Ohne Vollmacht Pflege regel, aber wie

Guten Tag,
ich bin Erwin aus BW, 52 Jahre alt und habe ein Problem.
Mein Stiefvater und meine Mutter (geb. 1930/1934) leben in einem gemeinsamen Haushalt und versorgten sich eigenständig. Da das Leben in geordnete Bahnen lief gab es, aus Sicht meiner Eltern, keine Notwendigt sich gegensseitig irgendwie zu bevollmächtigen. Lediglich ein gemeinsames Testament hatten sie beim Notar hinterlegt. Auch besteht ein gemeinsames Girokonto auf das beide Zugriff haben. Beide sind gesundheitlich in Ihrer körperlichen Beweglichkeit etwas eingeschränkt.
Dieses jahr traf es meinen Vater hart.
Im April OP Baudeckendurchbruch - mit anschließender geriatrischer Reha. Beweglichkeit stark eingeschränkt. Pflegestufe 1 bei häuslicher Pflege durch örtlichem Pflegedienst.
Im September OP Oberschenkelhalsbruch Verwirrtheit, Desorientierung. Der Pflegebedarf kann nun nicht mehr zuhause geleistet werden. Er wird jetzt entlassen und wir planen ihn in unserem örtl. Pflegeheim unterzubringen. Er ist nicht mehr in der Lage seine Dinge für sich selbst zu regeln.

Was muß in einen solchen Fall getan werden?

  • Pflegeumstufung bei Krankenkasse beantragen
  • Pflegeheimvertrag abschließen

Für Euren Rat bin sehr dankbar
Gruß Erwin

Moin,

erstmal „Herzlich willkommen!“,

ich antworte jetzt nur auf Folgendes:

geleistet werden. Er wird jetzt entlassen und wir planen ihn
in unserem örtl. Pflegeheim unterzubringen. Er ist nicht mehr
in der Lage seine Dinge für sich selbst zu regeln.

Die von Dir weiter gestellten Fragen sind rechtlicher Natur, bitte diese unter Beachtung der FAQ 1129 im Rechtsbrett stellen.

Die Grenze wann jemand „seine Dinge“ nicht mehr regeln kann sind sehr, sehr schwammig.

Die Formulierung „wir planen …“ klingt für mich ein wenig nach „Einweisung“.

Ich möchte euch nichts Böses unterstellen. Vor 2-3-Jahren war ich mal in einem betreuten Wohnheim, es hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte mich für einen Angehörigen mal umgehört.

Es wurde mir GANZ dringend geraten, niemanden in eine Wohneinrichtung zu bringen, der/die da nicht hin will.

Ist Dein Vater noch in der Lage sich die Einrichtung anzuschauen, gibt es Alternativen?

Bezieht ihn in die Entscheidung ein, soweit es möglich ist.

Alles Gute für euch.

Gruß Volker

Hallo Erwin,

die Situation ist blöd, plötzlich gekommen und es besteht Handlungsdruck.

Trotzdem oder gerade deshalb solltet ihr versuchen, euch soweit als möglich von dem Druck zu befreien. Das mal so vorab.

Du musst trennen: Auf der einen Seite steht der Bereich Pflege und Wohnen - auf der anderen Seite das juristische.

Zunächst mal zum Thema Pflege und Wohnen:

Was muß in einen solchen Fall getan werden?

  • Pflegeumstufung bei Krankenkasse beantragen

Er ist im Krankenhaus derzeit? Das läuft eigentlich über den dortigen Sozialdienst bzw. sollte mit diesem abgeklärt werden.

  • Pflegeheimvertrag abschließen

Hier sage ich mal: Stopp. Wieso Pflegeheim? Du hast noch gar nichts über den Pflegezustand genau ausgesagt. Abgesehen davon gibt es ja noch eine Ehefrau zu dem Mann. Ist es im Sinne beider, wenn sie getrennt werden?

Wieso muss es ein Pflegeheim sein?

Der Oberschenkelhalsbruch muss nicht bedeuten, dass sich der Pflegebedarf langfristig ändert. Die Verwirrtheit und Desorientiertheit kann eine vorübergehende Erscheinung sein, die sich bei entsprechender Betreuung zumindest noch abmildert. Zumindest ist mir nicht klar, ob an dieser Stelle schon ein Zuschlag für Demenz greifen würde.

Ihr solltet euch daher erst einmal genau über den Betreuungsbedarf klar sein, das mit Experten besprochen, die auch eine gewisse Prognose wagen. Erst dann weiß man, woran man ist.

