Notarieller Kaufvertrag

Hallo Rechtsexperten,

nehmen wir mal an, es wird ein Ferienhaus, was sich auf Pachtland befindet, vom Eigentümer privatschriftlich an einen anderen verkauft und der Verpächter hätte bereits signalisiert, daß der neue Eigentümer ihm auch in Zukunft als Pächter genehm ist. Nehmen wir weiterhin an, der Kaufpreis ist bereits bezahlt und das Haus mit Übergabeprotokoll dem Käufer übergeben und somit bereits rechtsverbindliche Tatsachen geschaffen würden. Nehmen wir weiter an, das Ferienhaus ist nicht im Grundbuch eingetragen und würde vom Gesetzgeber genauso behandelt, wie eine Schrebergartenlaube oder ein Wohnmobil, so daß ein notarieller Kaufvertrag nicht notwendig sein würde. Nehmen wir außerdem an, daß der Notar den Verpächter unter Ausnutzung seiner Rechtsunkenntnis „überzeugt“, daß so ein privatschriftlicher Kaufvertrag wegen einer sog. Nichtabsicherbarkeit unbedingt einer notariellen Beurkundung bedarf. Nehmen wir zu guter Letzt auch noch an, der Kaufvertragsentwurf ist so formuliert, als hätte es im Vorwege nie einen privatschriftlichen Kaufvertrag über dieses Ferienhaus gegeben.

Was haltet Ihr davon? Darf ein Notar (möglicherweise aus finanziellem Interesse) so handeln?

Ich freue mich auf Eure zahlreichen Antworten. (Und Euch allen ein frohes neues Jahr.)
Maryvonne

Woher soll denn ein Notar des Verpächters (!) auch wissen, was die beiden Vertragspartner schon abgemacht hatten.
Nur wenn ihm dieser Privatvertrag zugängig wäre, könnte er ihn in seinen Entwurf umsetzen.
Nur warum sollte er eigentlich tätig werden ?

Übrigens, rechtsverbindliche Tatsachen ?
Nein.
Die gäbe es erst wenn der Verpächter mit dem neuen Eigentümer des Häuschens einen Pachtvertrag abschließt. Bisher besteht nur eine mündliche Zusage.
Und deshalb wäre auch die Zahlung des Kaufpreise reichlich naiv und voreilig. Was wenn der Verpächter nicht zustimmt oder wenn der neue Pachtvertrag schlechtere Bedingungen hätte als vorher ?

MfG
duck313

Servus,

welchen Hinweis gäbe der Gesetzgeber denn darauf, dass er das tut? Gibt es dazu irgendeine Fundstelle, z.B. im BGB - und wenn ja, wo?

Schöne Grüße

MM

Hallo @duck313,

daß es einen privatschriftlichen Kaufvertrag gibt, war mit Notar lange Zeit vorher bekannt. Tätig soll er nur auf Wunsch des Verpächters werden, weil dieser einen notariell beurkundeten Pachtvertrag wünscht. Dagegen wäre ja auch nichts einzuwenden, wenn es sein Wunsch ist.

Noch zur weiteren Erklärung: Nehmen wir mal an, daß ein Notar zuvor mündlich erklären würde, daß ein notariell beurkundeter Kaufvertrag nicht erforderlich wäre, da ein Ferienhaus zu vergleichen mit einer Schrebergartenlaube oder einem Wohnmobil wäre. Dies hätte der Gesetzgeber allerdings nicht eindeutig geregelt, sondern befindet sich in einer rechtlichen Grauzone.

Nehmen wir mal weiter an, der Käufer ist dem Verpächter langjährig bekannt und genehm und hätte sich auch über die pachtvertraglichen Bedingungen bereits mit dem Verpächter geeinigt.

Deshalb ist es mir unverständlich, daß die Beurkundung eines Kaufvertrages erforderlich sei.

MfG
Maryvonne

Servus,

sowohl der Notar als auch der Nachpächter und „Käufer“ könnten doch für ihre Rechtsauffassung vielleicht eine Rechtsquelle benennen, z.B. § 95 Abs 1 S. 2 BGB? Dann wüßten alle Beteiligten ein bissel genauer, wovon denn eigentlich die Rede ist.

