Oppositionen mit Allophonen - ist es zulässig?

Liebe/-r Experte/-in

Eine Minimalpaaranalyse dazu dient, Phoneme zu ermitteln und dadurch Phonen (Lauten) einen Phonemstatus nachzuweisen. Meine Frage ist:

Wie soll ich mit folgendem Beispiel umgehen?

ich - im? Ist der Minimalpaartest hier plausibel und gerechtfertigt? Oder stößt er hier an seine Grenzen? Denn: wenn wir im erwähnten Wortpaar die MP-Analyse verwenden, müssten beide Phone C und m (SAMPA-Umschrift) zu den Phonemen des Deutschen erklärt werden. Es ist allerdings bekanntlich, dass C kein Phonem ist, sondern ein stellungsbedingtes Allophon: nach hellen Vokalen, nach Konsonanten und am Silbenanfang; (z.B. Blech, Milch, Chemie). Darf ich überhaupt ein Minimapaar mit Allophonen bilden? Darf ich also ein Wortpaar überhaupt analysieren? Ist eine phonologische Opposition mit einem Allophon zulässig?

Für Eure Antworten wäre ich sehr dankbar! Besten Dank im Voraus!

Luki

Hi.

Streng genommen ist das einzige, was du aus einem Minimalpaartest schließen kannst, dass zwei Laute, zu denen sich ein Minimalpaar finden lässt, keine Allophone (oder freie Variation) desselben zu Grunde liegenden Lautes sind.

Wenn du auf Nummer Sicher gehen willst müsstest du in deinem Beispiel m nicht mit C vergleichen, sondern mit dem (möglicherweise abstrakten) zugrundeliegenden Laut von C/x, das heist, du müsstest Minimalepaare für m/C und für m/x finden (ach - am) um sowohl m als auch C/x als Phoneme der deutschen Sprache zu identifizieren.

Die Schwierigkeit liegt wohl dann in zwei Dingen: Erstens weißt du für gewöhnlich vorher nicht, welche Laute einer Sprache Ausprägung eines Allophons sind und welche nicht; zweitens kannst du nicht „beweisen“, dass zwei Laute tatsächlich Allophone desselben Phonems sind, sondern nur, dass sie es ggf. nicht sind (nämlich mit dem Minimalpaartest).

Hallo Luki,

der Minimalpaartest funktioniert auch hier, genügt allerdings nicht.

Du kannst durch das Paar ›ich‹/›im‹ definitiv herausfinden, dass [ç] und [m] nicht zu demselben Fonem gehören. Diese Information bedeutet allerdings in der Tat nicht, dass die vorläufig anzusetzenden Foneme /ç/ und /m/ jeweils nur ein Allofon haben. Dass auch [x] zu dem Fonem /ç/ gehört, könntest du durch den Nachweis belegen, dass erstens die beiden Laute nicht in derselben Position erscheinen können und dass es zweitens keinen Fall gibt, in dem die Opposition [ç]/[x] bedeutungsunterscheidend ist. Nun lässt sich die Nicht-Existenz von Dingen schwer belegen, sodass man jeweils nur Aussagen über begrenzte Korpora bestimmter Varietäten machen kann.

Im Fall von [ç] und [x] lassen sich seltene, aber doch existente Wörter finden, in denen der eine wie der andere Laut im Silbenansatz vor nicht-vorderem Vokal erscheint (›Chassidismus‹ mit [x], ›Charitin‹ mit [ç] sind Beispiele). Zudem kontrastieren die beiden Laute in ›Kuchen‹ (Gebäck) [ˈkuːxn̩] und ›Kuhchen‹ (kleine Kuh) [ˈkuːçn̩] miteinander (wiewohl manche Leute nur die umgelautete Form ›Kühchen‹ akzeptieren). Die Ansichten, inwieweit das Aussagen über das Foneminventar des durchschnittlichen deutschen Muttersprachlers zulässt, gehen – wie man sich denken kann – weit auseinander.

Hilft dir das weiter?

Gruß
Christopher

Wenn auch verspätet, aber der Vollständigkeit halber: Ja, auch mit Allophonen kannst du ein Minimalpar bilden.
Im Ich/im Beispiel wird das „ch“ stellungsbedingt zum [C] (IPA), damit unterscheidet es sich aber trotzdem vom Phonem [m]. Kein Minimalpaar wäre es nur, wenn du die verschiedenen Aussprachen von „Ich“ mit [iC] und [iX] (IPA) aufzeigen wolltest.