NS-Prozesse ?!

Ich Besuche die 11te klasse eines gymnasiums und halte meine GFS in Deutsch über das buch „der vorleser“ ich soll einen geschichtlichen abzug liefern und habe 2 probleme:

  1. Ich finde KEINE infos über den standort der gesellschaft der Brd zu den NS-Prozessen (ich meine damit wie die bevölkerung darüber dachte und mit welchem eifer die richter usw. an der aufarbeitung arbeiteten.)

  2. In dem Buch geh es zum Teil um eine Frau die zur SS gegangen is (genauer in ein KZ) dort hatt sie sich durch folgende taten schuldig gemacht: 1) FREIWILLIGE meldung bei der SS

  3. Monatliche Selektion im KZ

  4. Pers. Selektion für eigene Zwecke

  5. Der Todesmarsch (Bombennacht): sie und andere SS-Mitarbeiter steckten die Häftlinge über nacht in eine Kirche welche von Bomben getroffen wurde, sie hatte die schlüssel, öffnete jedoch NICHT das Tor obwohl es keine folgen für sie gehabt hätte —> die Häftlinge verbrannten langsam

Zeitsprung: Sie steht unter anklage es gibt jedoch ein problem: sie ist analphabetin. Sie wechselte zur SS weil sie dort nicht lesen oder schreiben musste und die ganzen taten sind dadurch zum Teil zu entschuldigen. Im Gericht weiß neimand dass sie nicht lesen kann und jetzt die frage: wäre diese erklärung grund für mildernde umstände?? wenn ja wie wäre die strafe ausgefallen? (eig. strafeim buch: lebenslang) Als zusatzinfo: während dem Prozess hatt sie sich verredet: sie hatt behauptet die anklageschrift gelesen zu haben und machte sich bei den richtern schuldig)

http://www.webanhalter.de/32-hanna-schmitz-ist-schul…

Hallo

  1. Ich finde KEINE infos über den standort der gesellschaft
    der Brd zu den NS-Prozessen (ich meine damit wie die
    bevölkerung darüber dachte und mit welchem eifer die richter
    usw. an der aufarbeitung arbeiteten.)

Im Buch ‚Nuremberg Diary‘ von dem Gefängnispsychologen G. M. Gilbert, der die ganzen NS-Größen während der Nürnberger Prozesse psychologisch betreut hat, steht zum Schluss (Übersetzung von mir):

Am Tag nach dem Tod der letzten Nazi-Größen fragte ich einen der deutschen Richter, was die deutschen Menschen über dieses Ende des Dritten Reiches dächten. Er dachte eine Weile nach und sagte dann: „Um die Wahrheit zu sagen, sie denken, was immer Sie möchten, was sie denken sollen. Wenn sie wissen, dass man immer noch für die Nazis ist, dann sagen sie: Ist es nicht eine Schande, wie unsere Eroberer Rache an unseren Führern nehmen! - Na wartet!’ Wenn sie wissen, dass man abgestoßen ist von dem Nazitum, das Unglück und Zerstörung über Deutschland brachte, sagen sie: ‚Es geschieht diesen dreckigen Schweinen recht! Tod ist noch zu gut für sie!‘ Sehen Sie, Herr Doktor, ich fürchte, dass 12 Jahre Hitlerismus die Moral unserer Leute völlig zerstört hat.“

  • Die meisten Richter arbeiteten nicht allzu eifrig an der Aufarbeitung, da es ja zum großen Teil die gleichen Richter waren wie vor Kriegsende. Das hat dann ja auch die 68er Protestbewegung ausgelöst (unter anderem). Da gab es den Spruch: Unter den Talaren den Muff von 1000 Jahren. Talare sind ja die Richter-Talare, und es wurde auf das Tausendjährige Reich angespielt.

Sonst weiß ich leider auch nicht viel, obwohl ich die Zeit fast noch miterlebt habe. Es ist vor allen Dingen sehr sehr viel geschwiegen worden über alles. Alle waren angeblich plötzlich nie in der Partei und nie dafür gewesen, fast alle jedenfalls. Von den meisten wurde das Thema nach Möglichkeit vermieden. Man interessierte sich für Waschmittel und Anti-Schuppen Haarwaschmittel, und fast alles war irgendwie peinlich. Man könnte fast nichts sagen, ohne in irgendein Fettnäpfchen zu treten, das einem aber auch niemand erklärte. - Manche lächelten sich z. B. am 20.4. verschwörerisch an und murmelten leise was von Führers Geburtstag.

Über die Untaten in den Vernichtungslagern wurde berichtet, jedenfalls in den Schulen (vielleicht nicht in allen), aber eine Verbindung zu den älteren Leuten, die man ja kannte, wurde nicht hergestellt. Wenn überhaupt, dann wurde ausschließlich über die Judenvernichtung gesprochen. Was mit Polen, Russen, Sinthi und Roma passiert ist, war kein Thema.
Die Kriegsverluste aus der eigenen Bevölkerung waren schon eher ein Thema, aber es hielt sich auch in Grenzen. Man war froh, wenn man einen VW-Käfer und einen Bausparvertrag hatte.

