Nietzsches Begründung des Atheismus

Hallo und Guten Tag,

aus der „philosophischen Dichtung“ „Also sprach Zarathustra“ des Philosophen Friedrich Nietzsche stammt das Zitat: „Aber dass ich euch ganz mein Herz offenbare, ihr Freunde: wenn es Götter gäbe, wie hielte ich’s aus, kein Gott zu sein! Also gibt es keine Götter.“

D.h. als Begründung für die Nichtexistenz Gottes führt Nietzsche an: Gäbe es Gott tatsächlich, dann müsste sich jeder Mensch, wenn er ehrlich zu sich selber ist, natürlich wünschen, selber Gott (oder „ein Gott“) zu sein. Und weil das so ist, gibt es keine Götter. D.h. aus dem Wunsch, selber ein Gott sein zu wollen, wenn es Götter gäbe, wird die Begründung für die Nichtexistenz von Gott bzw. Göttern abgeleitet.

Aber wo genau ist der kausale Zusamenhang? Ist es, dass man daraus ableiten muss, dass Gott nur ein Wunschvorstellung des Menschen ist, was er nicht ist aber gerne wäre? Aber wenn der Mensch selber gerne Gott wäre: reicht das als Begründung dafür, dass es keinen Gott gibt?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Meinungsäußerungen,

Jasper.

Hi Jasper
Nietzsche ist kein trockener Logiker, sondern eher ein inspiruerter (und zuweilen polemisch übertreibender) Philosoph. Dem kann man weder mit Logik, noch mit Positivismus, noch mit Dialektik beikommen. Den liest man entweder gerne, weil er zum Springen-im-Denken anregt oder eben nicht. Ableiten sollte man aus einzelnen Sätzen bei ihm möglichst nichts.
Hier noch einer meiner Lieblingsaphorismen von ihm:
Der Mensch strebt nicht nach Glück - nur der Engländer tut das.
Gruß,
Branden

Hallo

„Aber dass ich euch ganz mein Herz offenbare, ihr
Freunde: wenn es Götter gäbe, wie hielte ich’s aus, kein Gott
zu sein! Also gibt es keine Götter.“

D.h. als Begründung für die Nichtexistenz Gottes führt
Nietzsche an: Gäbe es Gott tatsächlich,
dann müsste sich jeder Mensch, wenn er
ehrlich zu sich selber ist, natürlich
wünschen, selber Gott (oder „ein Gott“) zu sein. Und
weil das so ist, gibt es keine Götter.

IMHO Fehlschluß. Was er da schreibt, bezieht sich auf
den „Übermenschen“. Es bedeutet: *wenn* es einen
obersten Herren *gibt*, der über mich und mein
Geschick bestimmt - dann bin entweder ich dieser
jener oder ich will und kann gar nicht so leben.

Aber wo genau ist der kausale Zusamenhang? Ist es, dass man
daraus ableiten muss, dass Gott nur ein Wunschvorstellung des
Menschen ist, was er nicht ist aber gerne wäre? Aber wenn der
Mensch selber gerne Gott wäre: reicht das als Begründung
dafür, dass es keinen Gott gibt?

Nee, das ist die Idee, daß ein Gott als „bestimmender Despot“
mir mein Leben überhaupt unmöglich machen würde. Ich *kann*
unter einem solchen Despoten nicht *als ich* leben.

Grüße

CMБ

Hallo,

Hier noch einer meiner Lieblingsaphorismen von ihm:
Der Mensch strebt nicht nach Glück - nur der Engländer tut das.

Das bezieht er auf die von ihm an anderer Stelle kritisierten
englischen Utilitarier. Dieses „Glück“ ist (imho) das Paradigma
des englischen Utilitarismus.

http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitarismus

Alles klar?

Grüß

CMБ

Hi,
Der Aphorismus ist ohnehin länger. Ich habe nur den Teil zitiert, den ich im Kopf hatte und der als Beispiel für Nietzsches Witz dienen könnte.
Der Bezug, den du herstellst, erweitert natürlich noch den Witz erheblich bzw. macht ihn politisch-philosophisch transparenter, (be)greifbarer. Aber selbst ohne diesen Hintergrund wäre der Aphorismus witzig, zumal kaum ein anderer Philosoph so schön den Grundcharalter eines Typus, einer Sache, eines Volkes, was auch immer, trifft, so herrlich auf den Punkt, ohne eine Sekunde lang das zu berücksichtigen, was heutzutage unter „politisch korrekt“ läuft.
Falsche Scham war eben Nietzsches Sache nicht, falsche Bescheidenheit nicht, falsche Zurückhaltung und falsche Vorsicht ebensowenig.
Gruß,
Branden

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Hallo Branden,

leider war auch Logik nicht sein Ding, weder richtig noch falsch :wink:

Gruß
Peter B.

Hallo Peter

leider war auch Logik nicht sein Ding, weder richtig noch
falsch :wink:

Das eben schrieb ich ja weiter oben. Aber es gibt eben au7ch noch andere wertvolle Talente neben der Logik.
Wenn Logik das einzig wertvolle Talent wäre, würde ich persönlich mich wohl zuweilen etwas langweilen.
:wink:
Gruß,
Branden

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Hallo Branden,

wo Du Recht hast, hast Du Recht. Also: Nietzsche hat den Atheismus nicht begründet, eigentlich hat er ihn lediglich für sich selber begründet. Die Entscheidung liegt wie immer bei jedem Einzelnen.

Gruß
Peter B.

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