Parodien

Hallo,

ich habe ein relativ schwieriges urheberrechtliches Problem. Gerade habe ich im Fernsehen eine Parodie auf „There’s a place for us“ von Leonard Bernstein gesehen, die in einer Kabarettdarbietung verholepipelt wurde, aber recht nahe am Original dargeboten wurde.

Weiß vielleicht jemand genauer, wie Parodien urheberrechtlich bewertet werden? Gibt es dazu genauere Untersuchungen?

Mein spezieller Fall: Ich möchte wissen, wie man Fernsehserien in Opern verarbeiten kann bzw. mit welchen urheberrechtlichen Konseuquenzen man rechnen muss, wenn man solche Motive in Neukompositionen verwendet.

Natürlich - das ist mir auch klar - könnte ich bei der GEMA anfragen, aber ich möchte gerne eine unabhängige juristische Meinung hören. Wie weit geht die Parodiefreiheit?

Gruß

Bona

Nachfrage(n)
Hallo,

ich habe ein relativ schwieriges urheberrechtliches Problem.
Gerade habe ich im Fernsehen eine Parodie auf „There’s a place
for us“ von Leonard Bernstein gesehen, die in einer
Kabarettdarbietung verholepipelt wurde, aber recht nahe am
Original dargeboten wurde.

Die drei mit dem Bi-Ba-Butzelmann? Hab ich auch gesehen, war ganz nett…

Weiß vielleicht jemand genauer, wie Parodien urheberrechtlich
bewertet werden? Gibt es dazu genauere Untersuchungen?

Bin da kein Spezialist, aber ich denke prinzipiell gilt Paragraph 3 Urheberrechtsgesetz:
"§ 3
Bearbeitungen

Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, werden unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbständige Werke geschützt."

D.h. bei Parodien gilt selbstverständlich noch das Urheberrecht des Urhebers der ursprünglichen Werke, gleichzeitig hast du aber das Urhebrrecht auf die Parodie.

Mein spezieller Fall: Ich möchte wissen, wie man Fernsehserien
in Opern verarbeiten kann bzw. mit welchen urheberrechtlichen
Konseuquenzen man rechnen muss, wenn man solche Motive in
Neukompositionen verwendet.

Musikalische Motive oder inhaltliche? D.h. willst du die Titelmelodie mitverwenden (dann greift das Urheberrecht sicherlich) oder Personen und Handlungen (dann dürfte die Beweislage schon schwieriger sein).
Gerade im letzten Fall dürfte es vor allem dann problematisch werden, wenn du längere Passagen wörtlich zitierst - ein Libretto „nach“ irgendwas ist zumindest in Klassik und Romantik gang und gebe gewesen (vor 1906 gabs aber auch noch keine GEMA).

Natürlich - das ist mir auch klar - könnte ich bei der GEMA
anfragen, aber ich möchte gerne eine unabhängige juristische
Meinung hören. Wie weit geht die Parodiefreiheit?

„Parodiefreiheit“ steht glaub ich in keinem Gesetz, aber wichtig ist wohl auch Paragraph 23 Urheberrechtsgesetz:
§ 23
Bearbeitungen und Umgestaltungen

Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden. Handelt es sich um eine Verfilmung des Werkes, um die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste oder um den Nachbau eines Werkes der Baukunst, so bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers.

Allerdings gilt auch:
§ 24
Freie Benutzung

(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, inwiefern eine Parodie ein „selbständiges Werk“ ist, was dir aber vermutlich nur ein spezialisierter Jurist kompetent beantworten kann.

Gruß
L.

Hallo Bonaventura!

Eine Rechtsfrage im Klassikbrett, endlich mal was, wo ich hier mitreden kann. :smile:
Hier ist ein (wie ich finde) ganz informativer Link zu deiner Frage:

http://www.irights.info/index.php?id=390

Und hier schon mal einen kleinen Textausschnitt direkt zur Parodie:

