Neues Vergaberecht - freiberufliche Tätigkeit

Liebe WWW Comunity,

Erstmal möchte ich vorab sagen, dass ich nur Halbwissen besitze, und evt einige Wörter oder Formulierungen in der Fragestellung falsch sind.

Hier meine Frage:
Ich bin freiberuflicher Grafik Designer (künstlerische, freiberufliche Tätigkeit).

Letzhin hatte ich einen Auftrag, bei dem ich nicht mehr verlangen konnte als die Grenze von 500 Euro. Die Begründung war, dass es ein Direktkauf ist, und die Rechnung Netto 500 Euro nicht überschreiten darf.

Ich habe aber gelesen, dass laut dem Vergaberecht freiberufliche Dienstleitungen ohne die Durchführung eines Vergabeverfahrens vom Auftraggeber direkt beschafft werden können. Also ohne Auschreibung und ohne Vergleichsngebote, solange sie unterhalb eines bestimmten Schwellenwertes liegen.

Das würde also bedeutet, dass der Hinweis von Auftraggeber, dass die Netto 500 Euro nicht überschritten werden dürfen, nicht korrekt war.

Sehe ich das Richtig? Kann ich also in Zukunft einen Auftraggeber darauf hinweisen, dass laut neuem Vergaberecht, bis zu einem bestimmten Schwellenwertes, ein Direktkauf stattfinden kann?

Danke für eure Hinweise, Hilfen und Anregungen!

Einen schönen Tag,
Thomas Stef

Hallo,

bin kein Anwalt, aber meines Wissens nach greift Vergaberecht erst ab 100.000€ aufwärts.

Bei 500€ ist das natürlich Quatsch. Vielleicht durfte diese Person aufgrund interner Regeln nicht mehr freigeben/abzeichnen.

Gruß,
Steve

An so etwas habe ich auch gedacht, als ich die Frage las.

Danke für die Antwort. In diesem bestimmten Fall, war ein ein Auftrag einer Universität für ein Plakat und andere Grafik-Arbeiten. Es hat mich auch verwundert, dass die Grenze nur 500 Euro war.

Aber, wenn ich das korrekt verstanden habe, ist Ihre Vermutung, dass das kein Gesetz ist, sondern eine „interne Regelung“, ja?

Also laut Gesetz, kann eine Institution wie eine Universität ein Direktkauf über 500 Euro machen, ohne Vergelichsangebote einzuholen, ja?

Ja.

Ja. Das würde ja auch keinen Sinn machen. Wenn die Grenze so niedrig liegen würde, müsste man ja bspw. schon für einen einzigen neuen Laptop durch den ganzen Ausschreibungsprozess gehen.

Daher sind die Grenzen im Gesetz eben ab 100.000€ aufwärts.

Gruß,
Steve

Hmm, da läuft einiges durcheinander, fürchte ich. Ich bin aber auch nicht mehr sattelfest darin, weil meine Zeit an der Fachhochschule schon „ein paar Tage“ her ist. Das eine, was du meinst, sind Ausschreibungen, die ab einem bestimmten Auftragsvolumen Pflicht sind, davor gibt es (zumindest gab es das damals bei uns) die Möglichkeit, BIS zu einem bestimmten Auftragsvolumen (die Höhe weiß ich nicht mehr) von einer Abschreibung abzusehen, aber man hatte die Pflicht, (mindestens) drei Vergleichsangebote einzuholen. So haben wir damals die Hardware für das Projekt gekauft: wir wollten von einem bestimmten (lokalen) Händler das haben, dann hatten wir das Angebot, und dann haben wir im Internet zwei teuerere Angebote gesucht und beim lokalen Händler kaufen dürfen.

Aber das war vor 2004, seitdem wird sich da auch einiges noch geändert haben.

Ich denke, ein Blick in die VOL/A sollte Klarheit bringen.
Im Paragraph 3 lese ich tatsächlich etwas von 500€ Wertgrenze für Direktkäufe.

Mir sieht das veraltet aus. Es ist von 2009, und bei Wikipedia steht:

Die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL) ist Teil des deutschen Vergaberechtes und regelt die Ausschreibung und die Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand in der Bundesrepublik Deutschland. Bis 2009 wurde sie Verdingungsordnung für Leistungen genannt, wobei unter Verdingung die öffentliche Bekanntgabe von Bedingungen in Erwartung eines Vertragsangebots zu verstehen war. 2016 ging der Regelungsgehalt der VOL/A in der Vergabeverordnung (VgV) und der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) auf. Letztere tritt in den verschiedenen Bundesländern durch Landesgesetzgebungen sukzessive in Kraft.

