Sprichwörter und Redewendungen haben durch ihre Kürze und Allgemeinheit die Eigenschaft, widersprüchliche Interpretationen zu erzeugen. Sie gehen nach vorne und hinten los, sind sehr dialektisch.
Dieses „Nichts passiert ohne Grund“ kann auch ganz unfatalistisch interpretiert werden und den Appell zur Achtsamkeit unterstützen. Es ist einer der philosophisch fundamentalsten Sprüche, die sich denken lassen, etwa wie „Ich denke, also bin ich“, oder „Ich weiß, dass ich nichts weiss“. Es ist die Kurzformel der indischen Ursachenlehre, ohne die natürlich auch die abendländische Philosophie sich komplett anders entwickelt hätte.
Ein Ansatz für deine Anwendung könnte lauten: Wenn ich mich als Bindeglied zwischen einer Reihe unübersehbaren von Ursachen und einer unübersehbaren Reihe von Wirkungen befindlich sehe - welche Rolle spiele ich darin, und wie ist mit dem umzugehen, was mich aus diesem kausalen Netz soweit heraushebt, dass der Begriff des „Ich“ und des „freien Willens“ entsteht? Eine der tausend Antworten könnte lauten: Gerade aus den Möglichkeiten und Unmöglichekeiten unseres Erkenntnisapparates heraus müssen wir die Sache empirisch und pragmatisch angehen und zwangsweise ausgehend von der real existierenden Ethik unser Handeln permanent zu optimieren, wie es Lessing in seiner Ringparabel vorschlägt.
Ich hoffe das was nicht too much.
Bumi