebensstrategie gewählt.
Anscheinend ist das auch euer Punkt der Unzufriedenheit.

Mir geht es hier mehr um die Frage, ob eine Demenz vorliegen könnte und wie dies sich bei einem so schwierigen Menschen auswirken könnte. Letzten Ende möchte ich meinen Vater nicht alleine lassen mit dem Problem und meine Kinder vor ihr schützen.

Viele Grüße,
Insel

Hallo Insel,

gehe davon aus, dass Deine Mutter mit zunehmendem Alter noch schwieriger wird, unabhängig, ob eine Demenz vorliegt oder nicht.

Ich bin nicht vom Fach. Das vorweg.

Aber bei der Beschreibung der Verhaltensweisen Deiner Mutter blieb mir die Luft weg. Ich dachte, Du sprichst von MEINER Mutter (78). Past alles 1:1, bis auf den Unterschied, dass es mein Vater nicht mehr ausgehalten hat, weil sich ein großer Teil ihrer Aggression gegen ihn gerichtet hat. Vor 15 Jahren hat er sich von ihr getrennt. Reiner Selbstschutz. Sie verfolgt ihn noch heute mit immer wüster werdenden Beschimpfungen und Verleumdungen bis hin zu Strafanzeigen.

Ich bin mit dieser Frau fertig. Ich akzeptiere, dass sie mich geboren hat. Sonst nichts. Großgezogen und versorgt hat mich meine Oma. Mein Vater hat an mich und meine Fähigkeiten geglaubt, obwohl er auch seine Schwächen hatte. Meine Mutter hat mir immer nur ein Scheitern vorausgesagt.

Ich selbst habe keine Kinder (sic), jedoch mein Bruder. Er ist ihr Liebling. Für seine Frau - ihre Schwigertochter - und für Ihre Enkelin (15) und ihren Enkel (14) hatte sie noch nie etwas übrig. Sie alle seien laut, dreist und unverschämt. Dennoch erwartet sie ihre Besuche und Einladungen zu Feiertagen. Bei diesen Veranstaltungen kritisiert sie nur und wird mittlerweile ausfallend, auch dann, wenn noch andere Gäste anwesend sind. Mein Bruder ist (noch) hin- und hergerissen, ob er seine Mutter bedauern, oder den Kontakt abbrechen soll. Allerdings dürfen seine Kinder inzwischen selbst entscheiden, ob sie die Oma besuchen oder einladen wollen. Sie wollen nicht. Die gesamte Verwandtschaft war erleichtert, dass der Enkel seine Oma in diesem Jahr zur Konfirmation nicht eingeladen hat. Er hatte noch genug von der „Aufführung“ die seine Oma gab, bei der Konfirmation seiner Schwester im letzten Jahr.

Oh ja, die Nichteinladung gab Stress mit der Oma, den ich hier aber nicht beschreiben will.

Es gibt noch meine Schwiegermutter (77). Ich kannte sie als eine Frau, die sich absolut liebe- und hingebungsvoll mit kleinen Kindern beschäftigt hat. Egal, ob es Enkelkinder oder Nachbarskinder waren. Sie hat 7 Enkelkinder. Alle liebten sie von Herzen. Inzwischen sind sie zwischen 14 und 26 Jahre alt, die Älteste hat inzwischen selbst ein Kind - ihre Urenkeltochter. Meine Schwiegermutter weigert sich, deren Namen auszusprechen oder sonstwie von ihr zu reden. Sie will auch gar keinen Kontakt haben. Kinder - egal welchen Alters - sind für sie einfach nicht mehr vorhanden. Der Werdegang ihrer Enkel interessiert sie überhaupt nicht. Auf Nachfragen reagiert sie - vornehm ausgedrückt - geradezu barsch.

Vielleicht ist das eine Form von Demenz.
Was mich so verstört ist, dass bei alten Leuten anscheinend die „unangenehmen“ Charakterzüge Oberhand gewinnen.

Liebe Grüße
Maralena

guten abend insel,

das problem ist nur - mal ganz systemtheoretisch betrachtet - wenn du deinen vater unterstützt, provoziert das automatisch destabilisierung deiner mutter. man sagt, je kränker eine person, desto geschlossener das (familien-)system. je geschlossener das system, desto heftiger und ausladender die reaktion auf bereits minimale veränderung. am beispiel : wenn du deinen vater unterstützt, indem du ihm hilfst aus seiner isolation zu kommen und in den tennisclub zu gehen, dann wird das zwangsläufig neurotische reaktionen bei deiner mutter hervorrufen. ein narzisst kann sich nicht einfach für den anderen freuen. „am ende kommt der kerl auf die idee, sich nicht mehr alles von mir gefallen zu lassen“.
kurz gefasst: du wirst deinen vater nicht unterstützen können ohne damit (unfreiwillig) die seele deiner mutter zu teilrevolutionieren.
wie das sprichwort sagt : eine familie ist ein kleinstaat, der von seinem kränksten mitglied regiert wird. und bei verhandlungen ist es am leichtesten sich direkt an die regierung zu wenden, weil die ja dann doch das letzte wort hat.
gelegentliches pflegerisches unterstützten kann leicht in einer katastrophe enden, da der oral-aggressive anspruch nach einem objektwechsel am größten ist. also: wenn dein vater geht und du kommst die tür rein, ist das anspruchsdenken deiner mutter am zenit.

liebe grüße
femme_revoltee

ps: ich fand „insel“ nur so schön, da hab ich mich wohl reingestürzt :wink:

nein, ich meinte nicht dich. ich hab nur einen einschub zu weit gepostet. tschuldigung für die verwirrung.
ich meinte die frau mit dem namen „insel“, deshalb auch der inselsatz.

und zu dem satz über diagnostik und objektivität sag ich besser nichts, sonst können wir wahrscheinlich gleich n ganz neues thema aufmachen :wink: