Nazijuristen

Hallo,

ich wollte einfach mal euere Meinung zu folgendem Ereignis wissen:

Bereits 1949 waren ehemalige Nazijuristen wieder in Amt und Würden und sorgen somit für viele Freisprüche und mildere Strafen für NS-Verbrecher. Auch die Bevölkerung war der Ansicht, dass sich unter den von den Alliierten Verurteilten viele anständige Bürger befanden, die nur aus Rachsucht verurteilt worden waren. So akzeptierte auch die Bevölkerung, dass später viele Verbrecher nach nationalsozialistischem Recht freigesprochen wurden. Hinzu kamen noch die zwei Straffreiheitsgesetze unter Adenauer sowie die Ablehnung den Tatbestand „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ins Strafrechtsregister der BRD aufzunehmen. Auch dies trug zu einer Behinderung der Ahndung von NS-Verbrechern bei.

Was haltet ihr davon? Sicherlich war das alles nicht korrekt und nicht „gerecht“. Aber wie hätte man vorgehen sollen? Was wäre „gerecht“ gewesen?

Moin,

Was haltet ihr davon? Sicherlich war das alles nicht korrekt
und nicht „gerecht“. Aber wie hätte man vorgehen sollen? Was
wäre „gerecht“ gewesen?

was ist gerecht?!
Auch wenn es jetzt etwas fatalistisch klingen mag (soll es aber nicht!), so was gab es immer schon und wird es immer geben.
Ähnliches lief auch nach der Wiedervereinigung ab.
Da wurden Parteigänger der SED und Stasimitarbeiter über Nacht zu glühenden Demokraten und auch als solche akzeptiert.

Es läuft wohl immer darauf hinaus, daß man verhindern will, das ein System (bzw. eine Bürokratie/Verwaltung) so ausgedünnt wird, daß es arbeitsunfähig wird.
Wer dann clever genug ist oder unverschämt genug oder kaltschnäuzig genug, der wird wohl weitermachen können.
Ausnahmen bestätigen die Regel.

Gandalf

Hallo

Was haltet ihr davon? Sicherlich war das alles nicht korrekt
und nicht „gerecht“. Aber wie hätte man vorgehen sollen? Was
wäre „gerecht“ gewesen?

Was der NS-Staat und seine Handlungsbeauftragten einschließlich der Juristen an Verbrechen angehäuft haben, lässt sich ohnehin nicht sühnen, geschweige denn wiedergutmachen. Von daher ist die Frage nach „Gerechtigkeit“ hypothetisch. Den vorhergehenden unterschieds- und mitleidlosen Verfolgungen und Vernichtungsaktionen angemessen wäre es gewesen, jeden Deutschen, der Beamter oder Mitglied der Partei oder einer Parteigliederung war, ohne Ansehen seiner persönlichen Beteiligung zu vergasen, und zwar konsequenterweise angefangen bei der HJ - schließlich sind auch jüdische Kinder ins Gas gegangen, die es sich ebensowenig ausgesucht haben, Jude zu sein, wie es sich mancher Hitlerjunge ausgesucht haben mag, in der Pflichtgefolgschaft zu sein. Und auch bei den Nazis gab es manche, die Juden geholfen haben. Die hätte man aber mit vergasen müssen, einfach aus Prinzip, wieder genau wie bei den Juden: Mitgefangen, mitgehangen. 40 bis 50 Millionen Deutsche so umzubringen und ihr gesamtes Vermögen an NS-Opfer zu verteilen wäre eine den Naziverbrechen adäquate Reaktion gewesen, aber wie du an dem Beipiel siehst: Gerecht wäre auch das nicht gewesen.

Gruß
smalbop

Bereits 1949 waren ehemalige Nazijuristen wieder in Amt und
Würden und sorgen somit für viele Freisprüche und mildere
Strafen für NS-Verbrecher.