Viele Grüße

Hallo

Spruch: Unter den Talaren den Muff von 1000 Jahren. Talare
sind ja die Richter-Talare, und es wurde auf das
Tausendjährige Reich angespielt.

Nee, sorry, aber damit waren ursprünglich die Talare der Universitätsprofessoren gemeint. (Richtertalare gab es außerdem noch keine tausend Jahre lang.)

Was die Richter angeht, hast du aber prinzipiell sicher auch nicht unrecht. Man fragt sich ja, wie es dieser Berufsstand nach 1945 wieder zu Ansehen geschafft hat.

Gruß
smalbop

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Hallo,
im wesentlichen Zustimmung von mir, bis auf ein kleines Detail:

Da gab es den
Spruch: Unter den Talaren den Muff von 1000 Jahren. Talare
sind ja die Richter-Talare, und es wurde auf das
Tausendjährige Reich angespielt.

Natürlich wurde auf das tausendjährige Reich angespielt - aber die Talare waren die der Hochschulordinarien.

Die „Uraufführung“ hatte der Slogan hier: http://www.planet-wissen.de/alltag_gesundheit/lernen… - bei der pompösen Einführung des neuen Rektors der Hamburger Universität am 09.11.1967. Die Talare sind auf dem Photo gut zu erkennen - und auch, dass es sich nicht um Richtertalare handelt. Was Deine Anmerkungen zur Kontinuität deutscher Gerichte nach dem Untergang der Nazidiktatur natürlich nicht widerlegt. Hans Filbinger, als NsDAP-Mitglied unter anderem Marinerichter und für mindestens vier Todesurteile verantwortlich, dann als CDU-Mitglied u.a. Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender dieser Partei und 12 Jahre lang Ministerpräsident von Baden-Württemberg brachte die gewissenlose Geisteshaltung dieser Juristenkaste auf den Punkt: „Was damals Rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein!“

Keine alten Geschichten - noch 2007 wurde Filbinger auf der Trauerfeier für ihn von seinem Amtsnachfolger Oettinger (mittlerweile mit einem schönen Job in Brüssel versorgt) flott zum „Gegner des NS-Regimes“ umgelogen. Auch das nichts Ungewöhnliches; natürlich waren sie alle im Herzen Widerständler, auch wenn sie darüber das Parteiabzeichen getragen hatten.

Bezeichnend bzw. bestätigend für die Aussage des Transparentes auf dem Photo übrigens der lautstarke Protest eines der talargewandeten Professoren bei dieser Aktion: „Sie gehören alle ins Konzentrationslager!“ Der Mann war übrigens kein Jurist, sondern Professor für semitische Philologie und Islamwissenschaft, einer der damals bedeutendsten Orientalisten Deutschlands. Dieser feinsinnige Gelehrte war natürlich wie Filbinger ebenfalls Ex-Parteigenosse und Ex-SA-Mitglied. Normalfall bei den „besseren Leuten“ in der bundesdeutschen Gesellschaft der 60er Jahre, fast schon Voraussetzung für eine Karriere.

Dass das Transparent auf dem Photo schwarz ist, hat übrigens einen besonderen Grund - es diente 5 Monate zuvor als Trauerfahne (eine von vielen) bei der Beerdigung des in Berlin erschossenen Studenten Benno Ohnesorg.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo,

Ich Besuche die 11te klasse eines gymnasiums und halte meine
GFS in Deutsch über das buch „der vorleser“ ich soll einen
geschichtlichen abzug liefern und habe 2 probleme …

Aha. In der 11. Klasse sollte man eigentlich schon in Groß- und Kleinschreibung sowie Zeichensetzung bewandert sein.

… und jetzt die frage: wäre
diese erklärung grund für mildernde umstände??

Gut versteckt, die Frage. Warum sollte es ein Grund für mildernde Umstände sein, dass die Frau Analphabetin ist? Muss man lesen und schreiben können, um eine Kirche aufzuschließen?

Als zusatzinfo: während dem Prozess hatt sie sich verredet:
sie hatt behauptet die anklageschrift gelesen zu haben und
machte sich bei den richtern schuldig)

Du meinst, sie hat vorsätzlich gelogen.

Also ich weiß nicht, wo du hier einen Grund für mildernde Umstände siehst. Als nächstes gibt es dann mildernde Umstände, wenn man nicht so gut lesen und schreiben kann, oder wie?

Schöne Grüße

Petra

Hallo

Also ich weiß nicht, wo du hier einen Grund für mildernde Umstände siehst. Als nächstes gibt es dann mildernde Umstände, wenn man nicht so gut lesen und schreiben kann, oder wie?

Du hast das Buch wahrscheinlich nicht gelesen. Es ging um einen Bericht, den sie nicht geschrieben hatte, von dem sie aber zum Schluss behauptet hatte, ihn geschrieben zu haben, weil sie nicht zugeben wollte, dass sie gar nicht schreiben kann. Der Richter wollte eine Schriftprobe von ihr, und da wäre es aufgefallen, dass sie nicht schreiben kann.

Viele Grüße

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