Nationalgefühl in Österreich

Hallo!

Angeregt durch den Arier-Hitler-Thread ergab sich für mich eine neue Frage:

Mindestens bis 1848 galten diejenigen, die man heute als „Österreicher“ bezeichnet, als „Deutsche“. Dann entwickelten sich die „Kleindeutschen“ unter Preußens Führung und die „Österreicher“ weiter auseinander, bis spätestens 1871 besiegelt war, dass es zwei deutschsprachige Staaten gab. (Die Schweiz hat ihre ganz eigene Geschichte, die lasse ich mal weg).

Ich erinnere mich an Karten aus Geschichtsbüchern, wo die Ethnien der Donaumonarchie eingetragen waren. Das heutige Österreich, Südtirol und Teile von Böhmen waren blau, was für „Deutsche“ oder „Volksdeutsche“ (wie es damals hieß) stand. Daher vermute ich, dass sich die Österreicher frühestens seit dem Vertrag von Versailles bzw. St. Germain als „Österreicher“ im Gegensatz zu „Deutschen“ fühlen konnten.

Allerdings gab es 1938 auch viele Österreicher, die den Anschluss begrüßten und bis 1945 waren sie eh Großdeutsche. Nach dem Krieg setzte dann sehr schnell eine Distanzierung Österreichs von der gemeinsamen Vergangenheit mit Deutschland ein. Man sah sich viel lieber in der Opfer- als in der Täterrolle.

Meine Frage wäre jetzt: Seit wann fühlten sich die Österreicher mehrheitlich als eigenständiges, von den Deutschen zu unterscheidendes Volk? (Das setzt natürlich auch voraus, dass Deutschland selbst bei aller Kleinstaaterei als eine homogene Nation wahrgenommen wird.)

Michael

Also beginnen tut das ganze wohl damit : http://de.wikipedia.org/wiki/Ostarr%C3%AEchi , und setzt sich dann fort mit dem Thronverzicht Kaiser Franz´s I./II. (1804, bzw. 1806) : http://www.kaisergruft.at/kaisergruft/franz2.htm , wobei man allerdings noch in keiner Weise von einem „österreichischen Nationalgefühl“ sprechen kann. Die Menschen sahen sich eher als „Untertanen des Kaisers“, sprich als „Bewohner des Habsburgerreiches“, „national“ war also, Angehöriger der „Vielvölkermonarchie Habsburg“ zu sein, in der es, wie in jedem „Vielvölkerstaat“, immer wieder zu „nationalen Aufständen“ und „Unabhängigkeitsbestrebungen“ der einzelnen ethnischen Gruppen kam, etwa im (aus diesem Grunde als eigenständiges Königreich in „Realunion“ 1867) „ungarischen Teil“ der „Doppelmonarchie“.
Während des „Deutschen Krieges“ (1866) gegen Preußen kam es dann zu einer Relativierung der Begriffe „Deutschland“, bzw. „Österreich“ (wohl auch, um der im Frieden von Nikolsburg anerkannten Niederlage der Habsburgermonarchie gegen ein von Preußen dominiertes „Deutschland“ eine Art „österreichisches Nationalbewußtsein“ entgegenzusetzen).
Nach 1879 wurde in der nunmehrigen „Habsburger Doppelmonarchie“ eine „Anlehnung“ an, bzw. ein Bündnis mit dem neugegründeten „deutschen Kaiserreich“ befürwortet und gewünscht und, unter anderem auch, um dem neuentstehenden „Nationalbewußtsein“ vor allem der Reichsteile Böhmen/Mähren (Tschechien) und Ungarn ein „Gegengewicht“ entgegenzustellen, die Entstehung eines „deutschnationalen Bewußtseins“ der (großteils) deutschsprachigen Bevölkerung des Reichsteiles „Cisleithanien“ (Österreich und weitere Reichsgebiete westlich des Flußes Leitha) in gewißem Maße gefördert.
Mit der Zerschlagung des Habsburgerreiches nach dem verlorenen Krieg von 1914 - 1918 in zahlreiche unabhängige Nationalstaaten und dem Verbleib eines kleinen Teiles als sogenanntes „Rumpfösterreich“ verstärkte sich anfangs noch dieses „deutschnationale Bewußtsein“ als auch der Wunsch, sich an das weiterhin als „Großnation“ bestehende „Deutschland“ anzuschließen, da viele Bewohner des verbelibenden „Restösterreich“ für dieses wenig Zukunft sahen, war es doch nun ewines großen Teiles seiner Industrie (Tschechien) und seiner agraren Nutzflächen (Ungarn, etc.) beraubt.
Derartige Bestrebungen wurden allerdings im Vertrag von St. Germaine 1919 unterbunden und auch die ursprüngliche Staatsbezeichnung von „Deutschösterreich“ (siehe dazu http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsch%C3%B6sterreich ) in „Republik Österreich“ abgeändert.