Einer der Gründe hierfür war, dass jeder Jurist, der während der NS-Zeit als Jurist arbeiten wollte sich dem Regime annähern musste: http://de.wikipedia.org/wiki/NS-Juristenbund
Dadurch gab es nach dem Krieg kaum einen deutschen Jurist, der nicht mindestens Parteimitglied gewesen war, dementsprechend unmöglich war es nach dem krieg Stellen ohne vorbelastete Juristen zu besetzen.
Es gab durchaus diverse Fälle in denen insbesondere jüdisch stämmige Juristen wieder nach Deutschland zurückkehrten, allerdings gibt es diverse Beispiele dafür, wie diese Rückkehrer gechasst wurden.

Hier noch ein Lesetipp zum Thema:
http://de.wikipedia.org/wiki/Furchtbare_Juristen

Gruß Andreas

Aber dir ist schon klar, dass du dich damit in keinster Weise mehr von den Nazis unterscheidest? Und nebenbei: wenn ich lese, was für Sätze du gerade ausgekotzt hast, dann kommt mir selbst auch das Kotzen! Mit Verlaub, hier laufen echt kranke Gestalten herum, und du gehörst augenscheinlich dazu…

Hallo,
es ist, denke ich, schwer zu beurteilen, was in der Situation gerecht gewesen wäre. Wobei allerdings auch ich finde, dass zu viele ungeschoren davon gekommen sind. Dabei muss man imho aber noch Unterschiede zwischen den großen Tieren und den absoluten Mitläufern machen.
Nur: von den großen Tieren sind halt auch zu viele davon gekommen.
Ich sehe das ein wenig so wie Gandalf: das wird es (leider) immer geben; das ist keine Entschuldigung oder Ausrede. Aber ich habe manchmal das Gefühl: je weiter oben du angesiedelt bist, desto mehr Leute findest du, die dich gegebenenfalls unterstützen. Bzw. desto eher wird eine Mittäterschaft „vergessen“.

Imho ist das schon ein Vergleich zum Stasi-Beispiel, das etwas weiter unten genannt wird.

So akzeptierte auch die Bevölkerung, dass später viele Verbrecher nach nationalsozialistischem Recht freigesprochen wurden.:

Hier weiß ich nicht recht, wie du das meinst. Was für Chancen hätten „normale“ Bürger gehabt, sich dagegen zu wehren? Und wenn sie sich nicht gewehrt haben, heißt das automatisch, dass sie es akzeptierten?
Ich denke, dass kann man so nicht sagen… es war eine schwere Zeit nach dem Krieg. Natürlich bedeutet das nicht, dass man alles hat hinnehmen müssen, aber ich glaube, dass durch die NS-Zeit und den Krieg ganz andere psychische Voraussetzungen bestanden als zum Beispiel heute. Und wie wehre ich mich heute gegen ein Urteil, das ich als ungerecht empfinde?

Gruß
ShannonS

Hi,
ich glaub Du hast da gerade ein sehr theoretisches Gedankenspiel in den falschen Hals bekommen.

Aber dir ist schon klar, dass du dich damit in keinster Weise mehr von den Nazis unterscheidest?

DAS ist glaube ich genau das was der Artikel sagen will.

Gruß
Nick

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Hallo

Bereits 1949 waren ehemalige Nazijuristen wieder in Amt und
Würden

Richtig.

und sorgen somit für viele Freisprüche und mildere
Strafen für NS-Verbrecher.

Das ist weder eine sachliche noch quellenbasierte Aussage. Richtig ist, dass viele Juristen des 3. Reichs in ihren Berufen blieben, insb. aber an den Universitäten und in der Verwaltung, in wie weit sie in der Richterschaft und insb. in der Strafgerichtsbarkeit blieben, ist mir nicht bekannt, dass sie auch ehemalige NS-Verbrecher begünstigt hätten auch nicht.

