Hallo Jenny,
auch von mir mein aufrichtiges Mitgefühl. Ich versuche auch, dir meine Gedanken mitzuteilen, in der Hoffnung, dass sie dir irgendwann weiterhelfen. Auch wenn ich nichts dergleichen hinter mir habe, aber ich lebe auch seit 10 Jahren in einer Beziehung, mit allen Höhen und Tiefen, und das eine oder andere kenne ich doch.
irgendwie überschlagen sich die Ereignisse und ich bin die
Einzige die es erst jetzt sieht oder auch mitbekommt.
Das kommt manchmal vor. Man ist so mit sich selbst beschäftigt, dass man auf andere Dinge nicht mehr/nicht so intensiv achtet.
Ich hatte mir den Rat zu Herzen genommen und hab mich nach
einer Therapie umgesehen.
Das ist sehr gut und auf jeden Fall ein mutiger Schritt. Aber: Erwarte auch nicht zuviel. Die Suche nach einem Therapeuten kann langwierig sein, und nicht immer ist der erste der richtige. Die Idee mit der Caritas finde ich übrigens super! Und vor allem würde ich dir als Laie raten, jetzt achtsam mit dir und deiner Umwelt umzugehen. Denn wenn du dich jetzt einigelst - und das kenne ich ab&zu von mir - dann kommt man gar nicht mehr raus aus dem Grau. Überlege jetzt lieber: Was tut dir/deinem Kind/deinem Mann gut? Wann kommt der Schmerz und wie weit kannst du damit arbeiten, ohne in Depressionen zu versinken? Lassen sich Dinge gemeinsam oder mit Freunden machen, um etwas Freude zu tanken?
Ich wollte, dass ich auch mein Mann evtl. an der Therapie teilnimmt.
Bis vor zwei Wochen war für mich die Welt noch in Ordnung.
Ich hab hier keine Familie und auch keinen Kindergartenplatz.
Ich will hier nicht ausziehen
ich wohne so gerne hier.
Ich hab ihn gebeten so bald als möglich hier auszuziehen.
Aber ich kann ihn nicht mehr sehen und will ihn hier auch nicht mehr haben.
Auch wenn es vielleicht hart klingt: Fällt dir was auf? Du schreibst ziemlich oft ich, ich, ich. Wo ist dein Verständnis für ihn und sein Leid? Kann es sein, dass du vielleicht gar nicht mehr in der Lage warst, mehr als deine eigene Trauer wahrzunehmen? Ich meine das nicht als Vorwurf, sondern als Anregung. Deswegen auch mein Hinweis auf das Einigeln und der Rat, achtsam zu sein füreinander.
Und seit ein paar Tagen war er dann ganz komisch. Er hat mich
nicht mehr angefasst, oder geküsst. Wollte keinen Sex mehr und
hat nur noch das Notwendigste mit mir gesprochen.
Er muss immer sehr viel arbeiten
Ich kenne das auch. Mein Freund will auch einfach nur stumm über einem PC-Spiel brüten, wenn er so lange arbeitet. Und mir geht es bei Überarbeitung ähnlich. Bitte fang nicht an, über hätte/könnte/wäre zu brüten, denn damit lädst du dir grad mehr Kummer auf und baust Misstrauen auf, wo vielleicht gar nichts ist.
Und gestern habe ich ihn darauf angesprochen, was den los
wäre. Da hat er mir erzählt, dass er sich trennen möchte.
Ja, das kenne ich auch. Ein Schock. Schreckliches Gefühl. Aber auch der beste Zeitpunkt, sich Gedanken zu machen über eigenes Verhalten, eigene Wünsche und das, was der Partner evtl. vermisst/braucht. Bitte bloß nicht mit Vorwürfen anfangen, sondern versuchen, konstruktiv zu bleiben. Hat zumindest bei mir gewirkt.
Eigentlich kann er nicht sagen warum. Wegen dem Kind und halt weil es sich " nicht mehr richtig" anfühlt.
Ich vermute, so eine Erfahrung ist für alle Seiten sehr einschneidend und wirbelt so einiges um.
Was mach ich den jetzt?
Dich ablenken. Schwimmen gehen, basteln, malen, in den Kirchenchor eintreten, mit deinem Kind auf den Spielplatz gehen und Menschen treffen. Auf jeden Fall nichts überstürzen.
Ich hab ihn gebeten so bald als möglich hier auszuziehen.
Das Gefühl kenne ich auch. Aber das ist ein endgültiger Strich. Es gibt auch Phasen, wo man „nur“ damit spekuliert, auszuziehen. Wenn es eben nicht perfekt läuft. Mein Freund und ich haben es hingekriegt, indem wir Verständnis für den anderen aufbrachten und die Bedürfnisse des anderen akzeptierten/stillten (z.B. wenn er mal nicht hören will, wie schlecht es dir geht, oder wenn du gerne einen Spaziergang im Stadtpark machen willst).
Um das Kind muss er sich keine Sorgen machen. Es ist sein Sohn
und ich würde ihm nie den Vater weg nehmen.
Super Einstellung! *Daumen hoch*
Aber ich kann ihn nicht mehr sehen und will ihn hier auch
nicht mehr haben. Das möchte er aber nicht. Er möchte hier
noch so lange wohnen bis er das Gefühl hat, es klappt auch
ohne ihn und ich komme klar auch mit den Schulden.
Ich finde das eine sehr löbliche und verantwortungsbewusste Einstellung. Es klingt für mich so, als lässt er dich nicht einfach hängen, sondern „wacht“ über dich, auch in einer schweren Zeit. (Natürlich unter Vorbehalt)
Aber wie soll ich mein Leben ohne ihn planen, wenn er es mit plant?
Ihr habt ein Kind zusammen. Bei einer Trennung wirst du immer wieder etwas mit ihm planen müssen.
Er soll gehen und ich will heulen und alleine erst mal verzweifelt sein.
Das ist legitim. Kannst du nicht eine Woche zu deinen Eltern - oder besser zu einer Freundin fahren? Auf jedem Fall eher zu jemandem, der nicht kritiklos deine Partei ergreift, sondern dir hilft, dich auszuweinen, aber auch ein paar klare Gedanken zu fassen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wir sind ja auch keine 20 mehr und schon ne Weile zusammen und
verheiratet…
Auch wenn es komisch klingt: Du bist immer für dich selbst verantwortlich. Ich war auch mal in einer miesen SItuation und habe nur geheult. Letztlich habe ich allen die Ohren vollgeheult, bis sie es nicht mehr hören konnten, so sehr sie mich verstanden. 2 Therapeuten habe ich besucht und fand sie blöd. Der eine, weil er mir zu distanziert war, der andere, weil er Platitüden losließ. Am Ende habe ich angefangen, auf mich selbst zu vertrauen, dass ich mit etwas Arbeit das allein schaffen kann, wenn ich mich nicht immer in das Grau fallen lasse. Wenn es schlimm wird, gehe ich raus und setze mich in ein Café, damit ich nicht ganz allein bin. Nur nicht übermäßig darin versinken, sonst hast du keine Kraft mehr, um aktiv etwas zu tun.
So, jetzt bin ich fertig mit meinem Roman.
Ich wünsche dir viel Kraft und Mut, sich der Situation zu stellen. Vielleicht postest du später mal, wie sich das entwickelt.
Liebe Grüße
sgw