Nutzen des Verzinnens von Leiterbahnen

Mahlzeit!

Es ist ja allgemein gebräuchlich, dass bei hohen zu erwartenden Stromstärken die Leiterbahnen auf Platinen durchgehend dick verzinnt werden. Der Zweck der Maßnahme ist klar, aber bringt das überhaupt eine nennenswerte Verringerung der Verluste? Lötzinn hat einen etwa 23-mal so hohen spezifischen Widerstand wie Kupfer. Dementsprechend dürfte trotz Verzinnung der größte Teil des Stromes weiter durch die dünne Kupferbahn fließen. Der einzige Vorteil könnte die Tatsache sein, dass viel mehr Volumen zur Verfügung steht und Wärme aufzunehmen und etwas mehr Fläche, um diese abzugeben.

Mal eine Überschlagsrechnung:

Die Leiterbahn habe einen Querschnitt von 0,1 mm². Darauf befinde sich eine Zinnschicht von 1 mm². Das Kupfer würde pro Meter 0,175 Ohm Widerstand haben. Das Lötzinn schlüge mit 0,4 Ohm je Meter zu Buche. Der Gesamtwiderstand dieser Parallelschaltung beträgt immer noch 0,122 Ohm. Damit hat man sich nur um gut 30 % verbessert. Durch das schlechtere Verhältnis zwischen kühlwirksamer Oberfläche und dem Querschnitt dürfte diesen Vorteil weiter minimieren, zumal Lötzinn Wärme auch nicht ganz so gut leitet.

(spezifische Widerstände: Kupfer - 0,0175 Ohm*mm²/m; Lötzinn - 0,4 Ohm*mm²/m [keine belastbare Angabe gefunden, daher analog zum Verhalten bei Messing überschlagen])

Ist diese Methode also überhaupt wirksam, um Leiterbahnen höhere Ströme zumuten zu können?

Ich freue mich auf konstruktiven Diskussionsstoff.

MfG
Marius

Hallo !

Hast Du in der Tabelle falsch abgelesen ?

Denn der spez.Widerstand zwischen CU und Sn(Reinzinn!) beträgt ca. 6, nicht 23 !

Es wirkt und senkt natürlich den Gesamtwiderstand der Leiterbahn,sonst würde man es ja nicht machen.
Beispiel:

10 cm Leiterbahn mit 0,1 mm² Querschnitt,einmal CU,einmal Sn mit gleichem Querschnitt drüber =

Cu = 0,0178 Ohm
Sn = 0,11 Ohm

parallel Gesamt-R = 0,015 Ohm,also doch kleiner als die CU-Bahn allein.

MfG
duck313

Hallo!

Es ist ja allgemein gebräuchlich, dass bei hohen zu
erwartenden Stromstärken die Leiterbahnen auf Platinen
durchgehend dick verzinnt werden.

Das Verzinnen kann verschiedenen Zwecken dienen. So kann man während des Herstellprozesses der Leiterplatte eine Zinnschicht als Ätzresist aufbringen. Das nicht verzinnte blanke Kupfer wird danach weggeätzt. Zumeist dient eine Zinnschicht als Oxidationsschutz, weil man auf oxidiertem Kupfer nicht löten kann.

Die Schichtdicke bewegt sich im µm-Bereich und trägt zur Leitfähigkeit der Leiterbahnen sowie zur Wärmeabfuhr nicht nennenswert bei.

Gruß
Wolfgang

Ich meinte ja kein reines Zinn, sondern verbleites Lötzinn. Da sieht der Wert wesentlich schlechter aus… Ich habe keine Lust, extra für solche seltenen Fälle bleifreies Lot zu kaufen.

Gruß,
Marius

Mahlzeit!

Guten Appetit

Es ist ja allgemein gebräuchlich, dass bei hohen zu erwartenden Stromstärken…

Nicht nur dann!

… die Leiterbahnen auf Platinen durchgehend dick verzinnt werden. Der Zweck der Maßnahme ist klar…

Das ist er, nur Dir anscheinend nicht.

Hohen Stromstärken trägt man dadurch Rechnung, dass man die Leiterbahnen entsprechend breit ausführt. Nur Bastler versuchen, hohe Stromstärken bei Selbstbauplatinen durch eine (dicke) Lötzinnschicht in den Griff zu bekommen, gelegentlich wird dann sogar ein Draht auf die Leiterbahn aufgelötet.

Bei einer professionellen Platine dient die (partielle) Verzinnung von Leiterbahnen dazu, die Platinen maschinell lötbar zu machen.

Gruß merimies

Hallo Wolfgang,

ich meinte das eigentlich anders als du es verstanden zu haben scheinst. Ich rede nicht von hauchdünn durchweg verzinnten Bahnen, sondern davon, dass einzelne von großen Strömen durchflossene Bahnen richtig dick nachverzinnt werden (vgl. http://www.elektronikpage.net/intervallschalter/loet…).

Gruß,
Marius

Hohen Stromstärken trägt man dadurch Rechnung, dass man die
Leiterbahnen entsprechend breit ausführt. Nur Bastler
versuchen, hohe Stromstärken bei Selbstbauplatinen durch eine
(dicke) Lötzinnschicht in den Griff zu bekommen.

Da habe ich bei der Ausschlachtung von alten PC-Netzteilen aber schon anderes gesehen! Ich glaube, kaum, dass da noch zwischendrin ein Bastler dran gepfuscht hat.