Die nennenwerten NS-Verfahren sind hinlänglich bekannt und jedenfalls mir ist solches nicht bekannt (ich habe meine soziologische Diplomarbeit am Fritz-Bauer-Institut für Holocaustforschung über den Ausschwitz-Prozess geschrieben und im Zuge dessen auch erheblich recherchiert).

Insofern will ich obige Behauptung nicht grundsätzlich abstreiten, würde aber um Quellenbelege bitten, die günstige Urteile für NS-Verbrecher durch ehemalige NS-Richter belegen.

Auch die Bevölkerung war der
Ansicht, dass sich unter den von den Alliierten Verurteilten
viele anständige Bürger befanden, die nur aus Rachsucht
verurteilt worden waren.

Auch hierfür hätte ich gerne Quellenbelge. Insb. ist eine Begrifflichkeit wie „die Bevölkerung“ nicht geeignet, eine sachliche Aussage zu treffen.

So akzeptierte auch die Bevölkerung,
dass später viele Verbrecher nach nationalsozialistischem
Recht freigesprochen wurden.

Da solltest Du mal die Berichterstattung zum Ausschwitz-Prozess lesen. Das klingt doch ganz anders. Was Teile der Bevölkerung akzeptierten war ein „Ruhenlasen der Vergangenheit“, so dass Prozesse erst garnicht eröffnet werden sollte, bzw. die Verjähungsregelungen nicht geändert werden sollte.

Im Übrigen sollte erläutert werden, was „nach nationalsozialistischem Recht“ bedeutet. Erstens wurden die Prozesse nach bundesdeutschem Recht geführt (daher auch die erheblichen Probleme der Anwendung dieses Rechts auf das 3. Reich). Andererseits gab auch jedenfalls das Recht des 3. Reichs keine Rechtfertigung für bestimmte Verbrechen. Dieses wurde alles „außerrechtlich“, bzw. intern geregelt. Daher standen die Verteidiger im Auschwitz-Prozess vor dem erheblichen Problem, dass auch unter Berufung auf die Anwendung von NS-Recht jedenfalls Tötungs- und Folterdelikte nicht gerechtfertigt waren (Rassengesetze, etc. lasse ich jetzt mal hier außen vor).

Hinzu kamen noch die zwei
Straffreiheitsgesetze unter Adenauer sowie die Ablehnung den
Tatbestand „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ ins
Strafrechtsregister der BRD aufzunehmen. Auch dies trug zu
einer Behinderung der Ahndung von NS-Verbrechern bei.

Welche „Straffreiheitsgesetze“ sind hier genau gemeint?

Was haltet ihr davon? Sicherlich war das alles nicht korrekt
und nicht „gerecht“. Aber wie hätte man vorgehen sollen? Was
wäre „gerecht“ gewesen?

Ich denke, dass dieses Thema viel zu wichtig und viel zu sensibel ist, als dass man es unter einem derart plakativen und simplifizierten Aufhänger angehen sollte. Hierzu bedarf es doch der Bearbeitung einschlägiger Literatur, um sich ein deutlich differenzierteres Bild zu verschaffen. Es wurde viel zu viel falsch gemacht bei der nicht gelungenen Aufarbeitung der NS-Vergangheit durch die Justiz. Darum sollte aber zumindest die Kritik an dieser auf angemessenem und qualitativ ausreichendem Niveau geführt werden.

Gruß
Matze

Hallo

Bereits 1949 waren ehemalige Nazijuristen wieder in Amt und
Würden und sorgen somit für viele Freisprüche und mildere
Strafen für NS-Verbrecher.

Sicher ist, das es in der Bundesrepublik einen offenkundigen „wohlwollenderen“ Umgang mit der NS Vergangenheit und ihren Protagonisten gab, als in anderen Teilen Europas.

Man tat sich schwer Haftbefehle zu erlassen bzw. überhaupt darüber zu befinden, die Beurteilung von Zeugen viel oft zu gunsten der Angeklagten aus oder es gab schlicht gar keine Suche bzw. Untersuchung. Hinzu kommt das Hilfe durch Zeugen und Unterlagen von Ländern wie Polen, der DDR, der Sowjetunion etc. in der Regel abgelehnt wurde.

