Operation Allied Force

Hallo vdmaster,
da wir im Thread unten offtopic sind, mache ich einen neuen Thread auf.

::Wer sich nun ein genaueres Bild über den Vorwurf der Völkerrechtswidrigkeit machen möchte, dem sei http://www.sicherheitspolitik.de/uploads/media/wus_1… empfohlen.

Du empfiehlst ausgerechnet den Aufsatz eines notorischen Mietmauls der Rüstungsindustrie? Finanziert von einer Stiftung, deren staatliche Fördergelder vom Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr verwaltet werden und die ihre sonstigen Finanziers nicht offenlegt?

Gehen wir mal „die obere linke Spalte der Seite 3“, auf die Du hingeiesen hast, im Einzelnen durch. Zitate von Hern Just kursiv.

Schwerste Verstöße gegen die Menschenrechte der im Kosovo lebenden albanischen Bevölkerungsmehrheit sind allgemein angenommen worden,

„sind allgemein angenommen worden“ ist eine für diese ganze ‚Begründung‘ typische Sprechblase, ist rhetorische Vernebelung. Wer hat sie „angenommen“ - und seit wann sind „Annahmen“ ein hinreichender völkerrechtlicher Grund dafür, einen Staat militärisch anzugreifen? Ich will dabei gar nicht bestreiten, dass es im Kosovo zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Nicht nur auf Seiten serbischen Militärs gegenüber albanischen Zivilisten übrigens, sondern auch seitens der UÇK gegenüber der serbischen Minderheit im Kosovo.

zumindest jedoch die Unterdrückung einer ganzen Bevölkerungsgruppe durch zum Teil grausame Mittel,

… ist tautologisches Wortgeklingel, sagt nichts anderes aus als der erste Teilsatz. Auch hier wäre zu ergänzen, dass zwei Bevölkerungsgruppen „durch zum Teil grausame Mittel“ unterdrückt bzw. terrorisiert wurden.

die den Beginn eines Genozids darstellen könnten.

könnten… und hier driftet Herr Just von „Annahmen“ endgültig in den Bereich blanker Spekulation ab.

Auch die Ausschöpfung aller anderen Mittel ist zu bejahen, nachdem wiederholte Vermittlungsversuche der „Kontaktgruppe“ in den Rambouillet-Verhandlungen erfolglos geblieben waren

Die „Vermittlungsversuche“ liefen konkret auf das hinaus, was kürzlich auf der Krim stattgefunden hat - die Abspaltung eines Territoriums von einem souveränen Staat. Auf den berüchtigten ‚Anhang B‘ des „Vermittlungsversuches“ komme ich weiter unten noch zu sprechen - Herr Just übrigens bezeichnenderweise nicht.

und im Gegenteil die gewonnene Zeit von serbischer Seite dazu genutzt worden war, weitere Truppen in den Kosovo zu verlegen.

… man erinnere sich - dort fand ein Bürgerkrieg statt. Der Waffenstillstand vor den Rambouillet-Verhandlungen wurde ständig gebrochen - und zwar in ca. 80% der Fälle von der UÇK , nicht von den Serben. Hat jedenfalls der serbischer Sympathien gewiss unverdächtige Henry Kissinger gesagt. Der übrigens auch Folgendes sagte: "Es war kein Krieg der ethnischen Säuberung zu dieser Zeit. Wenn wir die Lage korrekt analysiert hätten, hätten wir versucht den Waffenstillstand zu unterstützen und nicht die ganze Schuld auf die Serben geschoben.“

Dem folgend wird auch argumentiert,

… wieder Nebel - von wem wird so argumentiert?

dass der UN-Sicherheitsrat befugt gewesen wäre, ermessensfehlerfrei militärische Maßnahmen gemäß Artikel 42 zur Durchsetzung der Rechte der Kosovo-Albaner zu beschließen, was aber aufgrund der Blockierung des Sicherheitsrates durch Vetomächte nicht möglich war.

Fakt ist, dass es einen solchen Beschluss nicht gab, weil die Vetomächte eben nicht der Auffassung waren, dass ein solcher Beschluss „ermessensfehlerfrei“ gewesen wäre. In solchen Fällen einen Beschluss eben nicht zu fassen, ist der Sinn des Vetorechtes.

Insofern wäre die „Operation Allied Force“ – die humanitäre Intervention der NATO – als materiell rechtmäßig anzusehen.