Nach anfänglichen wirtschaftlichen (und politischen) Problemen begann sich langsam in dem neugegründeten Staat ein „österreichisches Nationalbewußtsein“ zu bilden, und der Einfluß der „deutschnationalen“ Kräfte wurde mit den Jahren schwächer, dafür begann auch in Österreich der „Nationalsozialismus“ stärker zu werden.
Als eigentlichen „Vater“ des österreichischen Unabhängigkeitswillens und „Nationalstolzes“ muß man eigentlich den später zum „Diktator“ gewordenen Bundeskanzler Engelbert Dollfuß (http://de.wikipedia.org/wiki/Engelbert_Dollfu%C3%9F ), den Begründer des „Austrofaschismus“ benennen, der, ebenso wie sein Nachfolger Dr. Kurt Schuschnigg (http://de.wikipedia.org/wiki/Kurt_Schuschnigg ) auch im Interesse des eigenen Machterhaltes die „Unabhängigkeit“ Österreichs vom nationalsozialistischen Deutschland vertreten und gefördert hat.
Die nach dem „Anschluß“ 1938 von den Nationalsozialisten durchgeführte (manipulierte) „Volksabstimmung“ über diesen kann, wiewohl der Nationalsozialismus und die Eingliederung in´s 3. Reich (Deutschland) von vielen Österreichern (die sich dadurch wirtschaftlichen Aufschwung und stabilere politische Zustände erhofften) unterstützt wurde ebensowenig als freier Meinungsausdruck des österreichischen Volkes gewertet werden wie die „jubelnden Massen“ auf dem Wiener Heldenplatz.
Über die Jahre 1938 bis 1945 kann und will ich hier keine Aussagen treffen oder „Wertungen“ abgeben, vielleicht mit Ausnahme der, daß sich die „Abneigung gegen den Nationalsozialismus“ und das „Nichtdabeigewesensein & Vonnichtsgewußthaben“ wohl, ähnlich wie in Deutschland, hauptsächlich gegen, bzw. nach Kriegsende manifestiert haben.
Die Anerkennung Österreichs als „Opferland“ des Nationalsozialismus ist im Übrigen wohl hauptsächlich den Vorstellungen Herrn Djugaschvilji´s von einem für ihn und seinen Staat/Machtblock vorteilhaften Europa (neutraler Keil Österreich/Schweiz in der „Front“ der „Westmächte“) zu verdanken als den tatsächlichen historischen Ereignissen.

Dies soll nur zum (historischen) Überblick dienen und erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder besondere Genauigkeit, da die österreichische Historie viel zu umfangreich und komplex ist, um hier aufgelistet oder analysiert zu werden.

Das tatsächliche „Nationalbewußtsein“ der Österreicher hat sich meines Erachtens ohnehin mit dem wirtschaftlichen Erstarken Österreichs in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts und der Geburt und dem Heranwachsen neuer, unbelasteter und in einem eigenständigen Staat aufgewachsener Generationen in den Jahren nach 1945 herausgebildet, und es sind diese Menschen, die ein eigenständiges, freies und unabhängiges Österreich repräsentieren und in der Welt vertreten (sieht man von einigen „Ewiggestrigen“ ab).
Eine weitere „Steigerung“ des österreichischen „mir-san-mir-und-es-sads-Piefke“-Bewußtseins läßt sich übrigens auf das großkotzige und präpotente Verhalten deutscher Staatsbürger in den 60er, 70er, 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts (also während des „wirtschaftlichen Aufschwungs“), die einesteils als Touristen, gestützt auf die „starke D-Mark“ und höhere Einkommen in der „Bundesrepublik“ sich gebärdeten, als gälte es, die Eroberung Roms unter Alarich und die Plünderung der besetzten Länder unter Herrn Schickelgruber und seinen Paladinen neuzuinszenieren, andernteils als finanzstarke „Aufkäufer“ viele der schönsten Seeufer und Landschaften Österreichs in ihren Besitz brachten und somit dem „österreichischen Bürger“ entzogen. Ein Übriges trägt die beinahe schon traditionelle „Bevormundung“ des „kleineren Nachbarn“ Österreich durch Deutschland bei sowie die immer noch offenbar (in Deutschland und leider auch bei einigen Österreichern) weitverbreitete Ansicht, daß wir Österreicher „eigentlich Deutsche“ seien. Dem ist allein schon aus ethnischer Sicht zu widersprechen, zum Beweis genüge ein Blick in etwa ein Wiener Telephonbuch und die darin verzeichneten Namen.