Das alles jedoch auf ein paar Juristen zurückzuführen, entbehrt jeder Grundlage und ist nicht belegbar. Denn letztlich haben die Alliierten (allen voran die USA) damit begonnen „fünfe grade sein zu lassen“ in dem Urteile in Nürnberg abgemildert wurden bzw. spätere Urteile kaum noch eine Strafe erkennen ließen. Auch die Vergabe der Entnazifizierungsgutachten (Persilscheine) wurde zur Routine, die meist gar keine Untersuchungen mehr nach sich zog. Auch hier liegt die Verantwortung bei den Alliierten.

Denn die Weltpolitik hatte eine neue Frontlinie (der Kommunismus in Europa), der man Rechnung tragen wollte. Dazu brauchte man die Deutschen und das ließ man die Deutschen auch spüren und wissen. Sprüche wie „Jetzt weiß der Ami, das er das falsche Schwein geschlachtet hat“ stammen genau aus dieser Zeit.

Und letztlich schauten die Alliierten auch, wer ihnen noch von Nutzen war. Ob es bei den Amerikanern der SS Sturmbannführer Wernher von Braun war oder bei den Russen Wehrmachtsgeneral Friedrich Paulus.

Auch die Bevölkerung war der
Ansicht, dass sich unter den von den Alliierten Verurteilten
viele anständige Bürger befanden, die nur aus Rachsucht
verurteilt worden waren. So akzeptierte auch die Bevölkerung,
dass später viele Verbrecher nach nationalsozialistischem
Hinzu kamen noch die zwei Straffreiheitsgesetze unter Adenauer sowie :die Ablehnung den Tatbestand „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ :ins Strafrechtsregister der BRD aufzunehmen. Auch dies trug zu
einer Behinderung der Ahndung von NS-Verbrechern bei.

Teilweise richtig, aber auch hier muß man sagen, das du davon kaum etwas beweisen kannst und zum anderen die Bundesregierung ohne die Alliierten nicht mal husten durfte um es einmal drastisch zu formnulieren. Zumindest nicht in grundlegenden Fragen bzw. Fragen der Vergangenheitsbewältigung.

Hätten die Alliierten dies Entwicklung nicht selbst gewollt, wäre es auch nicht möglich gewesen, dies heute festzustellen.

Gruß Parzival

Hallo Matze,

ich beziehe mich bei meinen Aussagen unter anderem auf einen Artikel aus einer Zeitung. (http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2009/01/Justiz)

Habe ich etwa den Artikel falsch verstanden, oder entspricht das, was der Autor dort schreibt nicht ganz der Wahrheit?

ich beziehe mich bei meinen Aussagen unter anderem auf einen
Artikel aus einer Zeitung.
(http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2009/01/Justiz)

Habe ich etwa den Artikel falsch verstanden, oder entspricht
das, was der Autor dort schreibt nicht ganz der Wahrheit?

Es geht nicht darum, ob „das“ insgesamt ganz oder „nicht ganz der Wahrheit entspricht“, sondern um die Art und Weise der Bearbeitung sehr komplexer und sensibler Themen.

Ich kann dem Artikel weder Quellen, noch eine sachlich differenzierte Herangehensweise an die Materie entnehmen. Einige konkrete Aussagen zu einzelnen Ereignissen, die ich weder verifiziern kann, noch kann ich aus ihnen Schlüsse auf ein Prinzip ziehen.

Einige allgemeine Behauptungen, die wiederum dermaßen vereinfacht und gar polemisiert aufgestellt werden, dass sie weder mit wahr, noch falsch zu betiteln sind und damit letzlich keine wirklich relevanten Informationen vermitteln. Zu wertend sind die Ausführungen des Autors selbst allein durch die Wahl der Diktion.