… auch hier wieder der schöne Konjunktiv. „Wäre“ - ja, „wäre als materiell rechtmäßig anzusehen“, wenn der Sicherheitsrat in dieser Hinsicht einig gewesen wäre - was aber nicht der Fall war.

Das[sic!] diese Lesart von einer breiten Staatenmehrheit geteilt wurde, indiziert die Tatsache, dass noch am Tag des Endes der Luftangriffe auf Jugoslawien eine vorläufige Status-Entscheidung über den Kosovo im Sicherheitsrat verabschiedet werden konnte.

Nun, das ist jetzt mal eine bemerkenswerte Interpretation. Dass die vorläufige Statusentscheidung erst nach Beendigung der Kriegshandlungen verabschiedet werden konnte, soll „Indiz“ (wieder ein typisches Beispiel für wischiwaschi-Argumentationen) dafür sein, dass der Krieg „materiell rechtmäßig“ war?

Wären die Handlungen der NATO tatsächlich als unerträglich völkerrechtswidrig bewertet worden,

Leider versäumt es Herr Just, uns über den feinen Unterschied zwischen „erträglich völkerrechtswidrig“ und „unerträglich völkerrechtswidrig“ aufzuklären. Soll aber wohl heissen, die Bombardierung Belgrads sei zwar völkerrechtswidrig, aber doch erträglich gewesen. Erträglich für wen? Für die zivilen Opfer und ihre Angehörigen?

wäre ein solcher Beschluss sicherlich nicht möglich gewesen.

Ein solcher Beschluss war „sicherlich“ unmöglich, so lange die Nato Krieg gegen Serbien führte. Das ist eine völlig absurde Argumentation. Dass der Krieg erst diese Entschließung ermöglicht haben soll, zeigt wie hier der Hase läuft und logische Haken schlägt.

Nicht zuletzt wurde die Klage Jugoslawiens gegen einzelne Staaten der NATO vor dem Internationalen Gerichtshof weitgehend abgewiesen.

Das ist der Höhepunkt der Just’schen Vernebelungstaktik. Der IGH hat sich für die Klage unzuständig erklärt, weil Serbien-Montenegro zum Zeitpunkt der Klageerhebung kein Mitglied der Vereinten Nationen war und folgte damit dem Antrag der Beklagten Deutschland, Belgien, Großbritannien, Kanada, Frankreich, Italien, Niederlande und Portugal (die USA hätten sich einem IGH-Urteil gar nicht erst unterworfen). Deswegen wurde die Klage abgewiesen, was Herr Just tunlichst verschweigt.

Sehr schön zu sehen, wie Herr Just hier mit zweierlei Maß misst. Hier - anders als bei der Verteidigung des Bombenkriegs - interessiert ihn die „materielle“ Seite der Klage (also der Verstoß gegen das Gewaltverbot und gegen das Verbot, sich in innere Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen sowie die Verletzung der Staatensouveränität) überhaupt nicht, aber er tut so, als seien materielle und nicht ein formeller Grund Ursache der Klageabweisung gewesen. Das kann man schon gezielte Irreführung durch Verschweigen nennen.

Es bleibt also festzuhalten, dass die humanitäre Intervention formell völkerrechtswidrig ist,

Notabene: dass der Bombenkrieg tatsächlich die Bezeichnung „humanitäre Intervention“ verdiente, diesen Beweis ist die Nato bis heute schuldig geblieben. Wichtiger ist hier jedoch, dass Just immerhin nicht umhin kann, der Intervention formelle Völkerrechtswidrigkeit zu bescheinigen. Solche Wieselei kann allerdings allenfalls Nichtjuristen übertölpeln. Jeder Jurist weiss nur zu genau, wie man einen Formvorschriften unterliegenden Rechtsakt auf Rechtswidrigkeit prüft: zuerst in formeller Hinsicht. Ist ein formeller Fehler nicht heilbar, erübrigt sich jede weitere Prüfung, insbesondere eine materielle. Der Rechtsakt ist ohne Wenn und Aber rechtswidrig. Punkt. Genauso ist übrigens auch der IGH bei der oben erwähnten Klage vorgegangen: der formelle Mangel der Nichtzuständigkeit des angerufenen Gerichtes enthob es der Notwendigkeit, die Klage materiell zu prüfen.

sich dieses Institut jedoch in der Weiterentwicklung befindet …

hier wird’s nun nachgerade lächerlich. Für die rechtliche (auch völkerrechtliche) Beurteilung eines Sachverhaltes gilt selbstverständlich das aktuell gültige Recht, nicht ein zukünftiges, womöglich weiter (oder zurück) entwickeltes.

und unter gewissen Umständen eine materielle Rechtmäßigkeit vorliegen kann.

