Tumber Tropf
Moin Barbara,
das Fazit gleich vorweg: ich denke man kann seine Zeit sinnvoller verschwenden, als dieses Buch zu lesen (jedenfalls wenn ich mir aufgrund deiner Links ein Bild vom Buch mache).
Zuerst zu Metzger selbst: seine eigene Lage kann er anscheinend nicht analysieren. Erst beschimpft er alle Politiker (mit geringer Einschränkung Klar gibt es auch viele gute Abgeordnete im Parlament. Aber insgesamt herrscht ein Trend, der Mittelmaß fördert.), insbesondere die Grünen, erklärt eitel Wenn solche Leute wie ich einen Markt haben, dann ist das Ausdruck, dass ehrliche Leute in allen politischen Lagern Unterstützung fänden. (dann kann er doch in „alle“ politische Lager gehen, was hält ihn bei den Grünen?), beleidigt die grüne Basis (die ja zu einem guten Teil aus Lehrern besteht) mit Lehrer sind Egomanen, Individualisten, die in erster Linie in der Freizeit aktiv sind. und glaubt tatsächlich in drei Jahren wieder für die Grünen im Bundestag zu sitzen. Zwar haben die Grünen gegenwärtige hohe Umfragewerte, aber schon im letzten Jahr hatten sie ein erfolgreiches Wahlergebnis. Er muss dann gegen die etablierten und gegen neue gleichzeitig antreten. Das ist naiv. Als Politiker für die Grünen ist Metzger erledigt. Dass er auf viele Veranstaltungen eingeladen wird, liegt doch daran, dass viele gerne einen prominenten Grünen haben wollen, der eine neoliberale Sprache spricht und schwächt dies nur albern ab Das ist keineswegs neoliberale Philosophie, sondern eine menschheitsgeschichtliche Erfahrung über Tausende von Jahren (Geht es nicht noch größer?). Dass Metzger das nicht selbst bemerkt, spricht nicht gerade für ihn.
Und selbst über die Jugend macht er sich - ungewollt(!) - lustig:Wenn ihnen aber einer ganz pragmatisch zuruft: Hey Leute, wir müssen etwas ändern, dann hat er für sie Recht. Egal, ob er schwarz, rot, grün oder gelb ist. Hauptsache Reform, egal wohin?
Zu seinem Programm:
http://www.changex.de/d_a01054.html
Zu den Rentnern: Bei 3% spricht er selbst von „hohen Renditen“, die er kaum erwartet. Natürlich nicht. Die Renditen auf Kapitalmärkten können auch fallen. Davon spricht er aber bei den „Privatanleihen“ wie alle Neoliberalen nicht. Und als Reform schlägt er aktives, ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement vor. Wie soll es dazu kommen? Auch hier müssen Anreize gesetzt werden. Wenn nicht finanziell, dann anders. Wie?
Subventionen: Alle abschaffen. Das ist Populismus. Metzger dürfte wissen, was alles dazugehört. Z.B. auch die Förderung von Windkraftanlagen. Auch das dürfte seine Basis bei den Grünen nicht gerade stärkern. Und sinnvoll ist es auch nicht, denn dort wird ein Zukunftsmarkt angeschoben. Es gibt natürlich auch andere Beispiele für sinnvolle Subventionen.
Steuerrecht: 35% Spitzensteuersatz auf alles. Populismus ebenfalls. Für Vermögens- und Erbschaftssteuer ebenso wie Aktienbesteuerung viel zu hoch. Ein Ausweichen ins Ausland wäre abzusehen (die Diskussion über Vermögenssteuer hatte ich ja gerade mit Christian. Halte ich natürlich weiterhin für absolut sinnvoll - aber 35% ist selbst für mich zu viel). Dafür tragen dann reiche Leute, die ihr Geld schnell ausgeben (oder ins Ausland transferieren) zu wenig bei.
Arbeit: Offensichtlich denkt er nur in eine Richtung: Arbeit ist zu teuer, also alles, was dafür sorgt abschaffen. Dass es auch noch andere Gründe (Wachstumsschwäche, geringere Produktivität) gibt, scheint bei Metzger nicht zu finden zu sein. Wieso Ostdeutschland, wo die Arbeit ja billiger ist als in Westdeutschland, kein Wachstumsmotor ist, warum es in Holland, Schweiz, Skandinavien trotz hoher Arbeitskosten relativ gut aussieht, sollte sich Metzger mal fragen.
Die Buchbesprechung:
http://www.changex.de/d_a01049.html
Auch hier nur Populismus.
Beispiele: Sozialhilfebezieher werden zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen. Viele Sozialhilfebezieher sind Kinder, Alte oder Kranke (nicht nur, aber eben viele). Sollen die alle gemeinnützige Arbeit machen? Oder sind das die, die für die Betreuung der Rentner sorgen? Unausgebildete, gezwungene, unwillige Menschen für die Alten?
Oder was für Arbeit ist das genau? Blumen beschneiden? Auch hierfür gibt es Firmen, die das machen. Gute Arbeit für Ungelernte (mit geringem Lohn, aber immerhin). Dieser erste Arbeitsmarkt für Ungelernte soll also nach Metzger weiter eingeschränkt werden.
Ähnlich der Kfz-Haftpflicht soll es eine Mindestversicherung geben. Wer darüber hinaus Leistungen beansprucht, könne sich privat absichern.
Oder: ein Mensch ist ein Auto. Ernsthaft: das wird solange von vielen heftig benickt, bis die Frage gestellt wird, wie die „Mindestversicherung“ genau aussehen soll. Was soll exakt aus dem Leistungskatalog genommen werden?
Und, um den Kreis in meinem Kommentar zu Metzer zu schliessen, fragt der Kritiker, was das mit den Grünen noch zu tun hat. Metzger kann dies offensichtlich nicht wirklich beantworten (ausser in der Hoffnung, dass sich die Grünen in seine Richtung bewegen), will aber wieder für die Grünen in den Bundestag.
Ein tumber Tropf!
Eure Einschätzung ist gefragt: Gibt es doch noch Hoffnung auf
den großen Knall, der den "Stau-"Knoten löst?
Es braucht keinen grossen Knall sondern nüchterne Analysen ohne billigen Populismus. Und dann durchdachte Reformen, die sich nicht nur eine Bevölkerungsgruppe herausgreifen.
Oder schlittern
wir ohne Sinn und Verstand auf den Gau zu? Oder wurschteln wir
wie seit einigen Jahrzehnten nun weiter vor uns hin. Brauchen
wir eine große Koalition? Was kann helfen?
Eine grosse Koalition würde den Stillstand zementieren und die in der „Agenda 2010“ angedachten falschen Rezepte noch verstärkt Deutschland verordnen.
Ich wünsch mir den großen Schnitt.
Ich wünsche mir eine durchdachte Politik ohne billigen Populismus.
Ciao
Ralf