Dort habe ich auf Anhieb nichts gefunden, ich habe aber auch nur SEHR oberflächlich geguckt.

Ich danke allen für die Hilfe! Ich habe immer noch nicht Klaheit erlangt, aber das ist glaube ich normal, bei dieser Paragrafen-Schlacht :smiley:

Deswegen suchen wir ja weiter. :wink: Vielleicht weiß @Wiz etwas dazu?

Nun, der ist jedenfalls schon lange genug in der „freien Wirtschaft“ unterwegs, dass er jemandem, der bei einer Ausschreibung bietet, bei der durch den Ausschreibenden eine Obergrenze von 500 € gesetzt ist, kaum raten wird, ein Angebot oberhalb dieses Betrages einzugeben und dazu zu erläutern, dass es eigentlich ja auch mehr kosten dürfte.

Wenn Herr Volkswagen für die Entwicklung eines neuen Schaltgetriebes durch externe Anbieter von Ingenieursleistungen maximal 750.000 € ausgeben will, ist es ziemlich sinnlos, ein Angebot über 900.000 € vorzulegen und dabei mit viel schönen Reden zu begründen, dass die Entwicklung eines neuen Schaltgetriebes eben nicht billiger zu machen ist.

Schöne Grüße

MM

Darum geht es nicht, sondern um gesetzliche Regelungen. Denn wenn derjenige, der die Begründung abgeliefert hat, einfach einen falschen Informationsstand hatte, könnte man beim nächsten Mal „Aufklärungsarbeit“ leisten.

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Bei uns an einer als Stiftung geführten Hochschule ist die Grenze 1000€. Für alles, was darüber ist, müssen wir drei Angebote haben oder spezielle Gründe anführen, warum das nicht möglich oder nötig ist (Alleinanbieter, Rahmenvertrag mit der Hochschule, Folgebestellung). Alles über 5000€ wird darüber hinaus nicht vom Kostenstellenverantwortlichen, sondern von einem dafür Zuständigen aus der Verwaltung bestellt (wegen der besseren Kontrolle). Eine richtige Ausschreibung liegt aber nochmal weit darüber.

Ich vermute mal, dass da jemand nicht wirklich gut Bescheid wusste oder einen Grund vorgeschoben hat oder spezielle Regelungen seiner Dienststelle einhalten musste oder eine Mischung daraus. Und ganz bestimmt wurde ein falscher Begriff verwendet - wegen 500€ macht sicher niemand eine richtige Ausschreibung. Die Kosten für die Verwaltung von sowas übersteigen sonst nämlich den Preis dessen, was da beschafft werden soll.

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Da ich direkt angesprochen wurde: Allgemeine Themen zur Unterschwellenvergabe sind jetzt nicht gerade mein täglich Brot, wofür ich dankbar bin, da da neben der UVgO und der VgV da auch viele länder- und kommunalrechtliche Regelungen, sowie Spezialregelungen für einzelne Institutionen, … reinspielen. Das hat sich in den letzten Jahren etwas gebessert, da IFAIR bis auf Hessen nunmehr alle Bundesländer sich gegen eigene Lösungen und für die VgV entschieden haben, aber trotzdem spielen da nach wie vor haushaltsrechtliche Regeln der Länder und Kommunen, … mit rein.

D.h. man findet unmittelbar in § 8 Abs. 4 UVgO keine Schwellwerte in Euro für das hier gewählte Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb (Direktvergabe), die man jetzt auf diesen konkreten Einzelfall unmittelbar anwenden könnte. Und die haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen der einzelnen Bundesländer reichen in der Anwendbarkeit von €7.500,-- bis €100.000-- (so zumindest mein letzter Stand). D.h. die in der Ausgangsfrage angesprochenen € 500,-- können daher zwar so unmittelbar nicht stammen, aber es mag (sogar recht wahrscheinlich) da im betroffenen Bundesland, der konkreten Kommune, … noch Spezialregelungen geben, die hier zum Zuge gekommen sein können. Bitte jetzt auch nicht nachliefern, dass es sich um Schule X in Stadt Y in Bundesland Z handelt, da ich den Aufwand nicht treiben kann, mich da komplett durch alle konkret anwendbaren Regelungen zu hangeln.