Aussagen wie: „Meinungsumfragen belegen, dass diese …große Zustimmung in der Bevölkerung fand“, „Es setzte sich die Meinung durch, dass…“ oder „Die meisten Deutschen…“ sind mangels jeglicher Konkretheit für ernsthaft gemeinte Analysen und Berichte ebensolche Todsünden, wie Erklärungen a la „Auch die rund 200 Schändungen jüdischer Friedhöfe, die in dieser Zeit begangen wurden, dürften durch dieses Gesetz ungestraft geblieben sein“ (was bedeutet dürften, ist es so oder nicht oder teilweise?), „Doch auch die Gnadenlobby durfte die Amnestien zu einem Teil als ihren Erfolg verbuchen“ oder „Und nicht nur dort blieb der Dolch des Mörders in den folgenden Jahren wieder unter der Robe des Juristen verborgen“. Derart wertende Aussagen sind vielleicht in der Rubrik „Meinungen“ zu lokalisieren, als Basis einer sachlichen und objektiven Diskussion taugen sie nichts.

Wenn dann noch geschrieben wird: „Selbst für Massenmörder fanden deutsche Gerichte noch entlastende Argumente. Etwa indem sie den Kreis der »eigentlichen Täter« auf die Hauptschuldigen um Hitler begrenzten und sämtliche übrigen Verantwortlichen als bloße »Gehilfen« einstuften.“ zeigt das neben der klaren Tendenz, einfach alles verurteilen zu wollen lediglich, dass sich der Autor mit den damals erheblichen Problemen eines Strafrechts, dass für derartige Geschehen nie geschaffen wurde, jedoch angewendet werden musste, nicht einmal ansatzweise auseinander gesetzt hat, bzw. auseinander setzen wollte. Selbst das über 600 Seiten lange Urteil im Auschwitz-Prozess, dass ganz überwiegend hohe Verurteilungen aussprach, setzte sich umfassend mit der Problematik von Täterschaft und Teilnahme unter Bezugnahme auf den damaligen rechtswissenschaftlichen Diskurs hierzu auseinander. Offensichtlich war es dem Autor aber zu mühsam, sich hiermit (trotz umfangreicher Quellenlage) auseinander zu setzen, und da es nicht in sein Meinungsbild passte, bediente er sich der Polemik.

Es gibt sehr gute Bücher und Artikel zu NS-Prozessen und ihren strafrechtlichen Problemen, sowie insgesamt zur Aufbereitung der NS-Vergangenheit, die in einigen Fällen zwar doch, überwiegend aber nicht gelungen ist (interessant hierzu immer: http://www.fritz-bauer-institut.de/). Dieser gehört m.E. nicht dazu.

Letztlich geht es hier allein um die Frage, wie man an ein solches Thema für eine Diskussion, das ist es ja, was angestoßen werden sollte, herangehen kann, bzw. sollte und wie man einer solchen eher schadet.

Gruß
Matze

Vielen Dank für deine ausführliche Analyse des Artikels.

Jetzt, da ich nun die Meinung eines echten Experten bezüglich des Artikels kenne, erscheint er mir auch sehr sehr übertrieben, noch dazu lässt er wichtige Tatsachen außer Acht.

Ich kenne mich mit diesem ganzen Thema ja nicht so gut aus, weshalb ich auch verschiedene Meinungen darüber hören wollte.

Ich weis jetzt also, dass man sich durchaus bemüht hat, die Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen.

Nochmals vielen Dank

Jetzt, da ich nun die Meinung eines echten Experten bezüglich
des Artikels kenne,

das wäre sicherlich übertrieben, aber man bekommt sehr schnell einen differenzierten Blick auf Themen, wenn man sich ein wenig mit ihnen beschäftigt.

Ich weis jetzt also, dass man sich durchaus bemüht hat, die
Verbrecher zur Rechenschaft zu ziehen.

