Neutroneneinfang

Hallo,

habe folgende Frage: C14 entsteht ja durch Anlagerung eines Neutrons und Abstrahlung eines Protons aus N14. Sind denn aber auch andere Prozesse denkbar, bei denen kein Proton ausgesandt wird sondern stattdessen N15 entsteht? Also das Neutron ohne Aussendung eines Protons angelagert wird? Ist denn die Reaktion möglich, dass beispielsweise N14 ein Neutron anlagert dabei aber KEIN Proton aussendet und zum stabilen N15 reagiert. Und dann man den Prozess mit N15 wiederholen, so dass zuerst N16 und anschließender „Zerfallsreaktion“ sogar O16 entsteht? Oder wird immer gleichzeitig auch ein Proton abgespalten so dass ein leichterer Kern entsteht? Ich dachte dass der Prozess hauptsächlich dafür verantwortlich ist, dass überhaupt Kerne größer Eisen/Nickel bei Supernova explosionen entstehen (Massendefekt Grenze). Also dass der Neutroneneinfang eigentlich die Massenzahl (ab Eisen/Nickel natürlich endotherm) erhöht und nicht durch Protonenabspaltung sogar kurzzeitig verringert… Oder hängt das mit der kinetischen Energie des Neutrons zusammen was weiter passiert?

Vielleicht könntet ihr mich kurz aufklären :smile:

Hallo!

Ist denn die
Reaktion möglich, dass beispielsweise N14 ein Neutron anlagert
dabei aber KEIN Proton aussendet und zum stabilen N15
reagiert.

Ich wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte. Jedenfalls wird kein Erhaltungssatz verletzt.

Oder hängt das mit der
kinetischen Energie des Neutrons zusammen was weiter passiert?

Alles, was nicht durch irgendeinen Erhaltungssatz verboten wird, kann quantenmechanisch auch passieren und es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür. C14 ist ein „gg-Kern“, also ein Kern bei dem sowohl die Neutronen- als auch die Protonenzahl gerade ist. Die Natur bevorzugt solche Kerne. C15 hingegen ist ein „ug-Kern“ (ungerade Protonen- und gerade Neutronenzahl). Das könnte der Grund sein, warum die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von C14 größer ist.

Ja, die kinetische Energie ist sehr dafür verantwortlich, was mit den Kernen passiert. Denk nur an die Funktionsweise eines Kernreaktors. Dort werden die Neutronen künstlich durch den Moderator gebremst, damit der Wirkungsquerschnitt für den Neutroneneinfang und die dadurch induzierte Kernspaltung größer wird.

Ich habe im Studium ein Praktikum zur Neutronen-Aktivierungsanalyse gemacht. Da werden Stoffproben mit Neutronen bestrahlt. Die Kerne fangen die Neutronen ein und „brüllen“ dann ihre Identität in Form von Gamma-Strahlung hinaus. Wenn ich mich recht entsinne, ist der Vorgang, den Du beschreibst (Neutroneneinfang ohne Protonenabspaltung) eher die Regel als die Ausnahme.

Michael

Vielen herzlichen Dank für die Antwort. Das mit der Wahrscheinlichkeit klingt logisch, immerhin zerfällt ja Uran auch nicht immer auf die selbe art und weise. Vermutlich ist einfach der Reaktionsweg N14 + Neutron = C14 + Proton einfach wahrscheinlicher als N14 + Neutron = N15

Hallo Mordor,

alle möglichen Zerfälle und Einfänge kannst Du Dir anhand der Nuklidkarte zusammen reimen. Sogar die Halbwertszeiten sind ersichtlich.

http://de.wikipedia.org/wiki/Nuklidkarte

Es ist ganz amüsant und auch informativ, sich mal ein bissl damit auseinander zu setzen.

Gruß, Steff

Hallo,

Grundsätzlich stimme ich dem voll und ganz zu, für einen rudimentären Überblick über Zerfallsketten ist die Nuklidkarte gut geeignet (interessant sowieso). In diesem Fall ist es allerdings schon ein ganzes Stück komplizierter, daher will ich noch ein kleines bisschen weiter ins Detail gehen, in der Hoffnung, dass es für einen Laien nachvollziehbar bleibt.

Die Ausgangssituation ist klar, wir haben N14 + n -> N15.
Die Reaktion scheint aus der Nuklidkarte heraus somit beendet zu sein, N15 ist stabil. ABER die Nuklidkarte zeigt nur, wie sich der Kern im Grundzustand verhält. Unser N15 ist nach dieser Einfangreaktion jedoch nicht im Grundzustand, sondern ist angeregt. Was also nun?
Das erste was uns interessiert ist die Energie, die wir durch die Einfangreaktion gewinnen. Die kinetische Energie von Neutronen beim Einfang ist im allgemeinen vernachlässigbar. Somit interessiert uns nur die Bindungsenergie von N14 und N15.
Die finden sich hier:
http://atom.kaeri.re.kr/cgi-bin/nuclide?nuc=N14 ~104658 keV
http://atom.kaeri.re.kr/cgi-bin/nuclide?nuc=N15 ~115418 keV
Wir kommen somit auf eine Energie von etwa 10,8 MeV.
Als nächstes müssen wir uns anschauen welche Anregungszustände es eigentlich im N15 gibt, die wir damit erzeugen.
http://www.nndc.bnl.gov/chart/reCenter.jsp?z=7&n=8

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Aha, also kann man nicht nur die reinen Bindungsenergien betrachten sondern muss man auch die Anregungsenergien mit einbeziehen.

Hallo Schigum,

eigentlich hatte ich nur die Zerfallsketten im Visier, aber mit Deinen Ausführungen wird’s gleich noch eine Stufe interessanter!!
Es rentiert sich, sich damit intensiver zu befassen!

Tolle Ergänzung!

Gruß, Steff