Nervosität vor Aufführung

hallo!

sicher klingt meine frage auf den ersten blick banal, aber mich würde wirklich mal interessieren, wie es für ein orchester mitglied, egal welches, vor einer opernaufführung ist. was macht man da? ist man nervös? hat man angst sich zu verspielen oder etwas falsch zu machen?

oder gar nichts davon, ist das alles routine?

bitte sagt mir wie das ist!

Hallo Merkatze :wink:,

jeder fängt mal an mit seinem Beruf, entsprechend sind also Berufsanfänger auch im Orchester sicher nervöser/aufgeregter als „alte Hasen“. Mit der Zeit gewinnt man in jedem Beruf Sicherheit (so man ihn nicht völlig verfehlt hat), dann legt sich die Nervosität mit der wachsenden Routine.
Kein Musiker wird wohl jemals zugeben, daß er nur routinemäßig seinen Part im Schlaf „runternudelt“ - selbst wenn das der Fall sein sollte. In guten Orchestern wird das nicht vorkommen, da „überlebt“ so einer nicht lange.

LG,
MrsSippi

Hallo,

sagt man nicht Lampenfieber zu diesem Gefühl?!

Die meisten Künstler die ich kenne geben mehr oder weniger offen zu es zu haben und ich finde es positiv, ist es doch die (nötige) Spannung um einen guten Vortrag zu präsentieren.

Gandalf

N´Abend, Eric,

Als ich noch klein war, hatte mir eine Opernsängerin mal von ihrem
ersten Auftritt erzählt, als sie wahnsinnig aufgeregt war und ein
sogen. „Alte Häsin“ zu ihr sagte: „Was, du hast schon jetzt so
starkes Lampenfieber? Na dann freu dich auf die Zukunft!“
Meine erste Klavierlehrerin sagte ähnliches: „Das Lampenfieber wird
später nicht weniger - aber man lernt, besser damit umzugehen.“
Routine hin oder her - auf der Bühne zählt der Augenblick, und man
kann nie trainieren, auf den Punkt perfekt zu sein, das ist immer zu
einem nicht unerheblichen Teil Glückssache. Je älter, d.h. für
Bühnenleute auch: je bekannter man ist, desto mehr hat man zu
verlieren, sollte es schlecht laufen. Ein Anfänger hat noch etwas
mehr Narrenfreiheit.

Allerdings sieht es mit den Orchestermusikern ein bisschen anders
aus:
Zunächst sind das alles studierte Musiker, die im Studium genug
Auftritte hatten, um zu lernen, mit dem Lampenfieber umzugehen. Für
die ist ein „Auftritt“ innerhalb des Orchesters (soweit ich weiß)
weniger angespannt. Ich kenne keinen Orchestermusiker, der
Lampenfieber hat, höchstens ganz junge, die frisch in ein neues
Orchester reinkommen (da sind die Kollegen die, vor denen man Angst
hat, nicht das Publikum). In einem Orchester fällt es dem Publikum
nicht auf, wenn ein einzelner Cellist an einer unsicheren Stele mal
aussetzt. (Den anderen Cellisten aber sehr wohl *g). Außerdem ist
Orchesterarbeit weniger perfektionistisch als Solistenarbeit. Deshalb
fühlen sich viele Orchesterinstrumentalisten nach dem Studium im
neuen Orchester auch nicht sonderlich wohl und beschweren sich über
das „Runtergeschrubbe“ der Stücke, bei dem man nicht mehr groß an
Details oder persönlichem Ausdruck in der Musik arbeitet, sondern
funktionierender Bestandteil der Masse sein muss.
Die Angst vor dem Versagen ist da eher zweitrangig.

Obwohl man hier auch wieder unterscheiden muss: die (Blech-)Bläser
sind meines Wissens aufgeregter, weil an etlichen Stellen nur eine
Trompete, ein Horn usw. spielen muss, und wenn derjenige da den
Ansatz vergurkt, dann Gnade ihm Gott!
Diejenigen Blechbläser unter meinen Ex-Kommilitonen, die es „am
weitesten“ gebracht haben, waren demzufolge auch weniger die
(musikalisch) hochsensiblen, sondern die mit dem dicksten Fell, soll
heißen: mit dem wenigsten Lampenfieber. :smile:

Ciao
Judy