ich beziehe mich bei meinen Aussagen unter anderem auf einen
Artikel aus einer Zeitung.
(http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2009/01/Justiz)
Habe ich etwa den Artikel falsch verstanden, oder entspricht
das, was der Autor dort schreibt nicht ganz der Wahrheit?
Es geht nicht darum, ob „das“ insgesamt ganz oder „nicht ganz der Wahrheit entspricht“, sondern um die Art und Weise der Bearbeitung sehr komplexer und sensibler Themen.
Ich kann dem Artikel weder Quellen, noch eine sachlich differenzierte Herangehensweise an die Materie entnehmen. Einige konkrete Aussagen zu einzelnen Ereignissen, die ich weder verifiziern kann, noch kann ich aus ihnen Schlüsse auf ein Prinzip ziehen.
Einige allgemeine Behauptungen, die wiederum dermaßen vereinfacht und gar polemisiert aufgestellt werden, dass sie weder mit wahr, noch falsch zu betiteln sind und damit letzlich keine wirklich relevanten Informationen vermitteln. Zu wertend sind die Ausführungen des Autors selbst allein durch die Wahl der Diktion.
Aussagen wie: „Meinungsumfragen belegen, dass diese …große Zustimmung in der Bevölkerung fand“, „Es setzte sich die Meinung durch, dass…“ oder „Die meisten Deutschen…“ sind mangels jeglicher Konkretheit für ernsthaft gemeinte Analysen und Berichte ebensolche Todsünden, wie Erklärungen a la „Auch die rund 200 Schändungen jüdischer Friedhöfe, die in dieser Zeit begangen wurden, dürften durch dieses Gesetz ungestraft geblieben sein“ (was bedeutet dürften, ist es so oder nicht oder teilweise?), „Doch auch die Gnadenlobby durfte die Amnestien zu einem Teil als ihren Erfolg verbuchen“ oder „Und nicht nur dort blieb der Dolch des Mörders in den folgenden Jahren wieder unter der Robe des Juristen verborgen“. Derart wertende Aussagen sind vielleicht in der Rubrik „Meinungen“ zu lokalisieren, als Basis einer sachlichen und objektiven Diskussion taugen sie nichts.
Wenn dann noch geschrieben wird: „Selbst für Massenmörder fanden deutsche Gerichte noch entlastende Argumente. Etwa indem sie den Kreis der »eigentlichen Täter« auf die Hauptschuldigen um Hitler begrenzten und sämtliche übrigen Verantwortlichen als bloße »Gehilfen« einstuften.“ zeigt das neben der klaren Tendenz, einfach alles verurteilen zu wollen lediglich, dass sich der Autor mit den damals erheblichen Problemen eines Strafrechts, dass für derartige Geschehen nie geschaffen wurde, jedoch angewendet werden musste, nicht einmal ansatzweise auseinander gesetzt hat, bzw. auseinander setzen wollte. Selbst das über 600 Seiten lange Urteil im Auschwitz-Prozess, dass ganz überwiegend hohe Verurteilungen aussprach, setzte sich umfassend mit der Problematik von Täterschaft und Teilnahme unter Bezugnahme auf den damaligen rechtswissenschaftlichen Diskurs hierzu auseinander. Offensichtlich war es dem Autor aber zu mühsam, sich hiermit (trotz umfangreicher Quellenlage) auseinander zu setzen, und da es nicht in sein Meinungsbild passte, bediente er sich der Polemik.
Es gibt sehr gute Bücher und Artikel zu NS-Prozessen und ihren strafrechtlichen Problemen, sowie insgesamt zur Aufbereitung der NS-Vergangenheit, die in einigen Fällen zwar doch, überwiegend aber nicht gelungen ist (interessant hierzu immer: http://www.fritz-bauer-institut.de/). Dieser gehört m.E. nicht dazu.
Letztlich geht es hier allein um die Frage, wie man an ein solches Thema für eine Diskussion, das ist es ja, was angestoßen werden sollte, herangehen kann, bzw. sollte und wie man einer solchen eher schadet.
Gruß
Matze