Papageien

Liebe Freunde von wer-weiß-was,

heute wende ich mich selbst einmal mit einer Frage an jemanden und hoffe, ihr könnte mir helfen. Ich habe zwei sieben Jahre alte Graupapageien, ein Pärchen, das wir von einem Züchter gekauft haben. Angeblich waren es seine Zuchttiere, auch wenn sie bei uns nur kurz nach der Übernahme einmal gelegt haben und dann nie wieder. Sie sind als Wildfänge nach Deutschland gekommen und wirklich scheu, panisch wäre wohl die bessere Beschreibung. Mittlerweile habe ich sie seit rund zwei Jahren und sie sind praktisch immer noch so scheu wie immer.

Ich würde mich freuen, wenn sie Vertrauen zu mir aufbauen würden, bin aber nur abends zu Hause. Ich weiß, dass das keine gute Voraussetzung ist, aber es war ja ursprünglich auch einmal anders gedacht :wink: Sie ist eher apatisch und stört sich wenig daran, wenn ich mich ihrem Bereich nähere, er ist sofort aufgeregt und wackelt herum. Ihr Bereich, das ist ein Ende des Zimmers, an dem die Decke nach oben verspringt, so dass dort eine Nische ist, in der sie sich gut verstecken können und die sie als ausschließlichen Aufenthaltsort nutzen.

Wenn ich mich also nähere, beginnt er nach relativ kurzer Zeit, zu kreischen, wenn ich länger stehe, auch zu knurren. Kommen fremde Menschen in ihre Nähe, beginnen sie gerne auch schon mal panisch zu flattern. Mit anderen Worten: es ist unmöglich, sich ihnen zu nähern.

Das ist für mich natürlich traurig, weil ich so nicht wirklich viel von den beiden habe, wirklich schlecht aber wird es dadurch, dass ich natürlich nicht umziehen kann (wie sollte ich sie je wieder in ihren Käfig bekommen?) und dass sie natürlich auch noch nie von einem Arzt untersucht wurden. Ich mache mir wirklich Sorgen, was ich machen soll, wenn einer der beiden Rabauken sich beim Demolieren ihres Spielplatzes verletzt.

Mit anderen Worten: weiß jemand von euch, wie ich verfahren sollte? Sie mit Futter zu locken, scheidet aus, weil sie mich gar nicht so nah am sich kommen lassen, Spielzeug interessiert sie nicht und sind ohnehin allem Fremden gegenüber mißtrauisch. Wie könnten die nächsten Schritte sein? Beruhigungstropfen ins Trinkwasser?

Vielen Dank schon jetzt für eure Hilfe, denn ich weiß nicht mehr weiter :smile:

Liebe Grüße,
Alex

Hi Alex,

mein kleiner Pedro (ein Mohrenkopfpapagei)ist sicher auch aus Wildfang gewesen. Er hat sich genauso verhalten wie du es beschreibst. Das Schönste mal vorweg. Inzwischen kann ich ihn streicheln. Aber das war ein lager Weg. Und das was Du am meißten brauchst ist Zeit, Nerven und Geduld. Ich bin bei meinem kleinen am Anfang total verzweifelt. Ich hatte schon viele Vögel, auch schwierige, aber dem Papagei war so garnicht bei zu kommen. Ich war nach einem Jahr schon soweit das ich drüber nachgedacht habe ihn wegzugeben. Im Klartext ich war völlig verzweifelt. Ich habe alles versucht mit viel Liebe und Geduld auf ihn eingeredet und versucht mit Futter zu locken usw. Nichts hat geholfen. Und da er auch so panisch war und auch so schön geknurrt hat, habe ich ihn eines Tages in die Küche verbannt. Dort hatte er seine Ecke, es kamen zwar immer Leute vorbei und ich habe auch nach wie vor normal mit ihm geredet, aber mehr halt nicht. Und es war mir egal ob er knurrt oder nicht. Aber genau dort hat er sich anscheinend an uns gewöhnt. Irgendwann war er nicht mehr ganz so panisch und da habe ich begonnen jeden Abend mit ihm zu sprechen, als das ging haben wir es mit Futter versucht und viel viel später dann mit anfassen. Es hat wirklich ewig gedauert. Ca. ein Jahr bis er aufgehört hat zu knurren. Aber jetzt ist er ein ganz Süßer und Anhänglicher und ich würde ihn um keinen Preis wieder hergeben. Ich würde aber auch nie wieder einen Wildfang nehmen. Leider hat uns das damals im Zoogeschäft keiner gesagt das es sich um einen handelt… ;-( Ich meine, wenn mich jemand als Baby aus dem Nest geplündert hätte, wäre ich auch komisch! Ich kann die Kleinen verstehen!
Pedro kommt allerdings nicht auf die Hand. Davor hat er immer noch panische Angst. Aber durchs Gitter läßt er sich sein Köpfchen kraulen und im Käfig kann ich ihm auch den Rücken streicheln. Er besteht sogar darauf :wink:

