Liebe/-r Experte/-in,
ich habe mit einer Kollegin zusammen eine Gemeinschaftspraxis
für Logopädie. Diese wurde auf Anraten unseres Steuerberaters
als GbR gegründet. Wir besitzen auch drei Steuernummerns, eine
für die Praxis und je eine für uns privat.
Nun sagte uns ein befreundeter Kollege, dass er auch eine
Gemeinschaftspraxis mit zwei Kollegen betreibt, allerdings
ohne GbR zu sein; alle Kollegen seien freiberuflich und
machten ihre Steuererklärung incl. der EUR auf ihre eigene
Steuernummer, nur die Einnahmen und Ausgaben der Praxis würden
durch drei gesplittet werden.
Dem Steuerberater hätten sie auf Grund unverschämter
Rechnungslegungen und fehlender Beratung schon lange die
Zusammenarbeit gekündigt. Die im Netz vorhandenen Programme
(z. Bsp. MS-Buchhalter, WISO, etc.) plus diverser Foren wären
ausreichend, die ganze Sache, die sich gar nicht so
kompliziert darstellt, wie vom StBer immer erzählt, selber zu
machen.
Das täten sie schon seit drei Jahren und sie hätten nie
Beanstandungen vom FA bekommen.
Meine Fragen:
- Kann man eine Gemeinschaftspraxis überhaupt ohne GbR
führen, also freiberuflich?
- Ist die Erstellung der EUR und der Steuererklärung dann von
uns als ‚Privatmenschen‘ zulässig?
Vielen Dank für eure Antworten.
Holger
Hallo Holger, grundsätzlich kann man eine Praxisgemeinschaft auch ohne eine GbR-Struktur betreiben, die juristische Form wird meistens dann empfohlen, wenn es um Abgrenzungen innerhalb der Praxisarbeit selbst geht und eine saubere steuerliche Abwicklung erfolgen soll. Oft ist es aber so, dass allein eine gemeinschaftliche Praxis-Büro- und Back-Office-Arbeit steuerjuristisch eine GbR provoziert, das muss dann zwar zuvor nicht so eingerichtet sein, das Finanzamt schreibt das dann allerdings vor.
Haftungstechnisch schützt die GbR nicht vor Zugriffen in das Privatvermögen, dies ist oft das Argument bei der Gründung juristischer Personen-Gesellschaften, selbst ausgefeilte GbR-Verträge lassen im Konkursfall allerlei Dinge zu, so dass immer alle in der GbR Beteiligten betroffen sind.
Die Kollegen, die gesagt haben, dass die steuerliche Abwicklung auch mit einem einfachen Steuerprogramm wie bspw. WISO zu machen ist, haben Recht, allerdings ist die sog. Einheitliche und Gesonderte Gewinnfeststellung EuGesF (die für die GbR zu machen ist) meistens nicht in der Einfach-Version von WISO zu haben, mit der darf man auch nicht mehrfach Erklärungen ausdrucken. Selbst machen darf man die eigene Steuererklärung dagegen immer, es ist ja eine sog. „Selbsthilfe“ und keine Steuerberatung für andere (das wäre verboten).
Rechtlich schwierig könnte es mit dem Steuergeheimnis sein, wenn aber die Beteiligten ausdrücklich nur für den konkreten Fall zustimmen, das die GbR-Steuererklärung gemeinsam gemacht wird, gibt es da keine Probleme. Die jeweiligen individuellen Einkommensteuer-Erklärungen - die sozusagen auf der GbR-Steuererklärung fussen bzw. darauf warten müssen - sind da noch wieder ein anderer Fall: die darf im Grunde jeder selbst machen, aber nur dann jeweils füreinander, wenn alle mit der Aufhebung des Steuergeheimnisses einverstanden sind und es ausdrücklich kein Geld kostet, dem jeweils anderen bei der Erstellung geholfen zu haben - eine steuerliche Vertretung gegenüber dem Finanzamt z.B. ist damit aber nicht gestattet.
Wenn Sie mich jetzt noch fragen, ob die beschriebene Logopädie-Praxis auch ohne GbR auskommt und jeder eine EÜR für sich machen kann, dann kann ich Ihnen sagen: auch das geht grundsätzlich. Da Sie aber ja schon eine GbR gegründet haben, wird das Finanzamt die Trennung in Einzelpersonen wahrscheinlich nicht gestatten bzw. nicht glauben, dass der Betrieb neuerdings komplett für jeden der Betreiber nur für seine eigenen betrieblich-steuerlichen Belange total umgeändert worden ist - und eine gemeinsame Back-Office-Tätigkeit ist dann fast so gut wie unmöglich. Möglich, dass Sie einen großzügigen Steuerbeamten haben, der das alles zulässt, ein Betriebsprüfer könnte das allerdings wieder zurück nehmen und anders sehen.
Mein Vorschlag: sprechen Sie einfach mit dem Amt, wenn Sie sicher sind, dass der oben beschriebene Weg gangbar bzw. sinnvoll ist, die sind oft ganz verständig. Eigene Steuererklärungen - sowohl für die GbR wie auch für Einzel-EÜR - sind wie gesagt immer möglich.
Ich hoffe, diese doch etwas ausführliche Antwort hilft, es ist ein durchaus mit Minen versehenes Feld. Und das Steuerberater hier oft so unkooperativ scheinen, kann u.a. auch daran liegen, dass ja Einzel-Einkommen-Steuerveranlagungen nicht mehr als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt werden können, EuGesF, EÜR und die weiteren betrieblichen Erklärungen dagegen schon - man sieht daran häufig, wo das hinführen kann, ich möchte hier aber niemandem etwas unterstellen.
HG Jan van Dieken