Nazi-Künstler - wie handhabt ihr das?

Ich weiss nicht genau, ob das Thema hierher passt:
Ich bin etwas hin-und hergerissen, wenn es um bestimmte Künstler geht, denen eine Begeisterung für den Nationalsozialismus und Hitler nachgesagt wird. Neuestes Beispiel dafür: In einem anderen Forum wurde ich auf den Dichter Börries von Münchhausen aufmerksam und war schnell begeistert von den Gedichten, die ich im Internet gefunden habe. Gefunden habe ich allerdings auch Hinweise, dass er sehr für Hitler und seine Ideen war und sogar von dessen Machenschaften profitiert hat. Die Gedichte gefallen mir immer noch, aber ich scheue mich, ein Buch von ihm zu kaufen. Blöd, oder?? Ebenso geht es mir mit der Musik von Richard Wagner, die Tatsache, dass er mit grosser Wahrscheinlichkeit Antisemit (sagt man so?) gewesen ist, schreckte mich bisher immer ab. Ich habe gerade eben ein Buch über die Nazi-Verbrechen in Frankreich ausgelesen und die Eindrücke sind noch sehr frisch.

Gruss aus dem Schwabenland von einer (etwas ratlosen)

Evi (Akrimo)

was ist denn das problem. daß die person oder ihre erben von dir finanziell unterstützt werden oder daß du ihre werke besitzt?
im 2. fall finde ich, daß es kein ernsthaftes hindernis darstellen muß. was soll erst jemand machen, dem wehrmachts- und sa-gesänge gefallen (nicht wegen, sondern trotz der texte)? es gibt schließlich nichts vergleichbares in deutscher sprache, das nicht so geprägt ist. so ähnlich ist es bei deinen beispielen auch.

kommt darauf an…
hi,

wenn du kuenstler aus dem national-konservativen bereich schaetzt, dann wird dir das niemand ernsthaft vorwerfen. deren denke wurde aus 1848ff gepraegt, und wenn ein dahinsiechender muenchhausen hitler verehrte, dann gehoehrt das wohl in die schiene altersschwachsinn.
problematisch wird es nur, wenn du deren inhalte aktualisierst und die nichtgewollte bindung herstellst.
gruss
khs

Hallo !

Wagner wird auch in Israel gehört, also mach Dir keine Gedanken!

Wilhelm Busch, Hermann Löns usw, usw, sie waren alle kleine Antisemiten. Wenn man so genau beachten will, wer einer war, müßte man wieder Bücher verbrennen!

Gruß max

Hi Evi!

Vorab: Ich habe die andere Beiträge (noch) nicht gelesen.

Und jetzt meine Meinung dazu:

Es kostet bestimmt eine gewisse Überwindung, aber ich denke ein Künstler ist ein Künstler, unabhängig davon wie und was er gedacht hat. Und diese Meinung (die des Künstlers) kann sich in seinem Werk wiederspiegeln aber auch nicht. Die Gabe, Fertigkeit und Geschick mit seiner Kunst umzugehen ist davon nicht gerührt. Anders ist es für mich, wenn diese Denkweise in seinem Werk einen Ausdruckmittel findet.

Dein beispiel an Richard Wagner (1813 - 1883) kann ich nicht so richtig nachvollziehen: Als der Komponist starb, gabs noch lange kein NSDAP und schon gar nicht kein Hitler. Ob er antisemit war, weiß ich jetzt nicht. Aber ich denke die Lage ist umgekehrt: R. Wagner lies sich von der germanische Mitologie inspirieren. Da drin sollen die Ehrenwerten emporgehoben werden. Das hat später den Nazis so gut gefallen (diese Werte wollten sich ja eh aneignen und mit denen anknüpfen), daß sie sich gleich auch das Werk Wagners annahmen. Leider nahmen die Nazis Wagners musikalischen Werken (die, wie oben erklärt, sich an die germanische Mitologie anlehnte) um seine Grausamkeiten zu verstummen und instrumentalisierten diese als das Inbegriff „Arischer Musik“. Deshalb wohl ist Wagner noch heute in Israel verpönnt (oder gar verboten?).

Man darf auch ein Künstler nciht aus seiner Zeit entnehmen, denn nur so macht es ein Sinn, sein Werk zu verstehen.

Mit alldem möchte ich nur sagen, daß die Gabe eines Künstlers nicht unbedingt seine eigene Meinung darstellen muß. Das tut es oft, aber gewiß nicht immer. Und ich empfinde im Grunde ein Fehltritt, das Werk eines Künstlers zu beurteilen nur durch die Meinung, die er zeitlebens vertreten hat. Denn was heute total verpönnt und mißbilligt wird, kann es in 100 Jahre den Alltag und vor 100 Jahren noch hochgejubbelt worden sein. Ein Beispiel?: Ein Kommunist würde mindestens mit der Nase rumpfen, wenn er vor einem Werk Salvador Dalís steht, denn er hat Francos Regime gutgeheissen. Und dagegen jemand der Konservativ ist, würde kein Gefallen an jeglichen Werk Pablo Ruiz Picassos finden, denn er war ein überzeugter Kommunist.

Buah! Ich hoffe ich habe mich verständlich genug ausgedrückt! Wenn nicht bitte fragen!

Ganz liebe hoffentlich etwas rätselauflösende Grüße
Helena

Hi Evi,

wenn sich die Ideologie nicht im Werk wiederspiegelt, hab ich miest kein Problem.
Deinen Dichter kenn ich nicht, aber bei Wagner hab ich keine Bedenken.
Er war zwar Antisemit, aber das muß man auch im Spiegel seiner Zeit sehen.
Auf der anderen Seite war er ein genialer Künstler und hatte Facetten, die jedem strammen Nazi das Grauen gelehrt hätte. So hat er seine Cosima einem Freund ausgespannt, war ein Schnorrer erster Güte, warf die bestehende Musik über den Haufen (Tristanakkord) etc.
Die Nationalsozialisten haben nur das ‚Völkische‘ für sich herausdestilliert und den Rest nicht sehen wollen.

Gandalf