Ich wünsch Dir viel Glück und Erflog mit den beiden. Ich glaube mit zweien wird es noch schwerer. Hut ab!

LG Lexx

Hey Lex,

vielen Dank für Deine ausführliche Mail! Es läuft auf das hinaus, was ich schon immer befürchtet habe: sie brauchen mehr Zeit und Aufmerksamkeit und werden nie wirklich zahm. Deine Gedanken zum Wildfang teile ich, daher rührt sicherlich die tief verwurzelte Angst vor Menschen.

Auch ich dachte schon darüber nach, sie wieder abzugeben, aber ersten geht das ja schon aus rein praktischen Gründen nicht (ohne einen Herzstillstand während des gewaltsamen Einfangens zu riskieren, kriege ich sie ja gar nicht) und zweitens ist das ja auch keine Maßnahme, ihr Vertrauen in Menschen aufzubauen. Im Gegenteil.

Also werde ich einfach versuchen, sie irgendwie (wie auch immer) in die neue Wohnung zu kriegen und ihnen dort einen Platz zuweisen, wo sie zwangsläufig häufiger Menschen zu sehen bekommen.

Mein erster Erfolg übrigens: ich habe ihnen beigebracht, dass diese ungeliebten Menschen dann weggehen, wenn sie eine schöne Melodie pfeiffen :wink:

Schönen Abend und nochmals danke für Deine Hilfe,
Alex

Hallo Alex,

hast Du schon mal vom Klickertraining gehört? Ich kenne mich damit zwar nicht
aus, aber viele Vogelbesitzer in den einschlägigen Foren schwören darauf. Es soll
auch mit sehr scheuen Papageien funktionieren.

Grundsätzlich brauchst Du sehr viel Zeit und Gedult. Bei Dir wäre es schon mal ein
ein Anfang, wenn Du es schaffst, dass sie in Deiner Gegenwart nicht panisch
werden. Der nächste Schritt wäre, dass sie nicht vor Dir zurückweichen. Erst dann
kannst Du anfangen Dich ihnen zu nähern. Ich würde mich auch erst mal mit dem
weniger scheuen Tier beschäftigen, weil sich der andere das Verhalten des ersten
mal abschauen wird.

Für den Anfang würde ich mit ihrem Lieblingsfutter ihren Raum betreten, mich auf
Abstand zu ihnen setzten und viel mit ihnen sprechen. Am besten jeden Abend.
Das wird viel Zeit in Anspruch nehmen. Ob sie als Wildfänge jemals zu Dir
kommen ist fraglich, aber wichtig wäre schon, dass sie lernen, dass Du keine
Gefahr für sie bist.

Solltest Du sie mal für einen Tierarztbesuch einfangen müssen, kannst Du nur den
Raum abdunkeln und sie mit einem Käscher einfangen. Was natürlich
kontraproduktiv für einen Vertrauensgewinn wäre. Besser wäre es, das würde eine
andere Person machen.

Viel Erfolg!

Hi Alex,

Glückwunsch zum ersten Erfolg! :wink:

Aber mit kleinen Schritten gehts voran. Ich war auch oft an dem Punkt das es mir egal war ob der Vogel jetzt einen Herzinfarkt bekommt oder nicht :wink: Ihr kriegt das schon hin. Und irgendwann merken sie das ihr doch ganz gut seid. Und nicht nur zum Futter bringen.

Weiterhin viel Erfolg!

