Hallo Uli !
Die Frage nach den „Auslösern“ ist so etwas schwierig zu beantworten. Mal unabhängig von der Frage der psychoanalytischen oder verhaltenstherapeutischen Theorien zu „Ursachen“ oder Entstehung von Persönlichkeitsstörungen finde ich persönlich es sehr hilfreich, Persönlichkeitsstörungen als Interaktionsstörungen zu begreifen.
Nun hat jeder Mensch bestimmte besonders ausgeprägte Persönlichkeitsmerkmale und Arten, auf sich aufmerksam zu machen, zu reagieren und eben mit anderen in Kontakt zu treten. Diese mögen einerseits angeboren sein, durch frühkindliche oder sonstige Erfahrungen und Sozialisation geprägt sein oder eben durch sonstige Faktoren mitbestimmt sein. Grob geschrieben, nennen wir einen Menschen, der nun ein weites Repertoire solcher Verhaltensmuster hat (z.b. zwanghaft, dependend, narzistisch, histrionisch, emotional-wechselhaft, unsicher, impulsiv) dann gesund (bzw. völlig normal), wenn er situationsangemessen zwischen verschiedenen Verhaltensmustern variieren kann. Wenn also z.B. ein Mann in einem Verkaufsgespräch oder einer Bewerbungssituation von Vorzügen und besonderen Leistungen spricht, würde man dies in seiner Rolle und der sozialen Situation als angemessen bzw. sogar erforderlich ansehen. Würde er dies gleiche Verhalten jedoch in anderen Lebenssituationen nicht variieren können und z.B. auf der Beerdigung der Schwiegermutter nur ständig von seinen eigenen tollen Errungenschaften reden, würde er zwangsläufig negativ auffallen.
Womit wir bei möglichen „Auslösern“ wären. Meistens erscheint Narzisten ihr eigenes Verhalten völlig normal (wiewohl sie durchaus selber häufig eher Minderwertigkeitsgefühle und Selbstzweifel haben können). Sie merken nicht, dass sie anderen Menschen auf den Geist gehen oder sie verletzen. Erst durch besondere Kränkungen oder eben, wenn sie von anderen Menschen nicht die für sie so notwendige positive Zuwendung und Lob erhalten („toll gemacht…“), treten dann z.T. rapide Selbstzweifel und z.T. Selbstmordgedanken auf.
Beispiel wäre ein verheirateter Aussendienstmitarbeiter, der nur noch erschöpft nach Haus zu Frau und 2 Kindern kommt. Er verkauft gut, aber die Ehe kriselt. Seine Frau fordert mehr Zeit für die Beziehung und einen gemeinsamen Urlaub mit den Kindern. Der Mann fühlt sich massivst missverstanden, opfert er sich doch aus seiner Sicht für die Familie auf. Bisher war aber die Frau eine wichtige Quelle der Selbstbestätigung für ihn, die sich aber trotz ständiger Krisen immer wieder fügte und nachgab, um seinen Wutausbrüchen zu entgehen. Nun ist sie dazu nicht mehr bereit und zieht aus… Das System der Selbstwertstabilisierung durch andere Personen bricht völlig zusammen und unser Handelsmensch verfällt in tiefes Selbstmittleid. Darunter leidet auch der Verkaufserfolg. Zudem gelingt es ihm nicht mehr, seine eigenen emotionale Verletzlichkeit bzw. Bedürftigkeit durch äußere Bestätigung aufzufüllen. Er verfällt in eine tiefe Depression… (so oder so ähnlich).
Auslöser können vielfältige Veränderungen sein :
- Trennungen
- neue Freudin (die zigste …)
- neue Arbeitskollegen mit besserer Qualifikation
- Alterserscheinungen mit Beginn von körperlichen Beschwerden
- berufliche Probleme allgemein
- Anforderungen auf Neuanpassung im sozialen Bereich
Wie man mit Narzisten umgehen soll, kommt sehr darauf an, was Du erreichen willst oder kannst. Geht es darum, einen Narzisten zu bekehren, so lass die Liebesmüh solange er es nicht selber will oder kann… Geht es um Schadensminimierung für alle Beteiligten, würde es darum gehen Neuerfahrungen zu vermitteln. Also zu hinterfragen, ob ein Mensch nur für Leistungen positiv bewertet werden kann. Ihn als ganzen Menschen wertschätzen, auch wenn er dies vielleicht nicht annehmen kann. Sicherheit geben und sein Verhalten in einer konkreten Situation spiegeln und nicht bewerten oder verurteilen…
Mmmhhh, man könnte verdammt viel dazu schreiben (was aber reichlich schwierig ist und irgendwie auch unvollständig bzw. „lückenhaft“ und damit falsch ist. Etwas genauer nachgefragt wäre leichter…