Passts oder nicht:Bombenhagel auf Deutsche Städte

Hallo,
ich hab vorher im PayTV eine Doku über die Bombenangriffe auf
deutsche Städte während des 2. Weltkriegs gesehen. Mal abgesehen von
den vielen Bildern mit zerfetzten und verbrannten Körpern, die man nun
wirklich nicht im Fernsehen zeigen muss (ok, um zu zeigen was Krieg ist
vielleicht schon …) kam ich mir manchmal so vor als ob ich
neonazistische Propaganda schau.
Daher frag ich hier mal nach und bekomme hoffentlich wertneutrale
Antworten:
War der Bombenhagel wirklich nur auf Zivilschäden aus bzw. wurde die
„Terrorwirkung“ wirklich so gewünscht?
Ich kann mich zwar noch dunkel an den Geschichtsunterricht erinnern,
manche Briten wollten die Deutschen wohl wirklich nur abstrafen, aber
war es wirklich so krass? Mein Opa war zu dem Zeitpunkt schon in
Kriegsgefangenschaft, den kann ich nicht fragen.

Gruss

Hallo Diggi,

kommt darauf an, was Du genau gesehen hast, unbestritten ist:

auf Zivilschäden aus

jedoch nicht immer

nur

Die Geschichtswissenschaftler bestreiten solche Dinge im allgemeinen nicht, selbst wenn sie in den Medien dann sofort auf den Holocaust verweisen und bei diesem eine grosse Opferzahl, zentrale Planung und ehedem hohen moralischen Anspruch der Deutschen mit kalkulieren.

Gruss
Mike

Hallo,

wurde die „Terrorwirkung“ wirklich so gewünscht?

So war es, das entsprach ja z.B. auch der Theorie des Generals Douhet, man könne den Feind durch Bombardieren der Städte demoralisieren.
Bei den Nachtangriffen der Briten konnte es auch (zumindest sinnvollerweise) gar kein anderes Ziel geben, da die Trefferwahrscheinlichkeit für einzelne militärische oder industrielle Ziele viel zu gering war.

Gruß,
Markus

Hi,

kam ich mir manchmal so vor als ob ich neonazistische Propaganda schau.

Ich kann verstehen daß Dir da ein komisches Gerüchle in die Nase steigt.

Das Anprangern von alliierten Kriegsverbrechen (wie dem massiven Bombenterror auf Städte) war über Jahrzehnte reserviert von der Neo/Alt-Naziriege. (Meist dann kombiniert mit der Rechtfertigung eigener Unmenschlichkeiten.)

Ich persönlich betrachte es als einen der größten Fortschritte, daß darüber heutzutage objektiv gesprochen werden kann.

Solange in der Doku nicht der rechtfertigende Zusammenhang mit den Verbrechen der Deutschen oder gar das beliebte Wort „Siegerjustiz“ fällt dürfte es sich dabei kaum um Propaganda handeln.

Gruß
Nick H

Hallo,

gib mal in Wikipedia „moral bombing“ ein, dann bekommst Du den Hintergrund.

Die Royal Airforce hat sich in den 30iger Jahren auf den strategischen Luftkrieg auzsgerichtet und - wie hier geschrieben wurde - wohl von den Ideen des Italieners Douhet leiten lassen.

Im Laufe des Krieges kam es zu Differenten zwischen US-Amerikanern und Briten. Die Amerikaner wollten die Industrie bombardieren und waren daher auf Tagesangriffe ausgerichtet. Nachts hätte man die Werke gar nicht erkennen können. Auch bei Tage waren die Angriffe höchst ungenau - was den Deutschen beim Angriff auf Coventry z. B. auch passiert ist.Sie erlitten dabei heftige Verluste. Die Briten wollten lieber die Arbeiterviertel bombardieren, um die Moral zu brechen. Das hatte auch den Vorteil, dass man nachts angreifen konnte, denn es war ja egal, was man in der Stadt traf…die Stadt jedenfalls konnte man nachts noch ausmachen. Das sparte dann eigenes Material und Leben, weil die Abwehr nachts uneffektiver war.