Und dann sollte sich das Ehepaar zusammensetzen und überlegen, was es möchte. Es gibt Alternativen. Zum einen gibt es verschiedene Formen von Pflegeheimen, zum anderen diverse Formen von Betreutem Wohnen. In beiden ließe sich regeln, dass das Paar zusammenbleiben kann - und damit auch vorgesorgt ist dem Fall, dass es der Mutter auch in absehbarer Zeit schlechter geht.

Es besteht kein Grund, hier was übers Knie zu brechen. Auch sollte der Wille des Betroffenen an oberster Stelle stehen, so lange das Paar noch interessiert dann eben auch mit der Ehefrau.

Lasst euch mal professionell beraten, es gibt dafür seit geraumer Zeit Pflegestützpunkte

http://www.bmg.bund.de/cln_091/nn_1168248/SharedDocs…

LG Petra

Guten Morgen Erwin,

auf der einen Seite darf nichts übereilt werden, aber auf der anderen Seite rate ich dringend dazu, keine unnötige Zeit verstreichen zu lassen. Es ist schon ein großes Glück, dass ihr überhaupt vor Ort einen Pflegeplatz bekommen könnt. Mein Vater hatte das Glück nicht. Mein Bruder musste seinerzeit wochenlang suchen, nur um am Ende einen Platz in der Nachbarstadt zu bekommen, in einem Zweibettzimmer. Aussuchen oder wünschen gab es da nicht. Bei den anderen Häusern gab es zudem ellenlange Wartelisten!

Die Ehefrau ist ja auch nicht mehr die Jüngste, schafft vermutlich gerade mal noch den Haushalt. Mit einem gehandicapten Ehemann alleine daheim ist sie sicher überfordert. Mit einem ambulanten Pflegedienst, der oft genug vorbeischaut, in Kombination mit ausreichend Hilfe bei den täglichen Arbeiten könnte man dran denken, den alten Herrn nach der Krankenhausentlassung wieder nach Hause zu bringen.

Liebe Grüße
Haazussa

Hallo Volker,
vielen Dank für Deine rasche Antwort.
Hier noch einige Anmerkungen.

Die Grenze wann jemand „seine Dinge“ nicht mehr regeln kann
sind sehr, sehr schwammig.

Ja, ja ich drückte mich wohl nicht besonders konkret aus.

Ich glaube hier hat die Demenz schon vorgeschrittene Arbeit geleiste. Er weiß nicht wo er ist, kennt den aktuellen Wochentag nicht. Auf konkrete Fragen antwortet er mit kurzen Antworten, die auf alle mögliche Fragen passen könnten. Eine Kommunikation gestaltet sich äußerst schwierig. Dieser Zustand schwankt.

Die Formulierung „wir planen …“ klingt für mich ein wenig
nach „Einweisung“.

Alle Möglichkeiten die wir haben werden mit meiner Mutter abgesprochen. Von Einweisung kann keine Rede sein. Es ist unseren Erachtens eine Notwendigkeit.

Es wurde mir GANZ dringend geraten, niemanden in eine
Wohneinrichtung zu bringen, der/die da nicht hin will.

Er kann das ganz doch garnicht mehr erfassen bzw. seine Meinung äußern.

Ist Dein Vater noch in der Lage sich die Einrichtung
anzuschauen, gibt es Alternativen?

Er hat einen schlechten Allgemeinzustand. Er ist derzeit bettlägrig. Er benötigt wegen einem Lungenleiden 6 Liter Sauerstoff tgl. Er hat eine Herzschwäche.
Alternativ ist die Überlegung wieder den örtlichen Pflegedienst zu beauftragen. Dieser würde dann 3 mal tgl. kommen und die Grundversorgung sicherstellen. Wir haben dies Möglichkeit verworfen, da meine Mutter die weitere Versorgung Windeln wechsel, Essen geben, zum Trinken animieren, … einfach körperlich nicht schafft.

Bezieht ihn in die Entscheidung ein, soweit es möglich ist.

Selbstverständlich, soweit möglich.

Alles Gute für euch.

Danke

Hallo liebe Petra,
danke für dein Hilfe.

  • Pflegeheimvertrag abschließen

Hier sage ich mal: Stopp. Wieso Pflegeheim? Du hast noch gar
nichts über den Pflegezustand genau ausgesagt. Abgesehen davon
gibt es ja noch eine Ehefrau zu dem Mann. Ist es im Sinne
beider, wenn sie getrennt werden?

Wieso muss es ein Pflegeheim sein?