LG Lexx

Hi Motzarella,

vielen Dank für Deine Tipps! MIt dem Klicker habe ich es schon probiert, aber das macht meiner Meinung nach keinen Sinn, denn solange alles, was mit meinem Erscheinen zu tun hat, als negativ bewertet wird, brauche ich auch keinen Klicker einzusetzen.

Aber den Trick mit Zeit Verbringen und lecker Futter Geben (in diesem Fall funktionieren leider nur Erdnüsse) wende ich schon seit einer Weile an und wenn man in der Lage ist, Gras wachsen zu sehen, wird man auch die Fortschritte seither anerkennen :wink:)

Ein schönes Wochenende und nochmals Danke für die Tipps,
Alex

Hallo Alex,

da du ein Wildfang-Pärchen erworben hast, sind die Chancen sehr schlecht(wenn überhaupt möglich) sie jemals zahm zu bekommen.
Eigentlich sind in Deutschland nur noch Nachzuchten zugelassen.
Ich hoffe, du hast ein CITES-bescheinigung für die beiden, da sonst die Haltung verboten ist. (Im zweifelsfall hilft dir daein zuständiges Veterinäramt weiter, da die Vögel nun mal da sind.

Ihren Zimmerbereich betrachten sie als ihr Revier.
Ein Einfangen wird sicherlich nur mit geeigneten Handschuhen und einem Kescher möglich sein. Das kann z.B. ein Papageienzüchter oder erfahrener Tierpfleger machen, denn so ein Graupapagei kann ordentlich beißen.

Die Lösung für die weitere Haltung könnte z.B. eine große Zimmervoliere mit Brutkasten und Natursitzstangen und wechselndem Beschäftigungsmaterial sein. In der Regel lernen die Papageien, dass sie in ihrer Voliere „sicher“ sind und werden ruhiger, auch wenn man sich der Voliere nähert, gleichzeitig können sie sich zurückziehen, wenn die Ausgestaltung das zulässt.

Sollte doch mal einer der beiden zum Tierarzt müssen, ist ein Transportbox für Papageien sinnvoll - aber hier brauchst du wieder Handschuhe und jmd. der weiß, wie man einen Papageien fängt und festhält.

Mit Beruhigungstropfen kommst du nicht weiter.
Es ist nicht leicht, Papageien artgerecht zu halten, selbst im Zoo rupfen sich viele von ihnen und sind verhaltensgestört.
Zudem werden sie 80 Jahre alt und älter.

Falls du deinen beiden eine entsprechende Haltung nicht ohne Umstände bieten kannst, wäre sicherlich eine Unterbringung in einem ZOO oder einer Papageienstation/-zuchtverband eine Lösung.

Ich hoffe, das hat dir ein wenig geholfen.

Liebe Grüße

Caro

Hallo Caro,

vielen Dank für Deine aufschlußreiche Antwort. Ich kann Dich beruhigen: eine CITES-Bescheinung habe ich immerhin und sie rupfen sich kein bisschen. Und ich finde es sehr schön, wie viele Gedanken Du Dir über die Tiere und deren Wohl machst, das ist aus Deiner Mail deutlich zu lesen!

Ob man solche Tiere überhaupt artgerecht halten, sei einmal dahin gestellt, aber ich denke schon, dass ich das möglichste getan habe. Ich habe ihnen kürzlich Papageien-Wonderland gebaut mit Kletterseilen, Leitern und einer Höhle, zudem bekommen sie immer mal Zeitung zum Zerrupfen und sitzen natürlich nur auf Naturstangen (über ihrem Käfig, den sie schon lange nicht mehr benutzen :smile: )

Auch für mich hat das Wohl der Tiere einen hohen Stellenwert, was auch der Grund war, dass ich sie eben nicht wieder abgeben möchte, auch wenn sie, auch wenn sie alles andere als zutraulich sind. Aber damit werde ich wohl noch sehr lange leben müssen…

Also, danke nochmals für die wertvollen Tipps und alles Gute,
Alex

PS: Früher habe ich mit Passion Kakteen gezüchtet und da hat es auch immer sehr lange gedauert, bis aus dem Samen eine Pflanze geworden ist, die schön geblüht hat. Insofern…