Die britischen Angriffe waren darauf ausgelegt, möglichst viele Wohnhäuser zu vernichten…es wurde deswegen erforscht, wie man durch Bomben einen Feuersturm auslösen kann. Die Ziele wurden so bewußt ausgesucht. Feuerstürme in Hamburg und Wuppertal z. B. waren kein Zufall, sondern bewußt ausgelöst. Dazu wurden zunächst mit Luftminen die Häuser abgedeckt und in der zweiten Welle Brandbomben geworfen, um Brände auszulösen. Bevorzugtes Ziel waren mittelalterliche Innenstädte, die besonders gut brannten, Frankfurt am Main z. B., was damals die größte zusammenhängend bebaute Altstadt Europas hatte. Die Brandbomben wurden so geworfen, dass durch das Feuer ein Sog entstand, der zum Feuersturm wurde.

Zum Schluß des Krieges bekam aber die englische Führung Skrupel, insbesondere nach Dresden. M. W. stellte Churchill Sinn und Moral dieser Kriegsführung schließlich in Frage. Airmarshall Harris fiel in Ungnade, bekam keine Auszeichnungen…und nur ein Denkmal, welches aus privater Tasche finanziert wurde.

Ob das jetzt ein Kriegsverbrechen war, ist höchst umstritten. Die Haager Landkriegsordnung sagte aus, dass unverteidigte Städte nicht angegriffen werden durften. Zyniker sagen jetzt z. B., dass die Städte ja durch Flak verteidigt wurden und daher angegriffen werden durften. Zum anderen ist die Frage, ob man das Ziel haben durfte, kriegswichtige Ziel anzugreifen und in Kauf nehmen konnte, dass man Zivilisten traf. Das rechtfertigt ggf. die amerikanischen Angriffe, nicht aber die britischen, weil die Briten ja bewußt auf Wohnviertel zielten.

Schließlich wird argumentiert, dass die LKO auf den Luftkrieg gar nicht paßt und deswegen kein Verstoß gegen die LKO vorliegen kann.

Hi!

ich hab vorher im PayTV eine Doku über die Bombenangriffe auf
deutsche Städte während des 2. Weltkriegs gesehen.

Ich sah sowas letzte Woche im FreeTV - allerdings mit einer Ausnahme*

War der Bombenhagel wirklich nur auf Zivilschäden aus bzw.
wurde die
„Terrorwirkung“ wirklich so gewünscht?

*Ungefähr so gewünscht wie die Angriffe der deutschen Luftwaffe auf England, insbesondere London.

So um 1940/41 gab es einen regelrechten „Schlagabtausch“: Nach jedem Bombardement auf englische Städte gab es eines auf deutsche Städte und vice versa.

Grüße,
Tomh

Hi,

Auch bei Tage waren die Angriffe höchst ungenau - was den Deutschen beim Angriff auf Coventry z. B. auch passiert ist.

Coventry wurde nachts bombardiert. Die ersten Markierungen wurden gg 19.20 gesetzt und da ist es im November schon zappenduster.

Ausserdem wäre es im Falle von Coventry ziemlich egal gewesen ob man etwas sieht weil die Industrie und die Wohngebiete stark vermischt waren. Durch diese Eigenart der Stadtstruktur war es mit den Navigations- und Ziel-Einrichtungen von 1940 eh unmöglich da gezielt Industrie anzugreifen.

Sie erlitten dabei heftige Verluste.

Die Verluste der Luftwaffe in diesem Zeitraum bei den Bombenangriffen lagen bei ca. 1%. Also total harmlos.

Erst ab Mai 1941 gewannen die Briten bei den Nachtangriffen die Oberhand. (Stichwort Beaufighter, Radargesteuerte Suchscheinwerfer, und der Abzug eines großen Teils der Luftwaffe Richtung Russland)
Die erste (große) Bombardierung Coventry’s war November 1940.

Gruß
Nick H

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Ich meint die Verluste der Amerikaner.

Warum in Conventry die Wohnviertel getroffen wurden, war mir nicht bekannt. Danke für den Hinweis.