Jedenfalls zum Teil, der Rest ist kein Ruhmesblatt deutscher Justizgeschichte.

Gruß
Matze

Hallo Firespeier,

jetzt verstehe ich Deine Frage besser. Aber dieser Artikel ist als Wissensgrundlage nicht ernst zu nehmen, sondern nur als polemischer Diskussionsbeitrag.

Warum polemisch? Zum Beispiel durch die Kunst des Weglassens. Mit großem Pathos beklagt der Autor das Verbot der KPD, ohne darauf einzugehen, dass die Begründung dieses Verbots durch das BVerfG ein fundamentaler Bestandteil unserer Rechtsordnung wurde (so gut ist sie), und ohne zu erwähnen, dass bereits vorher die Sozialistische Reichspartei, eine NSDAP Nachfolgerin, verboten wurde.

Der Ausgangspunkt seines Artikels, die SDS-Quellen, sind damals völlig zu Recht angezweifelt worden. Seit der Öffnung der Stasi-Archive und z.T. der Moskauer Archive wissen wir, dass dort gelegentlich kräftig nachgebesssert wurde. Natürlich gab es genügend NS-Verbrecher, die keiner Fälschungen bedurften, aber eben auch Fälle wie Lübke, den man als KZ-Baumeister diffamierte, und der sich dagegen nicht wehren konnte; denn die Dokumente schienen es ja zu belegen. Genauso waren auch die seinerzeitigen Friedhofsschändungen Stasiarbeit, um die Bundesrepublik als waschechten Nachfolgestaat des NS-Staates bloßzustellen.-

Man kommt eben immer wieder auf das Proseminar Geschichte zurück: quellenkritisches Arbeiten ist das A und O des Historikers.

Gruß,
Andreas

Hallo Andreas,

gab es genügend NS-Verbrecher, die keiner Fälschungen
bedurften, aber eben auch Fälle wie Lübke, den man als
KZ-Baumeister diffamierte, und der sich dagegen nicht wehren
konnte; denn die Dokumente schienen es ja zu belegen.

jetzt bin ich aber baff. Wieso nicht wehren können? Herr Lübke hatte das ganze Bundespräsidialamt zur Verfügung um sich zu wehren. Freilich mit wenig Erfolg - weil die Vorwürfe berechtigt waren. Oder ist Jens-Christian Wagner, Leiter der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora und Verfasser dieses Artikels: http://www.zeit.de/2007/30/Heinrich-Luebke?page=all etwa gar ein Stasimitarbeiter, der noch 17 Jahre nach Auflösung der Stasi Desinformation betreibt?

Genauso
waren auch die seinerzeitigen Friedhofsschändungen
Stasiarbeit, um die Bundesrepublik als waschechten
Nachfolgestaat des NS-Staates bloßzustellen.-

Tatsächlich? Alle womöglich? Gibt es für diese Deine Behauptung auch nur die Spur eines Beweises, z.B. von der Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen? Gibt es nicht. Das stammt aus ganz anderen Quellen - und zwar reichlich trüben. Zum Einstieg: http://www.friedensbrief.de/0201text.html

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Ralf,

mal abgesehen davon, dass das Präsidialamt, zumal damals, eine kleine Behörde ist, weißt Du doch, dass man nicht beweisen kann, dass etwas nicht ist. Gerade Lübke war für diese Art von Auseinandersetzung nicht gemacht, obwohl er nicht der Armleuchter war, für den man ihn gemeinhin hält.

Die Sache mit dem „KZ-Baumeister“ ist hier zusammengefasst:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article862432…

Falls Du jetzt Quellenkritik betreiben willst: ja, die Welt gehört zum - horribile dictu - Springer-Verlag.

