Hallo Karin!
Sie hat ein Einkommen von ca. 500,00 € (netto) im Monat und
ist Bürge für einen Kredit Ihres Mannes in Höhe von ca.
40.000,00 €.Ihr Mann hat inzwischen Insolvenz angemeldet. Der
Gläubiger ist jetzt an sie heran getreten und hat sich mit
einer Ratenzahlung des Kredites in Höhe von 50,00 € monatlich
einverstanden erklärt unter der Bedingung, dass meine Bekannte
ein notarielles Schuldanerkenntnis abgibt.
Mit 600 € p. a. sind nicht einmal die Zinsen für 40 T€ zu bezahlen. Der Gläubiger wird eine Bank sein. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob die Bürgschaft sittenwidrig ist. Davon kann man ausgehen, wenn das Vermögen/Einkommen des Bürgen zum Zeitpunkt der Unterschrift im Mißverhältnis zum verbürgten Betrag steht und wenn der bürgende Ehepartner keinen eigenen Einfluß auf den Geschäftsgang hatte, also z. B. nur Angestellte oder Hausfrau war. Weil es um viel Geld geht, sollte die Betroffene umgehend einen Rechtsanwalt aufsuchen und sich beraten lassen, ob die Anfechtung der Bürgschaft Erfolg verspricht. Das Geld für eine Erstberatung muß jetzt übrig sein!
Unabhängig vom Ausgang der anwaltlichen Beratung sollte die Frau das Schuldanerkenntnis unter keinen Umständen unterschreiben! Sollte die Bürgschaft nicht erfolgversprechend anfechtbar sein, ist Klartext mit der Rechtsabteilung der Bank angesagt. Die Bank muß unmißverständlich wissen, daß sie das Schuldanerkenntnis unter keinen Umständen bekommen wird. Ferner muß die Bank wissen, daß umgehend Antrag auf Insolvenzeröffnung gestellt wird, falls die Bank zu keinem Vergleich bereit ist. Dieser Vergleich kann nur in einem weitgehenden Forderungsverzicht bestehen, dergestalt, daß die verbliebene Forderung einschließlich aller Zinsen und sonstiger Kosten mit Monatsraten von 50 € in absehbarer Zeit bezahlt ist. Dann wird die Bank womöglich mit Vollstreckung drohen. Um dem zuvor zu kommen, sollte gleich mitgeteilt werden, daß es noch weitere Gläubiger gibt und Vollstreckungen deshalb letztlich zu Lasten aller anderen Gläubiger gingen. Mit dieser Begründung gewähren die Amtsgerichte bei Stellung des Insolvenzantrages vorläufigen Vollstreckungsschutz, der so lange greift, bis das Inso-Verfahren eröffnet wird. Danach kann ohnehin kein Gläubiger mehr vollstrecken.
Das alles muß die Rechtsabteilung der Bank zu hören bekommen und wird daraufhin sehr gesprächsbereit sein.
Nochmal: Kein norarielles Schuldanerkenntnis unterschreiben! Unter überhaupt keinen Umständen! Wenn etwas schwer aus der Welt zu bekommen ist, dann ist es ein notarielles Schuldanerkenntnis. Wenn man schon ohne ausreichende Leistungsfähigkeit eine Bürgschaft unterschreibt, darf man die bodenlose Dummheit nicht noch durch so ein Schuldanerkenntnis zementieren. Aus der Nummer kommt man nämlich wirklich nur noch durch erfolgreiche Anfechtung oder Insolvenz heraus. Andernfalls zahlt der Schuldner lebenslang!
Die Insolvenz ist der Notnagel. Mit dem Verfahren hat der Schuldner 6 Jahre lang zu tun und das kann eine bittere Zeit werden. Deshalb sollte zunächst auf einen weitgehenden Forderungsverzicht der Bank hingearbeitet werden. Dabei ist es wichtig, daß die Bank begreift, daß der Schuldner eine klare Linie verfolgt, das Maßnahmenpaket dafür parat hat und sich nicht in ein dauerhaftes Schuldverhältnis drängen lassen wird. Es reicht also nicht, wenn die Bank mit etwas reduziertem Zins ankommt. Sie muß schon auf 95% ihrer Forderung verzichten, weil sonst das Inso-Verfahren schneller zum Ziel führt. Dabei muß die Bank ihre Forderung i. d. R. vollständig abschreiben. Das weiß die Bank. Deshalb ist jede Bescheidenheit als niedergeschlagener Schuldner fehl am Platz. Die Schuldnerin muß klipp und klar sagen, daß sie nur 5% des Schuldbetrages in Monatsraten à 50 € bezahlen kann und andernfalls Insolvenz anmeldet. Bei solcher Quote erhält die Bank immerhin noch 2000 € innerhalb der nächsten Jahre. Nicht viel, aber aus Sicht der Bank besser als nichts. Wenn die Bank mehr haben will, käme der Schuldner mit seinen Zahlungen in die zeitliche Größenordnung eines Inso-Verfahrens und wäre deshalb schön dumm, einen schlechteren Vergleich zu akzeptieren. Keine Sorge, die Rechtsabteilungen der Banken sind solche Gedankengänge gewohnt und haben lieber den Spatz in der Hand als gar nichts. Es hat nur keinen Zweck, mit dem Personal am Filialschalter zu reden. Ansprechpartner ist immer die Rechtsabteilung.
Die Schuldnerin sollte sich einen Überblick verschaffen, für welche Verbindlichkeiten ihres Ehemannes sie haftet. Das können nur Verbindlichkeiten sein, die für den gemeinsamen Haushalt eingegangen wurden und Schulden, für die sie per Unterschrift bürgte. Nur die Tatsache, verheiratet zu sein, macht den Ehepartner nicht automatisch haftbar. Falls es in nennenswertem Umfang weitere Verbindlichkeiten gibt, für die eine Haftung besteht, kann es sinnvoll sein, auf Verhandlungen mit der Bank zu verzichten und sogleich Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht zu stellen.
Gruß
Wolfgang