Abschließend sei gesagt, daß es eigentlich nicht relevant ist, seit wann ein Nationalbewußtsein besteht, sondern wie stark ein solches ausgeprägt ist; und daß wir Österreicher Österreicher sind, kann man uns wohl diesbezüglich kaum absprechen.

mit freundlichen Grüßen
nicolai

Hallo!

Vielen Dank schon mal für diesen Überblick. Lässt sich das in etwa so zusammenfassen, dass die Österreicher in der Zeit zwischen den Kriegen begannen sich als Österreicher (in Abgrenzung zu „den Deutschen“) zu verstehen und dass sich dieses Bewusstsein erst nach der Zäsur („Großdeutschland“) dann festigte?

Eine weitere „Steigerung“ des österreichischen
„mir-san-mir-und-es-sads-Piefke“-Bewußtseins läßt sich
übrigens auf das großkotzige und präpotente Verhalten
deutscher Staatsbürger in den 60er, 70er, 80er und 90er Jahren
des letzten Jahrhunderts (also während des „wirtschaftlichen
Aufschwungs“), die einesteils als Touristen, gestützt auf die
„starke D-Mark“ und höhere Einkommen in der „Bundesrepublik“
sich gebärdeten, als gälte es, die Eroberung Roms unter
Alarich und die Plünderung der besetzten Länder unter Herrn
Schickelgruber und seinen Paladinen neuzuinszenieren,
andernteils als finanzstarke „Aufkäufer“ viele der schönsten
Seeufer und Landschaften Österreichs in ihren Besitz brachten
und somit dem „österreichischen Bürger“ entzogen.

Das möchte ich dann doch nicht so stehen lassen: Das Geld, das die deutschen Touristen im Sommer wie im Winter in strukturschwache Regionen der Alpenrepublik transportiert und dort ausgegeben wurde, wurde aber stets gerne von den Österreichern angenommen. Damit will ich die Deutschen nicht zu selbstlosen Entwicklungshelfern machen und manche meiner Landsleute führen sich im Ausland tatsächlich so auf, dass es einem schlecht werden kann, aber die Medaille hat halt wie immer zwei Seiten.

Ein Übriges
trägt die beinahe schon traditionelle „Bevormundung“ des
„kleineren Nachbarn“ Österreich durch Deutschland bei

Sprechen wir besser von einer „empfundenen“ Bevormundung. Ich wüsste nicht, wo Deutschland sich irgendwie in die Angelegenheiten Österreichs einmischen würde (außer damals, als die Österreicher meinten, einen Rechtspopulisten in die Regierung aufnehmen zu müssen).

sowie
die immer noch offenbar (in Deutschland und leider auch bei
einigen Österreichern) weitverbreitete Ansicht, daß wir
Österreicher „eigentlich Deutsche“ seien. Dem ist allein schon
aus ethnischer Sicht zu widersprechen, zum Beweis genüge ein
Blick in etwa ein Wiener Telephonbuch und die darin
verzeichneten Namen.

Ich kann mit dem Begriff der „Ethnie“ im praktischen Leben nichts anfangen. Für mich gibt es einerseits die Unterteilung in Menschen, die die gleiche Muttersprache haben wie ich, und in andere. Mit ersteren fühle ich mich durch die Sprache irgendwie verbunden. In dem Sinne steht mir ein deutschsprachiger Südtiroler näher als ein französischsprachiger Walliser. Zum anderen unterscheide ich nach Nationalität. Da wär dann der erste Italiener und der zweite Schweizer. Ausschlaggebend ist da, was im Pass steht. Der Begriff „Ethnie“ ist mir viel zu abstrakt.

Abschließend sei gesagt, daß es eigentlich nicht relevant ist,
seit wann ein Nationalbewußtsein besteht, sondern wie stark
ein solches ausgeprägt ist; …

Das kann man so oder so sehen. Ich finde die Frage schon interessant, ab welchem Zeitpunkt sich ein Staatsvolk als „ein“ Volk wahrnimmt. Für Deutschland ist diese Frage schon spannend und als Stichtag werden gerne die Befreiungskriege gegen die napoleonische Fremdherrschaft genannt. (Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob das nicht vielleicht im Nachhinein etwas romantisch verklärt wird. Außerdem haben sich insbesondere die Bayern bis zum heutigen Tag eine gewisse Distanz zum Rest von Deutschland bewahrt).