… auch zum Abschluss noch eine Sprechblase: „unter gewissen Umständen“. Daran, dass diese Umstände eben nicht „gewiss“ waren, sondern lediglich „angenommen worden“ sind, sei hier erinnert. Dass eine materielle Rechtmäßigkeit - wenn sie denn tatsächlich gegeben sein sollte - bei Vorliegen einer unheilbaren formalen Rechtswidrigkeit rechtlich ohne Belang ist, wurde schon gesagt. Man kann Herrn Justs Aufsatz als Versuch einer moralischen Rechtfertigung von Operation Allied Force (aber auch als plumpe Propaganda) lesen - ein ernstzunehmendes völkerrechliches Dossier ist es nicht.

Übrigens in diesem Zusammenhang auch interessant: man lese einmal Anhang B des Rambouillet-Vertrages, den Serbien sich weigerte, zu unterschreiben, was dann zum Krieg der Nato führte - das kann man nicht anders nennen als ein Besatzungsstatut. Und dann vergleiche man das mit dem vergleichsweise geradezu bescheidenen österreichischen Ultimatum an Serbien 1914, das von den Ententemächten als unerträglicher und inakzeptabler Eingriff in die Souveränität Serbiens beurteilt wurde und zur russischen Mobilmachung führte. Wenn man sich dann noch in Erinnerung ruft, dass der Vertragsinhalt geheim war und selbst die Parlamentarier(!) der kriegführenden Nato-Länder den Inhalt erst etliche Tage nach Beginn der Bombardierungen erfuhren, dann wird schon deutlich, dass der Rambouillet-Vertrag nichts als ein vorgeschobener Kriegsgrund war.

Ein weiterer Gesichtspunkt: Für Deutschland war es der erste Krieg seit 1945. Ohne UN-Mandat, kein Nato-Bündnisfall. Somit ein Verstoß gegen Art. 2 des 2+4-Vertrages.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Tychiades,

ich will und kann hier nicht auf Deine einzelnen Argumente eingehen, finde sie aber durchaus schlüssig. Dein letzter Punkt:

… dass der Rambouillet-Vertrag nichts als ein vorgeschobener
Kriegsgrund war.

Was war dann der wirkliche Kriegsgrund? „Geostrategische Positionen“ in diesem Raum für den Westen besetzen/sichern?
Menschenrechte? Völkerrecht? Das ist nach Egon Bahr meist/nie ein Grund: „Es geht immer nur um die Interessen von Staaten! Merken Sie sich das!“ (frei zitiert)

Und, um einen Bogen zur derzeitigen Situation der Ukraine zu schlagen, was wäre das in dem Fall? Wenn ich von der Leyen oder Rassmussen höre, „dass die Nato gefordert ist“, wird mir schon ein bisschen schlecht.

Gruss
Laika

Hallo Tychiades,

ich bin etwas spät dran. Tut mir leid, dass es länger dauerte.

Gehen wir mal „die obere linke Spalte der Seite 3“, auf die Du
hingeiesen hast, im Einzelnen durch. Zitate von Hern Just
kursiv .

Auf die Spalte 3 hatte ich wegen der Resolution 1244 hingewiesen. Diese wurde immerhin im SR der UN ohne eine einzige Gegenstimme (bei 1 Enthaltung) beschlossen.

Schwerste Verstöße gegen die Menschenrechte der im Kosovo
lebenden albanischen Bevölkerungsmehrheit sind allgemein
angenommen worden,

„sind allgemein angenommen worden“ ist eine für diese ganze
‚Begründung‘ typische Sprechblase, ist rhetorische
Vernebelung. Wer hat sie „angenommen“ - und seit wann sind
„Annahmen“ ein hinreichender völkerrechtlicher Grund dafür,
einen Staat militärisch anzugreifen?

Es ist weder eine rhetorische Sprechblase, noch eine Verneblung. Hier eine Liste illegaler Tötungen: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_massacres_in_th…
Sowohl Amnesty International als auch Human Rights Watch gingen von einigen hundert bis tausend Toten in der Phase vor den NATO-Angriffen aus. Erst unter massivem Druck hatte Milosevic der Einrichtung der KVM zugestimmt, die er selbst wenige Monate später „sabotierte“.

zumindest jedoch die Unterdrückung einer ganzen
Bevölkerungsgruppe durch zum Teil grausame Mittel,

… ist tautologisches Wortgeklingel, sagt nichts anderes aus
als der erste Teilsatz. Auch hier wäre zu ergänzen, dass zwei
Bevölkerungsgruppen „durch zum Teil grausame Mittel“
unterdrückt bzw. terrorisiert wurden.

