Mit aktuellen Methoden verschlüsselte Dokumente lassen sich ohne Kenntnis des Schlüssels, wenn überhaupt, dann nur mit gewaltigem Rechenaufwand entschlüsseln. Wenn die Polizei (oder Geheimdienste, die allerdings von evtl. zukünftigen gesetzlichen Regelungen zur Online-Durchsuchung nicht betroffen sein werden) dennoch in der Lage sein will, verschlüsselten Datenverkehr einer Verbrecher- oder Terroristenbande mitzulesen, muss sie dazu über einen Schlüssel verfügen.
Oder sie muss in der Lage sein, in diese Dokumente vor bzw. nach der Verschlüsselung Einsicht zu nehmen. Das aber geht nur, wenn der Rechner, an dem ver- bzw. entschlüsselt wird, unter ständiger Überwachung steht. Für solche Fälle die Möglichkeit einer solchen Überwachung zu schaffen, war die ursprüngliche Motivation der Forderung nach einer gesetzlich geregelten Online-Durchsuchung.
Wie geht so etwas vor sich? Wenn ich doch meinen Rechner mit
Router und Firewall zu schützen wünsche, wie kann die Polizei
dann trotzdem auf meinen Rechner zugreifen?
Das geht u. a. ganz klassisch mittels einer Wanze. Ein kleines Stück Hardware, an geeigneter Stelle angebracht, und sämtliche Tastenanschläge werden an einen Empfänger gesendet. Natürlich geht auch Software. Ein Trojaner interessiert sich nicht für deinen Router oder deine Firewall, unabhängig davon, ob er von krimineller oder staatlicher Seite kommt. Natürlich kannst du mit einfachen Mitteln eine Architektur aufbauen, die einem Trojaner keine Chance gibt. Du kannst z. B. kritische Vorgänge ausschließlich an einem Offline-Rechner bearbeiten und anschließend per Datenträger transferieren. Dann greift aber im Zweifel wieder die Wanze.
Und ist das nicht
auch ein Stück Eingriff in die Privatsphäre?
Das ist so üblich bei der Ermittlungsarbeit der Polizei. Auch die klassische Durchsuchung oder eine Verhaftung stellt einen Eingriff in die Privatsphäre dar. Allerdings stellt die Tatsache, dass bestimmte Teile der Privatsphäre auch bei solchen Eingriffen nicht berührt werden dürfen, bei der Online-Durchsuchung jedoch nicht ohne weiteres ausgeklammert werden können, einen der wesentlichen Kritikpunkte an diesen Plänen dar.
Ich meine, muß ja nicht jeder wissen, was ich so auf dem
Rechner habe?
Es geht um Fälle schwerer Kriminalität. Wenngleich das Geschwätz mancher Kasper Politiker, die Online-Durchsuchungen immer wieder auch bei Bagatelldelikten fordern, Böses ahnen lässt…
Ich frage mich dabei auch, ob sie irgendwelche Dateien öffnen
können wie zum Beispiel Briefe oder sowas?
Genau das ist der ursprüngliche Sinn der Sache. Mails z. B. lassen sich mit einfachen Mitteln und ohne besondere technische Vorkehrungen oder Vorwissen bis zum Zielserver verschlüsselt übertragen. Wenn dieser im Ausland steht, ist die Polizei i. d. R. darauf angewiesen, auf dem sendenden PC mitzulesen.
Ich habe zum Beispiel zu Hause an die 700 Original CDs im
Laufe meines Lebens zusammengekauft. Diese sind natürlich alle
auf dem Rechner (was ja völlig OK ist). Was ist, wenn sie nun
denkt, ich hätte diese heruntergeladen oder sonstirgendwie
illegal zugänglich gemacht.
Um solche Sachen geht es dabei (noch) nicht. Wenngleich das Geschwätz mancher Kasper Politiker, die Online-Durchsuchungen immer wieder auch bei Bagatelldelikten fordern, Böses ahnen lässt…
Allerdings lassen deine Befürchtungen vermuten, dass du davon ausgehst, dass eine Online-Überwachung zukünftig auf jedem einzelnen PC greifen soll. Das ist nicht der Fall. Die Online-Überwachung wird in Deutschland - anders als z. B. in China - nach den bisherigen Plänen ausschließlich in konkreten Einzelfällen für einen bestimmten Zeitraum nach richterlicher Genehmigung durchgeführt werden. Wenn das BVG solchen Plänen nicht sowieso einen Riegel vorschiebt.
Gruß