Michael

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Hallo!

Meine Frage wäre jetzt: Seit wann fühlten sich die
Österreicher mehrheitlich als eigenständiges, von den
Deutschen zu unterscheidendes Volk?

http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96sterreichische_Id…

Dieser Artikel mit seinen vielen Quellen scheint mir ein guter Ausgangspunkt zu sein.

Mindestens bis 1848 galten diejenigen, die man heute als
„Österreicher“ bezeichnet, als „Deutsche“
Dann entwickelten
sich die „Kleindeutschen“ unter Preußens Führung und die
„Österreicher“ weiter auseinander, bis spätestens 1871
besiegelt war, dass es zwei deutschsprachige Staaten gab.

Das würde ich eher zur _Vor_geschichte des „österreichischen Nationalgefühls“ zählen, weil es da noch nicht um die Abgrenzung zu „Deutschland“, sondern um die zu „Preußen“ geht.
(So wie beispielsweise auch die Abgrenzungskämpfe Tirols gegenüber „Bayern“ Teil dieser Vorgeschichte sind. Usw.)

Daher vermute ich, dass sich die Österreicher frühestens seit
dem Vertrag von Versailles bzw. St. Germain als „Österreicher“
im Gegensatz zu „Deutschen“ fühlen konnten.

Das würde auch ich als den Ausgangspunkt der langsamen Herausbildung eines ‚österreichischen Nationalgefühls‘ setzen, welche erst in der zweiten Hälfte des 20. Jhdts. seinen Abschluss fand.

Allerdings gab es 1938 auch viele Österreicher, die den
Anschluss begrüßten

Diese Formulierung ist mir zu tendenziös :wink:

Eher ist es doch so, dass 1938 viel weniger Österreicher diesen konkreten „Anschluss“ an Nazi-Deutschland begrüßten als etwa in den 20er Jahren Zustimmung für einen Anschluss Österreichs an Deutschland dokumentierbar vorhanden war.
Daher sehe ich 1938 nicht als Gegenbewegung zur Herausbildung einer österreichischen Abgrenzung gegenüber Deutschland, sondern im Gegenteil als wichtigen Katalysator dafür.

Grusz
Tyll

Hallo

Mindestens bis 1848 galten diejenigen, die man heute als
„Österreicher“ bezeichnet, als „Deutsche“. Dann entwickelten
sich die „Kleindeutschen“ unter Preußens Führung und die
„Österreicher“ weiter auseinander, bis spätestens 1871
besiegelt war, dass es zwei deutschsprachige Staaten gab. (Die
Schweiz hat ihre ganz eigene Geschichte, die lasse ich mal
weg).

Man kann auf 1866 datieren, dass Österreich seine deutsche Führungsrolle an Preußen verlor und dass Deutschland unter Ausschluss Österreichs geeinigt wurde. Im eigenen Reich zur Minderheit geworden, musste die Macht bereits mit den Ungarn geteilt werden und die Anlehnung an das Kraftpaket namens „Deutsches Reich“ war unumgänglich, um den eigenen Herrschaftsanspruch und den Großmachtstatus auf dem Balkan aufrecht zu erhalten.

Ich erinnere mich an Karten aus Geschichtsbüchern, wo die
Ethnien der Donaumonarchie eingetragen waren. Das heutige
Österreich, Südtirol und Teile von Böhmen waren blau, was für
„Deutsche“ oder „Volksdeutsche“ (wie es damals hieß) stand.
Daher vermute ich, dass sich die Österreicher frühestens seit
dem Vertrag von Versailles bzw. St. Germain als „Österreicher“
im Gegensatz zu „Deutschen“ fühlen konnten.

Dann frag mal gelegentlich einen (jungen oder alten) Südtiroler, welcher Volkszugehörigkeit er ist. Er wird wahlweise antworten „Ich bin Tiroler“ oder „Ich bin Deutscher“. Das „österreichische Staatsvolk“ ist eine Wiener Fiktion, nur geschaffen, weil es sonst keinerlei zwingenden Grund dafür gibt, das Österreich in genau der Abgrenzung von heute ein Völkerrechtssubjekt ist. Meine eigene Verwandtschaft (mein Vater kommt aus Bregenz) sieht das in sämtlichen Generationen ganz leidenschaftslos-pragmatisch, nämlich großdeutsch, aber die Vorarlberger sind als Alemannen in Österreich ja ohnehin selbst ein ethnischer Fremdkörper und haben mit „Österreich“ etwas weniger am Hut als die Hinterarlberger.