Ich glaube hier hat die Demenz schon vorgeschrittene Arbeit geleiste. Er weiß nicht wo er ist, kennt den aktuellen Wochentag nicht. Auf konkrete Fragen antwortet er mit kurzen Antworten, die auf alle mögliche Fragen passen könnten. Eine Kommunikation gestaltet sich äußerst schwierig. Dieser Zustand schwankt.
Er hat einen schlechten Allgemeinzustand. Er ist derzeit bettlägrig. Er benötigt wegen einem Lungenleiden 6 Liter Sauerstoff tgl. Er hat eine Herzschwäche.
Alternativ ist die Überlegung wieder den örtlichen Pflegedienst zu beauftragen. Dieser würde dann 3 mal tgl. kommen und die Grundversorgung sicherstellen. Wir haben dies Möglichkeit verworfen, da meine Mutter die weitere Versorgung Windeln wechsel, zwischendurch umlagern, Essen geben (füttern), zum Trinken animieren, … einfach körperlich nicht schafft.

Liebe Grüße Erwin

Hallo Hagazussa,
vielen Dank für Deine Hilfe.

Es ist schon ein großes Glück, dass
ihr überhaupt vor Ort einen Pflegeplatz bekommen könnt.

Ja, da bin ich aber froh dass das so klappen konnte.

Mit einem ambulanten Pflegedienst, der oft genug
vorbeischaut, in Kombination mit ausreichend Hilfe bei den
täglichen Arbeiten könnte man dran denken, den alten Herrn
nach der Krankenhausentlassung wieder nach Hause zu bringen.

Ich glaube hier hat die Demenz schon vorgeschrittene Arbeit geleiste. Er weiß nicht wo er ist, kennt den aktuellen Wochentag nicht. Auf konkrete Fragen antwortet er mit kurzen Antworten, die auf alle mögliche Fragen passen könnten. Eine Kommunikation gestaltet sich äußerst schwierig. Dieser Zustand schwankt.
Er hat einen schlechten Allgemeinzustand. Er ist derzeit bettlägrig. Er benötigt wegen einem Lungenleiden 6 Liter Sauerstoff tgl. Er hat eine Herzschwäche.
Alternativ ist die Überlegung wieder den örtlichen Pflegedienst zu beauftragen. Dieser würde dann 3 mal tgl. kommen und die Grundversorgung sicherstellen. Wir haben dies Möglichkeit verworfen, da meine Mutter die weitere Versorgung Windeln wechsel, zwischendurch umlagern, Essen geben (füttern), zum Trinken animieren, … einfach körperlich nicht schafft.

Ich glaube nicht dass das sein jetziger Zustand zulässt, möglicherweise später, wenn sich sein Zustand grundlegend bessert.

LG Erwin

Hallo Erwin,

um für Deinen Stiefvater handeln zu können brauchst Du eine Bevollmächtigung. Empfehlung: Notar damit beauftragen. Wenn aber der Schiegervater so dement ist, das er so eine Vollmachtserklärung nicht mehr abgeben kann, würde ich einen Antrag beim Vormundschftsgericht (Amtsgericht) stellen. DAS Gericht prüft den Zustand es Patienten und benennt gegebenenfalls einen Betreuer und greift dabei gern auf nahestehende Vewandte zurück.

Ohne eine Bevollmächtigung kannst Du weder einen Pflegeheimvertrag noch Geldgeschäfte im Namen des Patienten abschließen.

Wolfgang D.

Hallo Erwin,

so, wie Du den Zustand des alten Herrn beschreibst, bleibt Dir kaum eine andere Möglichkeit, als einen guten Heimplatz zu suchen. Die alte Dame würde schon ziemlich bald kapitulieren müssen - und dann stünde das Problem schon wieder an. Dann doch besser so.

Ich wünsche Dir und den Deinen viel Kraft für die kommende Zeit.
Hagazussa

Hallo Erwin!

Er kann das ganz doch garnicht mehr erfassen bzw. seine
Meinung äußern.

Wenn jemand seine Meinung nicht mehr äußern kann, bedeutet das nicht, dass er nichts mehr erfassen kann. Gerade älteren Menschen und ganz besonders Dementen fällt eine Änderung der gewohnten Umgebung schwer.

Auch wenn es für euch aus schwerwiegenden Gründen nicht mehr möglich ist, ihn zu Hause zu betreuen: Versuche dich immer wieder daran zu erinnern, dass er ein lebender Mensch mit Bedürfnissen ist, auch wenn er nicht mehr in der Lage ist, diese zu äußern. Und zeige ihm das auch, indem du ihn nicht wie ein kaputtes Möbelstück behandelst, sondern dich weiter (soweit deine Kräfte das zulassen) so liebevoll um ihn kümmerst, wie er es als dein Vater verdient hat.

alles Gute und viel Kraft wünsch ich dir!
igel