Deine Quelle zum Thema Friedhofsschändungen gehört nun aber zu einer kaum noch verkappten KPD-Tarnorganisation, die sich lustigerweise über Verschwörungstheorien auslässt. Das ist echt komisch. Dankbar erinnere ich mich an G. Orwell, durch den man die Kameraden und ihre Art zu argumentieren besser versteht. Wie sagte der Chef von „dat janze“ noch zum Abschied? „Aber ich liebe doch alle…“

Beste Grüße,
Andreas

Hallo Andreas,

http://www.welt.de/politik/deutschland/article862432…

inhaltlich kaum verschieden von dem, was in dem von mir angegebenen Link steht. Lediglich, dass einige Aspekte (z.B. die Sache mit den Zwangsarbeitern) ausgelassen werden. Entscheidend der drittletzte Satz: „Inzwischen hatte das Hamburger Landgericht im Sinne von Senfft entschieden“. Und das, obwohl die belastendsten Dokumente noch gar nicht vorlagen. Das muss sogar die ‚Welt‘ einräumen

ja, die Welt
gehört zum - horribile dictu - Springer-Verlag.

  • dem damaligen Verlierer des Prozesses.

Deine Quelle zum Thema Friedhofsschändungen gehört nun aber zu
einer kaum noch verkappten KPD-Tarnorganisation,

Dann bitte ich dich, meiner Aufforderung nachzukommen und belastbare Quellen für Deine Behauptung zu nennen. Z.B. - wie bereits vorgeschlagen - vom BStU. Gibt es irgendeinen Beweis dafür, dass die Stasi als verdeckte Operation Friedhofsschändungen in der BRD durchführte? Geschweige denn dass, wie Du suggerierst, alle Friedhofsschändungen Stasi-Aktionen gewesen seien? Meiner Kenntnis nach nicht. Dass ich da einer Meinung mit einer „verkappten KPD-Tarnorganisation“ bin (falls es denn eine sein sollte) ist ja noch kein Beweis.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf,

nein, diese Quelle kann ich auf die Schnelle nicht liefern, möchte aber klarstellen, dass ich mich nur auf die ersten Schändungen beziehe. Dass danach auch ohne Stasiunterstützung geschändet wurde, stelle ich nicht in Abrede.

Kennst Du die Silvesteransprache von Adenauer zum Thema?

Gruß,
Andreas

Hallo Andreas,

nein, diese Quelle kann ich auf die Schnelle nicht liefern,

dann möchte ich Dir noch zwei weitere Quellen liefen, zunächst speziell zum Auslöser, der ersten Schändung:

Juliane Schwibbert
Die Kölner Synagogenschmierereien Weihnachten 1959 und die Reaktionen in Politik und Öffentlichkeit (Magisterarbeit von 1992)
in:
Geschichte in Köln, Heft 33, August 1993 ISSN 0720-3659
S. 73-96

sodann die aktuelle Arbeit zum Thema:

Shida Kiani
Zum politischen Umgang mit Antisemitismus in der Bundesrepublik
Die Schmierwelle im Winter 1959/1960
in:
Erfolgsgeschichte Bundesrepublik?
Die Nachkriegsgesellschaft im langen Schatten des Nationalsozialismus
Hrsg. v. Stephan A. Glienke, Volker Paulmann u. Joachim Perels
Wallstein 2008 ISBN 3835302493 Buch anschauen
S. 115-146

teilweise einsehbar hier: http://books.google.de/books?id=bhD8l7DhvWwC&dq=Erfo…

  • beide mit ausführlicher Behandlung (und Widerlegung) der ‚kommunistische Drahtzieher‘-These.

