Hallo miteinander,
meine Mutter ist vermutlich ein Narziss. Ich weiß, Laien können nicht diagnostizieren, aber ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dem Thema, und alles, was ich jemals darüber gelesen habe, beschreibt erschreckend genau meine Mutter. Nehmt das also bitte so als „Beschreibung“.
Sie ist Mitte 60, hat keine Berufsausbildung, hat sehr früh geheiratet und als „Grundstock“ von ihren Eltern ein erhebliches Vermögen erhalten. Mein Vater hat sich selbständig gemacht und war ein sehr erfolgreicher Unternehmer. Dadurch kam es, dass sie nie in ihrem Leben gearbeitet hat, sondern der Typ „Zahnarztgattin“ war. Sie dirigierte das Hauspersonal und kaufte Boutiquen leer. Zu Geschäftsessen durfte sie dann als Beiwerk mit und glänzte mit ihren „originellen“ und „frechen“ Beiträgen. Geldsorgen gab es nicht, alles war immer vom allerfeinsten.
Freunde oder auch nur nette Bekanntschaften hatten meine Eltern nie. Alle Kontakte, die meine Mutter jemals hatte, waren Menschen, die finanziell von ihr abhängig waren - die Putzfrauen, die Angestellten meines Vaters, Mieter. Daher hat auch nie jemand ihr Contra gegeben, alle haben immer brav genickt.
Nun beobachte ich seit einiger Zeit - ich kann gar nicht genau sagen, seit wann - dass meine Mutter immer seltsamer wird. Erstmals gesteht mein Vater auch ganz vorsichtig und mit allerlei „Erklärungen“ (Schlafmangel, Stress ???), dass meine Mutter teilweise vergißt, über welches Thema man gerade spricht, immer mal wieder abwesend wirkt und teilweise nachts ruhelos ist. Ich bemerke, dass ihre Weltsicht nicht mehr nur „eigenwillig“ ist, sondern immer mehr abdriftet. Nun mag ich ja emotional vorbelastet sein, aber auch mein Mann (wir sind seit 24 Jahren zusammen, er kennt sie also gut) findet nun einiges nicht mehr im grünen Bereich.
Gleichzeitig finde ich, dass sie immer aggressiver wird. An Ostern waren wir zusammen im Restaurant, und mein Vater hat mehrmals ganz verzweifelt das Thema gewechselt und uns wilde Grimassen gezeigt, weil sie sich plötzlich und unerwartet aufgeregt hat und immer lauter wurde. Dabei ging es übrigens um total harmlose Sachen (wie z.B., ob wir nahe genug am Fenster sitzen).
Mein Mann und ich haben uns immer bemüht, ein wenigstens ordentliches Verhältnis zu erhalten. Als die Kinder geboren sind, haben wir immer wieder angeboten, dass meine Eltern uns besuchen können, oder mal spazierengehen oder eben Dinge, die andere Großeltern mit ihren Enkeln erleben. Betreuung war nie ein Thema, zumal meine Mutter anfangs nicht einmal mit „Oma“ angesprochen werden wollte - wirkt „alt“. Aber wir konnten es ihr nie rechtmachen. Sie wollte immer bestimmen, wann wir zu kommen hatten, und zwar niemals ein oder zwei Tage vorher, sondern „nachher“ (Fahrtzeit ca. 15 Minuten). Wenn dann ein Kind gerade Mittagschlaf hielt, war das sofort wieder ein Zeichen, dass WIR unfelxibel sind. Sie hat mich einmal sogar telefonisch angemacht, dass ich „immer“ stille, wenn sie anruft - kann ja wohl nicht sein, man könnte ja auch mal auf SIE Rücksicht nehmen.
Das ist auch heute noch so, die Kinder sind zwischen 9 und 14, und kürzlich war sie beleidigt, dass wir sie nicht so an ihrem Geburtstag besuchen konnten, wie es ihr passte. Die Kinder hatten teilweise Mittagschule, das passte nicht in ihren Zeitplan, da sollten wir dann lieber nicht kommen. Muss man nicht verstehen, denke ich.
Mein Eindruck ist, dass ich irgendwie eine ständige Provokation für sie bin, weil ich wohl so lebe, wie sie nie gelebt hat. Wir haben ein liebevolles Verhältnis zu unseren Kindern, haben langjährige Freunde, verdienen eigentlich nicht schlecht . An diesem Punkt giftet sie gerne, denn wir kommen niemals an ihre ererbten Dimensionen heran, das geht nur mit Arbeit nicht. Deshalb lästert sie über unsere nicht standesgemäßen Möbel, sagt mir, dass ich dringend mal wieder Klamotten kaufen soll, und ähnliches. Über Freunde hat sie eine klare Meinung: die nutzen einen sowieso nur aus. Kinder sind heutzutage alle ungezogene Amokläufer, ihre eigenen Enkel sind ja nicht zum Geburtstag gekommen. Und so weiter…
Es ist fast nicht mehr möglich, auch nur ein paar Minuten mit ihr zu reden, ohne dass sie ausfallend wird.
Seht ihr Anzeichen von Demenz ? Wird ihr Zustand gerade vor dem Hintergrund ihrer bisherigen schwierigen Art weiterhin und noch mehr in Richtung Aggressivität driften ?
Was kann ich tun, um mich und zunehmend auch meine Kinder vor ihr zu schützen ? Wir telefonieren ca. alle 2 Wochen und sehen uns ca. 4 x pro Jahr - eine weitere Reduzierung wäre eigentlich ein Kontaktabbruch.
Macht es irgend einen Sinn, ihr mal Contra zu geben ? Das hat ja bisher schon nicht geklappt, ihre Meinung ist immer richtig, und im Zweifelsfall bin ich sowieso nur die ungehorsame Tochter.
Kann ich meinen Vater irgendwie unterstützen ? Er ist komplett alleine, zu seiner Verwandtschaft besteht kaum Kontakt, dafür hat meine Mutter schon gesorgt. Ich weiß aber, dass meine Tante, seine Schwester, ihm sofort helfen würde, aber wenn sie ins Haus kommt, dreht meine Mutter durch.
Fällt euch sonst noch etwas ein ? Sorry, weil es so lang ist. Mir graut so sehr vor dem, was da noch kommt
Viele Grüße
Insel