Das ist falsch. Nachweislich haben die Serben seit der Machtübernahme durch Milosevic die albanische Mehrheit im Kosovo Stück für Stück entrechtet. Bevor die UCK überhaupt in Erscheinung trat, begann die Folter und Ermordung von Albanern, die sich mit friedlichen Mitteln für mehr Autonomie einsetzten (und damit eigentlich zu einem früher in Yugoslawien bestehenden Zustand zurückkehren wollten).

die den Beginn eines Genozids darstellen könnten.

könnten… und hier driftet Herr Just von „Annahmen“
endgültig in den Bereich blanker Spekulation ab.

M. schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr und hatte bereits reichlich Blut an seinen Händen. Er wurde zwar nie offiziell schuldig gesprochen, da er vor dem Abschluss seines Prozesses starb, aber die Beweislast dürfte für sich sprechen.

Ich sehe zwar auch keine Beweise für die Planung eines Genozids, aber zielgerichtete Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die auf eine ethnische Vertreibungspolitik im großen Maßstab hinausliefen. http://de.wikipedia.org/wiki/Ethnische_S%C3%A4uberung (Eine Randbemerkung: Vgl. auch den Passus zur Wortherkunft).

Auch die Ausschöpfung aller anderen Mittel ist zu bejahen,
nachdem wiederholte Vermittlungsversuche der „Kontaktgruppe“
in den Rambouillet-Verhandlungen erfolglos geblieben waren

Die Diplomatie wurde bereits über Jahre bemüht und R. war nur der Endbahnhof. Kurzfristig kam es auch am Beginn der KVM zu einer deutlichen Verbesserung der Situation der Albaner.

Die „Vermittlungsversuche“ liefen konkret auf das hinaus, was
kürzlich auf der Krim stattgefunden hat - die Abspaltung eines
Territoriums von einem souveränen Staat.

Die Abspaltung des Kosovo war nicht Bestandteil der Vertragsentwürfe von R.

und im Gegenteil die gewonnene Zeit von serbischer Seite dazu
genutzt worden war, weitere Truppen in den Kosovo zu verlegen.

… man erinnere sich - dort fand ein Bürgerkrieg statt. Der
Waffenstillstand vor den Rambouillet-Verhandlungen wurde
ständig gebrochen - und zwar in ca. 80% der Fälle von der UÇK ,
nicht von den Serben. Hat jedenfalls der serbischer Sympathien
gewiss unverdächtige Henry Kissinger gesagt. Der übrigens auch
Folgendes sagte: "Es war kein Krieg der ethnischen Säuberung
zu dieser Zeit. Wenn wir die Lage korrekt analysiert hätten,
hätten wir versucht den Waffenstillstand zu unterstützen und
nicht die ganze Schuld auf die Serben geschoben.“

Die unselige Rolle der UCK will ich hier gar nicht kleinreden. Die der KVM zugrundeliegende Resolution verlangte von Yugoslavien jedoch den Rückzug der Militärtruppen.

dass der UN-Sicherheitsrat befugt gewesen wäre,
ermessensfehlerfrei militärische Maßnahmen gemäß Artikel 42
zur Durchsetzung der Rechte der Kosovo-Albaner zu beschließen,
was aber aufgrund der Blockierung des Sicherheitsrates durch
Vetomächte nicht möglich war.

Fakt ist, dass es einen solchen Beschluss nicht gab, weil die
Vetomächte eben nicht der Auffassung waren, dass ein solcher
Beschluss „ermessensfehlerfrei“ gewesen wäre. In solchen
Fällen einen Beschluss eben nicht zu fassen, ist der Sinn des
Vetorechtes.

Das ist jetzt aber eine Verneblungstaktik von Dir. Nicht die Vetomächte haben einen Beschluss verhindert, sondern zwei: Russland und die VRC hatten ihr Veto angekündigt. Zudem ist Deine Darstellung über den Sinn des absoluten Vetorechts ziemlich fragwürdig.

