Hallo Lena!
ich habe in der küche des hauses anfangen müssen. und das wäre
noch bis zum januar der fall. dort bin ich die einzige
deutsche und aus diesem grund ziemlich ausgegrenzt. wenn die
anderen sich unterhalten versteh ich natürlich nix und sie
geben sich auch ned sonderlich bis keine mühe mich zu
integrieren! ausserdem ekelt mich die arbeit dort an. würde
viel lieber zb hinter der rezeption sitzen!!!
Die Töne kommen mir sooo bekannt vor. Meine Nichte lernt gerade Hotelfachfrau in Österreich. Das ist wahrhaftig kein leichter, aber ein vielseitiger Beruf. Du wirst alle Bereiche durchlaufen, Rezeption, Verwaltung, Einkauf, Buchführung, Marketing, Küche, Bar, Restaurant, Personalbüro, eben alles, was man braucht, um so ein Haus auch leiten zu können. Der Küchenbereich ist dabei ein zentraler Bereich mit vielen Teilaspekten von der Organisation bis zur Hygiene. Sieh Dir mit wachen Augen an, was dort an Vorbereitung abläuft, um einem Gast binnen einer halben Stunde ein komplettes Menü auf den Tisch zu zaubern. Du mußt als Hotelfachfrau bis ins letzte Detail beurteilen können, wie man professionell und unter den Augen der Lebensmittelkontrolle eine Küche am Laufen hält, wie man Verlockungen fürs Auge auf den Teller bringt, welcher Aufwand überhaupt dahinter steckt. Dazu gehört auch der Umgang mit Menschen. Da gibts z. B. Küchenhelfer, angelernte Leute geringer Qualifikation, die man in den reibungslosen Ablauf eingliedern muß. Einerseits muß man Arbeit, Sorgen und Alltag dieser Menschen kennen, andererseits muß man sie permanent kontrollieren, damit in der Küche alles feinstens gekühlt und abgedeckt wird und sich kein Topf mit Kraut neben irgendwelchem privaten Plunder in einem Regalfach findet.
Nach nicht einmal einer Woche hast Du noch nicht einmal gerafft, um welches komplexe, arbeitsteilige Gebilde es sich beim Küchenbereich handelt. Hüte Dich vor negativer Grundstimmung. Wenn Du beschließt, daß eh alles Mist ist, kannst Du gar nicht bemerken, was wirklich um Dich herum los ist und was es dort alles zu sehen, zu durchschauen und zu lernen gibt.
Wo Menschen arbeiten, wirst Du damit leben müssen, daß Dir von einzelnen Zeitgenossen oder Gruppen mit Vorbehalten begegnet wird. Die Ursachen sind vielfältig. Es kann sich um Gruppenverhalten handeln, wo die Neue erst einmal mißtrauisch beäugt wird. Es kann sich um Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen handeln, die nur schwer einen Draht zueinander finden und manchmal handelt es sich schlicht um Neid. Angelernte Küchenhelfer kommen aus der Lage ohne weiteres nicht heraus. Bei der Hotelfachfrau-Azubine wissen diese Leute, daß die Neue nur kurz dort ist und dann weiterkommt. Du mußt lernen, mit solcher Situation klarzukommen, ohne daß Du gleich das Handtuch schmeißt. Dir wird Vergleichbares noch oft begegnen. Viel liegt dabei an Dir. Ungewollt signalisierst Du Deine negative, ablehnende Haltung und das spüren die Menschen.
haare sind mein hobby!
Wunderbar. Dann pflege das Hobby. Lasse mal gegenüber einer Kollegin beiläufig fallen, daß Du mehr aus ihrer Frisur machen könntest. Dann machst Du das - natürlich nicht in der Küche, das ist da nämlich verboten. Dann tauen auch die Kollegen und Kolleginnen allmählich auf. Hab etwas Geduld, von jetzt auf gleich ist zu viel verlangt.
… war hotelfachfrau nur eine notlösung!
Dir ist offenkundig noch nicht klar, wie vielseitig der Beruf ist. Mit dem Gefühl der Notlösung schürst Du Deine eigene Abwehrhaltung.
wie gesagt, frisörin oder kosmetikerin wären meine erste wahl!
Mich fragt ja keiner
, aber wenn Du mich fragen würdest, würde ich Dir sagen, daß Friseurin und Kosmetikerin die Notlösungen sind, wenn gar nichts anderes geht. Ein schönes Hobby, aber tue Dir den Gefallen, daraus keinen Beruf und Broterwerb zu machen. Wenn Dir die Arbeit in der Küche eklig vorkommt, möchte ich lieber nicht wissen, was Du sagst, wenn jemand stinkig, mit verfilzten schorfig schuppigen, dreckstarrenden Haaren vor Dir sitzt. Glaub bloß nicht, daß nur frisch gebadete, knackige junge Menschen beim Friseur Platz nehmen. Solange Du Deine „Opfer“ hobbymäßig aussuchen kannst, ist die Welt in Ordnung. Ansonsten ist das nichts weiter als ein mieserabel bezahlter Frustjob und oft genug ein Ekeljob, nebenbei mit erheblichem Allergierisiko.
Gruß
Wolfgang