„Eine Parodie oder Persiflage ist nach dem Bundesgerichtshof eine „antithematische Behandlung eines Werkes“. Während der Stil des Vorbildes erhalten bleibt, wird regelmäßig ein neuer Inhalt dargestellt. Eine Parodie, die ohne Zustimmung des Rechtsinhabers an dem Vorbild geschaffen und beliebig genutzt werden darf, muss sich stets inhaltlich oder künstlerisch mit dem anderen Werk auseinandersetzen. Das Vorbild muss gegenüber dem neuen Werk „verblassen“ – also quasi in den Hintergrund treten. Nur dann ist gestattet, dass man sich in humorvoller oder sogar „veralbernder“ Art und Weise an das Werk eines anderen anlehnt. Ob ein Werk als Parodie eingestuft werden kann, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab.“

Du könntest ja auch mal nach „Parodie“ und „Urheberrecht“ googeln. Wie’s genau bei Opern ausschaut, weiß ich spontan nicht, aber ich schätze Parodie ist Parodie, egal in welcher Werksform.

aber ich möchte gerne eine unabhängige juristische
Meinung hören.

Nach - unabhängigen - juristischen Meinungen suche ich auch immer… :wink:

Schönen Tag,
Juli

Hallo Lohengrin,

§ 3 UrhG gilt in der Tat nur für Bearbeitungen, aber Parodien fallen eigentlich unter „freie Benutzung“. Zu „Bearbeitungen“ muss der Urheber dagegen seine Zustimmung geben, ist also ein bisschen strenger - der Eingriff in das fremde Werk ist hier aber auch stärker als bei der Parodie.

Das Urheberrecht erlischt auch ääähhh… glaub 70 Jahre (naja, auch ein Jurist kann nicht immer alles auswendig wissen :smile:) nach dem Tod des Urhebers, danach ist das Werk „gemeinfrei“ - sprich man kann alte Werke so ziemlich für alles verwenden (zB alte Klassiker als Handyklingelton, würg…). Bei der Verwertung muss man diesbezüglich also keine Angst vor der GEMA haben. Allerdings, nur als Zusatzinfo: Bereits Anfang 1900 wurde die Anstalt für musikalische Aufführungsrechte (AFMA) gegründet. Und die Genossenschaft, von der sie gegründet wurde, wurde neben anderen bedeutenden Verlegern und Musikern ua von Richard Strauss geleitet (heute noch oft als „Vater der GEMA“ bezeichnet).

Aber Bonaventura, stell die Frage doch mal im Rechtsfragen-Brett!

Schöne Grüße,
Juli

Hallo Julia,

danke für deinen Beitrag. Der Link

http://www.irights.info/index.php?id=390

hilft schon ein wenig weiter.

Du könntest ja auch … googeln.

Ich habe auch schon Juris durchforstet - leider ohne Erfolg.

Wie’s genau bei Opern ausschaut, weiß ich spontan nicht, aber ich
schätze Parodie ist Parodie, egal in welcher Werksform.

Ich denke, es wird im Bereich der Musik eher noch strenger gehandhabt als anderswo.

Schönen Tag,

Ebenso.

Gruß

Bona

ausführlicher
Hallo Lohengrin (in fernem Land),

Die drei mit dem Bi-Ba-Butzelmann?

wen meinst du denn?

Hab ich auch gesehen, war ganz nett…

Ich habe inzwischen vergessen, wer gesungen hat. Der Beitrag hat mich nur inspiriert zu meiner eher allgemeinen Frage, die ich schon etwas länger mit mir herumtrage.

Paragraph 3 Urheberrechtsgesetz:

Ja, stimmt, ich wollte nur eben eher die Ausnahmen eruieren.

das Urhebrrecht auf die Parodie.

Das ist für meinen Zweck nicht wichtig, es sollen nur Zitate verwendet werden, eventuell etwas oder etwas stärker verfremdet.

Mein spezieller Fall: Ich möchte wissen, wie man Fernsehserien
in Opern verarbeiten kann bzw. mit welchen urheberrechtlichen
Konseuquenzen man rechnen muss, wenn man solche Motive in
Neukompositionen verwendet.

Musikalische Motive oder inhaltliche? D.h. willst du die
Titelmelodie mitverwenden (dann greift das Urheberrecht
sicherlich) oder Personen und Handlungen (dann dürfte die
Beweislage schon schwieriger sein).

Es geht nicht um Personen oder Handlungen, sondern um den Wiedererkennungseffekt bei kurzen Zitaten (zwei/drei Takte von höchstens vier fremden Melodien) in einem größeren selbständigen Werk.