Allerdings gab es 1938 auch viele Österreicher, die den
Anschluss begrüßten und bis 1945 waren sie eh Großdeutsche.
Nach dem Krieg setzte dann sehr schnell eine Distanzierung
Österreichs von der gemeinsamen Vergangenheit mit Deutschland
ein. Man sah sich viel lieber in der Opfer- als in der
Täterrolle.

Fraglich, ob das heute wesentlich anders ist.

Meine Frage wäre jetzt: Seit wann fühlten sich die
Österreicher mehrheitlich als eigenständiges, von den
Deutschen zu unterscheidendes Volk? (Das setzt natürlich auch
voraus, dass Deutschland selbst bei aller Kleinstaaterei als
eine homogene Nation wahrgenommen wird.)

Das ist Deutschland aber nicht - trotz aller Völkerwanderung nach 1945. Ich etwa war und bin immer zuerst Alemanne und dann erst Deutscher, und wer kein Alemanne ist, den nenne ich Migrant, gleich, ob seine Muttersprache sächsisch, bairisch oder türkisch ist. Ich hätte darum auch kein Problem mit einem Zerfall Deutschlands, eines in seinen Grenzen ebenso zufällig-künstlichen und ahistorischen politischen Gebildes wie Österreich.

Übrigens sagen einem auch Deutschschweizer hinter vorgehaltener Hand, dass sie keinerlei Problem mit einer Konföderation mit dem wohlhabenden, dabei friedlichen und zum Teil stammverwandten Süddeutschland hätten. Ihr Problem sind „all die anderen“.

So insgesamt scheint es mir keineswegs so einfach, dass man die Grenzen des Zusammengehörigkeitsgefühls in Mitteleuropa entlang der Staatsgrenzen verorten kann.

Gruß
smalbop

Hallo!

Vielen Dank schon mal für diesen Überblick. Lässt sich das in
etwa so zusammenfassen, dass die Österreicher in der Zeit
zwischen den Kriegen begannen sich als Österreicher (in
Abgrenzung zu „den Deutschen“) zu verstehen und dass sich
dieses Bewusstsein erst nach der Zäsur („Großdeutschland“)
dann festigte?

Mehr oder weniger ja, schließlich existiert Österreich in seinen heutigen Grenzen ja auch erst seit dem Ende des ersten Weltkrieges.

Das möchte ich dann doch nicht so stehen lassen: Das Geld, das
die deutschen Touristen im Sommer wie im Winter in
strukturschwache Regionen der Alpenrepublik transportiert und
dort ausgegeben wurde, wurde aber stets gerne von den
Österreichern angenommen. Damit will ich die Deutschen nicht
zu selbstlosen Entwicklungshelfern machen und manche meiner
Landsleute führen sich im Ausland tatsächlich so auf, dass es
einem schlecht werden kann, aber die Medaille hat halt wie
immer zwei Seiten.

Deine Argumentation ist durchaus richtig, allerdings übersiehst Du dabei eine der grundlegendsten Eigenheiten von uns Österreichern - wir haben nämlich keinerlei Problem damit, Hände, die uns füttern dennoch zu beißen. Und das „Bild der Deutschen“ im Ausland, vor allem in den Ländern, die zu Urlaubszeiten ihrer alljährlichen Invasion ausgesetzt sind (nicht, daß jetzt wir Österreicher oder viele „Touristen“ anderer Nationen ein soviel besseres Verhalten an den Tag legen würden) wollen wir hier ja nicht wirklich diskutieren.

Sprechen wir besser von einer „empfundenen“ Bevormundung. Ich
wüsste nicht, wo Deutschland sich irgendwie in die
Angelegenheiten Österreichs einmischen würde (außer damals,
als die Österreicher meinten, einen Rechtspopulisten in die
Regierung aufnehmen zu müssen).

Nun ja, mittlerweile bedient sich Deutschland dafür ja der EU und diverser „Anordnungen“ aus Brüssel - oder zumindest wird es in Österreich von vielen Menschen so empfunden (siehe deutsche Arbeitkräfte, siehe deutsche Studenten, etc.)

Außerdem haben sich
insbesondere die Bayern bis zum heutigen Tag eine gewisse
Distanz zum Rest von Deutschland bewahrt).

Was ihnen kaum zu verdenken ist; schließlich haben gerade die Bayern nach meiner und der Meinung vieler Bayern mehr mit uns Österreichern gemein als mit dem Rest Deutschlands…:smile:

Grüße
nicolai