Zitat Kiani (Hervorhebungen von mir):
„Die Vorfälle wurden von der DDR-Regierung zwar tatsächlich instrumentalisiert, und es ist auch nicht vollständig auszuschließen, dass sich vereinzelt „Provokateure“ oder Anhänger der DDR daran beteiligten. Insgesamt fand die Bezeichnung „kommunistisch“ jedoch allzu inflationär Verwendung - auf den organisatorischen Hintergrund und die Einstellung der Masse der Täter traf sie jedenfalls nicht zu: Keinem der Täter konnte nachgewiesen werden, in Rahmen eines SED-Aktionskommandos gehandelt zu haben, und bei der Klassifizierung von Einzelnen als „kommunistisch“ musste auf recht waghalsige Konstruktionen zurückgegriffen werden.“ (a.a.O., S. 123 - die Anmerkungen dazu beachten)

Das liest sich aber ganz anders als Dein

Genauso waren auch die seinerzeitigen Friedhofsschändungen Stasiarbeit

Wie schon angegeben, das Buch erschien 2008, ist also auf aktuellem Stand. Wolfssohns bemühte Versuche in den 90ern, die ‚Drahtzieher-These‘ wieder aufleben zu lassen, haben sich als das erwiesen, was sie sind: Geschichtsklitterung.

dass ich mich nur auf die ersten Schändungen beziehe

Die wurden von zwei Mitgliedern der DRP, der rechtsradikalen Deutschen Reichspartei, begangen. Das Gerücht einer Steuerung durch Ost-Berlin wurde ursprünglich von der DRP selbst gestreut, die ein Verbot befürchten musste.

Freundliche Grüße,
Ralf

und sorgen somit für viele Freisprüche und mildere
Strafen für NS-Verbrecher.

Das ist weder eine sachliche noch quellenbasierte Aussage.
Richtig ist, dass viele Juristen des 3. Reichs in ihren
Berufen blieben, insb. aber an den Universitäten und in der
Verwaltung, in wie weit sie in der Richterschaft und insb. in
der Strafgerichtsbarkeit blieben, ist mir nicht bekannt, dass
sie auch ehemalige NS-Verbrecher begünstigt hätten auch nicht.

Hallo eine sehr unrühmliche aber durchaus bekannte Geschichte
ist jene des psychiatrischen Gerichtsgutachters Sawade, der
zuvor unter dem Namen Heyde an der Eutanasie psychisch Kranker
undder Aktion T4 beteiligt war und auf dem Weg zum Nürnberger
Ärzteprozess, wo er allerdings nur als ZEuge aussagen sollte,
floh.
Hier mal ein erster Anhaltspunkt,
http://www.akens.org/akens/texte/info/35/85.html

die gängige Fachliteratur ist in diversen Monographien leicht
zu finden.
Das Werk, das im Artikel genannt wird, war vielleicht auch
Grundlage der Meinungsbildung der Literatur, die dem
Fragesteller begegnete:
Klaus-Detlev Godau-Schüttke: Die Heyde/Sawade-Affäre. Wie
Juristen und Mediziner den NS-Euthanasieprofessor Heyde nach
1945 deckten und straflos blieben. Baden-Baden: Nomos Verlag
1998. 337 S.

Zumindest war es das was mir gleich als erstes einfiel. Der
Titel behauptet zumindest schon, was du negierst, das Juristen
NS-Verbrecher deckten Für Schleswig-Holstein gibt es aufgrund
dieses auch öffentlichkeitswirksamen Skandals eine Vielzahl an
Arbeiten über die Nachkriegsjustizgeschichte, allerdings
oftmals auch in Form von Dissertationen oder anderen
Abschlußarbeiten, die vielleicht nicht alle leicht zu finden
sind.

Und dann fiel mir noch das Foto von Richard v. Weizäcker der
für den Verteidiger seines Vaters arbeitete beim Nürnberger
KV-Prozess ein. Die Familie v. Weizäcker hat u.a. auch für
eine Geschichtsklitterung gesorgt, zumindest eine intensive
Reinwaschung des eigenen Namens, die sogar dazu führen konnte,
dass Richard Bundespräsi werden konnte und Carl, der am Entwurf der dt. Atombombe beteiligt war, die Vorbild für die Hiroshimabombe war, den Friedensnobelpreis bekommen konnte.
Auch das ist ein unschönes Kapitel der Aufarbeitung der
NS-Zeit, wenn auch nicht so sehr juristisch.

Gruß burli