Gerade im letzten Fall dürfte es vor allem dann problematisch
werden, wenn du längere Passagen wörtlich zitierst

Es handelt sich nicht um längere Passagen, sondern um eine kurze Szene, in der verschiedene musikalische Themen wiedererkannt werden sollen - so eine Art „Aha-Effekt“ im Sinne von „Das kenne ich“ - und dann variiert und vermischt werden sollen.

Paragraph 23 Urheberrechtsgesetz:
Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur
mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder
umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden.

Die Lage ist etwas verworren, weil ich bisher nicht jeden Urheber ermitteln konnte. Wie erfährt man den z. B. von verstorbenen Filmkomponisten den oder die heutigen Rechteinhaber? Ein Beispiel: Wenn ich z. B. die Zithermelodie aus „Der dritte Mann“ verwenden wollte - nur die (harmonisierte) Melodie, also neun Noten - und der Komponist verstorben wäre (was ich nicht weiß, weil es nur ein Beispiel ist und es nicht um diese Melodie geht), müsste ich mir dann diese neun Noten von den Rechtsnachfolgern genehmigen lassen?

Beträfe das auch die weitergehende Bearbeitung dieser Melodie, wenn ich also z. B. daraus eine Fuge machen würde (evt. in Verbindung mit weiteren Zitaten aus anderen Kompositionen, die aber ebenso kurz sind)?

Handelt es sich um eine Verfilmung des Werkes, … so
bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder
Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers.

Es ist ja eher umgekehrt nicht die Verfilmung des Werkes, sondern die Verwerkung eines Films :smile: .

Allerdings gilt auch:
§ 24 Freie Benutzung
(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes
eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des
Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der
Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen
und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.

Mein Problem ist: Die Melodie wird zwar entnommen, aber nicht dem gesamten neuen Werk zugrundegelegt, sondern nur ganz kurz zitiert und evt. weiterverarbeitet. Es geht eigentlich nur um etwa zwei Minuten in einer Oper, die mehr als eine Stunde dauert. Die Melodien sollen ausschließlich in diesen zwei Minuten zu hören sein und zur Wiedererkennung der Fernsehmelodien führen.

Gruß

Bona

Hallo,

Die drei mit dem Bi-Ba-Butzelmann?

wen meinst du denn?

Weiss nicht mehr so genau. kamen auf irgendeinem dritten Programm oder 3Sat und haben den dritten Preis in so einem Kabarettwettbewerb gewonnen - ich glaube die drei waren aus Gießen… naja, egal.

Mein Problem ist: Die Melodie wird zwar entnommen, aber nicht
dem gesamten neuen Werk zugrundegelegt, sondern nur ganz kurz
zitiert und evt. weiterverarbeitet. Es geht eigentlich nur um
etwa zwei Minuten in einer Oper, die mehr als eine Stunde
dauert. Die Melodien sollen ausschließlich in diesen zwei
Minuten zu hören sein und zur Wiedererkennung der
Fernsehmelodien führen.

Es gibt ja immer wieder die Aussage, dass soundsoviel Takte ohne irgendwelche Erlaubnis entnommen werden dürfen - die GEMA sieht das allerdings anders:
"Melodienschutz

Im Bereich der Musik gilt der so genannte Melodienschutz, worunter zu verstehen ist, dass eine Melodie nicht erkennbar einem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt werden darf. Die Rechtsprechung versteht dabei unter „Melodie“ eine Tonfolge, die dem Werk seine individuelle Prägung gibt. Es ist daher unerheblich, ob z.B. nur ein Takt oder vier oder sieben Takte einem geschützten Werk entnommen und in einem neuen Werk verwendet werden. Die GEMA besteht deswegen auf einer Genehmigung des Originalurhebers bzw. des Verlegers."

Wie sich das jetzt zu allen anderen bisher hier gemachten Aussagen, auch bezüglich Parodie etc., verhält, kann ich leider nicht beurteilen.

Gruß
L. (… unnahbar euren Schritten *g*)

1 Like

Hallo,

"Melodienschutz

sehr interessant, danke.

Gruß

Bona
*leb wohl, mir zürnt der Gral, wenn ich noch bleib …