Unabhängig vom Vergaberecht möchte ich aber auch auf den schon von @Aprilfisch angesprochenen Aspekt verweisen: Tatsächliche Budgets sind im Unterschwellenbereich weit häufiger als Grenzen des Vergaberechts die Beschränkungen dessen, was man ausgeben darf, und was ein Anbieter sinnigerweise anbieten sollte. D.h. wenn jemand mit entsprechender Budgetverantwortung festgelegt hat, dass für ein Thema € 500,-- zur Verfügung stehen und ausgegeben werden dürfen, dann macht es natürlich überhaupt keinen Sinn ein Angebot für €1.000,-- abzugeben, weil das dann schlicht und ergreifend nicht beauftragt werden wird. Dies gilt insbesondere in Fällen, wie dem hier angesprochenen, da das eine Leistung ist, die man mit recht beliebigem Aufwand zu recht beliebigen Kosten mehr oder weniger gut erbringen kann. Das entsprechende Plakat/die entsprechende Anzeige/das Layout der Broschüre/… macht dann notfalls eben ein Azubi, … wenn man dafür extern keinen Anbieter für dieses Budget findet.

Anders kann es aussehen, wenn die Leistung tatsächlich nicht im Rahmen des Budgets erbringbar sind, weil z.B. schon Materialkosten so hoch sind, dass niemand in der Lage wäre, die Leistung im vorgestellten Budget zu erbringen, und es sich um eine Leistung handelt, die auch unverzichtbar uns nicht substituierbar ist. Da kann es dann durchaus mal sinnvoll sein ein deutlich höheres Angebot abzugeben, wenn man sich ist, dass auch Wettbewerber nicht in der Lage sein werden, deutlich günstiger anzubieten. Dann wird man sehen müssen, ob der Auftraggeber in der Lage ist, nötiges Budget aufzutreiben. Und wenn durch die Angebotspreise dann Schwellen des Vergaberechts überschritten werden, muss ggf. eben auch das Verfahren noch einmal so durchgeführt werden, dass es zum Wert der Leistung passt.

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Na ja, es ist mir durchaus nicht so selten zu Zeiten im Vertrieb passiert, dass man Auftraggebern mit recht unrealistischen Budgetvorstellungen gegenüber saß. Und dann gibt es natürlich diverse Möglichkeiten damit umzugehen. Man grenzt dann eben ganz offen die Leistung so ab, dass eine gewisse Kernleistung für das vorgesehene Budget erbracht wird, und alles extra geht, was darüber hinaus notwendig werden sollte. Es gibt ja auch durchaus Leute beim Kunden, denen man die Kostenstrukturen gut erklären kann, und die dann in der Lage sind tatsächlich das nötige Budget zu organisieren.

Oder man nimmt den Auftrag mit, und schickt gleich im nächsten Moment dann den ersten Claim bzgl. Behinderung, Mehrkosten, … um am Ende des Tages zu seinem Geld zu kommen. Dabei riskiert man natürlich die Geschäftsbeziehung, sieht sich dann gerne mal vor Gericht wieder, … Grundsätzlich nicht mein Stil, aber es gibt natürlich Unternehmen, die so etwas als übliches Geschäftsgebaren betrachten, und auf dieser Basis schon seit Ewigkeiten zusammenarbeiten und den nächsten Auftrag schon wieder starten, während die letzten drei noch beim BGH liegen. Das hat auch viel mit Unternehmenskultur zu tun, ob Leute z.B. problemlos zu ihrem Chef gehen können, und ihm gegenüber begründen dürfen, dass ein Budget unrealistisch ist, oder ob Vorgesetzte ihre Mitarbeiter in solche Konflikte hineinzwingen.

Ganz übel wird es da, wo die Politik mit rein spielt. Da will man oft in einer Legislaturperiode Fakten durch den Start von Projekten schaffen. Da wird dann gerne mal ein Schönwetter Ponyhof Budget gegen besseres Wissen vergeben, nur damit dann Baugrube und Keller fertig werden, und man in Zukunft dann in entsprechender Größe/in entsprechend aufwändigem Stil/… weiterbauen muss, und nicht mehr umkehren kann. Und wenn dann die Mehrheiten wechseln, kann man es der neuen Regierung auch noch aufs Brot schmieren, dass die ja jetzt von Nachtrag zu Nachtrag getrieben wird, und Unsummen außerplanmäßig bewilligen muss, um die Hütte dicht zu kriegen.

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