Wären die Handlungen der NATO tatsächlich als unerträglich
völkerrechtswidrig bewertet worden,

Leider versäumt es Herr Just, uns über den feinen Unterschied
zwischen „erträglich völkerrechtswidrig“ und „unerträglich
völkerrechtswidrig“ aufzuklären. Soll aber wohl heissen, die
Bombardierung Belgrads sei zwar völkerrechtswidrig, aber doch
erträglich gewesen. Erträglich für wen? Für die zivilen Opfer
und ihre Angehörigen?

Ach, bitte jetzt nicht pathetisch (die Opfer) werden. Allied Forces hat im Endeffekt umgesetzt, was in Rambouillet gefordert worden war. Mit erträglich/unerträglich spielt er doch eindeutig darauf an, dass die Angriffe zwar ein Verstoß gegen die UN-Charta darstellten, aber im Rahmen einer humanitären Intervention legitim waren.

(…) also der Verstoß gegen das Gewaltverbot und gegen das Verbot, sich in
innere Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen sowie die
Verletzung der Staatensouveränität

Es bleibt also festzuhalten, dass die humanitäre Intervention
formell völkerrechtswidrig ist,

Notabene: dass der Bombenkrieg tatsächlich die Bezeichnung
„humanitäre Intervention“ verdiente, diesen Beweis ist die
Nato bis heute schuldig geblieben. Wichtiger ist hier jedoch,
dass Just immerhin nicht umhin kann, der Intervention formelle
Völkerrechtswidrigkeit zu bescheinigen. Solche Wieselei kann
allerdings allenfalls Nichtjuristen übertölpeln. Jeder Jurist
weiss nur zu genau, wie man einen Formvorschriften
unterliegenden Rechtsakt auf Rechtswidrigkeit prüft: zuerst in
formeller Hinsicht. Ist ein formeller Fehler nicht heilbar,
erübrigt sich jede weitere Prüfung, insbesondere eine
materielle. Der Rechtsakt ist ohne Wenn und Aber rechtswidrig.
Punkt.

Den Rest spar ich jetzt mal aus, da wir auch hier sicherlich keine allgemeine Übereinkunft werden erzielen können.

  1. Fakt ist, dass die NATO unter Verstoss der UN-Charta handelte.
  2. Fakt ist, dass zwei Vetomächte im Vorfeld erklärten, ein militärisches Eingreifen durch ihre Vetos verhindern zu wollen.
  3. Fakt ist ferner, dass (Rest-)Yugoslawien sich der Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Kosovo schuldig machte. Und eine offenkundige Vertreibungspolitik gegen die Albaner eingeleitet hatte.
  4. Fakt ist, dass es zahlreiche Versuche der diplomatischen Lösung gab. Nicht erst in Rambouillet.
  5. Fakt ist, dass sich letztlich nur Yugoslawien weigerte, den Vertrag von R. zu unterzeichnen.

Nun zum Begriff des „Völkerrechts“ (besser: internationales Recht). Du vertrittst offenbar eine „traditionelle Sichtweise“ des internationalen Rechts. Du unterschlägst hierbei völlig, dass es Spannungsverhältnisse im internationalen Recht gibt, die noch in der Diskussion stehen. http://de.wikipedia.org/wiki/Humanit%C3%A4re_Interve…

Man stelle sich ein BVerfG vor, bei dem ohne sachlichen Grund ein einziger Richter, durch ein Veto einen Beschluss verhindern könnte.

Zu den „inneren Angelegenheiten“: Die UN-Charta verbietet nicht die Einmischung in innere Angelegenheiten. Im Gegenteil: Sie hat ein Gremium geschaffen, um in innere Angelegenheiten eingreifen zu können. Leider nur mit einem entscheidendem Geburtsfehler: dem Vetorecht.

Zu Deinem Hinweis auf Anhang B des Vertragsentwurfs von R.: Dieser wurde aus früheren UN-Missionen übernommen und fordert nicht mehr von Yugoslawien als bei der später installierten UN-Mission beschlossen wurde.

Ich erlaube mir in diesem Zusammenhang auf den Bericht der unabhängigen, internationalen UN-Kommission hinzuweisen : http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resou…

Ein sehr lesenswertes Dokument über den Verlauf des gesamten Kosovokonflikts.

Seite 4 des Dokuments: „The Commission concludes that the NATO military intervention was illegal but legitimate.“

Seite 320 ff. eine Zusammenfassung des Vertragsentwurfs von R. incl. dem Appendix B.

Gruß
vdmaster

Noch nachgereicht
Ebenfalls durchaus interessant: https://www2.hu-berlin.de/presse/zeitung/archiv/98_9…