Schöne Grüße

MM

Hallo,
zunächst ist der Käufer zu beglückwünschen. Er hat ohne jede rechtliche Absicherung einen Haufen Bauschutt (oder sagen wr Baumaterial in Form eines Hauses) erworben, der sich auf einen Grundstück befindet, das ihm nicht gehört. Er darf es also gern abholen!

Erst im Nachhinein wurde sich dann wohl um den Landpachtvertrag gekümmert. Das ist schon mal grundsätzlich die falsche Reihenfolge, denn sagt der Pächter „Nein“ oder „Ja, aber zur dreifachen Pacht“, kann der Käufer seine besagten Hornbach-Form-Reliqien dann gern entsprechend abtransportieren, wenn ihm das nicht passt!

Ein Notar kennt dieses Theater warscheihnlich aus seinem täglichen „Ich weiß als Handwerkergott und Käufer sowieso alles Besser“-Klientel nur zu gut, wie schief sowas gehen kann und handelt dann - doch recht rechtssicher aber nunmal nicht für lau - entsprechend: nur weil ein Vertrag nicht der notariellen Form bedarf, heißt das noch lange nicht, dass er dann genau so „gut“ ist wie einer, der diese Form freiwillig erfüllt! Das kann man gern mal anhand eines Testaments ausprobieren.

Letzterer hat nämlich den nicht ganz unbedeutenden Vorteil, vor einem neutralen Dritten (dem Notar) beurkundet worden zu sein und sehr wahrscheinlich auch noch von jemandem abgefasst zu werden (ebend erneut jener), der weit mehr von der missliebigen Materie besagten Form-Bauschutts auf fremden Grund versteht als wie vorgenannter Handwerker-Gott. Und das ist auch gut so.

Wie sehr sowas durcheinander geraten kann, kann man in der Beschreibung auch daran erkennen, dass nunmehr erneut von einem Kaufvertrag mit dem Verpächter die Rede ist. Und der wäre, wenn es denn um ein Stück Land geht, tatsächlich notariell formbedürftig…

Lange Rede, kurzer Sinn: ich kann nicht erkennen, dass der Notar hier in gewinnerzielender Absicht falsch beraten haben soll.

Gruß vom
Schnabel

Hi,

das mit § 95 BGB war der echt große Wurf. Herzlichen Dank. Genau das bringt mich weiter. Du bist spitze!

MfG
Maryvonne

Ei Hallo,

freu Dich nicht zu früh - eigentlich ist es schon so, dass in der Gegend Kleingartenlaube - Wochenendhäuslein - Dauercamper - Siedlungshaus nach Recht der DDR eine Grauzone existiert, die deswegen ziemlich gemein ist, weil sie auf einer Mischung aus Duldung und einer Art Gewohnheitsrecht basiert, das es an dieser Stelle eigentlich nicht geben dürfte.

Ich habe in einem früheren Leben Agrarrecht bei Wolfgang Winkler gehört, der in vielen Ländern, die sich im Übergang zwischen traditionellem, mündlichem und modernem, kodifizierten Pacht- und Sachenrecht befinden, als „der Mann, der alle Probleme löst“ aus dem Hut gezaubert wurde - der sagte uns, dass er zum Thema Kleingarten und Wochenendhaus lieber keine Einzelheiten vortrüge, weil er dieses Thema selbst noch nicht verstanden hätte. Und das sagte einer, der sich mit den Finessen des türkischen Halbpachtrechts ganz ordentlich auskannte!

Insofern ist der „Fünfundneunziger“ keine wegweisende Hilfe, sondern allenfalls ein Instrument, das die verschiedenen Beteiligten dazu bringen könnte, Farbe zu bekennen und ihre Auffassungen mit Hand und Fuß zu begründen. Im Idealfall kommen sie dann zuletzt drauf, dass sie tatsächlich in einer ziemlich trüben Suppe paddeln und keiner von allen sagen kann „das muss jetzt so und so gemacht werden“, sondern nichts daran vorbei geht, miteinander zu reden.

Schöne Grüße

MM
Stolzer Besitzer einer Kleingartenlaube aka „Zubehör“, der nie weiß, ob ihm das Teil eigentlich gehört oder nicht

Hi,

so, so, in einem früherem Leben…

Trotzdem vielen Dank für Deine Hilfe. Ich werde jetzt klar kommen.

Maryvonne