Nazis in Suedamerika

Hallo liebe Wissende,

vor einigen Tagen fragte mich eine auslaendische Freundin, warum so viele Nazis ausgerechnet in Suedamerika Zuflucht gefunden haben (und ich erweitere die Liste mal auf andere mehr oder weniger historische Gestalten wie Erich Honecker).

Ich konnte leider auch nur raten, moechte meiner Freundin aber gerne eine einigermasse fundierte Antwort geben - kann mir jemand weiterhelfen?

Vielen Dank
Sylvia

Hi!

Manche Länder in Süsdamerika, z.B. Venezuela, Peru und Argentinien, waren den Nazis sehr freundlich gestimmt.
Sei es aufgrund alter Kontakte oder des Geldzuflusses durch diese Leute. Schließlich kostete das Asyl ordentlich was.

Interessant ist hier auch, wie die Reise vieler Abseiler damals lief: auf Fuerteventura, eine der Kanarischen Inseln, gibt es noch heute das Rollfeld, von dem aus die Jungs nach einer Zwischenlandung gen Westen düsten.

Grüße,

Mathias

vor einigen Tagen fragte mich eine auslaendische Freundin,
warum so viele Nazis ausgerechnet in Suedamerika Zuflucht
gefunden haben (und ich erweitere die Liste mal auf andere
mehr oder weniger historische Gestalten wie Erich Honecker).

Ich konnte leider auch nur raten, moechte meiner Freundin aber
gerne eine einigermasse fundierte Antwort geben - kann mir
jemand weiterhelfen?

Vielen Dank
Sylvia

Hallo Sylvia,

die Leute hatten damals einen anderen Kenntnisstand. In vielen Ländern hat es in den beiden vorausgegangenen Jahrzehnten nur wenig antideutsche Kriegspropaganda gegeben, und die antifaschistische Aufklärungsarbeit, der wir unseren heutigen Kenntnisstand über die Verbrechen der Nazis verdanken, hatte damals gerade erst begonnen.

Die Nazis waren also in manchen Ländern nicht der Inbegriff des Bösen, insbesondere in den Ländern, die nur formell am Krieg gegen Deutschland teilgenommen hatten. Darum durften sich flüchtige Nazis in den südamerikanischen Ländern niederlassen. Für gering hielt man die Gefahr, daß die Nazis sich in Südamerika sofort an dort ansässigen Juden vergreifen könnten, und in der Tat hat man bis heute nichts dergleichen gehört.

Für Nazis hingegen war die Auswahl klein, da noch viele Länder unter der Kolonialherrschaft von Feindstaaten waren. Sogar in Deutsch-Südwest (heute Namibia) waren die Deutschen in südafrikanischen Konzentrationslagern interniert worden, obwohl sie keine deutschen Staatsangehörige waren. Afrika kam daher kaum in Frage, das koloniale Ostasien auch nicht, das deutschfreundliche Japan war unter amerikanischer Besatzung, Australien gewissermaßen englisch.

Ich wage mal die Vermutung, daß auch Teheran und Bagdad gerne Nazis aufgenommen hätten, von denen mancher ja hochqualifiziert war.
Aus deutscher Sicht war aber wohl das soziokulturelle Umfeld in Südamerika für eine dauerhafte Ansiedlung günstiger als in Nahost.

Gruß

Wolfgang Berger