Gruß,
Marius

Hallo Marius!

http://www.elektronikpage.net/intervallschalter/loet…

An vielen Details ist erkennbar, dass es sich bei der Leiterplatte um ein Einzelstück oder das Exemplar einer Kleinstserie handelt, die manuell zurecktgefrickelt wurde. Professioneller Serienstand ist das jedenfalls nicht. Noch mehr ist erkennbar: Der Entwurf stammt von einem einschlägig unerfahrenen Menschen, der noch keinen längeren Werdegang einer Baugruppe mit verschiedenen Entwicklungsständen erlebt hat und mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt der Entwurf aus privater, semiprofessioneller Hand und nicht aus einem Unternehmen mit durchgängig funktionierendem Qualitätswesen, nicht einmal mit zuverlässiger Dokumentation (alles unabhängig von den fett verzinnten Leiterbahnen erkennbar).

Beim ersten Entwurf wird schon mal dies und jenes nicht bedacht oder bei der Herstellung der Leiterplatte geht irgendwas schief … und dann wird gebastelt. Das Aufbringen so einer dicken Zinnwurst bedeutet thermischen und mechanischen Stress für die Leiterbahn und deren Haftung auf dem Trägermaterial. Durchfährt man damit ein paar Temperaturzyklen und rüttelt noch ein bisschen, fällt die Sache auseinander und/oder die dick verzinnten Bahnen brechen. Gar nicht zu reden von den Flussmittelresten neben den Leiterbahnen.

Bei Labormustern und Einzelstücken lebt man manchmal unvermeidlich mit allerlei handwerklichen „Prachtexemplaren“. Daraus sollte man aber nicht schließen, dass so der Stand der Elektronik aussieht.

Bei Labor- und Funktionsmustern gibt’s deutlich Schlimmeres als das abgebildete Exemplar. Soetwas lässt sich oft gar nicht vermeiden und ist deshalb auch kein Grund zum Meckern. Man sollte aber nicht versuchen, Basteleien - und es handelt sich hier um eine für dauerhaften Einsatz unbrauchbare Bastelei - mit Geschwurbel zu angeblich üblichen Verfahren zu rechtfertigen.

Gruß
Wolfgang

1 Like

Hallo Wolfgang,

ich kann aber versichern, dass bei dem von mir ausgeschlachteten Netzteil definitiv auch solch dicke Zinnbahnen vorhanden waren und es war keine nachträglich umgemurkselte Schaltung, sondern ein Serienprodukt.

MfG
Marius

Da habe ich bei der Ausschlachtung von alten PC-Netzteilen
aber schon anderes gesehen! Ich glaube, kaum, dass da noch
zwischendrin ein Bastler dran gepfuscht hat.

Hallo,

Pfusch ist Pfusch, auch wenn er von angelernten minderjährigen Chinesinnen ausgeführt wurde. Die Frage ist aber sowieso obsolet, da die Methode mit bleifreier Technik wahrscheinlich nicht durchführbar ist (blödsinnig ist sie sowieso, weil Lötzinn zu teuer ist als leitendes Material), und PC-Netzteile müssen ROHS einhalten.

Gruss Reinhard

Hallo Marius!

ich kann aber versichern, dass bei dem von mir
ausgeschlachteten Netzteil definitiv auch solch dicke
Zinnbahnen vorhanden waren und es war keine nachträglich
umgemurkselte Schaltung, sondern ein Serienprodukt.

Glaub’ ich dir unbesehen. Natürlich gibt es auch bei Serienprodukten schlicht und ergreifend handwerklichen Murks. Elektrische/elektronische Produkte sind dabei keine Ausnahme. Am Markt findet man alles von durchdachten Konstruktionen in feinster Ausführung bis zu unsäglichem Pfusch mit fehlerhaftem Entwurf, ungeeigneter Materialauswahl und schlechter Verarbeitung. So trägt manches in Stückzahlen produzierte elektrische Gerät einen Aufkleber mit allen nur erdenklichen Prüfzeichen, aber nicht einmal Luft- und Kriechstrecken wurden eingehalten. Weiß der Himmel, welcher technische Stand geprüft, ob überhaupt jemals etwas geprüft oder ob nur eine Druckerei mit den Aufklebern beauftragt wurde.

Gruß
Wolfgang

Hallo Marius,

Ist diese Methode also überhaupt wirksam, um Leiterbahnen
höhere Ströme zumuten zu können?

Nein.

Leiterplatten bekomme ich typischerweise mit 35, 70 und 105 µm Cu-Kaschierung. Wenn also die Leitebreite nicht für den Strom ausreicht, muss ich ein dickere Kaschierung wählen.

Bei ganz alten Leitrplatten wurden die Leiterplatten durch ein normales Lötbar gezogen und anschliessend wurde der Lötstoplack aufgedruckt. Das führte dann aber zum als Orangenhaut bezeichneten Effekt, nach dem automatischen löten. Solche Leiterplatten waren bis in die 70er üblich.

Heute wird allgmein der Lötstoplack vor dem Verzinnen aufgebracht und anschliessend nur noch partiell verzinnt.

Wie schon geschrieben wurde, ist dein verlinktes Bild eine Bastelei, auch wenn es eine Seriengerät ist.

MfG Peter(TOO)